Grünes Licht für Heuschrecken – Bankengeheimnis

Doch zur Enttäuschung der Anwälte, Anleger- und Datenschützer kam alles ganz anders. Der Bundesgerichtshof folgte den Argumenten der Anwälte nicht. In seinem Urteil vom 27.02.2007 (BGH XI ZR 195/05) stellte das oberste deutsche Zivilgericht klar, dass ein Verstoß gegen das Bankengeheimnis und gegen Datenschutzbestimmungen keinerlei Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Forderungsabtretungen habe.

Dr. Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), übte scharfe Kritik an dem höchstinstanzlichen Richterspruch: Seit vielen Jahren ist anerkannt, dass die Verletzung des Arztgeheimnisses bei der ärztlichen Abrechnung zur Unwirksamkeit der Forderungsabtretung führt. Dies gilt, wenn der Forderungsempfänger seinen Sitz in Deutschland hat und dem deutschen Datenschutzrecht unterworfen ist. Hierzu steht die jetzige BGH-Entscheidung in einem Wertungswiderspruch, wenn der Bankkunde hinsichtlich seines Bankgeheimnisses völlig rechtlos gestellt wird. Wir müssen feststellen, dass in Bankgeschäften der Datenschutz oft wenig ernst genommen wird, wie der seit Jahren anhaltende tausendfache Verstoß bei der Weitergabe von Transaktionsdaten an US-Geheimdienste durch SWIFT zeigt. Datenschutz kann leicht zum Papiertiger werden, wenn von den Gerichten nicht anerkannt wird, dass der Umgang mit Vertragsdaten ein zentraler Bestandteil jedes Vertrages ist. Die deutsche Rechtsanwendung muss hier die strengen Vorgaben der Europäischen Datenschutzrichtlinie beachten. Wird dies nicht sichergestellt, so ist auch die Europäische Kommission gefordert.

Doch nach dem Richterspruch des XI. Senats steht dem Ausverkauf von Forderungen – notleidenden wie planmäßig bedienten — zur Sanierung der Bankbilanzen durch Private-Equity- Gesellschaften erst einmal nichts mehr im Wege. Heuschrecken- Firmen erhielten sozusagen grünes Licht für ihre Beutezüge in Deutschland.

Schon vor der Entscheidung des BGH waren sich einige Banken ihrer Sache recht sicher. Die Hypo-Real-Estate-Gruppe, die im Jahr 2003 von der Hypo-Vereinbank-Gruppe abgespalten und an die Börse gebracht wurde, war sicher eines der ersten Institute in Deutschland, die sich durch diese Art von Transaktionen ihrer Kreditengagements entledigte, aber keineswegs die einzige Bank, die zu diesem Rettungsring griff, um die eigene Bilanz zu sanieren.
Die Hypo Real Estate allein veräußerte in den Jahren 2003 und 2004 ein Kreditvolumen von über 4,1 Milliarden, und die Muttergesellschaft HypoVereinsbank verscherbelte in den Jahren 2005 und 2006 weitere Kreditportfolios im Wert von knapp fünf Milliarden Euro an die US-Investmentbank Goldman Sachs.
Auch die Dresdner Bank nutzte seit 2003 die Hilfe von Kreditverwertern, um Immobilienkredite von 3,1 Milliarden Euro loszuwerden. Eine halbe Milliarde davon ging an die Deutsche Bank, die sich auch beim internationalen Geschacher mit distressed Loans, wie wackelige Kredite im anglophilen Bankerjargon genannt werden, einen Namen machen möchte. Selbst die DZ-Bank, die Zentralbank der Volksbanken Raiffeisenbanken, hat Forderungen aus Immobilienkrediten in Höhe von 0,6 Milliarden Euro an die US-Investmentbank J.P. Morgan versilbert.
Die Banken vertreten ihre eigene Interessen. Sie wollen ihre Bücher bereinigen. Sie hatten in den vergangenen Jahren Immobilienkredite im Wert von 100 und 200 Milliarden Euro vergeben, die sie nun gerne loswerden wollen. Ob sie mit ihrer Altlastenentsorgung die Häuslebauer oder Immobilieninvestoren unter Druck setzen, ist ihnen ziemlich gleichgültig.

Zwar behauptet der Pionier, die Hypo Real Estate Bank, dass sich die rechtliche Position des Darlehensnehmers durch den Portfolioverkauf nicht verschlechtert, (…) weil auch für den neuen Gläubiger die gleichen Rechten und Pflichten aus dem Kreditvertrag gelten.

Die Erfahrungen düpierter Kreditkunden entlarven dieses Versprechen als schlechtes Marketing und Lüge. Denn die Portfoliokäufer sind nicht an einer langfristigen Beziehung zu den Schuldnern interessiert, sondern an einer schnellen Verwertung – notfalls durch die Übernahme und den Verkauf der Sicherheiten, um das Kreditverhältnis möglichst schnell und profitabel abzuwickeln, erklärte Rechtsanwalt Jochen Weck von der Münchner Kanzlei Rössner Rechtsanwälte gegenüber der Zeitschrift Focus Money.

Für die schmutzigen Geschäfte verlassen sich die Beteiligungsgesellschaften, wie das Beispiel Lone Star zeigt, auf die Dienste von Inkassofirmen, die oft ebenfalls zum Imperium der Heuschrecken gehören. Diese Gesellschaften haben eine ganz einfache Philosophie. So stellt sich Hudson Advisors auf seiner Homepage (hudson-advisors*com) als äußerst effizienter Partner im Dienste der Kapitalgesellschaften vor, der in den vergangenen zehn Jahren Problemkredite abgewickelt und komplexe Immobilien-Anlagen verwaltet [hat]. Zu diesen Investments in Asien, Nordamerika und Europa, die sich insgesamt auf mehr als 31 Milliarden Dollar beliefen, gehörten auch verschiedene Eigentümermodelle und Investmentstrukturen, die ein konzentriertes und aggressives Vorgehen erfordern, um die Renditen für den Investor zu maximieren.

In Deutschland haben die Kredithaie, Heuschrecken und Pleitegeier zudem leichtes Spiel: Denn deutsche Kreditnehmer müssen in der Regel mit ihrem Vermögen für den Kredit haften. Das sind für die Kreditaufkäufer beste Aussichten für die erfolgreiche Erfüllung ihrer Aufträge. Sie übernehmen mit dem Kreditvertrag auch einen Titel, den sie vollstrecken können.

Für die Kunden ist dieser florierende Handel mit ihren Krediten so gemütlich wie ein Tanz auf einem Vulkan. Zu den Opfern der auf Kreditverwertung spezialisierten Geldeintreiber zählen längst nicht mehr nur säumige Schuldner, die mit ihren Raten in Rückstand geraten sind, sondern auch gute Darlehensnehmer, die immer pünktlich ihren Schuldendienst geleistet haben.

Die Banken, die ihre Kreditportfolios bereinigen wollen, müssen nicht einmal mehr die Zustimmung ihrer Darlehensnehmer einholen. Sie haben ein Schlupfloch gefunden, das sie sogar von der Mitteilungspflicht befreit. Die Kredite, die aussortiert werden sollen, werden samt Sicherheiten gebündelt und als Portfolio in eine eigens gegründete Gesellschaft ausgegliedert. Die Anteile an dieser Gesellschaft werden dann an die Heuschrecken verkauft.

Bei der Übertragung der Kredite samt Sicherheiten im Wege der Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz ist eine Zustimmung des Kunden gerade nicht erforderlich, erklärt die Hypo Real Estate. Denn das Umwandlungsgesetz will volkswirtschaftlich notwendige Umstrukturierungen eines Unternehmens ermöglichen.
Auf einem Symposium im April 2007 erklärte die Hypo Real Estate, dass ein Markt für faule Kredite außerhalb der Banken entstanden sei. Und nicht nur für faule Immobilienschulden. Auch große Firmenkredite und Verbraucherkredite könnten künftig an Dritte verscheuert werden. Und da sei noch reichlich Spielraum für glänzende Geschäfte in den nächsten Jahren.

