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Kreditprüfung und Kreditentscheidung – Teil 1

Um das Thema Kreditprüfung und Kreditentscheidung zu beschreiben, sollte der gesamte Ablauf einer Kreditentscheidung von der Antragstellung bis zur endgültigen Dokumentation für den Versicherungsnehmer betrachtet werden. Dazu gehören vier Schritte: Kreditantrag, Informationsbeschaffung, Informationsbewertung und letztendlich die Kreditentscheidung. Handelt es sich bei der Antragstellung und der Kreditentscheidung um rein formale Schritte, die immer nach dem gleichen Muster ablaufen, so ist sowohl die Informationsbeschaffung als auch die Informationsbewertung sehr komplex, und die einzelnen Fälle sind in der Regel kaum miteinander zu vergleichen. Die formalen Abläufe sind hier exemplarisch für alle Kreditversicherungsgesellschaften am Beispiel der Allgemeinen Kreditversicherung Coface AG erläutert. Abweichungen zu den Abläufen bei anderen Versicherungsgesellschaften sind möglich.

Kreditprüfung und Kreditentscheidung – Teil 1

Kreditantrag 
Antragstellung
Eine Antragstellung erfolgt, sobald die Geschäftsbeziehung eines Versicherungsnehmers mit seinem Kunden einen im Vertrag festgelegten Betrag, die so genannte Anbietungsgrenze, übersteigt. In diesem Augenblick besteht eine Anbietungspflicht, und ein Kreditantrag wird gestellt. Die Antragstellung erfolgt entweder online über das Internet, per Brief oder Fax auf einem hierfür vorgesehenen Formular oder telefonisch. Beantragt dqr Versicherungsnehmer online, kann er unter den bekannten Stammsätzen der Kreditversicherungsgesellschaft auswählen oder einen neuen Stammsatz anlegen, sofern die von ihm gesuchte Firma bislang nicht bekannt ist. Erfolgt der Antrag schriftlich oder telefonisch, wird die Zuordnung durch die Versicherung vorgenommen. Beim Antrag ist zu berücksichtigen, ob es bei der Geschäftsbeziehung zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem Kunden Besonderheiten gibt. Besonderheiten können in Form von abweichenden Zahlungszielen, einem befristeten Bedarf, der Mitversicherung der Mineralölsteuer – sollte der Versicherungsnehmer ein Mineralölhändler sein — oder sonstigen Besonderheiten auftreten. Eine weitere Sonderform ist die so genannte Industriegüterversicherung. Hierbei werden Maschinen oder andere Güter versichert, die speziell für diesen Kunden geferdgt wurden und nicht anderweitig verwendbar sind. Diese Abweichungen von der Norm, dem normalen Verkauf einer Ware, müssen bei der Antragstellung angegeben werden, damit sie bei der Entscheidung berücksichtigt werden können.

Kreditprüfung und Kreditentscheidung – Teil 2

Selbstprüfung  
Liefert ein Unternehmen unterhalb der Anbietungsgrenze, muss kein Antrag gestellt werden. Der Versicherungsnehmer hat zusätzlich die Möglichkeit, kleine Kunden über einen Pauschalteil zu versichern. Hierbei gilt als Prüfungsregel die positive Büroauskunft oder die Altkundenregelung, bei der mindestens zwei Geschäfte auf Ziel getätigt werden. Zahlt der Kunde innerhalb der gesetzten Ziele, so gilt der Kunde als versichert. Eine Absicherung über das System des Kreditversicherers ist auch für kleine Kunden möglich. Der formale Ablauf der Beantragung eines Kunden ist im In- und Ausland identisch.

