Die Dresdner Bank zahlt aber die Zeche

Die Dresdner Bank hat sich von dem Angriff der Blauen nie wieder erholt. Als erste Maßnahme räumte der Chef der Bank, Bernhard Walter, seinen Schreibtisch, der Aufsichtsrat bestimmte umgehend Bernd Fahrholz zu seinem Nachfolger.
Der Schaden ließ sich mit einem Führungswechsel an der Spitze nicht mehr begrenzen. Die Investmenttochter Kleinwort Benson war schwer angeschlagen: Spitzenkräfte der Investmentbank hatten sich zur Konkurrenz abgesetzt, selbst die Deutsche Bank hatte während der Fusionsverhandlungen ein Team des Verhandlungspartners angeheuert. Die Mitarbeiter waren ebenso verunsichert wie die Kunden, der Imageverlust war fast irreparabel.

Obwohl der neue Chef Fahrholz öffentlich Wachstum aus eigener Kraft beschwor, war jedem klar, dass die Suche nach einem künftigen Partner weiterging. Zunächst ohne Erfolg, als Fahrholz nach Art der Deutschen Bank die Commerzbank übernehmen wollte, holte er sich eine Absage. Obwohl die Bank damals keineswegs glänzend dastand, wollte sie nicht zum Juniorpartner des ewigen Zweiten im deutschen Bankgewerbe werden.

Das war die Chance der Allianz. Ihr Vorstandschef Henning Schulte-Noelle wollte die alte Branchenordnung endlich aufbrechen: Versicherer und Banken taten in der Vergangenheit gut daran, ihre Geschäfte sauber zu trennen. Aber die Zeiten haben sich geändert, und das liegt vor allem an der Altersvorsorge, bei der wir alle uns nicht mehr allein auf den Staat verlassen können. Die Folge: Versicherungen und Banken bieten schon heute nebeneinander ihre Produkte an, diese Überlappungen werden weiter zunehmen. Die Trennung von gestern ist damit längst aufgehoben, erklärte der Chef der größten europäischen Versicherungsgruppe in einem Interview mit der Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Im April 2001 war es so weit: Allianz-Chef Schulte- Noelle und Dresdner-Bank-Chef Fahrholz stellten das neue globale Powerhaus vor: ein Konzern der Superlative mit weltweit 68 Millionen Kunden in mehr als 80 Ländern, knapp 180000 Mitarbeitern, einer Bilanzsumme von 943 Milliarden Euro und einer Marktkapitalisierung von 135 Milliarden Euro.

Um diesen Deal realisieren zu können, musste die Allianz ihre Beteiligungen in der Bankenszene neu ordnen. Der HypoVereinsbank-Anteil wurde an den Konkurrenten Münchner Rück abgetreten. Im Gegenzug gab die Münchner Rück ihr Dresdner- Bank-Paket in Höhe von fünf Prozent sowie gut 40 Prozent der Allianz Lebensversicherung an die Allianz. Gleichzeitig bauten die beiden Versicherungen ihre gegenseitigen Beteiligungen um rund fünf Prozent auf 20 Prozent ab.
Danach wurde den Aktionären der Dresdner Bank ein kombiniertes Angebot von Seiten der Allianz und der SPV (Special Purpose Vehicle) gemacht, einer Gesellschaft, die eigens für diesen Zweck von der Deutschen Bank und den Gesellschaftern des Bankhauses Oppenheim initiiert worden war. Die Offerte bestand in einem Tausch, bei dem für zehn Dresdner-Bank-Aktien eine Allianz-Aktie und zusätzlich 200 Euro in bar ausgegeben wurden.

Auch die Mitarbeiter der Dresdner Bank haben von der Übernahme zunächst profitiert: Sie bekamen erst einmal einen Bonus von 25 Prozent ihres Monatsgehalts und die Zusicherung, dass es keinen Stellenabbau geben werde.
Der Name der Bank blieb erhalten, er wurde nur durch den Schriftzug der Allianz in der Unterzeile ergänzt. Selbst die Hausfarbe Grün durfte die Dresdner als Tochtergesellschaft des blauen Versicherungsriesen behalten.
Für einige Bankvorstände hat die Allianz sogar drei Posten in ihrem Exekutivorgan geschaffen: Fahrholz wurde stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Versicherungskonzerns, Leonhard Fischer leitete die Investmentbank und Horst Müller sollte von der Vorstandsebene aus die Integration der beiden Konzerne überwachen.

Das behutsame Vorgehen der neuen Eigentümer, die so ganz anders auftraten als die arrogante Herrentruppe von der Deutschen Bank im Jahr zuvor, beeindruckte sogar die sensiblen Investmentbanker. Bisher verzichteten sie offensichtlich auf die in diesem Gewerbe übliche Fahnenflucht, noch mehr dürfte sie allerdings die Zusage motiviert haben, dass die Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein rechtlich abgetrennt und in nicht allzu ferner Zukunft an die Börse gebracht werden soll.
Im Prinzip konnte uns nichts Besseres passieren, sagte der Gesamtbetriebsratschef der Bank, Peter Haimerl, zu dem scheinbaren Happy End im deutschen Bankgewerbe.

Wenige Monate später sah alles auf einmal ganz anders aus. Die Geschäfte liefen schlecht, der Börsenboom war zu Ende. Nach Jahren des Höhenflugs brachen die Kurse an den Aktienmärkten auf breiter Front ein. Besonders hart traf es den sogenannten Neuen Markt. Dort waren mit Anlegerkapital in Milliardenhöhe windige Versprechungen und kühne Erwartungen finanziert worden. Als die Konjunktur kippte, zerplatzten die Unternehmensträume und ihre leichtfertigen Planungs- und Investitionskonzepte wie Seifenblasen.
Der Kollaps spiegelte sich auch in den Ergebnissen der Dresdner Bank wider. Im Übernahmejahr musste sie einen Gewinneinbruch um 89,3 Prozent melden. Der Jahresüberschuss betrug nur noch magere 186 Millionen Euro – ein Jahr zuvor waren es noch 1,74 Milliarden Euro gewesen.
Je mehr die Verluste stiegen, umso mehr Arbeitsplätze sollten gestrichen werden. Die Fusion wurde zum Alptraum für die Belegschaft und auch für die Allianz. Bank-Vorstandschef Fahrenholz verkündete im Vierteljahrestakt neue Horrorzahlen. Die Bank muss sich auf harte Zeiten einstellen, sagte der Dresdner- Chef. Es seien unumgängliche Maßnahmen für die Ertragskraft und Zukunftsfähigkeit der Bank nötig. Der Abbau von 5000 Stellen war schon auf der Hauptversammlung im Jahr 2000 beschlossen worden.