Schrottimmobilien im Ostdeutschland

In den 1990er Jahren, kurz nach der sogenannten Wende, war Ostdeutschland ein Dorado für Steuervermeider, Schnäppchenjäger, Betrüger, gerissene Kapitalanleger und Banken. Im großen Stil haben die westdeutschen Geldhäuser – allen voran die damals noch als eigenständiges Haus existierende Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank – in den neuen Bundesländern eingekauft, Grundstücke, Plattenbauten und heruntergekommene Altbauten – alles was sich irgendwie bebauen, umbauen, sanieren, renovieren und wieder versilbern ließ.

Die Lage der den Kunden angepriesenen Immobilien war natürlich immer bestens. Stadtviertel, die selbst bei großzügiger Interpretation nicht als erstklassig eingestuft werden konnten, wurden kurzerhand zur Gegend mit großem Potenzial erklärt. Die Käufer aus dem Westen hatten keine Ahnung, sie kannten nur die westdeutschen Immobilienpreise und hatten wenig Zeit und Lust, sich eingehend zu informieren. Viele glaubten einfach den Versprechungen und vor allem den Mietkalkulationen der Bankberater, die ihnen große Steuergeschenke und überproportionale Wertentwicklungen prophezeit hatten. Aufs Nachrechnen oder auf eine Besichtigung der angebotenen Immobilien haben die meisten der Investoren gern verzichtet. Selbst tollkühne Prognosen zur Entwicklung der Mieteinnahmen von 20 € pro Quadratmeter für Wohnimmobilien, die sich in den 1990er Jahren in besten Lagen im Westen kaum noch erzielen ließen, erweckten bei den Käufern selten Zweifel.

Wie sie Opfer dieses Nepps wurde, erzählt eine Kundin der HypoVereinsbank, dem Nachfolgeinstitut der früheren Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank. Auch ihr wurde von einem Kreditvermittler eine lohnende Kapitalanlage zur Altersvorsorge, die darüber hinaus staatlich gefordert sei, in Aussicht gestellt.

Das Risiko sei gleich null, versicherte ihr der Mitarbeiter eines Strukturvertriebs, immerhin habe die große bayerische Bank alles geprüft und für seriös befunden. Als die Kundin zögerte, machte der Verkäufer Druck. Die Anlegerin sollte nicht zu lange überlegen, für diese Immobilien gäbe es viele Interessenten. Sie schlug ein und kaufte unbesehen eine 3-Zimmer- Wohnung in der ostdeutschen Provinz. Natürlich konnte der Verkäufer auch gleich die Finanzierung des Filetstücks arrangieren und einen unterschriftsreifen Vertrag über ein Darlehen von mehr als 300000 € vorlegen. Die Kundin unterschrieb.

Danach ging es für sie in finanzieller Hinsicht nur noch bergab. Gleich nach dem Vertragsabschluss stellte sich heraus, dass das Schnäppchen in Wirklichkeit Schrott war. Die Wohnung steckte voller Mängel und war schlecht zu vermieten. Für dieses völlig überteuerte Objekt ist die junge Frau noch jetzt mit rund 150000 Euro verschuldet. Statt Vermögen zu bilden, zahlt sie monatlich 1000 Euro an die Bank.

Die Hypobank, die wenige Jahre später mit dem Lokalrivalen Bayerische Vereinsbank zu einem der größten deutschen Bankkonzerne fusionierte, hatte damals auch viele Immobilien in Leipzig im Angebot. Große Wohnungen, kleine Appartements, ganze Wohnblöcke und Mietskasernen – für jeden Geldbeutel oder Einkommensklasse etwas. Mit phantastischen Mietpreisversprechen und hohen Nebenkosten. Häufig wurde mit dem Kredit zusätzlich eine Kapitallebensversicherung als Absicherung verkauft. Da winkten zusätzliche Provisionen. In jedem Fall ein gutes Geschäft – für die Bank.

Billigappartements am unteren Ende der Preisskala wurden mit Drückerkolonnen an den Mann oder die Frau gebracht. Im Wohnzimmer oder Büro der Kunden führten die freien Berater im Auftrag der Bank die Verkaufsgespräche und setzten bei unentschlossenen, zögerlichen Gesprächspartnern auch schon mal auf die ganz billige Tour die Daumenschrauben an. Wenn Sie jetzt nicht unterschreiben, dann wird die Wohnung ein anderer kaufen. Für solche Sahnestücke am Immobilienmarkt gäbe es schließlich viele Interessenten. Da haben viele zugegriffen. Und Verträge unterschrieben, die sie auf Jahre knebelten.

Eine meiner Kolleginnen, eine Auslandsreporterin, wurde auch Opfer der dubiosen Immobilienmachenschaften. Zwar war sie vorsichtig genug, nur in ein kleines Appartement in Leipzig zu investieren, doch auch mit diesem Investment hatte sie sich vor allem Probleme eingehandelt. Die Wohnung lag in einem zwar belebten, aber auch etwas zwielichtigen Viertel mit kleinen Gemüseläden, Bars und regem Nachtleben. 60 000 Euro kostete die Wohnung. Die Hypobank bot ihr großzügig einen Kredit von 50000 Euro an. Abgesichert wurde das Darlehen durch eine Lebensversicherung, die sie abschließen musste. Insgesamt betrug ihre monatliche Belastung rund 250 Euro zuzüglich der Zahlungen für die Versicherung von 5000 Euro pro Jahr.

Sie würde keine Mühe haben, ihre Kosten durch die Miete wieder einzuspielen, wurde ihr versichert. Außerdem könnte sie die Kosten für die Renovierung des Appartements von der Steuer absetzen. Einen Mietpreis von 20 € pro Quadratmeter hatten ihr die Bankberater in Aussicht gestellt. Sie war skeptisch genug, um den genannten Betrag auf die Hälfte zu reduzieren, doch auch das erwies sich als zu optimistisch.

Bevor die Sanierung abgeschlossen war, ging der Bauunternehmer pleite. Die letzte Rate des Kaufpreises wurde einbehalten und auf das Anderkonto eines Anwalts in Düsseldorf überwiesen. Dadurch wurde die Wohnung vor dem Konkurs des Bauunternehmers und Verkäufers nicht auf ihren Namen eingetragen.
Diesen schwerwiegenden Mangel erkannte die Käuferin allerdings erst ein paar Jahre später. Vor etwa vier Jahren hatte sie nämlich genug vom Ärger und den Verlusten, die ihr die Schrottimmobilie ständig bescherte: Meistens stand sie leer. Wenn nicht, machte sie mit Mietnomaden böse Erfahrungen. Ein Mieter zahlte nur die erste Miete und dann nichts mehr. Doch als er endlich die Wohnung räumen musste, demolierte und verschmutzte er das Appartement so, dass von Grund auf renoviert werden musste, einschließlich einer neuen Badezimmerausstattung. Verkaufen konnte sie die Immobilie jedoch nicht, solange die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt waren.

Und um diese Klärung streiten die Anwälte noch immer. Auf dem Anderkonto, das bei einer renommierten privaten Bank geführt wird, schlummert die letzte Rate – zinslos versteht sich. Aber auch ein Verkauf wäre zurzeit kein gutes Geschäft für die entnervte Kundin. Sie bekäme heute nur noch maximal die Hälfte des Kaufpreises – der Wert des vermeintlichen Sahnestückchens hat sich in der vergangenen Dekade mehr als halbiert.

Was macht die Bank-Kredite so teuer

Bei der Prüfung der Zuschriften und Beschwerden der düpierten Bankkunden zeigte sich, dass die extrem teuren Kreditversicherungen die Raten der Kleinkredite auf Wucherniveau in die Höhe getrieben hatten. Die tatsächliche Belastung der Schuldner betrug zwischen 20 und 40 Prozent des Kreditvolumens! Von den einstelligen Zinskonditionen aus der Werbung war also keine Rede mehr.
Wie die Rechnung für die Kreditnehmer aussehen kann, zeigt folgendes Beispiel: Die Beiträge für die Restschuldversicherung werden als Einmalzahlung auf die Kreditsumme aufgeschlagen. Sie betragen in der Regel ein Drittel des Kredits, können aber im Einzelfall auch deutlich höher ausfallen. Dadurch erhöht sich das Kreditvolumen und natürlich auch die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags. Für einen Kredit von 30000 Euro netto ergaben sich so für den Kunden Kosten von insgesamt 39 642 Euro. Davon machte die Restschuldversicherung 17 315 Euro aus, der Rest der Kosten setzte sich aus Zinsen und Bearbeitungsgebühren zusammen. Der Kreditnehmer musste also für seinen 30 000-Euro-Kredit fast 70000 Euro abstottern.