Informationsbeschaffung
Die Aufgaben einer Kreditversicherungsgesellschaft bestehen in der Schadenverhütung, der Schadenminimierung und der Schadenregulierung. Der Kreditprüfung kommt mit der Funktion Schadenverhütung eine Schlüsselrolle zu. Hier geht es darum dem Versicherungsnehmer, der durch seinen Selbstbehalt zwischen 20 und 30 Prozent des gezeichneten Limits bei einem Zahlungsausfall ebenfalls betroffen ist, und dem Versicherungsunternehmen einen möglichen Schaden und somit einen Forderungsausfall zu ersparen indem Zahlungsprobleme rechtzeitig erkannt werden. Zur Beurteilung des Unternehmens, auf das ein Kreditantrag gestellt wurde, sind Informationen aus verschiedenen Quellen notwendig. Dabei dient als Basisinformation in der Regel die Auskunft einer Wirtschaftsauskunftei. Der Inhalt ist hierbei sehr umfangreich. Die Information enthält Daten zur Rechtsform und Anschrift zur Unternehmensgründung, zu den Gesellschaftern, den  Geschäftsführern sowie anderen verbundenen Unternehmen Weiterhin wird ein Bonitätsindex vergeben, der die Zahlungserfahrungen der Mitglieder der Wirtschaftsauskunftei beinhaltet. Oicser Bonitätsindex ist der erste Faktor, der den Unternehmenserfolg und die Zahlweise des Unternehmens in Form einer Bewertung wiedergibt. Um das Engagement nun qualitativ besser beurteilen zu können sind jedoch weitere Informationen nötig. Zur Prüfung werden deshalb Bankauskünfte über die Hausbank des zu prüfenden Unternehmens angefordert. Eine solche Bankauskunft enthält allgemeine Angaben zur wirtschaftlichen Situation des Unternehmens. Es wird über die Dauer der Geschäftsbeziehung bisherigen Kontoerfahrungen sowie die derzeitige Vergaß von Krediten berichtet. Dabei werden jedoch keine Beträge oder einzelne Zahlen aus der Kontoführung oder den zu Grunde liegenden Informationen (Bilanz etc.) benannt. Wichtig ist jedoch, dass Schwierigkeiten bei der Zahlweise, zum Beispiel in Form von Scheckretouren oder Lastschriftrückgaben, in der Auskunft erwähnt werden. Trotzdem ergibt sich durch den allgemeinen Charakter der Angaben in dieser Auskunftsform ein weiterer Informationsbedarf. Dieser Informationsbedarf kann durch das Unternehmen selbst gestillt werden. Die Informationen, die durch die Unternehmen veröffentlicht werden und zum Beispiel auf deren Homepage im Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht „Verden sind von größter Wichtigkeit. Bei größeren – vor allem börsennotierten – Unternehmen finden sich dort außer den Jahresabschlussberichten, Zwischenberichten und Ad-hoc-Meldungen wichtige Informationen zu den Gesellschaftern des Unternehmens, zu Konzernverbindungen und zur Produktpalette.

Sollte ein Unternehmen seinen Jahresabschluss nicht auf der Homepage bereitstellen, wird das Unternehmen angeschrieben oder angerufen und um Überlassung eines Jahresabschlusses gebeten. Als Alternative bleibt, wenn die Anschreiben erfolglos sind, die Anfrage an das zuständige Amtsgericht, bei dem zumindest Kapitalgesellschaften ihre Jahresabschlüsse hinterlegen müssen. Unternehmen werden auch dann angeschrieben, wenn Zwischenzahlen benötigt werden. Hierbei kann es sich um vollständige Quartals- bzw. Halbjahresabschlüsse oder um einfache betriebswirtschaftliche Auswertungen handeln. Zusammen mit den Zwischenzahlen kann es im Einzelfall auch nötig sein, die weitere Entwicklung anhand der Planung eines Unternehmens zu beurteilen. Dazu können vom Unternehmen Planungsunterlagen, Hochrechnungen oder ein Liquiditätsplan angefordert werden. Ist ein Unternehmen bereits in eine finanzielle Notlage geraten, kann auch ein Sanierungskonzept für eine Kreditversicherung von Interesse sein. Anhand dieser Unterlagen kann beurteilt werden, ob ein Unternehmen sanierungsfähig erscheint und die Versicherung dessen Sanierung begleitet oder ob ein Sanierungskonzept nicht Erfolg versprechend ist. Reichen die Informationen, die das Unternehmen publiziert, nicht aus, so kann durch ein persönliches Gespräch bei einem Besuch des Unternehmens bei der Versicherung oder einer Niederlassung der Versicherung oder bei einem Besuch durch einen Kreditprüfer vor Ort weitere Klarheit in die Unternehmenssituation gebracht werden. Dabei können alle Fragen, von der Zahl im Geschäftsbericht bis hin zur Vision der Unternehmensleitung, besprochen werden. Das Gespräch wird bei der Beurteilung berücksichtigt. Ein weiterer Bestandteil der Prüfung sind Sicherheiten, die durch Banken, Gesellschafter oder Dritte zu Gunsten eines Unternehmens ausgestellt werden. Diese Sicherheiten dienen im Falle der Zahlungsunfähigkeit als Rückhalt und sind entweder auf den Lieferanten oder auf die Versicherung ausgestellt. Sicherheiten werden dem Lieferanten oder der Versicherung in der Regel dann gewährt, wenn die derzeitige finanzielle Lage einen Versicherungsschutz unmöglich oder nur in einem kleinen Rahmen möglich macht. Da Sicherheiten oft Geld kosten, wird auf diese Mittel nur im Notfall zurückgegriffen. Sicherheiten werden in den meisten Fällen von Konzernmüttern oder anderen Firmen im Konzern vergeben. Aus diesem Grund werden alle Firmen, die zu einem Konzern gehören, in der Betrachtung zusammengefasst. Zu einem Konzern zählen nicht nur Firmen, die direkte Beteiligungen aneinander haben, sondern auch Firmen, die durch Gesellschafter- oder Geschäftsführeridentität miteinander verbunden sind. Da in einem solchen Fall die handelnden Personen identisch sind, sind Auswirkungen bei einer der Firmen normalerweise auch bei den anderen Firmen spürbar und beeinflussen diese ebenso, wie eine starke oder eine schwache Konzernmutter im Rahmen ihrer Zahlungsunfähigkeit Einfluss auf das zu beurteilende Unternehmen haben kann. Sehr wichtig wird die Konzernbetrachtung in den Fällen, in denen zwei Firmen über einen Gewinn- oder Ergebnisabführungsvertrag miteinander verbunden sind. In diesen Fällen wird ein eventueller Verlust durch das herrschende Unternehmen übernommen. Ob 4as Unternehmen in der Lage ist, den möglichen Verlust zu verkraften, muss geprüft werden. Dazu ist also neben dem Kunden des Versicherungsnehmers dessen beherrschendes Unternehmen zu überprüfen und eine positive Kreditentscheidung von der Bonität beider Firmen abhängig zu machen.

