Unternehmensplanung von Werten und Visionen die Rede ist. Wir können hören, was Sie denken: Hey, wir leben in den 90ern. Bei der heutigen Geschäftsethik geht es vor allem um das Überleben in einem Markt: Bediene deine Kunden, schlage die Konkurrenz (besser zerstöre sie!), mach viel Geld, und sieh zu, dass alles am Laufen bleibt. Und trotzdem sind auch in einer Geschäftswelt, die von der Marktökonomie, dem globalen Wettbewerb und den Gesetzen des Dschungels dominiert wird, Werte noch wichtig. Wir sind sogar überzeugt, dass erfolgreiche Unternehmensplanung mit einer Beschreibung der Unternehmenswerte beginnen muss.
Nun, verstehen Sie uns nicht falsch: Wir haben nichts gegen Gewinne. Wir lieben sie und hoffen, mit der Zeit selbst große Gewinne zu machen. Kurzfristige Gewinne reichen jedoch auf lange Sicht nicht aus. Es sind Werte und eine Vision, die die Leute in Ihrem Unternehmen (auch wenn es nur zwei sind) auf Kurs halten und in dieselbe Richtung gehen lassen. Und was. wenn Sie alleine sind? Auch dann sollten Sie sich Zeit nehmen und über Werte und eine Vision nachdenken, damit Sie, wenn Ihr Unternehmen größer wird, auf dem richtigen Weg bleiben. In diesem Artikel zeigen wir zunächst, warum Werte so wichtig sind. Sie werden erkennen, was die Werte Ihres Unternehmens sind, indem Sie beachten, wer an Ihrem Unternehmen beteiligt ist, und sich darüber klar werden, welche Grundsätze und Prinzipien in Ihrem Unternehmen bereits vorhanden sind. Dann zeigen wir Ihnen, wie man eine Wertebeschreibung und eine Vision formuliert.
Ihr Unternehmen steht Tag für Tag vor einer Reihe von Optionen, Alternativen und Entscheidungen. Wenn Sie sich die Zeit nehmen und Ihre Werte definieren, können diese Prinzipien Ihre Mitarbeiter oder auch nur Sie selbst (wenn Sie ein Ein-Personen-Unternehmen haben) bei komplizierten, nicht leicht zu beantwortenden Fragen leiten. Wenn das Unerwartete passiert, können Sie schnell und entschieden reagieren, weil Sie genau wissen, was wichtig ist.
Schwierige Wahl
Betrachten Sie folgenden Fall: Frank Little ist unabhängiger Berater und arbeitet für eine große petrochemische Firma, die wir Bigg Oil nennen wollen, mit Hauptsitz in den USA. Er macht eine Marktanalyse für einen der größten Geschäftsbereiche des Unternehmens, und ist an einem wichtigen Projekt beteiligt, bei dem es um die Entwicklung neuer Geschäftsmöglichkeiten in Übersee geht. Frank macht das, was er tut, gut und skizziert verschiedene Möglichkeiten für Produktion, Vertrieb und Preisbildung von petrochemischen Erzeugnissen in drei Ländern. In einem seiner vielversprechendsten Szenarios sind die kurzfristigen Gewinne in einem Land, das wir Friedonia nennen wollen, sehr viel höher als in den beiden anderen. Dies liegt in der Hauptsache daran, dass in dem Land keine aufwendigen Verfahren für den Umweltschutz eingehalten werden müssen.
In den beiden anderen Ländern gibt es Umweltschutzgesetze, die denen in den USA entsprechen.
Hier nun das Dilemma von Frank Little: Bei der Verlagerung seiner Produktion nach Friedonia könnte Franks Kunde riesige Gewinne erzielen. Sicherlich würde durch die entstehende Verschmutzung an der Umwelt großer Schaden angerichtet, der möglicherweise auch auf Bigg Oil zurückgeführt werden könnte. Aber aufgrund der derzeitigen Gesetze in Friedonia würde das Unternehmen nichts Illegales machen, und Frank würde bei Durchführung des Projekts weiter mit Bigg Oil im Geschäft bleiben. Er zerbricht sich den Kopf darüber, was er der Geschäftsführung raten soll:
✓ Die kurzfristigen Gewinne einzufahren?
✓ Freiwillig Verfahren zum Umweltschutz zu erlassen, auch wenn das Unternehmen nicht gesetzlich dazu verpflichtet ist?
✓ Friedonia so lange zu vergessen, bis es bessere Umweltschutzgesetze hat?