Noch im Jahr 2001 wurden 183 der 986 Filialen geschlossen. Im Juli 2001 sollten weitere 1500 Stellen gestrichen werden und im September noch mal 1300. Begleitet wurden die Hiobsbotschaften mit der Erwartung, dass es mit der Dresdner Bank wieder aufwärts ginge und das Schlimmste überstanden sei.
Doch dann hat es wieder nicht gereicht, weil die Abfindungen, Altersteilzeit und Vorruhestand für scheidungswillige Dresdner- Mitarbeiter sich zu mehr als 700 Millionen Euro summierten, weil die Konjunktur nicht anspringe, weil Al Qaida New York und Washington angegriffen hatte, wie das Manager Magazin damals berichtete. Die Erklärungen wurden immer austauschbarer, die Maßnahmen, die sie nach sich zogen, immer schmerzhafter.

Den Beratern wurde gekündigt, Aufträge, die über 250 000 Euro hinausgingen, konnte nur der Vorstand, und Mega-Kontrakte von mehr als drei Millionen Euro nur noch ein einstimmiger Beschluss des Gesamtvorstands vergeben.
Die Bank muss sich auf harte Zeiten einstellen, erklärte der Bank-Chef. Außertariflichen Mitarbeitern wurden Nullrunden verordnet und die Tantiemen um 25 Prozent gekürzt. Auch seinen Vorstandskollegen verordnete Fahrholz eine strenge Diät. Die Gehälter des Topmanagements wurden auf dem Niveau von 1999 eingefroren. Auch ehemalige Topmanager der Bank mussten auf ihre Privilegien verzichten: Fahrholz strich ihnen ein eigenes Büro und den Dienstwagen mit Fahrer. Nur sein Vorgänger Walther und der langjährige Vorstandschef Wolfgang Roller durften weiterhin ihre Räume behalten, weil sie noch für die Bank tätig waren. Walther kümmerte sich nach seinem Rücktritt um den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche.

Die Ausgaben sollten quer durch die Bank um 25 Prozent gekürzt werden, und da mussten alle ihr Opfer bringen.
Auch für die Kunden gab es tiefgreifende Änderungen. Die Gewerbetreibenden und sonstigen Geschäftskunden wurden dem Unternehmensbereich Private Kunden und Geschäftskunden zugeschlagen. Denn im Ende Juli 2001 geschaffenen Unternehmensbereich Corporates and Markets, in dem das Investmentbanking mit dem klassischen Firmenkundengeschäft zusammengefasst wurde, hatten die kleineren und mittelständischen Firmen, die bislang von diesem Bereich betreut wurden, wie Fremdkörper gewirkt.

Im Jahr 2002 ging es dann auch den lange gehätschelten Investmentbanker an den Kragen: Nachdem sie im ersten Halbjahr einen Verlust von über 800 Millionen Euro produziert hatten, wurden ein Abbau von 3000 Stellen in diesem Bereich verkündet. Die Kosten der Investmenttochter sollten um mehr als ein Drittel gesenkt werden, lautete die Vorgabe.

Es half wenig. Die horrenden Verluste der Dresdner Bank von knapp einer Milliarde Euro brachten sogar das Mutterschiff Allianz ins Schlingern: Eine Besserung sei nicht in Sicht, gab Fahrenholz zu. Im Bankgeschäft sei die Ertragslage weiterhin sehr unbefriedigend. Die starken Umsatzrückgänge seien durch die tatsächlich realisierten Kosteneinsparungen von 10,7 Prozent nicht aufgefangen worden.

Auch Allianz-Chef Schulte-Noelle hatte große Mühe, die Übernahme vor den eigenen Aktionären und Mitarbeitern zu verteidigen: Durch zusätzliche Rückstellungen für besondere Risiken musste der Versicherungskonzern ein Minus von 2,5 Milliarden Dollar im dritten Quartal 2002 ausweisen – das schlechteste Quartalsergebnis der Unternehmensgeschichte. Aber der Allianz-Chef ließ sich nicht unterkriegen: Die derzeitige Marktlage erleichtert die Umsetzung von konsequenten und zukunftsweisenden Maßnahmen. Deshalb sehen wir in dieser schwierigen Phase vor allem auch die Chancen und haben das feste Ziel, gestärkt aus ihr hervorzugehen.
Die Anhäufung negativer Sonderfaktoren wie die weiterhin sehr schlechte Verfassung der Kapitalmärkte, die zunehmende Risikohäufung durch Naturkatastrophen oder Insolvenzen hat uns im dritten Quartal unverhältnismäßig hart getroffen. Sie verstellten den Blick auf die Verbesserungen im operativen Geschäft, erklärte auch Allianz-Controlling-Vorstand Helmut Perlet, der Fahrholz bei der Sanierung der Dresdner Bank auf die Finger schauen sollte.

Fahrholz war nur noch ein Chef auf Abruf. Neben dem Controller, der ihm im Auftrag der Mutter über die Schulter schauen sollte, bekam er noch eine personelle Verstärkung, die die Schieflage der Dresdner erst richtig deutlich machte.
Der Schwede Jan Kvarnström wird Chef einer neu geschaffenen Institutional Restructuring Unit, einer rechtlich selbständigen Abteilung, in der das marode Kreditgeschäft der Frankfurter Bank gebündelt werden soll. Allein in den Jahren 2001/2002 musste die Dresdner Bank mehr als vier Milliarden Euro ihrer Forderungen wertberichtigen.

Der 54 Jahre alte Kvarnström war vor seinem Antritt bei der Dresdner Senior Adviser und Investing Chairman der Private- Equity-Firmen 3i und Bridley Capital Partners. Erfahrung im Abwickeln von faulen Krediten sammelte Kvarnström Mitte der 1990er Jahre im Management der Securum. In diesem Unternehmen hatte die Nordbanken, das zweitgrößte Geldhaus Schwedens, ihr notleidendes Kreditgeschäft in Höhe von sechs Milliarden Dollar bereinigt.

Das Kreditvolumen, das Kvarnström bei der Dresdner Bank abwickeln sollte, war allerdings fünfmal so groß: Nahezu 30 Milliarden Euro umfasste diese Position einschließlich aller nichtstrategischen Kredite und der Problemkredite.
Ende 2002 hatte die Zahl potenzieller Arbeitsplatzverluste die 11000er Marke erreicht. Dresdner-Chef Fahrholz stellte eine schwarze Null als Jahresergebnis für 2003 in Aussicht. Doch dann waren im Februar 2003 die Führungskräfte dran: Von den 120 Managern der zweiten Ebene sollten 40 eingespart werden. Die Personalberatung Egon Zehnder sollte die Auswahl vornehmen und den Betroffenen mitteilen, ob und in welcher Funktion sie bleiben durften.