Das herrschende Unternehmen ist wichtiger und dessen Bonität letztendlich ausschlaggebend für die Zeichnung oder die Ablehnung des Kreditantrages. Wenn ein Unternehmen einen Versicherungsvertrag mit einer Kreditversicherung abschließt, hat es Pflichten, die zur Erlangung des Versicherungsschutzes befolgt werden müssen. Zu diesen Pflichten gehört nicht nur die Stellung eines Kreditantrages, wenn die Geschäfte mit einem Kunden eine festgelegte Summe überschreiten, und die Zahlung der Prämie, sondern auch die Informationspflicht über Vorkommnisse, die auf eine Verschlechterung der Bonität beziehungsweise der Unternehmenssituation bei dem Kunden schließen lassen. Zu diesen meldepflichtigen Vorkommnissen gehört natürlich die Insolvenz, der Vergleich oder die fruchtlose Zwangsvollstreckung — diese Vorkommnisse sind Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalles. Weiter gehören zu den Pflichten die Meldung einer Ratenzahlung, einer Abgabe einer Forderung an einen Rechtsanwalt oder die Beauftragung eines Inkassobüros. Zusätzlich zu diesen offensichtlichen Indikatoren für eine Verschlechterung der Bonität beziehungsweise der Liquidität eines Unternehmens wird mit dem Versicherungsnehmer ein so genanntes „Äußerstes Kreditziel“ (ÄKZ) vereinbart. Das äußerste Kreditziel beträgt normalerweise zwischen zwei und sechs Monaten unter Berücksichtigung der Branche und der dort üblichen Zahlungsziele. Das äußerste Kreditziel läuft ab Fakturierung einer Rechnung und hat normalerweise einen großzügigen Puffer zwischen tatsächlicher Zahlungsbedingung des Lieferanten und dem Ende des Kreditziels. Sobald das äußerste Kreditziel überschritten wird, ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, eine Kreditzielüberschreitungsmeldung (KZÜ) zu erstellen und der Versicherung zukommen zu lassen. Auf dieser KZÜ wird außer der Summe der offenen Posten, die das Kreditziel überschritten haben, der Grund für die Überschreitung angegeben, sofern dieser dem Versicherungsnehmer bekannt ist. Da alle Versicherungsnehmer verpflichtet sind, bei einer Überschreitung des Kreditzieles diese Meldung an die Versicherung zu erstellen und der Versicherer dadurch in der Lage ist, Zahlungsverzögerungen bei mehreren Lieferanten gleichzeitig zu erkennen, handelt es sich um ein Frühwarninstrument. Es dient dazu, eventuelle Liquiditätsengpässe im Vorfeld zu erkennen, um darauf reagieren zu können. Eine weitere Möglichkeit, von den Zahlungserfahrungen der Versicherungsnehmer zu profitieren, ist die so genannte Limitabfrage. Eine Limitabfrage wird bei Bedarf vom prüfenden Kreditprüfer gestartet und kann je nach Anlass der Limitabfrage unterschiedlich aussehen. Die Form der Limitabfrage, die am meisten benutzt wird, enthält sechs Fragen zum Geschäft mit dem jeweiligen Kunden. Hierbei werden sowohl Daten abgefragt, die das gezeichnete Limit betreffen, als auch Daten zur Zahlweise des Kunden. Die Fragen, die das Limit betreffen, haben den Stand der offenen Posten, den Stand der gebuchten aber noch nicht fakturierten Aufträge und den Umsatz des Versicherungsnehmers mit diesem Kunden in den letzten 12 Monaten zum Inhalt. Wichtiger für die Kreditprüfung sind jedoch die Angaben zur Zahlweise des Kunden. Hier wird nach Zahlungsvereinbarung und tatsächlicher Zahlweise des Kunden gefragt. Aus diesen Informationen geht deutlich hervor, zu welcher Art Zahler der Kunde gehört. Dies kann ein Skontozahler, ein Nettozahler oder ein Kunde, der erst nach einer oder mehreren Mahnungen zahlt, sein. Auch hier gilt, wie im Falle der Kreditzielüberschreitungsmeldung, dass die verschiedenen Antworten der Versicherungsnehmer zusammengeführt werden und somit ein gutes Bild über die Zahlungsweise des Unternehmens entsteht. Die Coface-Gruppe hat über ein einheitliches EDV-System innerhalb der Gruppe die Möglichkeit geschaffen, dass alle Tochtergesellschaften auf die gleiche Akte zugreifen, wenn ein bestimmtes Unternehmen analysiert und ein Limit vergeben werden soll. Möglich ist dies dadurch, dass alle Akten zentral bei der Muttergesellschaft auf einem Server hinterlegt sind, auf den alle Unternehmen der Gruppe Zugriff haben. Die Vorteile dieses Systems hegen darin, dass nicht nur die Meldungen deutscher Versicherungsnehmer und der deutschen Kreditprüfer auf der Akte des Risikos – als „Risiko“ wird das zu prüfende( Unternehmen bezeichnet – hinterlegt sind, sondern auch die Zahlungserfahrungen, negative Meldungen ausländischer Versicherungsnehmer und die Erfahrungsberichte der Kreditprüfer aus den anderen Unternehmen der Coface-Guppe. Dabei muss ergänzt werden, dass es sich bei den Informationen, die von anderen Unternehmen des Konzerns kommen, nicht ausschließlich um die anderer Kreditversicherungsunternehmen handelt. Im Verbund der Gruppe arbeiten auch Factoring- und Inkassounternehmen. Deren Informationen werden ebenso in den Prüfungsprozess einbezogen wie die Informationen, die über Kreditversicherungsunternehmen in anderen Ländern weitergegeben werden. Dies ergibt eine noch breitere Basis an Informationen. Obwohl die heutige Medienvielfalt viele Möglichkeiten der Informationsgewinnung bietet, darf ein sehr altes Medium nicht vergessen werden. In den Kreis der Informationen, die zur Prüfung herangezogen werden, fallen auch die Printmedien. Hier gibt es zum einen die normalen Tageszeitungen, bei denen der Wirtschaftsteil mittlerweile einen großen Teil ausmacht, und zum anderen die Branchenzeitungen. Während die Tageszeitungen durch ihre Beiträge und Artikel wichtige Informationen liefern, sind Branchenzeitungen vorsichtig in die Betrachtung einzubeziehen, sofern es sich hierbei um ein Medium handelt, das über den Verband und dadurch über dessen Mitglieder finanziert und herausgebracht wird. Diese Mitglieder sind jedoch in der Regel die Unternehmen, die durch die Kreditversicherung geprüft und abgesichert werden sollen. Eine kritische Berichterstattung wird, bedingt durch den oben genannten Aspekt, nicht erfolgen. Anders hingegen bei den unabhängigen Tageszeitungen und Publikationen, die unabhängig über Branchen berichten.

