Bloß nicht. Lieber mal einen Trend verpassen, als jeder neuen Idee folgen. Denn was sich die Finanzindustrie alles einfallen lässt, ist oft genug ziemlicher Unsinn oder es kommt zu früh oder zu spät. Beispiel BRIC-Fonds: Diese Fonds investieren in Brasilien, Russland, Indien und China. Ende 2004 kam die dänische Sydinvest mit dem ersten Fonds dieser Art auf den Markt, dem ISI Brie Equities. Die Idee fand man gut, unter anderem bei der DWS, die Anfang 2005 mit einem BRIC-Fonds auf den Markt traten, kurz gefolgt von HSBC. Ende 2005 zogen dann Schröder und der dit nach. Und weil es immer noch so gut lief, kamen im Frühjahr 2006 Templeton und die österreichische Sparkasse hinterher. Deren Kunden mussten sich, möglicherweise noch geblendet von den Wertsteigerungen bei der Konkurrenz, erst einmal mit einem Kurseinbruch abfinden. Immerhin hatten die ersten BRIC-Kunden schon ihre 70 bis 80 Prozent Gewinn eingefahren, so dass man sich natürlich schon fragen muss, was der Markt noch alles hergeben soll.
Eine an sich dankenswerte Innovation, die aus dem Absturz der Börsen nach dem Internet-Hype geboren war, das Discountzertifikat, hatte auch nicht unbedingt den besten Start. Als von Aktien niemand mehr etwas wissen wollte, brachten etliche Banken Discountzertifikate auf den Markt, mit denen man auch in stagnierenden oder leicht fallenden Märkten noch etwas verdienen konnte. Sie erinnern sich sicher, dass man dafür Optionen einsetzt. Die sind aber umso attraktiver, je höher die Volatilität ist. Als die Kurse ab Frühjahr 2003 wieder anzogen, machte sich so viel Zuversicht breit, dass die Volatilität ausblieb. Wichtigstes Verkaufsargument für die Discounter war die Rückrechnung (das so genannte Backtesting), wonach sie in den letzten Jahren einer Aktienanlage meist deutlich überlegen waren. Was aber fehlte, war die Volatilität. Sie sank und sank und sank und erreichte 2005 historische Tiefststände. Und mit den Discounten! wurde man nicht recht glücklich.
Dafür gab es dann wieder etwas Neues. Weil die Unternehmen immer höhere Dividenden ausschütteten, wurde es interessant, damit einen Puffer zu finanzieren. Geboren war das Bonuszertifikat. Gegen das Konzept kann man nichts sagen, wenn man nicht gerade ein Bonuszertifikat auf die Deutsche Telekom besaß, zumindest keines mit einem riesig dicken Puffer. Was nämlich oft vergessen wurde, ist die Tatsache, dass die Dividendenausschüttung den Kurs der Aktie mindert. Bei der Telekom immerhin um die sechs Prozent. Kommen nun bei zwei oder drei Jahren Laufzeit entsprechende Dividendenabschläge noch zu den Kursverlusten hinzu, sind ausgerechnet wieder die Telekom-Fans geschädigt, denn ihr Puffer war schnell verbraucht, der Bonus verloren. Aber auch sonst mussten einige Anleger feststellen, dass bei einer Laufzeit von 3 Jahren und 3 Prozent Dividendenrendite aus 20 Prozent Puffer effektiv kaum mehr als 20 Prozent übrig bleiben.
Über Knüller wie die Nikolaus-Anleihe wurde schon berichtet, viele Weltmeister- und Fußball-Zertifikate waren keinen Deut besser, allesamt für Normalsterbliche undurchschaubar und in erster Line darauf ausgerichtet, von einer Euphorie zu profitieren, die den gesunden Menschenverstand schon mal trüben kann. Je schöner der Name, desto merkwürdiger das Produkt, könnte man sagen. Der Vertrieb kann kaum erklären, was dabei Sache ist, und auf das Thema Provisionen will niemand angesprochen werden. Einen Vergleich zwischen den Anbietern kann man angesichts der Bedingungen nicht ziehen, und das ist keine gute Voraussetzung für überragende Leistungen.
Mindestens einmal im Jahr wird ein neuer Branchentrend ausgerufen. Manchmal scheint es eher Zufall zu sein, manchmal hat jemand genauer hingeschaut und etwas gefunden, was sich gut verkaufen lässt. Dabei wird selten beachtet, dass Branchenentwicklungen meist sehr kurzfristig sind. Fließt zu viel Geld in kleine Marktsegmente, dann schießen die Kurse schnell in die Höhe und es entstehen Bewertungen, die die Unternehmen erst einmal über Jahre abarbeiten müssen. Zudem sind alle neueren Branchen besonderen Risiken unterworfen. Niemand weiß, ob sich überhaupt genügend Nachfrage entwickelt, ob die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen erhalten bleiben und ob die Qualität der Unternehmen stimmt.
So stellt man nämlich immer wieder fest, dass ein Branchenboom neue Unternehmen an die Börse lockt, die eine einmalige Chance sehen, schnell an viel Geld zu kommen. Inzwischen wird zwar kritischer auf solche Börsenneulinge geblickt, als es zu Zeiten des Internethypes der Fall war, aber auch so können nicht alle Risiken ausgeschlossen werden. Beachten Sie daher, dass Branchen wie Solarenergie, Nanotechnologie, Immobilien ziemlich kleine Märkte sind. Zu einer Wunderwaffe im Kampf gegen die Launen der Märkte sollte das Konzept Portable Alpha werden. Alpha kennen Sie ja noch als den Mehrwert, den ein Fondsmanager gegenüber dem Markt erzielt. Dieses Alpha soll man nun durch ein bestimmtes Verfahren mitnehmen können, aber eben nur Alpha und nicht den Markt.
Das Ganze ergibt so erst einmal keinen Sinn, was sich aber ändert, wenn man auch an fallende Märkte denkt. Wenn ein Fonds in einem schlechten Markt weniger stark als seine Benchmark fällt, dann erzielt er auch ein Alpha. Davon hat der Kunde nicht wirklich etwas, aber er kann immerhin seinen Verlust verringern. Kann er sich aber dieses Alpha auszahlen lassen, dann hat er wieder einen positiven Ertrag. Das ist das Ziel diverser Alpha-Zertifikate und Fonds. Sie versuchen, nur den Mehrwert zu extrahieren, so dass sich für den Anleger möglichst immer ein positives Resultat ergibt.
Um das umzusetzen, braucht man gute Fondsmanager, die sowohl in guten als auch schlechten Märkten besser sind. Anfang 2006, als mehrere solcher Produkte auf den Markt kamen, blickte man auf fast drei Jahre steilen Börsenaufschwungs zurück. Es fanden sich leicht Produkte, die ziemlich konstant über dem Markt lagen. Diese waren dann Grundlage der Portable Alpha-Strate- gien, die Fonds/aktiv gemanagten Zertifikate wurden gekauft, der Benchmark-Index wurde verkauft und heraus kam der Mehrwert. Solange die Märkte stiegen, war die Idee toll. Der Einbruch vom Frühjahr offenbarte jedoch, dass die großen Renner auch schlechter aussehen können als der Markt. Die neuen Papiere konnten ihr vorheriges Niveau nicht halten und verloren auch, obwohl genau dies nicht sein sollte.