In einem anderen Fall wurde von der Bank für einen Nettokreditbetrag von 9000 Euro der Abschluss einer Restschuldversicherung mit Kosten in Höhe von 9105 Euro verlangt.

Schlimm ist dabei auch, dass die meisten der Opfer bei Abschluss keine Ahnung von den wirklichen Belastungen hatten, die da auf sie zukamen. Denn die Kosten der Versicherung waren nicht in die Berechnung des effektiven Zinses eingeflossen.
Nicht ein einziger Kreditnehmer wurde von seiner Bank darüber aufgeklärt, dass der angegebene Effektivzins die Kosten der Restschuldversicherung nicht enthält, erkannten die Verbraucherschützer in ihrer Dokumentation.

Zudem wurde in keinem Fall den Kunden erklärt, dass es weit günstigere Formen der Absicherung gibt, eine bestehende Lebensversicherung beispielsweise oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung, mit deren Hilfe der Kredit bedient werden kann, falls der Kreditnehmer verunglückt.

Natürlich versuchten die beteiligten Banken abzustreiten, dass die Kreditverträge an den Abschluss der Restschuldversicherung gekoppelt waren. Dafür gibt es offensichtlich gute Gründe – vermuten jedenfalls die Verbraucherschützer.
Aus Fällen, in denen die Restschuldversicherung in Anspruch genommen wurde, weil der Kreditnehmer seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllen konnte, ergaben sich Einblicke in eine sehr dubiose Konstruktion. Wäre beispielsweise der Vertrag über eine Nettokreditsumme von 30000 Euro, der durch die Restschuldversicherung mit der Einmalprämie von 17315 Euro gedeckt sein sollte und für den eine Laufzeit von sieben Jahren vereinbart worden war, nach etwa sechs Monaten gekündigt worden, hätte die Versicherung gerade einmal 6148 Euro ausgezahlt. Die übrigen 11167 Euro – 65 Prozent der Versicherungsprämie – wären bereits verbraucht gewesen. Doch wofür? Zu diesem Zeitpunkt wären doch erst 5 Prozent des Kredits getilgt gewesen, rechneten die Verbraucherschützer nach.

Sie kamen letztendlich zu folgendem Schluss: Dies legt die Vermutung nahe, dass mehr als die Hälfte der Prämie als Provision an die Bank gezahlt wurde – und sie deshalb verbraucht ist. Das klingt nach einem glänzendem Geschäft für die Bank: Den Kunden durch überhöhte Kredite und damit hohe Raten abzocken und obendrein eine fette Prämie für die Versicherung kassieren.
Nun machen sich die Verbraucherschützer stark für die Bankenopfer: Sie haben sich an das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen gewandt, das solchen Vergehen der Banken nachgehen muss.

Denn diese Verträge seien sittenwidrig, erklären die Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Hamburg und zitieren den Paragraphen 138 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach ist ein Darlehensvertrag, bei dem Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, sittenwidrig.
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil den Tatbestand des auffälligen Missverhältnisses weiter präzisiert: Er trifft dann zu, wenn der Vertragszins 100 Prozent in relativem Verhältnis oder 12 Prozentpunkte in absoluten Zahlen über dem Marktzins liegt und eine Notlage des Darlehensnehmers vorsätzlich oder fahrlässig ausgenutzt wird. Sittenwidrige Darlehensverträge sind aber nichtig und müssen gemäß §§ 812 ff. BGB rückabgewickelt werden. Dabei muss der Darlehensbetrag erst nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit zurückgezahlt werden. Zudem hat die Bank keinen Anspruch auf Zinsen.

Explosive Stimmung
Wohin die Kreditpolitik der Geldinstitute fuhren kann, zeigt folgendes Beispiel: Am 16. Februar 2007 steuerte ein Mann mittleren Alters sein Auto in die Glastür einer Frankfurter Bankfiliale. Eine Campinggasflasche hat er bereits aufgestellt und versuchte gerade, eine zweite aus dem stark verbeulten Auto zu zerren, als er von der Polizei überwältigt wurde. Auch sein 36-jähriger Begleiter, der sich unter den Schaulustigen verstecken wollte, wurde in Gewahrsam genommen. Als Tatmotiv gab der 52- jährige Haupttäter an, dass er die Bank in die Luft sprengen wollte, weil er unzufrieden war und sich ungerecht behandelt fühlte. Die Sparkasse wollte ihm keinen Kredit einräumen. Nach seinem Attentat dürfte sich sein Standing als Bankkunde kaum verbessert haben. (Spiegel-Online vom 17. Februar 2007)

Wirbel um das BGH-Urteil

Die Badenia legte gegen das Karlsruher OLG-Urteil Revision ein. Der Fall landete beim Bundesgerichtshof. Für die Klägerin waren das keine guten Aussichten, denn die BGH-Urteile hatten sich in den Jahren zuvor nicht immer als verbraucherfreundlich erwiesen. Wir hoffen, dass die im Urteil [des OLG Karlsruhe] genannten Gründe auch vor dem BGH ausreichen, sagte damals der Anwalt der Klägerin.

Grund für zaghaften Optimismus lieferte 2006 der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit einer Entscheidung. Dessen Richter entschieden, dass die Banken und Bausparkassen das Risiko eines überhöhten Kaufpreises oder ausbleibender Mietzahlungen tragen müssen, wenn sie nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt haben. Doch der BGH schwächte die Forderungen der Straßburger Richter ab. Der Text des Urteils in der Formulierung der Presseabteilung des BGH spricht für sich:

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, welche Rechte Verbrauchern zustehen, die ihren zur Finanzierung einer Eigentumswohnung geschlossenen Realkreditvertrag nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes widerrufen haben. Die Kläger waren 1995 von einem Vermittler in ihrer Privatwohnung geworben worden, zum Zwecke der Steuerersparnis ohne nennenswertes Eigenkapital eine Eigentumswohnung zu kaufen. Sie schlossen deshalb zunächst einen entsprechenden notariellen Kaufvertrag ab und traten einer Mieteinnahmegesellschaft bei. Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss sodann die beklagte Bausparkasse als Vertreterin einer Bank mit den Käufern einen Darlehensvertrag, wobei das den Käufern gewährte Vorausdarlehen mit Hilfe von zwei bei der Beklagten abgeschlossenen anzusparenden Bausparverträgen getilgt werden sollte. Eine Belehrung der Käufer und Darlehensnehmer nach dem Haustürwiderrufsgesetz erfolgte nicht. Die Käufer bestellten für die Bausparkasse eine Grundschuld an der gekauften Eigentumswohnung über die Darlehenssumme, übernahmen dafür die persönliche Haftung und unterwarfen sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Nachdem die Kläger das aufgenommene Vorausdarlehen einige Jahre bedient hatten, widerriefen sie ihre Darlehensvertragserklärungen, da sie über ihr Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht belehrt worden seien. Mit ihrer Klage wenden sie sich gegen die Zwangsvollstreckung der beklagten Bausparkasse, an die die darlehensgebende Bank ihre Ansprüche abgetreten hat. Sie machen insbesondere geltend, mit Rücksicht auf die unterbliebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz könnten sie die Rückzahlung des Darlehens verweigern und die Bausparkasse auf die gekaufte Eigentumswohnung verweisen. Außerdem behaupten sie, über die mit der Eigentumswohnung verbundenen Risiken, insbesondere die tatsächlich zu erzielende Miete und den Wert der Wohnung getäuscht bzw. nicht hinreichend aufgeklärt worden zu sein. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat aber die Revision zugelassen.
Der XI. Zivilsenat hatte die Verhandlung zunächst zurückgestellt, um die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) auf die Vorlage des Landgerichts Bochum (WM 2003,1609) in einer Sache abzuwarten, an der die beklagte Bausparkasse beteiligt ist. Nachdem die Entscheidung des EuGH am 25. Oktober 2005 (WM 2005,2079) ergangen ist, hatte der XI. Zivilsenat nun unter anderem zu entscheiden, welche Konsequenzen aus dem Urteil des EuGH zu ziehen sind. Er ist hierbei zu folgendem Ergebnis gelangt:

Es besteht auch im Hinblick auf die Europäische Haustürgeschäfterichtlinie kein Anlass, die ständige Rechtsprechung des Senats zu ändern, nach welcher der Verbraucher nach dem Widerruf des Darlehensvertrages gemäß § 3 Haustürwiderrufsgesetz (HWiG) zur sofortigen Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicher Zinsen verpflichtet ist. Der EuGH hat ausdrücklich betont, dass dies auch in Fällen, in denen die Darlehensvaluta nach dem für die Kapitalanlage entwickelten Konzept unmittelbar an den Verkäufer zum Erwerb der Immobilie ausgezahlt wird, der Haustürgeschäfterichtlinie entspricht. Auch soweit der EuGH gemeint hat, Art. 4 der Haustürgeschäfterichtlinie verpflichte die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, den Verbraucher vor den Risiken einer kreditfinanzierten Kapitalanlage zu schützen, die er im Falle einer Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte vermeiden können, bestehen weder Grund noch Möglichkeit zu einer anderslautenden richtlinienkonformen Auslegung des § 3 HWiG.

Die Frage, ob im Hinblick auf die genannte Vorgabe des EuGH aus der unterbliebenen Widerrufsbelehrung – wie in Literatur und Rechtsprechung zum Teil vertreten – ein Schadensersatzanspruch der Kläger folgen könnte, hat der Senat offengelassen. Ein derartiger Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung scheidet hier nämlich schon wegen Fehlens der erforderlichen Kausalität aus, weil die Kläger den Kaufvertrag bereits geschlossen hatten, bevor es zum Abschluss des Darlehensvertrages kam. Die Erteilung einer Widerrufsbelehrung konnte sie daher vor den Risiken ihres Immobilienkaufs nicht mehr schützen.

Der XI. Zivilsenat hat aber im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können, und um dem in den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor Risiken von Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen, seine Rechtsprechung zum Bestehen von eigenen Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank in diesen Fällen ergänzt. Danach können sich die Anleger in Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise Zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses Feststellungen zu der von den Klägern behaupteten arglistigen Täuschung und der Frage eines institutionalisierten Zusammenwirkens der beklagten Bausparkasse mit den Vermittlern treffen kann. (Urteil vom 16. 05. 2006 – XI ZR 6/04, zitiert nach der entsprechenden Verlautbarung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs) Bemerkenswert an diesem Urteil ist vor allem, dass der XI. Senat vor allem die Banken schützt, indem er die Beweislast umkehrt. Der düpierte Kunde muss nachweisen, dass der Verkäufer, der ihm die Immobilie angedreht hat, und die Bank, die bereitwillig dafür ein Darlehen herausgerückt hat, ein institutionalisiertes Zusammenwirken verbunden hat. Im Grunde genommen wird verlangt, dass der abgezockte Kunde einen Vertrag über die interne Kooperation präsentiert, möglichst mit Vereinbarungen über Provisionszahlungen zwischen Immobilienvermittler und Kundenberater der Bank. Ein aussichtsloses Unterfangen.

Die Richter erkannten nicht einmal den vorliegenden Fall als verbundenes Geschäft an, weil der Kauf der Wohnung von einer Immobiliengesellschaft und der Abschluss eines Darlehensvertrages sowie der Abschluss von zwei Bausparverträgen zeitlich und räumlich getrennt nacheinander erfolgten.

Noch schwieriger ist es nach diesem Urteil geworden, die deutschen Geldhäuser auf den Tatbestand der arglistigen Täuschung festzunageln: Da müssen die Versprechen der Wohnungsverkäufer offensichtlich schon so phantastisch ausfallen, dass sie jedem unbedarften Zuhörer auffallen, so dass sich dann doch jedem (auch den Richtern an deutschen Zivilgerichten) der Eindruck aufdrängt, die Bank habe die betrügerischen Angaben eigentlich nicht übersehen können.

Mit der Einsicht von Banken ist es allerdings manchmal nicht weit her. Das hat bereits der Fall des berühmten Immobilienbetrügersjürgen Schneider Mitte der 1990er Jahre bestens demonstriert. Da hat sich die Kreditabteilung der Deutschen Bank nicht einmal darüber informiert, ob die tatsächliche Größe eines von ihnen wesentlich mitfinanzierten Gebäudes mit den Plänen übereinstimmte.

Verbraucherschützer, Juristen und – natürlich – die Anwälte der frustrierten Anleger gingen wegen des BGH-Urteils auf die Barrikaden. Der Senat habe mit seinen bisherigen Entscheidungen gezeigt, dass er gegen den Verbraucherschutz, seine eigene frühere Rechtsprechung und große Teile der Wissenschaft urteilt, sagte Udo Reifner, Chef des, Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen (IFF).
Ich halte die Anforderungen, ab wann ein massiver Beratungsfehler der Banken und Versicherungen angenommen wird, für zu hoch. Das äußerte der Bankrechts-Professor Hans-Peter Schwintowski von der Berliner
Humboldt-Universität. Prof. Dr. Volker Emmerich, langjähriger Direktor des Bankrechtlichen Institutes an der Universität Bayreuth, hat das oben zitierte Urteil des BGH zu den Schrottimmobilien in der Zeitschrift Juristische Schulung‘ heftig kritisiert und die Rechtsprechung des Bankensenats unter seinem Vorsitzenden Richter Nobbe aufs schärfste gerügt:

Der XI. Zivilsenat bestätigt erneut seinen Ruf als Bankenschutzsenat, der den Anlegern praktisch jeden Schutz verweigert, um die Banken gegen die Risiken der von ihnen sehenden Auges mitfinanzierten Schrottimmobilien abzusichern. Die Behauptung, die Banken hätten nicht gewusst, was sie tun, ist angesichts der Umstände der Fälle – Zehntausende von Verträgen, die von denselben Banken finanziert werden – geradezu grotesk und absurd und nicht ernst zu nehmen. Ebenso
bitter ist es, sehen zu müssen, dass sich der XI. Senat offenkundig weigert, den vom EuGH verlangten verbesserten Anlegerschutz zu gewähren.

Vorzeitige Rückzahlung ist unerwünscht beim Immobilienkredit

Wer seinen Immobilienkredit vorzeitig ablöst, müsste den Banken doch eigentlich einen Gefallen erweisen. Doch weit gefehlt. Die Geldhäuser wollen das geliehene Kapital gar nicht vor Ablauf der Darlehenszeit zurück. Denn dann müssten sie ja über neue Anlagen für das Geld nachdenken. Das macht Arbeit, und die muss der Kunde bezahlen. Also wurde die Vorfälligkeitsentschädigung erfunden. Diese Gebühr sollte sich an den Zinsen orientieren, die die Bank erhält, wenn sie das Geld für die Restlaufzeit des Kredites in andere, ähnlich sichere Anlagen investiert. Die Differenz zwischen den Zinsen, die das Kreditinstitut aus der Bedienung des Hypothekendarlehens erhalten hätte, und der Rendite, die die Bank durch ein Investment – beispielsweise in festverzinsliche Wertpapiere wie Pfandbriefe – erwirtschaften würde, muss der Kunde zahlen, der ein Darlehen vorzeitig ablöst.

Die Summe, die dem Darlehensnehmer allerdings tatsächlich in Rechnung gestellt wird, liegt irgendwie im Gutdünken der Banken. Sie entscheiden, wie sie das vorzeitig erhaltene Kapital reinvestieren, und zur Berechnungsgrundlage werden natürlich besonders niedrigverzinste Papiere herangezogen, damit der Kunde richtig für seine Entscheidung bluten muss, vorzeitig einen Kredit zurückzuzahlen.

Das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen (IFF) hat bei einem Vergleich festgesteilt, dass in Deutschland die höchsten Vorfälligkeitsentschädigungen in ganz Europa eingefordert werden. Danach werden zum Beispiel für ein Darlehen über 100000 Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einem festen Zinssatz von sechs Prozent bei einer vorzeitigen Rückzahlung nach fünf Jahren eine Entschädigung von 10000 Euro fällig. In Österreich, dem zweitteuersten Land in diesem Vergleich, müssen nur 5000 Euro bezahlt werden, in Frankreich nur 3000 Euro und in Portugal kommt der Kunde mit 1400 Euro weg.

