Home » Banken » Der Fall von DaimlerChrysler richtig verstehen

Der Fall von DaimlerChrysler richtig verstehen

Der Weg des Daimler-Konzerns ins Chaos begann Mitte der 1980er Jahre. Damals leitete Edzard Reuter den Autohersteller und Alfred Herrhausen den Geldkonzern. Beide waren in ihren Organisationen Ausnahmeerscheinungen: eher Intellektuelle als Pragmatiker, eher Strategen als Taktiker, und beide äußerst eloquent, wenn es ihren Interessen diente. Auch nach der politischen Farbenlehre bildeten sie ein interessantes Gespann. Reuter, der Sohn eines ehemaligen Berliner Bürgermeisters, stand der SPD nahe, und Herrhausen, der Quereinsteiger ins Bankgewerbe, war einer der wenigen Wirtschaftsmänner, deren Rat der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl suchte und gelegentlich befolgte.

Im Jahr 1987 hatten Herrhausen und Reuter eine schwierige Entscheidung zu treifen. Der damals noch staatseigene Flugzeugbauer MBB, der auch für den deutschen Anteil an der europäischen Airbus-Produktion zuständig war, sollte privatisiert werden. Und Reuter wollte ihn haben. MBB war genau das Unternehmen, das Reuters Expansionspläne für Daimler und den nachfolgenden Konzernumbau deutlich voranbringen könnte. Reuter wollte den Hersteller von Nobellimousinen, Bussen und Lastwagen in einen integrierten Technologiekonzern umformen.
Doch Herrhausen gefiel der Plan nicht, er hielt das Risiko für das Unternehmen für zu groß. MBB würde Daimler durch Rüstungsaufträge zum Spielball politischer Entscheidungen machen. Außerdem hatte Daimler durch die Übernahme des Flugzeugherstellers Dornier und der angeschlagenen AEG kaum noch Managementkapazitäten frei. Doch Reuter konnte den Banker überzeugen. Daimler übernahm MBB – wie sich bald zeigen sollte mit fatalen Folgen.
Herrhausen wurde im November 1989 von der RAF ermordet, Reuter führte den Konzern bis Mai 1995, Aufsichtsratsvorsitzender wurde Hümar Köpper, Herrhausens Nachfolger in der Führung der Deutschen Bank.

Am 22. Mai 1996 mussten dann Daimler-Chef Jürgen Schrempp und der Aufsichtsratsvorsitzenden des Schwäbischen Traditionskonzerns, Deutsche-Bank-Vorstandssprecher Köpper, auf der Hauptversammlung des Daimler-Konzerns den Aktionären den schlechtesten Jahresabschluss sowie den höchsten Verlust in der Unternehmensgeschichte verkünden. Bei einem Umsatz von 103,5 Milliarden € hatte die Daimler-Benz AG 1995 den Rekordverlust von 5,7 Milliarden € eingefahren. Die Luft- und Raumfahrttochter DASA kam auf ein Minus von 4,2 Milliarden € und die AEG auf ein Defizit von 2,3 Milliarden €. Die Belegschaft war im vorangegangenen Geschäftsjahr um sechs Prozent auf 311000 Beschäftigte gesunken.

Auf diesen Jahrestreffen stimmen die Anteilseigner auch über die Entlastung des Vorstands ab. Im Fall Daimler-Benz AG war das im Mai 1996 allerdings keine Routineangelegenheit. Im Gegenteil – der Krach schien programmiert: Kleinaktionärsvertreter hatten schon vor der Versammlung gedroht, dem Vorstand die Entlastung zu verweigern. Die drei Großbanken – Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank – hatten darauf verzichtet, den Kleinaktionären eine Empfehlung zur Stimmabgabe zu geben. Die Depotkunden sollten ihren Banken vielmehr konkrete Anweisungen geben, ob sie der Entlastung des Vorstands zustimmen wollten. Im Klartext: ob sie mit der Art und Weise, wie der Vorstand die Geschäfte im Jahr 1995 geführt hatte, einverstanden waren.