Trotz all dieser Maßnahmen war ein Ende der Talfahrt nicht abzusehen. Im Jahr 2003 schrieb die Bank entgegen aller Ankündigungen wieder tiefrote Zahlen, durch Risikovorsorgen zur Abdeckung von weiteren höchst problematischen Engagements. Erst sollten es nur eine Milliarde Euro sein, dann waren es aber doch wieder 1,5 Milliarden Euro, die zur Absicherung bereitgestellt werden mussten.
Allianz-Chef Schulte-Noelle hatte bereits seinen Abschied in den Ruhestand für Mitte 2003 angekündigt, und im März war auch das Schicksal von Dresdner-Chef Fahrenholz besiegelt. Er musste die Bank vorzeitig verlassen.
Sein Nachfolger wurde Herbert Walter, der von der Deutschen Bank kam. An die Stelle von Schulte-Noelle an der Spitze des Allianz-Konzerns trat Michael Diekmann. Die Neuen verschärften die Gangart. Als im zweiten Quartal der Personalabbau bei der Dresdner Bank ins Stocken geriet, wurden Pläne zur Ausgliederung von Bankmitarbeitern in Qualifizierungsgesellschaften laut. Die Abgeschobenen würden dann nur Kurzarbeitergeld beziehen.

Diese Drohungen alarmierten die Arbeitnehmervertreter der Bank. Eilig versuchten sie, einen Gegenplan zu entwickeln. Danach sollten Angestellte ab 53 Jahren in den Vorruhestand gehen können und alle Mitarbeiter eine kollektive Arbeitszeitverkürzung um 20 Prozent bei 90 Prozent des Gehaltes akzeptieren. Den Betriebsräten ging es darum, eine sozialverträgliche Beschleunigung des Personalabbaues zu erreichen und damit die vom Management angestrebten, radikaleren Maßnahmen zu verhindern. Im Oktober erfolgte dann der nächste Paukenschlag: Die Advance-Bank, die Direktanlagebank der Dresdner, die vor allem junge Kunden anziehen sollte und ihre Bankgeschäfte per Telefon und Internet erledigen, wurde dichtgemacht. Die Kunden wurden zur Mutter Dresdner Bank verfrachtet und die 400 Mitarbeiter des Instituts entlassen. Arbeitsplätze für die junge Truppe hatte das Haupthaus nicht zu bieten.

Dort gab es für die Belegschaft im Herbst 2003 eine Bescherung der besonderen Art: Das Weihnachtsgeld wurde um 25 Prozent gekürzt, und von 2004 an wurden die bisher freiwillig eingeräumten Heirats- und Geburtsbeihilfen gestrichen, die den Mitarbeitern pro Ereignis etwa 250 bis 300 Euro eingebracht hatten. Auch auf Urlaubsbeihilfen musste verzichtet werden.

Der Personalabbau ging indessen munter weiter: Bis Ende 2004 – so wurde verkündet – sollten im Rahmen des Restrukturierungsprogramms Neue Dresdner etwa 4700 weitere Stellen wegfallen, so dass einschließlich der 11000 gestrichenen Arbeitsplätze seit 2000 von ehemals 50000 Beschäftigten noch etwa 34000 übrig bleiben.

Im Juli 2004 griff der Betriebsrat der Dresdner Bank zu einer ungewöhnlichen Maßnahme, weil sich kaum mehr Freiwillige fanden, die ihre Jobs aufgeben wollten. Die Arbeitnehmervertreter organisierten bundesweit Jobbörsen, zu denen die Firmenkunden eingeladen wurden. Sie sollten sich unter den jobsuchenden Bankmitarbeitern geeignete Kräfte für ihre Unternehmen aussuchen. Die seltsame Kontaktbörse war eine verzweifelte Aktion, um die angedrohten betriebsbedingten Kündigungen in letzter Minute abzuwenden.

Tatsächlich erreichte die Dresdner Bank dann im Jahr 2004 wieder die Gewinnzone. Doch um welchen Preis: Jeder dritte Arbeitsplatz war dem Sanierungsprozess zum Opfer gefallen.

Und wirkliche Ruhe ist auch 2007 noch nicht eingekehrt. Immer wieder machen Gerüchte die Runde, dass die Dresdner doch noch zerschlagen und ihre Teile zwischen Allianz und Deutscher Bank aufgeteilt werden könnten.

Ein Global Player schlägt zu – der Fall HypoVereinsbank

Das öffentliche Interesse an der Brautschau bereitete den Weg für einen anderen Freier, der mit den Münchnern kurzen Prozess machte. Die italienische Bank Unicredito Italiano S.p.A. schnappte sich die HypoVereinsbank. Von einem Merger of Equals war nicht einmal die Rede, die HypoVereinsbank hatte von vornherein die undankbare Rolle eines Juniorpartners, der die Bedingungen des Seniors zu schlucken hatte.
Es entstand ein neuer Koloss, die neuntgrößte Bank in Europa mit einer Bilanzsumme von 733 Milliarden Euro, die in 19 Ländern vertreten sein wird. Weit über 120 000 Mitarbeiter betreuen mehr als 28 Millionen Kunden. 15 Milliarden Euro wollte Unicredito dafür ausgeben. Insgesamt wurden es dann doch mehr als 19 Milliarden Euro, denn Unicredito-Chef Alessandro Profumo wollte auch die Perle des HVB-Verbunds haben, die Bank Austria, die Rampl bereits wieder an die Börse gebracht hatte. Das Barangebot an deren Aktionäre war fast doppelt so hoch wie die Offerte an die HVB-Anteilseigner. Das war auch kein Wunder, denn die Bank Austria verdiente Geld und wurde nicht durch milliardenschwere Altlasten in den Abgrund gezogen.

Wie immer bei solchen Megafusionen ließen die beiden Verhandlungspartner Rampl und Profumo keine Gelegenheit aus, um über die fabelhaften Synergien zu reden, die die Fusion freisetzen würde. Für die Belegschaft dürften diese Worte ziemlich hohl geklungen haben.