Doch die Kunden werden nicht nur abgezockt, sondern auch über die Methoden, wie die Banken ihren Anteil errechnen, im Unklaren gelassen. Selbst die Experten des IFF konnten die Kalkulationen der Banken oft nicht nachvollziehen. Schon die Begriffe sind für Laien völlig unverständlich: Da werden Zerobond-Abzinsungsfaktoren oder Zins-Interpolationen herangezogen, oder die Kosten werden nach der Barwertmethode anhand von fiktiven Wideranlagen sowie kalkulatorischen Risiko- und Verwaltungskosten ermittelt. Gern wird auch der PEX-Index herangezogen, um die Gebühr auf ein für Kunden schädliches Maß heraufzutreiben. Ein äußerst perfides Vorgehen. In der Definition der Deutschen Bundesbank ist der PEX ein Kursindex, der in seiner Zusammensetzung einem Pfandbriefportfolio aus 30 synthetischen Pfandbriefen mit ganzzahligen Laufzeiten von 1 bis 10 Jahren und jeweils drei Kupontypen von 6 Prozent, 7,5 Prozent und 9 Prozent entspricht.

Dieser Index bildet nicht nur realisierte Kurse ab, sondern basiert auf den Konditionen von deutschen Pfandbriefinstituten, zu denen sie bereit wären, Pfandbriefe zu verkaufen. Dabei haben die Herausgeber von Pfandbriefen immer ein Interesse daran, die Konditionen – Ausgabekurs, Zinssatz und Laufzeit – so niedrig wie möglich zu halten, um ihre Kosten zu kontrollieren. Die Käufer solcher Wertpapiere wollen genau das Gegenteil, mehr Zinsen und in Hochzinsphasen auch längere Laufzeiten. Allein der Bezug auf diese fiktive Größe macht die Vorfälligkeitsberechnung für jeden Kunden zum Buch mit sieben Siegeln. Nicht einmal nachvollziehbar für Experten. Solange nicht die Annahmen bekannt sind, die die Bank ihren Berechnungen zugrunde gelegt hat. Doch die werden besser gehütet als das Bankgeheimnis. Diese Unsitte beschäftigte auch den Bundesgerichtshof, der im November 2004 befand, dass eine Orientierung an den Hypothekenpfandbriefen Möglichkeiten zu einer realistischeren Darstellung der Zinsdifferenz böte. Doch es brauchte Zeit und Druck von Seiten der Kunden, bis die Banken Bereitschaft zur Korrektur zeigten.

Manche Hypothekenbank beschreitet sogar einen ganz anderen Weg: Sie sattelt noch ein paar Euro obendrauf und verlangt zusätzlich Bearbeitungs- und sonstige Gebühren. Den Rekord im Abzocken auf diesem Gebiet hält wohl die Aareal Bank mit Sitz in Mainz.

Wer einen Immobilienkredit dieses Instituts vorzeitig zurückzahlen will, muss nicht nur eine Vorfälligkeitsentschädigung entrichten, sondern auch noch eine Treuhandgebühr von oft über 400 Euro. Das ist zwar rechtswidrig, aber viele Kunden zahlen diesen Betrag, um die Ablösung nicht zu gefährden. Gegen diese unrechtmäßige Bereicherung der Bank will die Hamburger Verbraucherzentrale mittels Sammelklage Vorgehen. Für Kunden, die ihre Abhängigkeit von ihrer Bank reduzieren und ihre Schulden vorzeitig zurückzahlen wollen, lohnt es sich in den meisten Fällen, die Verträge genau zu prüfen und nachzurechnen. Diese Mühe zahlt sich eigentlich immer aus – auch wenn fremde Hilfe in Anspruch genommen wird und ein Honorar von 100 bis 200 Euro anfällt.

Fragwürdige Anlagenberatung für die Senioren in den Banken und Sparkassen

Während Senioren offensichtlich größte Schwierigkeiten haben, Geld von ihrer Bank zu bekommen, sind sie als Anleger natürlich hochwillkommen. Und diese Beratung geht nicht immer zu ihren Gunsten aus. Natürlich weiß jeder, dass Banken gerne Sicherheiten haben, je länger sie über Kundengeld verfugen können, umso besser – vor allem in Zeiten niedriger Zinsen, wenn die Wende nach oben sozusagen vor der Tür steht. Sparpläne mit Laufzeiten von fünf und mehr Jahren werden dann auch gerne Rentnern im fortgeschrittenen Lebensalter angeboten.

So hat eine Bankmitarbeiterin in Gersthofen allen Ernstes einer deutlich über 80-jährigen, wenn auch sehr rüstigen verwitweten Frau ohne Kinder einen Sparplan mit einer Laufzeit von fünf Jahren verkauft – natürlich in Zeiten niedriger Zinsen. Einer über 65-Jährigen wurden gar Sparverträge mit 15 Jahren Laufzeit präsentiert. Zweifellos sind beide Frauen keineswegs kränklich oder hinfällig. Aber sie gehören auch nicht zu den Kunden, die fünf oder zehn Jahre darauf warten mögen, bis sie wieder über ihr Geld verfügen können, oder sich mit Magerrenditen zufriedengeben.
Vielleicht ist es nicht einmal böse Absicht, sondern nur schlampige Vorbereitung oder Gedankenlosigkeit der Kundenberater, Anlagen anzubieten, die weder zu dem Kunden noch zu seiner Lebenssituation passen. Vertrauenswürdig und kompetent ist dieses Verhalten jedenfalls nicht.

Kreditpolitik der Banken und Sparkassen

Mit ihrer Kreditpolitik bestimmen Deutschlands Banken, welches Unternehmen im Ernstfall Kapital zum Überleben, zum Wachsen, für Investitionen und neue Produkte bekommt. Sie sind sozusagen die Schiedsrichter, die den Wettbewerb nach ihren Spielregeln lenken, fordern oder abwürgen. Sie entscheiden mit, wer Arbeitsplätze ausbauen darf und wer Pleite machen muss. Die Banken sind sozusagen die oberste Instanz und ein Machtfaktor im Staatsgefüge. Allein die Tatsache, dass sie sich in den meisten Fällen nicht einig sind, dass sie gegeneinander buhlen und miteinander ringen um Marktanteile und lukrative Kunden, verhindert, dass sie ihre Monopolstellung ausspielen können. Mächtiger als jede deutsche Regierung sind sie allemal. Denn sie haben ein ganzes Arsenal an Instrumenten zur Hand, die sie mehr oder weniger geschickt einsetzen können, um die Entwicklung in der deutschen Wirtschaft, in wichtigen Branchen oder auch nur in großen Konzernen nach ihren Wünschen zu steuern.

Wichtiger als die Einflussnahme über die reinen Geldgeschäfte, Kreditvergabe, Kapitalmarktemissionen und Anlageberatung sind die Beteiligungen, die die Banken an Industrieunternehmen halten, und die zahllosen Aufsichtsratsposten und Beiratsmandate, die Banker in deutschen Unternehmen innehaben und über die sie die Geschicke der Unternehmen und auch das Wohl und Wehe der Arbeitnehmer bestimmen.

Und kein Institut hat mehr Einfluss auf Politik und Wirtschaft als der Primus im Gewerbe, die Deutsche Bank. Doch nicht immer dient die enge Allianz mit der größten deutschen Bank dem Wohlergehen des Unternehmens, seiner Mitarbeiter und manchmal nicht einmal dem seiner Aktionäre.

Wie ein Konzern durch eine allzu enge Kooperation zwischen Bankern und Konzernvorständen auf einen gefährlichen Schlingerkurs gebracht werden kann, zeigt sich am Beispiel von DaimlerChrysler oder der Daimler AG, wie das Unternehmen wohl bald wieder genannt werden wird.