Sehr hilfreich sind auch Branchenberichte. Sie können durch die Versicherung selber erstellt worden sein und den generellen Trend einer Branche weltweit beleuchten oder durch Dritte erstellt und von diesen gekauft werden. Bei den Dritten handelt es sich um Banken, andere Finanzdienstleister oder auch Medien, die eine Branche beobachten und in einem Bericht die allgemeine Lage beurteilen. Da hier der Rahmen, in dem die Unternehmen der Branche arbeiten müssen, näher betrachtet wird, ist es für die Kreditentscheidung und das damit verbundene Limit wichdg, diese Rahmenbedingungen in die Prüfung einzubeziehen. Anzumerken ist, dass die Informationen nur ergänzenden Charakter haben, da sie sich nicht auf das Unternehmen direkt beziehen und verhindert werden muss, dass Unternehmen eine eventuell negative Gleichbehandlung auf Grund besonderer Marktsituationen erfahren, ohne dass die Daten des einzelnen Unternehmens geprüft wurden. Bei einem Unternehmen, das als Rechtsform die Aktiengesellschaft gewählt hat und dessen Aktien an einer Börse gehandelt werden, wird auch die Entwicklung des Aktienkurses als Indikator für den finanziellen Stand des Unternehmens in die Kreditprüfung einbezogen. Der Börsenkurs ist zwar nicht direkt eine Maßzahl für die Liquiditätssituation eines Unternehmens, zeigt jedoch den Wert der Aktie und damit das Kapital des Unternehmens. Zusätzlich zur Entwicklung des Aktienkurses sind Unternehmen, die den Gang an die Börse vollzogen haben, verpflichtet, neue Tatsachen in ihrem Tätigkeitsbereich über Ad-hoc-Meldungen zu veröffentlichen (§15 Wertpapierhandelsgesetz). Diese Ad-hoc-Meldungen werden in den Prüfungsprozess einbezogen. Die Einschätzungen von unabhängigen Experten, die für die großen Rating-Agenturen wie Standard & Poor’s, Moody’s oder Fitch Ratings arbeiten, werden ebenfalls in die Beurteilung einbezogen. Hierbei ist besonders interessant, wie sich ein Rating in der Vergangenheit bis heute entwickelt hat, um einen Trend in der Entwicklung des Unternehmens festzustellen. Da kleine und mittelständische Unternehmen normalerweise nicht geratet werden, ist nur die Betrachtung der Ratings bei den großen Unternehmen möglich. Diese ist vornehmlich begleitender Natur, da die benötigten Informationen in der Regel publiziert werden und somit eine eigene Einschätzung möglich ist. Kreditanträge können für Unternehmen im Inland und auch für ausländische Unternehmen — im Rahmen der Ausfuhrkreditversicherung — gestellt werden.

