• Warren Buffett zog mit 13 Jahren nach Washington, weil sein Vater in den Kongress gewählt worden war. Er trug die Washington Post aus und auch ein Konkurrenzblatt. Nebenbei verkaufte er Abonnements. Nach vier Jahren betreute er parallel fünf Zustellbezirke und hatte über $5000 verdient. Das war der Grundstock für seinen Investmentfonds.
• Das Zeitungsgeschäft lag ihm im Blut. Sein Vater hatte als Redakteur beim Daily Nebraskan angefangen und der Vater seiner Mutter hatte eine kleine Wochenzeitung besessen
Warren Buffett wusste alles über die Washington Post, wie der Einschub zeigt. Wie bei American Express, GEICO und Coca-Cola kehrte er auf vertrautes Terrain zurück. Doch es ging ihm nicht nur um die WPC, er war schon immer fasziniert gewesen von den Möglichkeiten des Zeitungsgeschäfts. 1973 war er noch ganz im Bann der klassischen Prinzipien Ben Grahams, die den inneren Wert mit dem Buchwert verknüpften. 1972 hatte ihn Charlie Munger überzeugt, gemeinschaftlich See’s Candy zu übernehmen, ein Unternehmen, das ‚Süßwaren herstellte und über ein Filialnetz vertrieb. Der Preis betrug mehr als das Dreifache des Buchwertes und Buffett bekam einen Eindruck vom Potenzial des originären Firmenwerts. Ein Unternehmen mit geringem Kapitalbedarf bei guten Wachstumschancen konnte zum richtigen Preis einen hohen Wert darstellen. See’s Zukunft stand und fiel mit der Qualität von Produkten und Service. Buffett erkannte, dass manche Unternehmen ihre Kunden noch fester im Griff hatten. Ideal wären Unternehmen mit einer unregulierten Monopolstellung, doch die waren rar gesät. Zweite Wahl war ein Franchise, ein Unternehmen, das bei Kunden und Lieferanten eine starke Position bei der Preisgestaltung hatte und dennoch die Konkurrenz aus dem Rennen warf.
Das Zeitungsgeschäft entsprach diesem Bild. Im Gegensatz zu Großbritannien mit seinen großen überregionalen Tageszeitungen war Amerikas Medienlandschaft eher durch regionale und lokale Blätter geprägt. In jeder Stadt gab es eine oder mehrere Zeitungen. Das wusste Buffett aus erster Hand. Eine der ersten Transaktionen von Berkshire war der Kauf der Lokalzeitung Omaha Sun. Sie war zwar qualitativ hochwertig, doch konnte sie den Verkaufspreis nicht erhöhen, ohne dass die Auflage litt. Buffett stellte folgende Berechnung an:
Datum | Städte mit Tageszeitungen | Städte mit >1 Zeitung |
1910 | 1207 | 689 |
1971 | 1511 | 37 |
Die Sun war Omahas zweitgrößte Zeitung, was die betriebswirtschaftliche Situation kolossal beeinträchtigte. Daher wurde sie abgestoßen. Was Buffett wollte, war eine Zeitung, die den Markt beherrschte. Seine Recherchen hatten ergeben, dass ein solches Blatt die Konkurrenz bald ausschalten würde und damit den nötigen Einfluss auf die Preisgestaltung hätte. Die Leser wären von dieser Zeitung abhängig und würde sie auch zu erhöhten Preisen kaufen. Die Anzeigenkunden waren ihr ebenfalls sicher. Das Fernsehen erwies sich mehr als nationales Medium und das Radio als zu wenig homogen. Wer in der Lokalzeitung warb, konnte davon ausgehen, dass er einen hohen Prozentsatz der Haushalte erreichte. Kein anderes Medium konnte das garantieren.