Der Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden beim Daimler, wie die Arbeiter im Schwäbischen den Konzern gerne nannten, gebührte im Vorstand der Deutschen Bank dem Chef des obersten Bf Führungsgremiums. Das war ein Privileg und aus der Sicht der Banker auch eine Pflicht, schließlich war die Bank selbst Aktionär des Autobauers. Da schien es eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass sie über eine einflussreiche Stimme verfugten, um ihre Interessen, die der Kapitalgeber nämlich, durchsetzen zu können.

Der 4. April 2007 ist sicher einer der Tage, der den Mitarbeitern und Aktionären des DaimlerChrysler-Konzerns noch lange 1 in Erinnerung bleiben wird. Es war der Tag der Hauptversammlung, auf der den Anteilseignern die Geschäftsergebnisse des Jahres 2006 präsentiert und ein Ausblick auf das laufende Jahr und f die Zukunft gegeben werden sollte. 6900 Aktionäre waren eigens zu diesem Ereignis nach Berlin ins ICC gekommen. Und die meistens waren nicht gerade guten Mutes.
Im Visier hatten die Anteilseigner den amerikanischen Partner Chrysler der einst als Megaereignis gefeierten Konzernehe. Schon lange nervten die Verluste des einst drittgrößten US-Autoherstellers die deutschen Aktionäre.

Applaus erhielten denn auch nicht so sehr DaimlerChrysler- Chef Dieter Zetsche als vielmehr die Vertreter der Aktionäre, die Aufsichtsräten und Vorständen einmal richtig die Meinung geigten. Zu den scharfen Kritikern zählte überraschenderweise auch die Deutsche-Bank-Fondstochtergesellschaft DWS: Wenn Chrysler am Ende zum Scheidungsrichter geführt würde, wären wir sehr dankbar, sagte Fondsmanager Henning Gebhardt auf der Hauptversammlung unter großem Beifall der Aktionäre. Auch die Vertreter der Kleinaktionäre zeigten sich angriffslustig. Lars Labryga von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sagte, die Fusion der beiden Autobauer sei von vorne bis hinten eine einzige Fehlentscheidung gewesen. Ein Verbleib von Chrysler im Konzern ist keine Option, erklärte der Sprecher der Kleinaktionärsvereinigung DSW, Hans Richard Schmitz. Was fehlt, ist die klare und schnelle Exekution des Verkaufs.

Doch mit ihren Forderungen nach einer schnellen Trennung kamen die Aktionärssprecher fast zu spät. Der geplante Verkauf von Chrysler war für den Daimler-Chef, der Mitte 2005 das Amt von seinem Vorgänger Jürgen Schrempp übernommen hatte, beschlossene Sache. Längst wurden schon mit potenziellen Käufern Gespräche geführt und Interessenten auch Einblick in die Bücher gewährt.
Gut einen Monat nach der neunten Hauptversammlung waren sich Käufer und Verkäufer einig: Im dritten Quartal 2007 gehen 80,1 Prozent von Chrysler an die US-Heuschrecke Cerberus. Der Kaufpreis sollte 5,5 Milliarden Euro betragen.
Von dem Geldsegen hat Daimler nichts: 3,5 Milliarden erhält die Chrysler Corporation, für die Entwicklung neuer Modelle und zur Stärkung der Eigenkapitalbasis, ein Teil geht an die Chrysler Finanzierungsgesellschaft. Außerdem muss Daimler Garantien für den Pensionsfonds übernehmen und die US-Gesellschaft schuldenfrei stellen. Insgesamt, so verkündet der deutsche Konzern auf seiner Homepage, werden so etwa drei bis vier Milliarden Euro fällig werden, um die Verbindung, die einst im Himmel geschlossen wurde, wieder zu trennen. Die Liaison kostet den Konzern insgesamt etwa 40 Milliarden Euro – eine stattliche Summe.

Danach ist Daimler wieder dort angekommen, wo der teure Schlingerkurs einst begonnen hatte – als ein Konzern, der Nobelkarossen, Busse und Lastwagen produziert. Und immer an der Seite der Automanager stand in Treue fest die Deutsche Bank, sie stellte traditionsgemäß den Chef des Aufsichtsrates – bis zu eben diesem 4. April 2007.

Freiberufler und Selbständige sind unerwünscht für die Banken

Doch auch ganz normale Kunden haben bei ihren weniger feinen und elitären Banken mit zum Teil unverständlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Besonders betroffen sind Selbständige und Freiberufler.

Am 1 .Januar 2003 trat das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in Kraft. Danach sollten Arbeitslose ihre alltagspraktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten als Selbständige anbieten können und damit in der Lage sein, für sich selber zu sorgen. So hatte es sich die Hartz-Kommission zumindest vorgestellt: Einerseits würde die Arbeitslosigkeit reduziert und andererseits die Schwarzarbeit bekämpft werden. Um den Neuunternehmern in eigener Sache den Umstieg von der Stütze auf ein selbständig erwirtschaftetes Einkommen zu erleichtern, wurde die Bundesagentur für Arbeit verpflichtet, die neuen Kleinunternehmer drei Jahre lang zu fordern.

Die damalige rot-grüne Bundesregierung nahm den Vorschlag in die Agenda 2010 auf und verabschiedete nach zähem Ringen ein Gesetz. In der Öffentlichkeit und den Medien ist dieser Teil des Hartz-Programms besser bekannt als Ich-AG.
Von Anfang an war das Programm ein rechter Flop: Bis Ende 2005 wurden gerade einmal 278000 dieser Ein-Mann-Existenzgründungen gezählt – bei rund vier Millionen Arbeitslosen. Doch schon diese Menge brachte die Bundesagentur an den Rand einer Liquiditätskrise. Die staatlichen Zuschüsse reichten nicht aus. Und das, obwohl schon fast 50000 Ich-AGler vor Ablauf der Förderung wieder ausgestiegen waren. Vielen blieb nur die Schwarzarbeit, nachdem sie sich mit Behörden, Finanzämtern und vor allem Banken verausgabt und für wenig mehr als ein Almosen geschuftet hatten.

Im Juni 2006 wurde die Ich-AG-Idee von der nunmehr schwarz-roten Bundesregierung beerdigt. Damit wurde nur offiziell umgesetzt, was schon lange zuvor ganz im Stillen stattgefunden hatte. Das deutsche Bankgewerbe hatte nämlich längst die Rolle des Totengräbers für das ambitionierte Arbeitsbeschaffungsprogramm übernommen. Denn dem deutschen Kreditgewerbe waren die spät berufenen Unternehmer von Anfang an suspekt. Und wenn Banken eine bestimmte Kundengruppe nicht mögen, machen sie gerne kurzen Prozess. Kredite oder finanzielles Entgegenkommen sind vor allem vom privaten Geldgewerbe nicht zu erwarten.

Im Gegenteil. Freiberufler können sich mittlerweile glücklich schätzen, wenn sie überhaupt ein Konto eröffnen können. Diese Erfahrung machte beispielsweise ein selbständig arbeitender Journalist mit der Citibank. Der Fall wurde in einem Artikel der Welt geschildert. Seit 1988 hatte er bei der Bank, die damals noch Kundenkreditbank hieß, ein Konto unterhalten. Das galt jedenfalls so lange, wie der Journalist festangestellter Redakteur gewesen war. Doch kaum hatte er sich als Freischaffender selbständig gemacht, war es mit der Ruhe vorbei. Plötzlich mochten ihn die Banker nicht mehr. Die Citibank sei eine reine Privatkundenbank, erklärte eine Mitarbeiterin am Telefon und empfahl ihm dringend, sich doch ein anderes Geldinstitut zu suchen.

Das erwies sich als gar nicht so einfach. Denn viele Banken lassen Freiberufler und Selbständige nur zu gern im Regen stehen. Selbst Sparkassen bieten diesen Berufsgruppen bisweilen nur Konten auf Guthabenbasis an. Sie dürfen dann das Konto nicht überziehen. Was eine erhebliche Einschränkung darstellt, weil sich zum Beispiel bei Journalisten gezeigt hat, dass die pünktliche Honorarüberweisung mittlerweile eher die Ausnahme denn die Regel ist.