Die Prüfung eines Unternehmens, das seinen Sitz im Ausland hat, ist der Prüfung im Inland grundsätzlich ähnlich. Große Unterschiede bestehen indes in der Informationsbeschaffung, vor allem im Bereich der Bankauskünfte. Diese Art der Information ist im Ausland nicht erhältlich und liegt in der Regel bei der Prüfung nicht vor. Bilanzen sind schwerer zu bekommen. Wenn sie vorliegen, sind sie besonders genau zu begutachten. Die Schwierigkeit bei der Beurteilung einer Bilanz eines ausländischen Unternehmens besteht darin, dass der Kreditprüfer mit den Bilanzierungsrichtlinien des Landes vertraut sein muss, um die Bilanz richtig lesen zu können. Bei deutschen Unternehmen wird normalerweise nach den Richtlinien des HGB bilanziert. Internationale Unternehmen bilanzieren mittlerweile in der neuen Bilanzierungsform nach den IAS (International Accounting Standards). Dies ist jedoch noch ein kleiner Teil der Unternehmenswelt. Bilanziert ein Unternehmen in Deutschland nach IAS, so wird immer noch eine Handelsbilanz mit der entsprechenden Überleitung erstellt. Diese Art der Überleitung entfällt im Ausland bei Bilanzierung nach dem dort gültigen Recht. Die einzelnen Bilanzpositionen sind nach den landestypischen Vorschriften zu bewerten. Im Gegenzug dazu sind die Bilanzinformationen häufiger in den Auskünften der Wirtschaftsauskunfteien enthalten. Ein weiteres Problem stellt die Zeitverzögerung im Rahmen der Informationsbeschaffung dar. Während die ersten Informationen im Inland spätestens nach zwei Tagen vorliegen sollten, so sind die Wartezeiten im Ausland erheblich länger. Kreditprüfung und Kreditentscheidung – Teil 3