Denn die Italiener ließen keinerlei Zweifel daran, dass es erst einmal um den Abbau von Arbeitsplätzen gehen würde. 9000 Jobs sollten ersatzlos gestrichen werden. Der größte Teil zwar in Osteuropa, wo die beiden Niederlassungen, die der HypoVereinsbank und der Unicredito, zusammengelegt werden würden. Rund 6000 Jobs würden so von der Gehaltsliste der neuen Großbank gestrichen.
Aber auch in Deutschland wurde der Rotstift angesetzt. Weitere 1800 Stellen standen zur Disposition. Und zwar zusätzlich zu den 2400, deren Abbau Rampl bereits zu Beginn des Jahres 2005 verkündet hatte. Gewerkschaften und Betriebsräte konnten gegen den Willen der Italiener nichts ausrichten. Unicredito räumte den Arbeitnehmervertretern nicht einmal einen Europäischen Betriebsrat ein, und auch die Mitbestimmung, die Arbeitnehmern in deutschen Konzernen Rechte auf Information, Anhörung und Mitsprache garantiert, wurde in Italien nie eingeführt. Auch im Aufsichtsrat gab es keinen Arbeitnehmervertreter.
Genau genommen gab es auch keinen Aufsichtsrat nach deutschem Recht, sondern ein nach US-Recht konstituiertes Board, eine Art Zwitter aus Vorstand und Aufsichtsrat, dessen Mitglieder je zur Hälfte aus der Unicredito-Führung und von außen rekrutiert wurden. Vier bis fünf Mitglieder sollte die HVB dorthin entsenden dürfen. Allerdings reicht für wichtige Beschlüsse – wie beispielsweise die Strategie für das Deutschland-Geschäft, Personalabbau und weitere Sparaktionen – eine Mehrheit von 19:24 – die deutschen Vertreter aus der HypoVereinsbank hätten im Ernstfall keine Chancen, ihre Interessen durchzusetzen.

Die Bank Austria, die allein 11000 Personen beschäftigt, wehrte sich monatelang gegen eine zu enge Einbindung. Erst als dem Management im März 2006 vertraglich eine große Autonomie eingeräumt und ihre Kontrolle über den lukrativen Osteuropa- Markt zumindest teilweise bestätigt wurde, stimmten sie der Fusion schließlich zu.
Noch schwieriger gestalteten sich die Verhandlungen in Polen : zur Bereinigung der Doppelzuständigkeiten. Die polnische Regierung hatte sich monatelang vehement gegen die Fusion der HVB-Tochter BPH und der UniCredit-Bank Pekao gewehrt. Erst im April 2006 wurde auf Druck der EU-Kommission ein Kompromiss gefunden.

Indiskretionen und ein Eklat – der Fall mit Dresdner Bank

Doch dann kam alles anders. Ein Eklat und eine Indiskretion führten zum Abbruch der Verhandlungen. Kleinwort Benson, die Investmenttochter der Dresdner Bank, die mit rund 7500 Mitarbeitern die Hälfte der Gewinne der Muttergesellschaft erwirtschaftete, wurde zum Knackpunkt. Gerüchten zufolge sollte sie dichtgemacht werden. In der Dresdner Bank schürte diese Aussicht den Widerstand gegen den ganzen Deal.
Breuer versprach jedoch öffentlich: Wir sind froh, dass wir durch unsere Transaktion ein solches Juwel zu dem vorhandenen Investment Banking hinzuaddieren können. Es wird weder geschlossen noch verkauft.

Diese Zusage löste bei den Investmentbankern der Deutschen Bank blankes Entsetzen aus. Edson Mitchell, der Chef der Abteilung Global Markets in London, aber auch die Truppe um den Deutsche-Bank-Vorstand Josef Ackermann in Frankfurt hatten längst ihr Urteil über den Konkurrenten gefällt: Kleinwort Benson passe nicht zur Deutschen Bank, an eine Integration des Investmenthauses sei nicht zu denken. Von den rund 7500 Mitarbeitern könnten bestenfalls ein paar hundert – die eigentlichen Topbanker mit ihren engsten Mitarbeitern – übernommen werden, der Rest sei überflüssig, lautete das Urteil.

Um ihren Worten die angemessene Bedeutung zu verschaffen, sorgten die Investmentbanker beider Seiten auf verschlungenen Wegen dafür, dass ihre Meinungen in Zeitungen und Branchendiensten publiziert wurden und die Gegenseite erreichten.

Die Deutsche Bank wurde von vielen Mitarbeitern der Dresdner Bank immer mehr als arroganter Angreifer gesehen, der den ungeliebten Rivalen niedermachen will.
Breuer war in eine Sackgasse geraten. Im Vorstand der Dresdner Bank wuchs der Widerstand gegen die Fusion, die sich im Laufe der Verhandlungen als brutale Übernahme entpuppte.

Der Kampf um Kleinwort Benson fand vor einer zunehmend feindlicheren Kulisse statt. Auch Wirtschaftsjournalisten, Analysten und Investmentbanker fanden keinen Gefallen am Zusammenschluss. Allen war klar, wer wirklich von der Fusion profitieren würde: die Allianz. Die Versicherung sollte den Zugriff auf wesentliche Teile des Privatkundengeschäfts beider Banken erhalten und das Anlagekapital der größten deutschen Fondsgesellschaft DWS als Zugabe obendrauf.
Diese Erkenntnis bestimmte bald die Aktienkurse der Beteiligten. Der Kurs der Allianz-Aktien stieg, die der Aktien der beiden Banken fielen innerhalb weniger Tage um 25 Prozent. Bei den Mitarbeitern in den Investmentabteilungen heizte der Kursverfall die Stimmung gegen die Fusion an: Die Topleute werden nach Leistung bezahlt, und der Kurs der Aktie ist ein wichtiges Kriterium dafür.

Trotz dieser Widerstände liefen die Verhandlungen weiter. Die Aufsichtsräte beider Banken wurden informiert, und die Mehrheit – die Kapitalseite – entschied sich für die Fusion. Nur die Arbeitnehmervertreter mochten nicht für den drastischen Verlust von 16 300 Jobs stimmen. Denn darauf würde es bei einer Fusion hinauslaufen.
Dann passierte ein Patzer, der den Verhandlungen ein jähes Ende bereitete. Der Dresdner-Bank-Vorstand Joachim von Harbou, der das Privatkundengeschäft betreute, plauderte öffentlich über den künftigen Umgang mit den Privatkunden nach der Fusion: Wer weniger als 200 000 € mitbringe, könne dann nicht mehr mit individueller Beratung rechnen, sagte der Banker.

Ein Sturm der Entrüstung fegte durch die beiden Institute. Medien und Kunden hielten sich an den beiden Banken schadlos. Die Bank 24, zu der nach der Fusion auch die Kleinkunden der Dresdner Bank abgeschoben werden sollten, war zum Billiganbieter herabgestuft worden. Die Glaubwürdigkeit der Banker, die immer beteuert hatten, der Kundenservice würde besser, nicht schlechter werden, wurde schwer erschüttert.
Damit stand fest: Der größte Deal im deutschen Bankgewerbe, mit dem Deutsche-Bank-Chef Breuer auch international punkten und aller Welt zeigen wollte, wie gekonnt in Deutschland Megafusionen durchgezogen werden, war gescheitert – an nachlässiger Vorbereitung und schwacher Führung. In der internationalen Finanzwelt hatte sich die Deutsche Bank gründlich blamiert. Bei der Deutschen Bank blieb dennoch alles beim Alten. In einem Brief an die Mitarbeiter dankte der Vorstand der Belegschaft der Bank für das große Engagement, das Sie alle während der vergangenen schwierigen Wochen gezeigt haben. (…) Wir werden unsere erfolgreiche Geschäftspolitik in allen Geschäftsfeldern konsequent weiter umsetzen und damit unsere Position im globalen Wettbewerb gezielt stärken. Der Vorstand mit Herrn Breuer als seinem Sprecher will die Dynamik dieses Erfolgs gemeinsam mit Ihnen bewahren und die Deutsche Bank zum führenden Finanzdienstleister der Welt weiterentwickeln. Dabei hat er die uneingeschränkte Unterstützung des Vorsitzenden des Aufsichtsrats. Unterzeichnet wurde dieses Schreiben von allen Vorstandsmitgliedern und dem Chef des Aufsichtsrats, Hilmar Köpper.