Schon dieser Verzicht der Banken auf die Ausübung des Depotstimmrechts galt als höchst ungewöhnlich. Würde dem Vorstand die Entlastung verweigert, wäre die Daimler-Führung verwundbar – enttäuschte Aktionäre könnten beispielsweise Schadensersatzforderungen gegen sie anstrengen. Grund für massiven Ärger gab es allemal. Für die Anteilseigner glich das vergangene Geschäftsjahr einer Achterbahnfahrt: Erst hatte ihnen der scheidende Vorstandsvorsitzende Edzard Reuter im Mai 1995 strahlende Gewinne von einer Milliarde € und eine glänzende Zukunft versprochen. Dann sorgte Reuters Nachfolger und Ziehsohn Schrempp wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme dafür, dass die Hoffnungen der Aktionäre auf üppige Dividenden und steigende Aktienkurse wie Seifenblasen zerplatzten. Nur sechs Wochen nach seinem Amtsantritt revidierte er die Ergebnisprognose seines Vorgängers: Statt hoher Gewinne wurde erst ein Verlust von 300 Millionen € angekündigt, der im Laufe des Jahres immer größere Dimensionen annahm, bis schließlich ein Jahr nach Reuters froher Botschaft ein Megaverlust von 5,7 Milliarden € ausgewiesen wurde.

Spätestens da fragten sich viele: Wo waren die Aufsichtsräte, als die fatalen Beschlüsse gefasst wurden, die dem Konzern Milliardenverluste bescherten? Auf solche Fragen pflegte Schrempp schlichte, allzu einfache Antworten zu geben: Der Einstieg bei Fokker sei sicher sein Fehler gewesen, den er zwar spät erkannt, dann aber unverzüglich korrigiert habe. Doch bis zum Mai 1995 sei Reuter der Chef gewesen – da hatte er, der Nachfolger, nichts zu sagen. Erst danach habe er seinen eigenen Kurs einschlagen können.

Der Aufsichtsratschef Köpper, der auch den mit einem Anteil von 22 Prozent größten Einzelaktionär des Konzerns – die Deutsche Bank — repräsentierte, hatte es vorgezogen, zu den Vorgängen bei der Daimler-Benz AG im Sommer 1995 zu schweigen. Köppers Position wurde immer unerfreulicher, als sich im Laufe des Schreckensjahres die Hinweise verdichteten, dass die Finanzabteilung bei Daimler die aus dem Februar 1995 erstellte Prognose schon Mitte Mai 1995, also deutlich vor Reuters Auftritt auf der Hauptversammlung, bei der er noch einen Milliardengewinn prognostizierte, nach unten korrigiert hatte. In einem internen Papier wurde schon frühzeitig vor einem Verlust von 300 Millionen € gewarnt.

Dies warf unangenehme Fragen für den neuen Chef und seinen Kontrolleur auf: Wie konnte es passieren, dass keiner Reuter in den Arm gefallen war, als er die glänzenden Gewinne in Aussicht stellte?

Der Aufsichtsratsvorsitzende rückte immer mehr ins Schussfeld der Kritik. Immerhin hatte er Reuters Vertrag über die Pensionsgrenze hinaus verlängert, obwohl dessen Politik, den Autokonzern durch die Übernahmen von AEG, MBB, Dornier und Fokker in einen Hightechkonzern zu verwandeln, von Anfang an umstritten und seit Ende des Kalten Krieges und der Wiedervereinigung Deutschlands zum Scheitern verurteilt war.

Warum also hatte dann Köpper nicht früher interveniert und die horrende Wertvernichtung beendet?
Im Mai 1996 ging es Schrempp und Köpper darum, einen Strich unter die Vergangenheit zu ziehen und das Interesse der erbosten Aktionäre auf die Zukunft zu richten. Die würde, wie Schrempp stets betonte, so glänzend sein, dass die Anteilseigner wieder mit Stolz auf ihr Unternehmen blicken könnten. Überhaupt sollte künftig der Gewinn für den Aktionär – neudeutsch als Shareholder Value bezeichnet – die oberste Handlungsmaxime im Konzern sein.

Um den zukünftigen Profit zu sichern, wurden unter Schrempps Führung bereits Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut, alte Werke im Inland geschlossen und neue Fabriken im Ausland aufgemacht. So wurde ein neues Mercedes-Werk in Brasilien gebaut, weil dort – so rechnete der Hausherr in der Möhringer Konzernzentrale vor – die Montage der Autos um 30 Prozent billiger sei.