Vielleicht können Sie Franks Dilemma verstehen, weil Sie selbst schon einmal vor ähnlichen ethischen Fragen und Entscheidungen gestanden haben. Wenn Frank ein Blatt Papier mit einer Wertebeschreibung des Unternehmens zur Verfügung hätte, könnten diese Informationen ihm helfen, einen Weg aus seinem Dilemma zu finden. Werte bilden einen Rahmen, sodass alle, die mit schwierigen Entscheidungen konfrontiert sind, eine Anleitung haben. Wenn man keine Richtlinien hat – oder, noch schlimmer, die Anweisung hat, immer auf Nummer Sicher zu gehen -, sind Geschäftsleute in Franks Position gezwungen, den sicheren Weg zu wählen und bei diesem Weg sind oft nur die Gewinne entscheidend. Aber der einfachste Weg ist nicht immer der beste.
Verloren und unvorbereitet
Was passiert, wenn das Unglück über einem hereinbricht? Wir alle erinnern uns an Schlagzeilen, bei denen unerwartete Probleme das Image von Unternehmen getrübt haben. Zum Beispiel:
✓ Exxon (Ölerzeuger und -exporteur): Der berühmt-berüchtigte Öltanker Valdez verlor Millionen von Tonnen Rohöl, die sich in die unberührte Bucht von Alaska ergossen und unvorstellbare Umweltschäden hinterließen.
✓ Intel (Hersteller von Computer-Prozessoren): Ein kleiner Fehler auf dem Pentium-Chip (der, je nachdem mit wem man sprach, wichtig oder überhaupt nicht wichtig war) war schuld, dass das Unternehmen sich entschuldigen und das Produkt ersetzen musste.
Diese beiden Unternehmen stolperten über die sogenannten Externalitäten (um im Fachchinesisch zu bleiben). Externalitäten sind die Umstände, die über die unmittelbare Kontrolle eines Unternehmens hinausgehen und Problembereiche berühren, bei denen es um mehr geht als einfach nur ums Geldmachen. Wenn man die Macht dieser von außen einwirkenden Kräfte übersieht – und bei Ent-scheidungen nicht auch soziale und ethische Werte berücksichtigt kann dies ernsthafte oder sogar katastrophale Konsequenzen für ein Unternehmen haben. Wie die Beispiele zeigen, sprechen wir hier nicht nur von einem Kunden, der unglücklich ist, sondern über richtig schwerwiegende Probleme. Unsere Beispiele könnten wir beliebig erweitern und Firmen jeder Größe und jeder Branche anführen. Gegenüber unerwarteten Ereignissen reagieren unvorbereitete Unternehmen oft, als wären sie in totaler Auflösung begriffen. Wenn ein Unternehmen keine Werte hat, mit denen sich alle Mitarbeiter identifizieren, bleibt die Interpretation von wichtigen Fragen jedem und jeder im Unternehmen überlassen. Dann findet sich das Unternehmen höchstwahrscheinlich in der Situation wieder, dass es mit vielen Stimmen spricht und in verschiedene Richtungen geht, sodass die Mitarbeiter verwirrt, die Kunden unzufrieden, die Öffentlichkeit wütend und die Investoren vielleicht enttäuscht sind.
Vom Wert, Werte zu haben
Eine Wertebeschreibung enthält die Grundsätze und Prinzipien, die die Aktivitäten eines Unternehmens, egal welcher Größe, leiten. Die Leute an der Spitze eines Unternehmens müssen die angegebenen Werte beispielhaft vertreten, Anreize und Belohnungen sollten dazu führen, dass alle Mitarbeiter im Sinne der Unternehmenswerte handeln. Hier ein Beispiel dafür, wie wichtig eine Wertebeschreibung sein kann. Im Sommer ) 1985 erlebten die Vereinigten Staaten etwas, das viele als terroristischen .Angriff beschrieben. Jemand in der Gegend um Chicago machte sich an Tylenol-Flaschen zu schaffen, dem bestverkauften Schmerzmittel von McNeil Laboratories, einer Tochtergesellschaft des Pharma-Riesen Johnson & Johnson. Eine unbekannte Anzahl von Tylenol-Kapseln wurde mit Zyanid versetzt und acht Menschen starben. Die Tragödie führte bei Johnson & Johnson zu einer Geschäftskrise. Johnson & Johnson reagierte angesichts der Bedrohung seiner Kunden schnell und entschieden. Das Unternehmen nahm in ganz Amerika alle Tylenol-Flaschen aus den Regalen – ein Unterfangen, das die Firma mehr als 100 Millionen Dollar kostete – und zwar sofort, nachdem es von dem Problem erfahren hatte.