Konzernchef Breuer war zwar angeschlagen, wurde aber nicht verstoßen. Er blieb bis Mai 2002 in seinem Amt, danach übernahm er den Vorsitz im Aufsichtsrat.

Aufstieg zum Global Player – Deutsche Bank

Nachdem der Deutsche-Bank-Chef Breuer mit seinem erfolglosen Griff nach der Bayerischen Vereinsbank bereits die fatale Ehe der beiden Münchner Banken gestiftet hatte, sah er sich auf der anderen Seite des Atlantiks nach Partnern um.
Im November 1998 kündigte Breuer stolz die Übernahme des US-Investmenthauses Bankers Trust an. Der Preis: die Rekordsumme von 9,2 Milliarden Dollar. Damit legte die Frankfurter Bank 93 Dollar für jede ausstehende Aktie auf den Tisch. Die Börse honorierte den Abschluss der Übernahme im Juni 1999 mit leichten Kursgewinnen. Breuer hatte einen neuen Koloss geschmiedet. Das größte Finanzinstitut der Welt mit 95 847 Beschäftigten und einer Bilanzsumme von 840 Milliarden Euro. Unangenehm war allerdings, dass Bankers Trust eine Braut mit zweifelhaftem Ruf war. Riskante Deals mit hohen Verlusten hatten die Reputation der Investmentbank erheblich beschädigt. Zu Beginn der 1990er Jahre hatten die New Yorker Investmentbanker schwere Rückschläge im Handel mit Derivaten – einer Art hochkomplizierter Finanzwetten – hinnehmen müssen und 1997 mit hohen Risikopositionen für Aufregung an der Wallstreet gesorgt.

Breuer fand diese Angelegenheit offensichtlich unbedeutend. Hauptsache, die Deutsche Bank kann künftig auch in der Königsdisziplin des Geldgewerbes, im Investmentbanking, ganz oben mitspielen.

Es wird eine neue Deutsche Bank geben, verkündete er stolz auf der Welcome-Party für die neuen Mitarbeiter, die unter dem vielversprechenden Motto Let’s go global am 4. Juni 1999 in der Frankfurter Konzernzentrale mit Konfetti und Miller-Bier gefeiert wurde. Wir sind weltweit führend in allen wichtigen Bereichen der Finanzdienstleistungen. Breuer versprach bei diesem Anlass auch die fugenlose Integration der rund 20 000 Bankers- Trust-Mitarbeiter.

Das durften die Neuen aber nicht allzu wörtlich nehmen: Jeder Vierte von ihnen war nicht erwünscht: 5500 Arbeitsplätze in New York und London sollten gestrichen werden. Abteilungen, die riskante Geschäfte abgeschlossen hatten, wurden dichtgemacht. Der Name des 103 Jahre alten Instituts wurde gelöscht, nur die Bankers-Trust-Tochter Alex Brown, die bereits im Jahr 1800 gegründet worden war, durfte weiterleben als Vermögensverwalter für die Reichen und Superreichen.
Es gab weitere Wermutstropfen im Freudentaumel: Als in Frankfurt die Übernahmeparty gefeiert wurde, war immer noch ein Gerichtsverfahren gegen die alte Bankers-Trust-Führung anhängig. Das Management der Investmentbank stand in den USA wegen Bilanzfälschung unter Anklage. Namenlose Kundenkonten im Wert von 19 Millionen Dollar waren als Eigenkapital verbucht worden.

Die Strafe in Höhe von 60 Millionen Dollar, die den Managern ihrer neuen Tochter für dieses Vergehen auferlegt wurde, musste die Deutsche Bank zahlen. Trotzdem wurden die verantwörtlichen Führungskräfte mit hohen Summen im Unternehmen gehalten. Rund 335 Millionen € garantierten die Frankfurter den fünf Spitzenmanagern von Bankers Trust, wenn sie wenigstens noch fünf Jahre blieben. Doch der Topfinanzmanager, nach Bankers-Trust-Chef Frank Newman wichtigster Mann des Investmenthauses, schlug das Angebot aus, sich für 5 Jahre zu verpflichten, das ihm neben einem Jahreseinkommen von 4,5 Millionen Dollar einen Treuebonus von 9 Millionen Dollar beschert hätte. Newman wollte mehr, viel mehr.
Als Breuer sich im Juli 1999 wegen des Bilanzfälschungsskandals von dem bisherigen Bankers-Trust-Chef trennen wollte, kostete die Bank der Abschied von Newman dann letztendlich rund 100 Millionen Dollar.

Mit der Höhe dieser Abfindungssumme sorgte der Deutsche- Bank-Chef zumindest hierzulande für einen neuen Rekord und für böse Stimmung in Frankfurt. Kritik an seinem Vorgehen ließ Breuer jedoch nicht zu. Wer nicht für ihn war, war gegen ihn. Und mit Widersachern machte er kurzen Prozess.

Die Übernahme-Kritiker Michael Endres und Jürgen Krumnow mussten gehen: Endres wurde in den Ruhestand geschickt, Krumnows Vertrag nicht verlängert. Breuers Kommentar zu dem für die Deutsche Bank eher seltenen Vorgang: Auch für Vorstände gibt es keine Garantie für eine lebenslange Beschäftigung mehr.
Wer schwieg und blieb, wurde fürstlich entlohnt – vorausgesetzt, er saß in der richtigen Abteilung. Weil die Bank im ersten Halbjahr 1999 ein grandioses Ergebnis erwirtschaftet hatte, kassierten die Wertpapierhändler allein Boni von 935 Millionen Euro – das war fast die Hälfte des Handelsgewinns, der allerdings in diesem Zeitraum um knapp 80 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro gestiegen war.