Für Schrempp zählten damals nur die harten Fakten. Mit übergeordneten Zielen – wie der Verantwortung für Arbeitsplätze in Deutschland, dem Erhalt des sozialen Friedens oder der Zukunft des Industriestandorts Deutschland – durfte ihm keiner kommen.
Ganz cool, pragmatisch vom Scheitel bis zur Sohle – so sieht sich Jürgen Schrempp am liebsten: als standfester Wirtschaftslenker, der jeder Situation auf dem glatten Parkett des internationalen Business gewachsen ist. Ein bisweilen hemdsärmeliger Industriestratege, der auch handfeste Auseinandersetzungen nicht scheut. So gefiel er auch seinem Aufsichtsratsvorsitzenden.
Köpper hatte schon früh auf Schrempp gesetzt, dessen Aufstieg an die Spitze des Konzerns stets gefordert und verteidigt. Er kam mit dem Praktiker Schrempp besser aus als mit dem intellektuellen Visionär Reuter.

Das Führungsduo verband neben den gemeinsamen Zielen auch eine ähnliche Karriere. Beide hatten ihr Handwerk von der Pike auf gelernt, als Lehrlinge. Der eine bei der Bank, der andere bei Daimler. Theoretische Diskurse, politische Ambitionen oder auch nur eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Macht und dem Einfluss, den beide Institutionen schon aufgrund ihrer schieren Größe ausübten, waren ihnen fremd.
Köpper beendete solche Diskussionen gerne mit dem Hinweis, dass er beim Thema Macht schon die Bartwickelmaschine im Keller höre. Am Ende zählte nur, davon waren die beiden Spitzenkräfte der deutschen Wirtschaft überzeugt, was unter dem Strich herauskommt.
Das war an jenem Maitag im Jahr 1996 wenig genug. Wer beim Amtsantritt von Edzard Reuter eine Daimler-Aktie im Wert von 1100 € gekauft hatte, musste bis 1995 bei dessen Abschied von der Konzernspitze einen Verlust von 400 € hinnehmen. Gemessen an der Entwicklung des Deutschen Aktienindex in diesem Zeitraum betrug der Wertverlust aller Daimler-Aktionäre 36 Milliarden €.
Um die gebeutelten Aktionäre zu beruhigen und einen Aufstand der wütenden Kleinanleger zu verhindern, war Köpper sich für keinen Trick zu schade. Rund 60 Wortmeldungen lagen vor, doch Köpper verstand es, die kritischen Beiträge unabhängiger Redner und die rhetorisch geschickten, konstruktiven Appelle von Managern aus Konzerntochtergesellschaften der Deutschen Bank gut zu koordinieren.

Das Ergebnis der Abstimmung, die wegen der vielen Anträge erst gegen 23 Uhr stattfand, bescheinigte ihm den Erfolg seines Versammlungsmanagements: 98 Prozent der Anwesenden hatten Vorstand und Aufsichtsrat entlastet.
Allerdings hat Köpper auch bei diesem Ergebnis, das an frühere Wahlen zum Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der
Sowjetunion erinnerte, nachgeholfen: Die Stimmenthaltungen lagen bei 20 Prozent. Dabei handelte es sich zumeist um Vertreter der Banken, die von ihren Depotkunden keine Anweisung für die Stimmabgabe erhalten hatten. Bei der Abstimmung über die Arbeit von Vorstand und Aufsichtsrat wurden diese Voten jedoch nicht berücksichtigt.
Mit der Hauptversammlung war allerdings die Feuerprobe noch nicht zu Ende. Der Konzern wurde umgekrempelt. Die Holdingstruktur mit der Dachgesellschaft Daimler-Benz AG, die Reuter eingeführt hatte, um den integrierten Technologiekonzern, dessen Produktpalette vom Airbus bis zur Kaffeemaschine reichte, fuhren zu können, wurde zurückgenommen.

Schrempp wollte das Konglomerat wieder auf den Kernbereich, die Produktion von Autos und Nutzfahrzeugen, zurückführen. Der Auflösung der Mercedes-Benz AG stand allerdings Helmut Werner, Chef der Fahrzeugsparte, im Wege. Werner wollte die Selbständigkeit dieses Bereichs und seinen Posten wahren. Er versuchte, sich mit seinen Vorstandskollegen bei Mercedes der Integration der Mercedes-Benz AG zu widersetzen.