Doch der Boykott der Banken trifft nicht nur Medienleute, sondern das ganze Spektrum der Freiberufler, Selbständigen oder Chefs der Ich-AGs. Auch Physiotherapeuten, die sich mit eigener Praxis niederlassen wollen, haben Mühe, eine Bank zu finden, die ihren Start fordert und ihnen nicht noch Knüppel in den Weg wirft. Arno Metzler, Geschäftsführer beim Bundesverband Freie Berufe in Berlin, kennt die Sorgen seiner Mitglieder nur zu gut: Vielen Banken fehle der Mut, mit Selbständigen Geschäfte zu machen.

In manchen Geldhäusern, wie zum Beispiel bei den Sparda- Banken, ist es den Mitarbeitern per Satzung verboten, Konten für Selbständige und Freiberufler zu führen. Sie wollen nur Rentner, Angestellte und Auszubildende bedienen. Auch die Citibank, die CC-Bank und die Wüstenrot-Bank weigern sich, ihre Dienste Selbständigen anzubieten. Bei der ING-Diba und den PSD-Banken können nur Privatkonten von Freiberuflern und Selbständigen geführt werden, nicht aber das Geschäftskonto.

Die Commerzbank und ihre Onlinetochter Comdirect hingegen geben sich aufgeschlossener: Sie halten Freiberufler für eine interessante Zielgruppe.
Auch die Deutsche Kreditbank (DKB) und die Hamburger Netbank, die ihren Service nur per Internet anbieten, machen keinen Unterschied zwischen Angestellten und freischaffenden Kunden. Selbst die Sparkassen bieten den freiberuflich Arbeitenden in der Regel die Kontoführung an.

Oft allerdings müssen sich die Kunden rigiden Konditionen unterwerfen. Während Angestellte nur regelmäßige Geldeingänge auf dem Konto von einigen hundert bis 3000 Euro nachweisen müssen, um von den üblichen Kontoführungsgebühren freigestellt zu werden, müssen Freiberufler und Selbständige ein Depot von 10000 Euro als Sicherheit hinterlegen oder wenigstens wie bei der HypoVereinsbank ein Guthaben von 10000 Euro auf ihrem Konto haben. Dass sie dennoch als unsichere Kantonisten betrachtet werden und in der Holzklasse sitzen, merken Freiberufler und Selbständige spätestens dann, wenn sie einen Kredit haben möchten, und sei es nur ein Überziehungskredit. Da werden Formulare verlangt, als wollten sie sich um den Posten des Sicherheitschefs von Fort Knox bewerben: Sie müssen nachweisen, dass sie ihre Tätigkeit seit mindestens drei Jahren ausüben und dass sie ein Einkommen erzielt haben: Bankbelege reichen da nicht aus. Es müssen schon die letzten beiden vorhandenen Einkommensteuerbescheide sein.

Darüber hinaus wird oft eine vom Steuerberater testierte, mindestens aber vom Kunden Unterzeichnete, aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung des Geschäftsgangs verlangt. Eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist auch erforderlich sowie eine vom Kunden oder gar vom Steuerberater unterschriebene Gewinn- und-Verlust-Rechnung (GuV). Dazu eine glaubhafte Versicherung über die privaten Vermögensverhältnisse.

Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Schon ein Testat vom Steuerberater schlägt – je nach Geschäftsumfang – mit 1000 bis 2000 Euro zu Buche.
Trotzdem muss der freischaffende Künstler oder Unternehmer, wie in einem Fall eines Psychotherapeuten, mit eher schlechten Konditionen rechnen. So wurde einem langjährigen Kunden der Haspa, der sich als Psychoanalytiker niedergelassen hatte, ein Kredit angeboten, dessen Zinssatz rund 50 Prozent über dem marktüblichen lag. Nur durch den Nachweis einer abgezahlten und schuldenfreien Eigentumswohnung ließ sich der Zinsaufschlag umgehen. Der Kunde war zutiefst frustriert, doch ein Wechsel der Bank schien nicht ratsam, denn er musste schnell begreifen, dass er als Freiberufler trotz seiner gutgehenden Praxis keine Chancen hat, andernorts besser behandelt zu werden.

Für Jungunternehmer im gewerblichen Bereich ist es derzeit fast aussichtslos, ein günstiges Konto zu akzeptablen Bedingungen zu bekommen.
Und was die Ich-AGs angeht: Da hatten viele Gründer ihre Zukunft als Unternehmer schon hinter sich, bevor sie die erste Rechnung schreiben konnten.

In den Fängen der Kredithaie der Banken und Sparkassen

Umworben werden die Kunden mit allen Mitteln – mit verführerischen Worten: Erfüllen Sie sich Ihre Träume jetzt – mit einem persönlichen Kredit bei uns – Lebe jetzt, zahle später. Oder auch mit der Binsenweisheit: Geld gibt es bei allen Banken und Sparkassen.

Wer die Angebote der Geldwirtschaft allzu wörtlich nimmt, findet sich nicht selten in einem Alptraum wieder. Da wird mit günstigen Zinsen gelockt, mit Verfügbarkeit für alle geworben und schnell ein Kreditvertrag aus der Schublade gezogen, der den ahnungslosen Kunden auf Jahre knebelt. Die Kundenberatung der Kreditabteilungen lässt sehr zu wünschen übrig, zu diesem Ergebnis kam die Stiftung Warentest bei der Überprüfung von 13 Banken. Nach 91 Testgesprächen schnitt mehr als die Hälfte der Banken gerade mal ausreichend ab, manche sogar noch schlechter.
Die Tricks der Banken beginnen meist schon bei der ersten Beratung, wenn sich der Kunde nach den Konditionen eines Ratenkredits erkundigt. Gerne wird mit der Auskunft auch eine Anfrage an die Schufa herausgegeben.

Die Schutzgemeinschaft für Allgemeine Kreditsicherung gibt Auskunft über die Bonität der Deutschen. Alle Zahlungsverzögerungen, Mahnverfahren und Pfändungen der Bürger werden dort in einem Register erfasst. Banken nutzen das privatwirtschaftlich organisierte Institut, um Daten über die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden zu erhalten. Oft werden aber bereits bloße Anfragen eines Kunden nach den Kreditkonditionen zur Prüfung der Kreditwürdigkeit an die Schufa weitergereicht und dort gespeichert. Das schadet dem Kunden. Kommt der Vertrag nämlich nicht zustande – aus welchen Gründen auch immer -, bleibt die Anfrage in den Schufa-Akten und mahnt bei der nächsten Anfrage zur Vorsicht.

Offiziell müssen zwar Bankmitarbeiter vor einer Schufa- Auskunft das Einverständnis des Betroffenen einholen. Doch viele halten sich nicht daran, obwohl dies einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz darstellt. In der Regel kommen sie damit ungeschoren davon, denn die Kunden wissen ja nichts von dieser Anfrage. Die Redakteure der Zeitschrift Finanztest stellten fest, dass sich die Mitarbeiter von sieben der untersuchten dreizehn Institute nicht um die Datenschutzbestimmungen scherten.

Dabei ginge es auch anders: Statt der Prüfung auf Kreditwürdigkeit kann seit 2006 nur eine Anfrage nach den Kreditkonditionen gestellt werden, die nicht eingetragen wird. Diese Möglichkeit wurde jedoch bei den Testgesprächen nicht genutzt.
Doch das ist noch lange nicht alles. Nur zu gerne werden den Kreditnehmern teure Versicherungen verkauft. Restschuldversicherung heißt dieses Folterinstrument, dass die Banken selbst bei niedrigen Krediten in Höhe von 5000 oder 10000 Euro Kunden mit mittleren und kleineren Einkommen aufdrängen. Dann muss der Kreditnehmer nicht nur die Raten für den Kredit bezahlen, sondern auch die Prämien für eine teure Versicherung. Er wird allerdings oft über die wahren Kosten seiner Verpflichtung beim Vertragsabschluss im Unklaren gelassen, stellte sich bei den Beratungsgesprächen heraus, die die Tester von Finanztest führten. Mancher Antragsteller erhielt nicht einmal ein schriftliches Angebot oder Auskunft über den Effektivzins.

Wie solche Verträge aussehen und wie sie sich auswirken, demonstrierten die Verbraucherzentralen auf einer Pressekonferenz am 29. Januar 2007. Dabei legten sie eine Dokumentation vor, in der 200 Bankkunden eidesstattlich versicherten, dass und wie sie abgezockt worden waren.