Die Aktionäre der Deutschen Bank hingegen mochte Breuer
nicht so gerne: Wegen der Konsolidierung von Bankers Trust und dem Wachstum des Geschäfts sei der Verwaltungsaufwand von 10,1 Milliarden Euro 1998 um rund 55 Prozent gestiegen, erklärte die Deutsche Bank zum Ergebnis des Jahres 1999. Die Anteilseigner wurden mit einer nur auf 1,15 Euro je Aktie erhöhten Dividende abgespeist. 1998 hatte die Ausschüttung je Anteilsschein 1,12 Euro betragen.

Der Fall mit Dresdner Bank im Visier

Als sich Breuer im Februar 2000 mit dem Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Bernhard Walter, zu ersten Sondierungsgesprächen traf, war der Chef des größten europäischen Versicherungskonzerns eingeweiht. Das war kein besonderes Entgegenkommen, sondern eine Notwendigkeit – 21,7 Prozent an der Dresdner Bank gehörten der Allianz, ohne Zustimmung des Assekuranz-Chefs ging gar nichts. Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle billigte Breuers Plan nicht nur, er fand ihn richtig gut und wollte sich am gemeinsamen Filialnetz der beiden Banken beteiligen, um dort seine Versicherungspolicen zu verkaufen. Was auch Breuer gefiel, denn dadurch könnte auch die Rendite des Filialgeschäfts erheblich steigen.

Außerdem würde die Fusion mit der Dresdner Bank zu einer Bereinigung der Filiallandschaft fuhren, denn überall dort, wo sich Filialen der Dresdner Bank und der Deutschen Bank in enger Nachbarschaft Konkurrenz machten, könnte eine Filiale geschlossen werden. Auf diese Weise würde man 17000 Mitarbeiter einsparen. Außerdem wollte sich die Allianz an der Bank 24 beteiligen und der Deutschen Bank die Deutsche Herold Versicherung abnehmen, die erst 1992 gekauft worden war, als der Branchenerste im Geldgewerbe seine Zukunft noch im Allfinanzbereich gesehen hatte. Schulte-Noelle wollte der Allianz-Gruppe auch die Fondsgesellschaft DWS von der Deutschen Bank angliedern, die mit einem Anlagevermögen von 175 Milliarden € schon damals zu den größten Fondsgesellschaften in Deutschland gehörte. Breuer hatte nichts dagegen. Tatsächlich gab er eine Perle aus dem Bankportfolio einfach weg, ohne seine Vorstandskollegen zu informieren.

Breuer hatte sich seinen Plan längst schön gerechnet. Die Deutsche Bank würde endlich eine reine Investmentbank werden und den alten Ballast – Filialen und Massengeschäft – bei der Dresdner Bank abladen.
Am 27. Februar 2000 erfuhren auch die Vorstände der Deutschen Bank, dass Breuer den Kollegen von der Dresdner einen merger of equals vorgeschlagen hatte. Eine gnadenlose Übertreibung, wie jeder wusste, natürlich würde der Branchenerste den Branchenzweiten übernehmen.

Die Besitzverhältnisse an der neuen Gesellschaft hätten nach Ansicht von Investmentbankern anderer Institute auf 70:30 lauten müssen. Doch Breuer wollte seinen neuen, kleineren Partner nicht zu ärmlich aussehen lassen, und so wurde das Verhältnis auf 62:38 zugunsten der Dresdner Bank leicht angehoben. Im Aufsichtsrat der Deutschen Bank musste Breuer für seine barmherzige Geste später heftige Kritik einstecken.

Beim Namen des neuen Instituts ging Breuer jedoch keine Kompromisse ein: Auch das neue Unternehmen würde Deutsche Bank heißen, aber die Hausfarbe Blau gegen das Grün des Juniorpartners getauscht werden. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen, aber es legte sich auch kein Vorstand quer – man wusste ja, dass Widerspruch nicht geduldet wurde. Die in der Bank gebotene Einstimmigkeit bei Vorstandsentscheidungen wurde eingehalten.
Gerüchte über die bevorstehende Fusion waren allerdings längst durchgesickert. Die Mitarbeiter beider Banken bekamen Wind von der bevorstehenden Fusion. Sie waren aufs höchste beunruhigt, denn es war sicher, dass eine Folge des Deals ein Personalabbau in großem Stil sein würde. Sie rätselten frustriert, welche Filialen geschlossen, wie viele Arbeitsplätze gestrichen werden sollten und wie der Koloss geführt werden sollte.

Tonangebende Investmentbanker in der Deutschen Bank

Mit der Übernahme von Bankers Trust änderte sich allerdings auch für die Mitarbeiter der Deutschen Bank vieles. Plötzlich gaben die Investmentbanker den Ton an. Allen voran Breuer machte aus seiner Abneigung gegen das Traditionsgeschäft der Bank keinen Hehl mehr. Weder die Industriebeteiligungen, die die Bank seit Jahrzehnten zur Absicherung ihres Kreditgeschäfts mehr oder weniger erfolgreich verwaltet hatte, noch das Filialgeschäft mit den Kleinkunden oder das Firmenkundengeschäft mit den mittelständischen Unternehmern fanden Gnade vor den Augen des Bankchefs.

Wir haben an faulen Krediten mehr als an allen Marktturbulenzen zusammen verloren, rechnete Breuer seinen Mitarbeitern kühl vor und erklärte knapp, dass die Bank künftig an einer Ausweitung dieser Geschäfte nicht interessiert sei. Privatkunden mit Durchschnittseinkommen wurden bekanntlich zur Bank 24 abgeschoben – rund 900 Millionen Euro ließ sich Breuer diesen Transfer kosten, den sein Nachfolger Josef Ackermann wieder rückgängig machen musste – für weitere 1,1 Milliarden Euro, so die Branchenschätzung.

Der klassische Deutsche-Bank-Berater wurde zum Laufburschen degradiert, der die Kunden an die jeweiligen Spezialisten weiterreichen musste: Privatkunden waren dem Aktienhändler zuzuführen, Jungunternehmer den Expertenteams für Börsengänge (IPOs) und die Mittelständler den Spezialisten für Unternehmensverkäufe und Fusionen.

Damit die Mitarbeiter diese Botengänge auch brav erfüllten, wurde ein ausgeklügeltes Belohnungssystem eingeführt. Für jede erfolgreiche Vermittlung wurde dem Kundenberater ein gewisser Prozentsatz der daraus resultierenden Leistung, die dann die Spezialisten erbringen mussten, gutgeschrieben – rein virtuell natürlich. Die Schattenbuchhaltung sollte vor allem dokumentieren, ob die Mitarbeiter bei der Reorganisation mitzogen oder sie blockierten.
Die Kulturrevolution war nur Teil eines größeren Plans, den sich Breuer ausgedacht hatte. Schließlich musste er das ungeliebte Massenkundengeschäft und das kostenintensive Filialnetz der Bank irgendwie loswerden. Deshalb strebte Breuer eine Fusion mit dem Rivalen und Branchenzweiten, – der Dresdner Bank, an. Und er hatte aus seiner Panne mit der Bayerischen Vereinsbank gelernt.