Doch er hatte Schrempp, der sein erstes Jahr als Daimler-Benz- Chef nur mit erheblichen Blessuren überstanden hatte, unterschätzt. Der Daimler-Chef erfreute sich noch immer des ungeteilten Wohlwollens seines Aufsichtsratschefs Köpper. Überdies hatten Köpper und Schrempp den Coup geschickt eingefädelt.
Die wichtigsten Männer bei Mercedes, Jürgen Hubbert und Dieter Zetsche, wurden einbezogen. Bereits im Winter 1995 hatten die beiden Spitzenkräfte eindeutige Angebote bekommen: Beide sollten in den neuen Zentralvorstand der Daimler Benz AG aufrücken, Hubbert als Verantwortlicher für das gesamte Pkw-Geschäft, Zetsche als Chef des Vertriebs. Auch den Chef der Nutzfahrzeugsparte Kurt J. Lauk, den Personalvorstand Heiner Tropitzsch und den Topentwickler Klaus-Dieter Vöhringer ereilte der Ruf in den neuen zehnköpfigen Vorstand der Daimler-Benz AG.
Aufsichtsratschef Köpper sorgte dafür, dass die Umstrukturierung, die monatelang den Flurfunk und die Gerüchteküche im Konzern belebt hatte, im obersten Kontrollgremium keinen Schiflbruch erlitt. Am 23. Januar 1997 sollte der Aufsichtsrat über den neuen Vorstand befinden. Am 17. Januar informierte Köpper die Aufsichtsräte vorab schriftlich, dass der Präsidialausschuss die fünf neuen Vorstandsmitglieder zur Zustimmung empfiehlt.
Damit hatte sich der Aufsichtsrat gegen den bisherigen Mercedes-Chef Werner entschieden.

Ohne Köpper im Rücken hätte Schrempp die ersten beiden Jahre seiner Amtszeit kaum überstanden: Er ist ein unglaublicher Gentleman – er regiert nicht in meine Geschichte rein und ist da, wenn ich ihn brauche, lobte der Daimler-Chef seinen obersten Kontrolleur.

Das blieb auch so, als Köpper im Mai 1997 in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank wechselte und dort den Vorsitz übernahm. Sein Nachfolger Rolf Breuer verzichtete – auch das war ein Novum in der Geschichte der Deutschen Bank – auf das Daimler- Mandat. So konnte sich Schrempp, als er im Frühjahr 1998 die Hand nach Chrysler ausstreckte, auf Köpper verlassen. Offiziell eingeweiht wurde der Aufsichtsratschef in die Mission Gamma – wie die Fusion von Daimler und Chrysler intern genannt wurde -, als das Projekt kurz vor dem Abschluss stand.

Der Entschluss, mit Chrysler über eine Partnerschaft zu sprechen, war bereits im August 1997 gefasst worden, als die US-Investmentbank Goldman Sachs ein erstes Konzept vorgelegt hatte. Monatelang verhandelte Schrempp mit Chrysler-Chef Bob Eaton. Doch erst am 19. April 1998 stattete er zusammen mit Chrysler-Chef Eaton dem Aufsichtsratsvorsitzenden Hilmar Köpper in dessen Privathaus offiziell einen Besuch ab.

Dennoch spielte Köpper in den letzten drei Wochen vor der öffentlichen Bekanntmachung der Megafusion eine bedeutende Rolle, berichten die FHZ-Journalisten Holger Appel und Christoph Hein in ihrem Buch Der DaimlerChrysler-Deal: Er hat uns immer vorangetrieben und Mut gemacht, wenn alles zu scheitern drohte, zitieren die beiden Autoren ein Mitglied aus der Projekt-Gamma-Truppe.

Sein Meisterstück legte Köpper jedoch hin, als die Verhandlungen kurz vor der Unterzeichnung zu kippen drohten. Eaton verlangte eine Absicherung von der deutschen Kapitalseite. Köpper gelang es, Zusagen von den Anteilseignern der Daimler-Benz 1 AG noch vor dem 6. Mai beizubringen. Ohne Köpper wäre der Deal gescheitert, er hat sich, sensationell verhalten, sagten Gamma-Projekt-Mitarbeiter.
Köpper wurde für sein Engagement mit dem Aufsichtsratsvor- ; sitz der neuen DaimlerChrysler AG belohnt. Er sorgte aber auch dafür, dass die Deutsche Bank bei diesem Superprojekt doch zum Zuge kam, wonach es zuerst nicht aussah. Sozusagen im letzten Augenblick wurden Investmentbanker der Deutsche-Bank-Tochter Morgan Grenfell ins Team geholt. Immerhin sollen sie für ihren kurzen Einsatz 60 Millionen Dollar erhalten haben. Insgesamt dürften die Investmentbanken knapp 250 Millionen € für ihre Arbeit beim Zusammenschluss kassiert haben.

