Wer wollte das nicht? Mehr Geld verdienen! Der Wunsch, die eigene finanzielle Situation zu verbessern ist deshalb als Bewerbungsgrund – verständlicherweise – häufig und wird nicht selten auch sehr offen angesprochen. Dazu ein Beispiel aus einem Bewerbungsschreiben:
Seit 1995 arbeite ich in meiner Firma als Verkaufssachbearbeiterin. Obwohl mir meine Tätigkeit viel Freude macht, sehe ich längerfristig keine Möglichkeit einer finanziellen Verbesserung, sieht man einmal von den üblichen Tariferhöhungen ab. Deshalb suche ich eine gleichartige Tätigkeit, ggf. auch mit mehr Verantwortung, die mir bessere finanzielle Konditionen bietet.
Der Bewerbungsgrund ist hier klar und eindeutig Umrissen: mehr Geld. Begreiflicherweise wird ein solcher Bewerbungsgrund allein keinen Arbeitgeber sonderlich begeistern, zumal das erwartete Firmeninteresse nicht zum Ausdruck kommt. Deshalb werden sehr viele Bewerbungen mit dem Hauptmotiv der finanziellen Verbesserung in diesem Punkt zurückhaltender formuliert. Allerdings spätestens beim Bewerbungsgespräch kommt dann die Frage nach der erwarteten Vergütung, bei der übrigens die meisten Bewerber gravierende Fehler machen. Doch dies soll in einem späteren Bewerbung-Artikel behandelt werden. Hier kommt es lediglich darauf an, Folgendes festzuhalten: Wenn man sich finanziell verbessern will und sich deshalb irgendwo bewirbt, dann sollte dieses primäre Bewerbungsmotiv schon ehrlich zum Ausdruck kommen. Da das aber nun für den Arbeitgeber nicht alles sein kann, muss man diesen Grund kombinieren mit einem Interesse an der Firma oder an der entsprechenden Position. Das wird oft übersehen. Übrigens findet man bei den rein finanziell begründeten Bewerbungen oft haarsträubende Fehler. Das fängt an mit völlig überzogenen Gehaltsforderungen (ohne Rücksicht auf das Gehaltsgefüge oder Tarifvereinbarungen) und hört auf mit Forderungen nach Festschreibung einer längerfristigen Gehaltsentwicklung. Dazu ein Beispiel:
Eine 30-jährige Finanzbuchhalterin bewarb sich in einem Zeitungsverlag. In ihrem Anschreiben hatte sie keine Angaben zu ihren Verdienstvorstellungen gemacht. Beim Bewerbungsgespräch fragte dann der Personalleiter danach und bekam folgendes zur Antwort: „Für das, was ich mache, werde ich total unterbezahlt, aufgrund meiner Erfahrungen und meines Alters (!!) denke ich, dass so um die € 3 000,- im Monat angemessen wären, wobei ich davon ausgehe, dass dieses Gehalt entwicklungsfähig ist.“ Auf die Frage, was sie jetzt verdiene, antwortete die Bewerberin: „€ 2 150,-Tarif“. Der freundliche Hinweis des Personalleiters, dass man im Unternehmen auch einen Tarif und ein Gehaltsgefüge hätte, nach dem die hier relevante Position mit knapp € 2 500,- dotiert werde, interessierte die Bewerberin nicht. Da die Bewerberin fachlich wirklich qualifiziert war und der Arbeitgeber auch ein Interesse an ihr hatte, bot man ihr an, mit € 2 450,- anzufangen und nach der sechsmonatigen Probezeit auf € 2 600,- zu erhöhen, nach einem weiteren Jahr auf € 2 800,- Hierauf ließ sie sich nicht ein. Es folgte eine Absage, was sicherlich nicht verwunderlich ist.
An diesem Beispiel sieht man, wie man sich trotz guter Voraussetzungen alle Chancen verderben kann, wenn man stur auf einer überzogenen Gehaltsforderung besteht. Es ist deshalb in jedem Fall besser, die finanzielle Frage sekundär zu behandeln, denn wenn man Sie als Bewerber will, wird sich die Gehaltsfrage ganz von selbst ergeben und auch bei beiderseitigem Interesse meist einvernehmlich lösen lassen. Wie gesagt, Bewerbungen, die lediglich mit einem finanziellen Interesse verbunden sind, kommen selten gut an. Im Übrigen sei an dieser Stelle erwähnt, dass fast alle Bewerbungen, die allein aus finanziellen Gründen geschehen, unüberlegt oder oberflächlich betrieben werden. Entweder sind die Forderungen überzogen oder es werden die betrieblichen Gegebenheiten falsch eingeschätzt. Deshalb sollte man ehrlich prüfen, wie angemessen das jetzige Gehalt ist und wie viel mehr man realistischerweise fordern kann. Sehr viele Unternehmen sind tarifgebunden und haben feste Gehaltsgefüge, das sollte nicht übersehen werden. Gleiches gilt für gehobene Positionen, die zwar außertariflich dotiert werden, für die aber ebenfalls ein internes Schema vorliegt. Hier sollte man nicht mit markigen Jahresgehaltsforderungen aufwarten, sondern sich im Bewerbungsgespräch erst einmal anhören, welche Möglichkeiten das Unternehmen bietet. Es gibt viele Möglichkeiten sich kundig zu machen, bevor man sich mit finanziellen Absichten bewirbt.
Ausgangsbasis ist immer das derzeitige Gehalt, das man übrigens bei Nachfragen immer auch korrekt angeben sollte. Man kann sich z.B. über Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände oder örtliche Industrie- und Handelskammern über Tarifverträge und Gehaltsgefüge informieren, was viel zu wenig genutzt wird. Bei gehobenen Positionen geben auch Statistiken der Personal- und Unternehmensberater einen Anhaltspunkt oder die gelegentlich in Fachzeitschriften veröffentlichten Gehaltsvergleiche. Schließlich sei noch erwähnt, dass man in finanzieller Hinsicht, und zwar bevor man Forderungen stellt, abfragen sollte, welche weiteren geldwerten Vorteile das Unternehmen bietet. Denn nicht selten kommt es vor, dass eine Gehaltsforderung zu sehr auf die monatliche Zahlung ausgerichtet ist und dabei die weiteren Leistungen übersehen werden, die man dann auf das ganze Jahr betrachtet zu würdigen hat. Das sind z. B. die Kostenübernahme für einen auch privat zu nutzenden Dienstwagen, die Kosten für eine Altersversorgung, für eine Unfallversicherung usw. Diese Zusatzleistungen werden leider sehr oft nicht genau geprüft und beim Bewerbungsgrund „finanzielle Verbesserung“ übersehen und vernachlässigt. Zusammenfassend sei gesagt, dass bei Bewerbungen aus rein finanziellen Gründen die meisten und wohl auch gravierendsten Fehler gemacht werden, die aber vermeidbar sind, wenn man sich entsprechend vorbereitet und in seinen Forderungen realistisch bleibt.