Rüde Umgangsformen der Fall HypoVereinsbank

Die Methoden, derer sich die Führungskräfte der alten HypoVereinsbank bedienten, um Mitarbeiter und Kollegen zum Ausscheiden zu bewegen, waren auch vor der Übernahme durch die Italiener nicht gerade fein gewesen und entsprachen schon gar nicht dem sozialen und verantwortungsbewussten Image, das die Bank so sorgfältig in zahllosen Broschüren pflegte.

Im Alltag sah die Personalpolitik ganz anders aus. Mitarbeiterinnen in der Verwaltung oder aus der Schalterhalle, die den Kontakt zu den ganz normalen Kunden, den Durchschnittsverdienern, pflegten, wurden auf besonders perfide Weise vor die Tür befördert: Sollten sie etwa schwanger werden und sich für das Kind und ein Babyjahr entscheiden, wurde ihnen ganz fürsorglich nahegelegt, künftig vor allem für ihren Nachwuchs zu sorgen und sich nicht etwa zwischen Kind und Karriere oder auch nur dem Job aufzureiben. Den Weg ins Mutterglück würde ihnen die Bank selbstverständlich finanziell ebnen: durch die großzügige Zahlung einer Abfindung. In der Regel waren das zwei Monatsgehälter – der Preis einer Schrankwand, wie die Schlauberger unter den Bankern schnell ausgerechnet hatten.

Um eine gewisse Abschiedsstimmung zu erzeugen, hatte die Führung der Bank ein spezielles Computerprogramm entwickeln lassen und ins bankinterne Intranet gestellt. Mit Hilfe dieser Software konnte jeder Mitarbeiter seine Daten eingeben und sich die Abfindung ausrechnen lassen. Wer aber zu flink war und die falsche Taste drückte, hatte seinen Probelauf schon per E-Mail an die Personalabteilung geschickt. Und die war berechtigt, dieses Angebot anzunehmen. Das wurde dem Nutzer allerdings eher im Kleingedruckten auf der Seite mitgeteilt.

In der mittleren Führungsebene wurde mit härteren Bandagen gekämpft. Es kam zu Versetzungen in Abteilungen, die für schlechte Stimmung oder besonders langweilige Aufgaben bekannt waren. Zynische Sprüche und plumpe Anmache sollten vor allem älteren Mitarbeitern die Arbeit in der Bank vermiesen. Und natürlich wurden in vielen Fällen auch die Schreibtische durchforstet, Telefonlisten kontrolliert und Spendenabrechnungen überprüft. Oft nahm man Vorgänge und Aufgaben, die ein Mitarbeiter unter seiner Obhut gehabt hatte, noch einmal unter die Lupe. Solche Prüfungen fanden gerne statt, wenn der Betreffende im Urlaub weilte.
Wer arglos nach seinen Ferien an seinen Schreibtisch zurückkehrte, mochte sich vielleicht noch über eine seltsame Leere in seinem Zimmer wundern, bevor er zum Verhör zitiert wurde, bei dem der Chef den Oberermittler gab, wie ein Mitarbeiter berichtete. Schonungslos wurde er mit seinen vermeintlichen Fehlern und Versäumnissen konfrontiert, ihm sogar unterstellt, dass er sich an der Bank bereichern wollte. Was immer sich aus den zehn Jahren seiner Betriebszugehörigkeit gegen ihn verwenden ließ, war in seiner Abwesenheit zusammengetragen worden. Auch solche Entscheidungen wie den Kreditantrag eines Mitarbeiters der Abteilung, den nicht er, sondern sein Chef unterschrieben hatte, wurden nun ausschließlich ihm zur Last gelegt.

Der Mitarbeiter entschied sich, diese Verleumdungen und Attacken nicht klaglos hinzunehmen. Der Vergleich, der nach mehreren Anläufen in letzter Minute vor dem entscheidenden Termin beim Arbeitsgericht Hamburg geschlossen wurde, brachte ihm immerhin eine Abfindung in der Höhe einer veritablen Ober- klasse-Limousine.
Und das war keineswegs der einzige Fall, Anwälte und Arbeitsrechtler profitierten durchaus in den vergangenen Jahren von der Personalpolitik der Hypo Vereinsbank.
Manchem der schnöde vor die Tür Beförderten hat es sicher eine gewisse Genugtuung beschert, dass auch Vorstände die Segel streichen mussten oder freiwillig in vorauseilendem Gehorsam das Handtuch warfen, wie Die Welt berichtete.
Noch bevor der Kauf der Großbank durch den italienischen Konkurrenten in trockenen Tüchern war, verabschiedeten sich im Herbst 2005 zwei Konzernvorstände: Stefan Jentzsch, Vorstand des Kapitalmarktgeschäfts, und Christine Licci, die erst Anfang 2005 angeheuerte. Chefin für das Privatkundengeschäft, gingen auf eigenen Wunsch. Jentzsch, der Investmentbanker, der früher für die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs gearbeitet hatte, zog es zur Dresdner Bank. Licci, der wohl bei ihrem Antritt der Chefsessel der HVB in Aussicht gestellt worden war, kam mit dem schweigsamen Unicredito-Chef Alessandro Profumo nicht zurecht. So wollte Licci den Vertrieb der Bank über mehrere Kanäle wie Filialen, Internet und mobilenVertrieb in Schwung bringen. Profumo dagegen wollte eher Personal abbauen in diesem Bereich.

Firmenkunden- und Immobilien-Vorstand Johann Berger, der im Sinne der Bank die hochdefizitäre Immobiliensparte mit ihren zahllosen faulen Hypothekenkrediten in Höhe von 15 Milliarden Euro sanierte, in dem er viele dieser Darlehen an Heuschrecken verkaufte, ging 2006. Eher aus gekränkter Eitelkeit: HVB-Chef Dieter Rampl hatte ihn nicht in seine Pläne mit der Unicredito eingeweiht. Rampl soll ihm sogar versprochen haben, sich für seine Beförderung zum Firmenkunden- und Immobilienvorstand auf Konzernebene einzusetzen. Doch daraus wurde nichts. Unangenehmerweise hatte Konzernchef Profumo für das Firmenkundengeschäft bereits einen Italiener ernannt. Berger zog die Konsequenzen und ging.