In den ersten Monaten nach dem spektakulären Deal, der am 7. Mai 1998 unterschrieben wurde, schwärmten die Akteure von ihrem Werk nur in den höchsten Tönen. Als Hochzeit im Himmel feierte Daimler-Chefjürgen Schrempp die Fusion mit Amerikas drittgrößtem Autokonzern. Durch das Zusammengehen von Daimler und Chrysler war auch der drittgrößte Automobilkonzern der Welt entstanden. Er produzierte mit 421000 Beschäftigten 4,2 Millionen Fahrzeuge pro Jahr und erzielte einen Umsatz von mehr als 132 Milliarden Dollar.

Die Partnerschaft begeisterte auch die Analysten der internationalen Bankenszene: Die beiden Konzerne würden sich gut ergänzen. Schrempp ließ gelegentlich – wenn auch eher rhetorisch – etwas Skepsis anklingen: Der Faktor Mensch könnte den erfolgreichen Bestand der Elefantenhochzeit noch gefährden. Bewähren musste sich der himmlische Bund schließlich auf der Erde, und da lauerten viele Gefahren.
In den Unternehmen begannen die unteren Führungskader gleich nach der Verkündung des Coups um Posten und Pfründe zu rangeln, statt sich, wie vom Vorstandschef gewünscht, um die Integration der Mitarbeiter in das neue deutsch-amerikanische Unternehmen zu kümmern.
Als der erste Jubel verhallt war, begannen auch Experten aus der Autobranche den Megadeal zwischen Daimler und Chrysler, mit dem sich die beiden Unternehmen für die künftigen Herausforderungen in der Automobilbranche wappnen wollten, kritischer zu sehen und als Auftakt für einen tiefgreifenden Umbruch im weltweiten Automarkt zu begreifen.

Die Fusion hat die Gesetze der Branche weltweit total verändert, sagte Daniel T. Jones, britischer Autor mehrerer Bücher über die Automobilindustrie. Weitere Fusionen und Übernahmen werden die Zahl der Konzerne in diesem Bereich reduzieren. Die Konzentration werde sich erhöhen. Das war keine leere Prophezeiung: Damals buhlten gerade BMW und VW um den britischen Autokonzern Rolls-Royce. Renault hatte die Mehrheit bei Nissan übernommen und Ford baute um die Luxusmarke Jaguar die Premier Auto Group auf.

Schrempp und Köpper bereiteten ebenfalls ihren nächsten Coup vor. Im Herbst 2000 verkündete Schrempp die Übernahme von 34 Prozent an der Mitsubishi Motor Company. Obwohl die Chrysler-Übernahme noch nicht verdaut war, schickten Köpper und Schrempp den Konzern in ein neues Abenteuer.
Mit Mitsubishi sollten nun auch die asiatischen Märkte aufgerollt werden.
Auch dieser Akquisition stimmte der Aufsichtsrat offenbar ohne Zögern zu, obwohl Daimler schon einmal – noch zu Reuters Zeiten – einen Versuch unternommen hatte, mit diesem japanischen Industriekonglomerat zu kooperieren und schließlich gescheitert war.

Warum also waren sich Vorstand und Aufsichtsrat im Herbst J 2000 so sicher, dass DaimlerChrysler mit Mitsubishi zusammen – arbeiten könnte? Schrempp hatte darauf nur eine Antwort: Er | beschwor immer wieder seine Vision von einer Welt AG, die in allen Märkten dieser Welt zu Hause ist.

Mit Vollgas startete DaimlerChrysler in die Krise. Statt wachsender Umsätze und glänzender Gewinne bescherten die neuen Töchter Schrempps Welt AG Milliardenverluste. Unausgelastete Fabriken und veraltete Modelle zehrten an den stattlichen Profiten, die der Kernbereich Mercedes-Benz erzielte.