Als die Krise schließlich vorüber war, wurde Johnson & Johnson zum Vorbild für Unternehmen weltweit. Durch die blitzschnelle Reaktion auf den Tylenol-Vorfall erntete das Unternehmen den Ruf, eine der verantwortungsvollsten Firmen weltweit zu sein, eine, die ihre Pflichten sehr ernst nimmt und bereit ist, das Wohlergehen der Öffentlichkeit über den eigenen Profit zu stellen. Die vielen Geschäftsbereiche von Johnson & Johnson profitierten davon. Warum verhielt sich Johnson & Johnson so gut, während viele andere Firmen in einer ähnlichen Situation wie gelähmt wären? Die Gründe dafür sind in der Wertebeschreibung des Unternehmens aufgeführt, einem außergewöhnlichen Dokument, das als das Credo von Johnson & Johnson bezeichnet wird (siehe weiter unten). Mehr als ein halbes Jahrhundert lang hat dieses Credo Verhalten und Aktionen im gesamten Johnson & Johnson Imperium, derzeit einem Unternehmen mitweltweit 20 Milliarden Dollar und mehr als 80 000 Mitarbeitern, geleitet.
Das Credo von Johnson & Johnson funktioniert so gut, weil alle Mitarbeiter es ernst nehmen. Mit aktiver Unterstützung und Beteiligung des Top-Management angefangen beim Vorsitzenden, beruft man sich im gesamten Unternehmen auf das Credo, lobt und diskutiert es. Oldtimer und neue Mitarbeiter werden kontinuierlich an die Wichtigkeit der Botschaft erinnert. Beförderungen hängen zum Teil davon ab, wie gut die Manager die Werte verkörpern und sie innerhalb ihres Verantwortungsbereichs verbreiten. Das Credo ist ein bedeutender Faktor für die beständige Spitzenposition des Unternehmens innerhalb der Branche – und deutlicher Hinweis, warum die Firma bei so vielen Leuten so angesehen ist.
✓ In der Wertebeschreibung sind die Grundsätze und Prinzipien niedergelegt, die die Aktivitäten eines Unternehmens leiten sollen.
✓ Klare Werte helfen dem Unternehmen, schnell und entschieden zu reagieren, wenn das Unerwartete eintrifft.
✓ Alle im Unternehmen müssen die Werte des Unternehmens akzeptieren und gutheißen.
Das Credo von Johnson & Johnson
Wir glauben, dass wir höchste Verantwortung gegenüber den Ärzten, Krankenschwestern sowie Patienten, Müttern und allen anderen, die unsere Produkte und Dienste nutzen, tragen. Alles, was wir tun, um deren Bedürfnisse zu befriedigen, muss von höchster Qualität sein. Wir müssen konsequent danach streben, Kosten zu senken, damit wir vernünftige Preise beibehalten können. Die Bestellungen der Kunden müssen prompt und akkurat erledigt werden. Unsere Zulieferer und Händler müssen die Möglichkeit haben, einen fairen Gewinn zu machen. Wir sind für unsere Mitarbeiter verantwortlich, die Männer und Frauen, die weltweit bei uns arbeiten. Jeder muss als Persönlichkeit geachtet werden. Wir müssen ihre Würde respektieren und ihre Leistung anerkennen. Sie müssen in ihren jeweiligen Positionen Sicherheit haben. Die Bezahlung muss fair und angemessen sein, die Arbeitsbedingungen müssen sauber, ordnungsgemäß und sicher sein. Die Mitarbeiter müssen Vorschläge und Beschwerden frei äußern können. Für Anstellung, Weiterentwicklung und Beförderung muss es für gleich Qualifizierte gleiche Chancen geben. Das Management muss kompetent sein, seine Aktionen gerecht und ethisch einwandfrei sein.
Wir sind verantwortlich für die Gesellschaften, in denen wir leben und arbeiten, sowie für die Welt insgesamt. Wir müssen gute Bürger sein, gute Arbeiten und Wohltätigkeitsorganisationen unterstützen und unseren Steueranteil leisten. Wir müssen Verbesserungen in den gemeinschaftlichen Einrichtungen sowie im Bereich Gesundheit und Bildung fördern. Die Gebiete, für die wir das Privileg der Nutzung haben, müssen wir in gutem Zustand erhalten und die Umwelt sowie die natürlichen Ressourcen schützen. Schließlich tragen wir auch gegenüber den Aktionären Verantwortung. Die Geschäfte müssen guten Gewinn einbringen. Wir müssen mit neuen Ideen experimentieren. Die Forschung muss fortgesetzt, innovative Programme müssen weiterentwickelt und für Fehler muss bezahlt werden. Neue Ausrüstungsgüter müssen erworben, neue Betriebsanlagen bereitgestellt und neue Produkte auf den Markt gebracht werden. Für schlechte Zeiten müssen Reserven gebildet werden. Wenn wir gemäß dieser Prinzipien arbeiten, sollten die Aktionäre eine faire Rendite erzielen können.