Buffett entwickelte später Schlüsselfaktoren zur Beurteilung der Effizienz einer Zeitung: den Marktanteil, also den Prozentsatz der Haushalte im Einzugsbereich, die die Zeitung regelmäßig kauften, und den Nachrichtenraum -die der Nachrichtenberichterstattung gewidmete Fläche. Eine Zeitung mit umfangreichem Nachrichtenraum zieht mehr Leser an, wodurch der Marktanteil zunimmt. Das wiederum lockt Werbekunden auf den Plan. Aus der Distanz fehlen uns nähere Informationen über die Schlüsselfaktoren bei der Post, doch wir können sicher sein, dass Warren Buffett über alles im Bilde war. Doch auch der Jahresbericht enthielt Wissenswertes. Auf Tageszeitungsebene gab es keine Konkurrenz, doch es erschien ein Abendblatt mit einer Sonntagsausgabe, der Washington Star. Er erreichte rund 65 Prozent der Auflage der Post. Das Blatt befand sich in einer ähnlichen Situation wie die Sun – es hatte wenig Chancen bei den wichtigen Werbekunden und geringen Spielraum bei der Preisgestaltung. Die Auflage der Post nahm leicht zu, insbesondere am Sonntag, der bei den Werbekunden besonders beliebt war. Der Preisanstieg lag über der Inflationsrate. Auch die Zahl der Werbekunden stieg und der Umsatz pro Kunde nahm rasch zu.
Eine Zeitung mit umfangreichem Nachrichtenraum zieht mehr Leser an, wodurch der Marktanteil zunimmt. Das wiederum lockt Werbekunden auf den Plan.
Über die Fernsehsender der WPL wurde wenig bekannt, doch das Unternehmen konnte auch hier Umsätze aus Werbeeinnahmen in beträchtlicher Höhe verbuchen – landesweit etwa 70% des gesamten Werbeumsatzes. Für Firmen, die landesweit werben wollten, war das Fernsehen bald das Medium der Wahl, denn immer mehr Menschen verfügten über einen Fernseher und verbrachten immer mehr Zeit davor. Die Zahl der Haushalte, die mit einem Fernsehgerät ausgestattet waren, hatte sich im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt. Es gab drei dominierende Sendernetze, die alle über angeschlossene Lokalsender verfügten. Diese hatten in ihrer Region fast eine Monopolstellung. Durch die wachsenden Zuschauerzahlen und die daraus resultierende Zunahme der Werbung in einem Medium, das quasi Monopolstellung genoss, bekam das Fernsehen die Franchise- Eigenschaften, auf die Buffett gewartet hatte.
Newsweek musste sich gegen Mitbewerber behaupten, insbesondere gegen Time, doch Buffett hätte trotzdem gefallen, was er sah. Die wöchentlich erscheinenden Nachrichtenmagazine wurden „gut gelesen“, d.h., die Leser nahmen den Inhalt wirklich auf. Sie erschienen in nationalen und zunehmend auch internationalen Ausgaben und sie zeigten sich flexibel genug, um redaktionellen Inhalt und Werbung auf verschiedene geographische und demographische Markte abzustellen. Das lag daran, dass 90 Prozent der Umsätze durch Abonnements erzielt wurden, durch klar definierte Leserkategorien also, was wiederum für die Werbekunden interessant war. Auflage und Werbefläche von Newsweek hatten von Jahr zu Jahr zugenommen. Wie bei dem Schwesterblatt waren Werbe- und Zeitschriftenumsatz rasch gestiegen – um rund 10 Prozent im Jahr. Außerdem war es Newsweek gelungen, seinen Marktanteil kontinuierlich zu vergrößern. Das Magazin hatte aber noch einen weiteren Vorteil gegenüber anderen Geschäftsbereichen der WPC – den „Float-Proflt“. Wenn man 90 Prozent der Auflage Im Voraus verkauft hatte, genoß das Produktionsmanagement eine beneidenswerte Sicherheit. Außerdem war der Cashflow aus den Vorauszahlungen der Abonnenten beträchtlich. Kein anderes Unternehmen der WPC hatte einen derart hohen Kapitalbedarf. Trotzdem generierte Newsweek unterm Strich Mittel.
Möglicherweise Ist nun der Eindruck entstanden, alle Medienunternehmen hätten goldene Eier gelegt. Das traf jedoch nur auf marktführende Unternehmen zu. Kleinere Konkurrenten hatten eine schlechte Position. Das galt auch für Radlosender. Die WPC besaß einen Radiosender, doch darüber gibt es wenig Informationen. Er erwirtschaftete allem Anschein nach weniger als 1 Prozent des Gesamtumsatzes. In der Radiolandschaft war die Konkurrenz groß, da die Anzahl der Anbieter nicht durch wirtschaftliche Faktoren ausgesiebt wurde (wie bei Zeitungen) oder durch regulative Maßnahmen (wie beim Fernsehen).