Mehr als die Hälfte aller Fälle betraf Kreditverträge, die nur zustande gekommen waren, nachdem der Kreditnehmer ausdrücklich dem Abschluss einer Restschuldversicherung zugestimmt hatte. Mit anderen Worten: Ohne diese Absicherung für die Bank hätte es keinen Kredit gegeben.
Zwei Drittel dieser Knebelungsverträge waren von Mitarbeitern der Citibank abgeschlossen worden. Aber auch bei der HypoVereinsbank, der früheren Norisbank und der Santander Consumer Bank schien diese Praxis Usus zu sein, wie die Verbraucherschützer festgestellt hatten.

Lukratives Spiel mit der Angst bei den Immobiliengeschäften

Dubiose Immobiliengeschäfte zur Kapitalvernichtung haben hierzulande trotz aller Pleiten und Bankenkrisen immer noch oder schon wieder Konjunktur. Eigentumswohnungen werden den Kunden als Anlageobjekte zur Altersvorsorge angepriesen. Unter dem Etikett Erwerbermodell werden jedoch nicht gerade die Filetstücke des Immobilienmarkts an den Mann oder die Frau gebracht. Die cleveren Verkäufer nehmen die potenziellen Opfer, meist Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen, in die Zange, schüren deren Angst vor Altersarmut, locken mit niedrigen monatlichen Raten und großzügigen Steuervorteilen.

Und obwohl schon in der Vergangenheit viele Anleger mit solchen Erwerbermodellen bereits ihr Erspartes verloren haben, feiert die Branche gerade ein beachtliches Comeback, hat Verbraucheranwalt Jochen Resch kürzlich festgestellt. Er warnt: Man steigt seit einiger Zeit wieder neu ins Geschäft ein. Der Markt erlebt einen enormen Aufschwung in den letzten Monaten.

Den jüngsten Fall schilderte das ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus am 26. Juni 2007: Familie Gauss staunt nicht schlecht. Eine Immobilie für schlappe 25 Euro im Monat. Dank Mieteinnahmen und Steuervorteil lasse sich die 100 000-Euro-Wohnung zum Spottpreis finanzieren. Und das ohne Eigenkapital und ohne Risiko. Achim Gauss erinnert, sich an das Verkaufsgespräch: Wir haben zwei, drei Mal nachgefragt, aber es hieß immer: Nein, es bleibt bei 25 Euro. Sollten wir arbeitslos werden, sollten wir Mietausfall haben, unsere maximale Belastung belaufe sich auf 25 Euro. Mit solchen Rechnungen ziehen Immobilienvermittler durch ganz Deutschland.

Auftrieb bekamen die Banken und ihre Immobilienvermittler, die meistens mit den Kundenberatern durch hohe Provisionsvereinbarungen innig verbunden sind, durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 20.03.2007 (AZ XI ZR 414/04). Es ging um den Fall der Bausparkasse Badenia, die mit Hilfe der Vermittlerfirma Heinen & Biege in den 1990er Jahren Tausenden von Kunden überteuerte Wohnungen verkauft hatte. Nach Schätzungen des Heidelberger Rechtsanwalts Hans Witt, der rund 100 Bausparkassen-Opfer vertritt, gibt es etwa 10000 Kunden der Badenia, die in den 1990er Jahren sogenannte Schrottimmobilien erworben haben. Nach Branchenschätzungen handelte es sich dabei um rund 7000 Eigentumswohnungen, die durch die Kooperation zwischen der mittlerweile insolventen Firma Heinen & Biege und der Badenia vermittelt und finanziert wurden. Bundesweit geht es nach Schätzungen um 300000 Fälle mit einem Gesamtschaden von bis zu 40 Milliarden Euro.

Zu den Opfern von Heinen & Biege zählte auch eine junge Frau. Sie erwarb 1997 eine Eigentumswohnung, die sie mit Hilfe der Bausparkasse Badenia finanziert. Als sie die Wohnung kaufte, war die Polizistin erst 21 Jahre alt, ihr Jahreseinkommen betrug damals 33000 €, ihre Ersparnisse 1000 €. Sie wurde von Vermittlern der Heinen-&-Biege-Gruppe in einem Beratungsgespräch mit Hilfe einer Beispielrechnung dazu gebracht, eine knapp 90000 € teure Eigentumswohnung zu kaufen. Hierfür unterschrieb sie einen Darlehensantrag über 100000 € und eine Vollmacht zum Abschluss von zwei Bausparverträgen über jeweils 50000 €.

Die Vermittler besuchten die spätere Käuferin zu Hause und vermittelten ihr sowohl den Kauf der Eigentumswohnung als auch die Finanzierung. Kaufpreis und Nebenkosten wurden dann durch ein Darlehen einer Bank finanziert, zur späteren Tilgung des Kredits wurden zwei Bausparverträge mit unterschiedlichen Zuteilungszeitpunkten bei der Badenia abgeschlossen. Bei der Immobilie handelte es sich wie in vielen anderen Fällen um ein Objekt des sozialen Wohnungsbaus, gebaut zwischen 1950 und 1970.

Durch einen sogenannten Mietpool wurde der Käuferin vorgetäuscht, dass die Mieteinnahmen abgesichert seien. Sie musste diesem Pool beitreten, dessen Zweck es war, das Einzelrisiko des Wohnungskäufers auf Ausfall der Mieteinnahmen gleichmäßig auf alle an diesem Pool beteiligten Eigentümer zu verteilen. Oft waren Ausschüttung aus dem Mietpool und tatsächliche Miete verdächtigerweise absolut identisch.

Am Ende gab es weder die zugesicherte Steuerersparnis noch die versprochenen Mieteinnahmen, und viele Käufer gerieten an den Rand der Privatinsolvenz. Kunden, die ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten, wurden von der Badenia gnadenlos mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verfolgt. Vier von ihnen haben Selbstmord begangen, als sie keinen Ausweg mehr sahen. Sie hatten keine Möglichkeit, jemals von ihrem Schuldenberg herunterzukommen, und empfanden die Pfändungen als Schande.

Der Fall der Polizeibeamtin beschäftigte jedenfalls die Gerichte – zunächst mit Aussicht auf Erfolg für die Klägerin. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 15 U 4/01) sprach ihr 2004 Schadenersatz aus dem Immobilienkauf zu. In ihrem Urteil bezogen sich die Richter auf die Schäden, die der Käuferin aus den Finanzierungsverträgen, dem Mietpool-Vertrag sowie dem Wohnungskaufvertrag entstanden sind. In der 63 Seiten umfassenden Begründung konzentrierte sich das OLG Karlsruhe im November 2004 vor allem auf die unterbliebene Aufklärung der Käuferin durch die Bausparkasse und auf die Haftung des Institutes wegen Beihilfe zum Betrug. Die Richter verurteilten die Badenia zum Schadenersatz, der Immobilienkauf sollte rückabgewickelt und die Klägerin von der Darlehensschuld freigestellt werden.

Für die Bausparkasse war das eine unangenehme Überraschung. Nur in etwa 300 Fällen sei Badenia verklagt worden, ließ das Management der Bausparkasse verbreiten. In 81 von 82 Zivilprozessen habe sie sich gegen geschädigte Kunden durchgesetzt. Bei den rund 300 Fällen, die unter anderem durch die Entwicklung des Immobilienmarktes zu Problemen geführt hätten, werde derzeit intensiv an für alle Seiten tragfähigen Lösungen gearbeitet. Die Badenia bewege sich absolut im branchenüblichen Rahmen und habe nur etwa drei Prozent der in dem Interview genannten 300 000 Immobilen finanziert.

Badenia-Chef Dietrich Schröder erklärte in der ZDF-Sendung Mona Lisa am 30. Oktober 2004, was er von den Beschwerden und Klagen seiner Kunden hielt: Der Vermittler damals hat gesagt, brauchst dich darum nicht zu kümmern, brauchst auch kein Geld zu haben. Das regelt sich alles von selber. Und lass 20 Jahre rumgehen, dann gehört dir die Hütte und du hast ’ne prima Altersversorgung. Und dann frag ich mich immer: Wer ist denn so blauäugig? Denn – wenn das zuträfe – dann kann er sich die ganze Bundesrepublik kaufen.