Gut ein Dutzend Führungskräfte wählte diesen schnellen Ausweg – nicht immer freiwillig. Der Einzige, der wirklich persönlich von der Fusion profitierte, war der HVB-Chef. Er sicherte sich ein prestigeträchtiges, einträgliches Plätzchen: Dieter Rampl zog als Präsident des Verwaltungsrates der UniCredit Group nach Italien.
Sein Nachfolger in München wurde Wolfgang Sprißler, der vor seiner Beförderung Finanzvorstand des Münchener Geldhauses war. Bei den Mitarbeitern löste diese Entscheidung einige Überraschung und Verwunderung aus. Bisher hatte Sprißler wenig Erfahrungen vorzuweisen, die ihn für diesen Posten qualifizierten: Er habe vom operativen Geschäft keine Ahnung, befanden die ohnehin frustrierten und verunsicherten Mitarbeiter, und stehe außerdem kurz vor dem Ruhestand, wie das Manager Magazin zu berichten wusste. Kein Mann für einen neuen Anfang also.

Ausgepresst – der Fall HypoVereinsbank

Den neuen Herren ging es bei allen Personalentscheidungen um den schnellen Abschluss der Übernahme. Für die totale Inbesitznahme fehlten ihnen gerade noch fünf Prozent.

Im Januar 2007 verkündeten sie, dass sie mit den hartnäckigen Kleinaktionären kurzen Prozess machen wollten. Squeeze-out heißt diese unfeine Methode zur Abschiebung von Kleinaktionären. Ihnen wird ein Angebot gemacht, dass sie nicht ablehnen können, weil der Großaktionär mit 95 Prozent der Stimmen das Sagen hat.
Freilich, kampflos gaben die Widerspenstigen, zu denen auch Hedgefonds gehörten, nicht auf. Die letzten freien Aktionäre bescherten dem neuen Finanzgiganten eine Imagedelle und eine äußerst turbulente Hauptversammlung, die zwei Tage dauerte. Der Höhepunkt des Protestes war zweifellos der Auftritt eines Aktionärs, der das Podium stürmen wollte, auf dem der Aufsichtsrat Platz genommen hatte. Ordner drängten ihn ab. Er ließ sich auf den Boden fallen und musste schließlich im Rollstuhl abtransportiert werden.

Geholfen hat selbst diese bühnenreife Performance den Kleinaktionären nichts, sie wurden mit einem mageren Abfindungsangebot von 38,26 Euro pro Aktie abgespeist. Der Preis der Aktien bemesse sich an dem Geld, das die Unicredito der HVB gegeben hatte für die Übernahme der Perle im Konzern, der Bank Austria, beteuerte der HVB-Chef Sprißler und wies auf ein Wertgutachten hin. 13 Milliarden Euro hatte die HVB dafür erhalten. Völlig korrekt, behauptete Sprißler.

Viel zu wenig, meinten sogar die Richter am Landgericht München, die über eine Anfechtungsklage der Hedgefonds zu befinden hatten. Ein Nachschlag an die HVB in Höhe von vier bis fünf Milliarden wäre angemessen, erklärte das nicht gerade für seine Bankenfeindlichkeit bekannte Gericht. Damit wären 60 Euro pro Aktie fällig geworden.

Doch das blieb ein Wunschtraum. Profumo, der sich die Auseinandersetzungen zwei Tage lang schweigend angehört hatte, gab nicht nach, da mochten die Aktionäre noch so zetern.
Die Manager der Hedgefonds drohen mit weiteren Klagen. Doch das Ende der Hypo Vereinsbank, die so viele Anleger und Immobilienkäufer ins Unglück gestürzt hatte, ist besiegelt. Die 130. Hauptversammlung war die letzte. Im Herbst wird der Name der Bank von den Kurszetteln der Börsen verschwinden. Basta.

Das Wertpapierangebot von Aktien bis Zertifikate

Die Investitionsmöglichkeiten sind in den letzten Jahren dank neuer Finanzprodukte für den Anleger immer vielfältiger geworden. Trotzdem gehören die Deutschen insgesamt immer noch zu den eher konservativen Anlegern, die sich gern an sogenannte sichere Produkte halten, also Sparbriefe, Renten etc. Der Börsencrash und der Zusammenbruch des Neuen Marktes Anfang des neuen Jahrtausends haben dazu entscheidend beigetragen. Der Hype um den Neuen Markt hatte viele Börsenneulinge zu Spekulationen und zur Investition in junge überbewertete Unternehmen verleitet. In der Folge verloren viele davon einen großen Teil ihres Kapitals und zogen sich enttäuscht vom Aktienmarkt insgesamt zurück. Doch Aktien sind langfristig betrachtet nach wie vor eine der renditestärksten Geldanlagen. Wie sehr der Aktionär von einem Börsencrash betroffen ist, hängt zunächst einmal von seiner Anlagestrategie und im Weiteren von seinen Nerven ab.

Exkurs: Börse und Psychologie
Mit Aktien erwirbt man Anteile an einem Unternehmen. Das heißt, der Wert einer Aktie hängt eigentlich von der Stärke oder Schwäche des Unternehmens ab, das dahintersteht. Aber so einfach ist es nicht. Setzt sich an den Börsen erst einmal Hysterie durch (positive wie negative), bilden die Kurse oft nicht mehr den tatsächlichen Wert eines Unternehmens ab. Ein gutes Beispiel war im März 2000 die Aktie der Siemenstochter Infineon. Sie war beim Börsengang 33- fach überzeichnet. Jeder wollte sie haben. Ein Kursanstieg am ersten Handelstag bis auf 100 Euro wurde prognostiziert. Tatsächlich lag der Kurs dann bei 70,20 Euro. Immer noch viel zu viel, wenn man sich die tatsächliche Performance des Unternehmens anschaute. Siemens hatte in den Jahren zuvor mit Infineon ziemlich viel Geld verloren. 1998 hatte das Unternehmen noch rote Zahlen geschrieben. Als Infineon an di* Börse ging, waren die Hightech-Aktien bereits auf dem absteigenden Ast. Doch die Anleger wollten die Warnungen der Börsenexperten nicht hören.
Außerdem wird die Börse von vielen anderen Faktoren beeinflusst – von Dingen, die mit den Unternehmen eigentlich gar nichts zu tun haben; von tatsächlichen Ereignissen wie der Hypothekenkrise der US-Banken in den Jahren 2007/2008, die etliche deutsche Banken mit in ihren Strudel riss; von Ereignissen, die möglicherweise in der Zukunft eintreten könnten und vor denen die Marktteilnehmer Angst haben – wie beispielsweise eine Rezession in den USA oder hohe Tarifabschlüsse in Deutschland.
Börse funktioniert nicht logisch und rational, sondern hat viel mit Psychologie, mit Hysterie, Angst und Euphorie zu tun. Gerade Privatanleger verhalten sich zudem oft wie die Lemminge und rennen denen hinterher, die auch nicht mehr wissen.

Aktien sind eine langfristige Anlage
Das ist der Satz, den Sie sich unbedingt merken sollten, wenn Sie in Aktien investieren möchten. Den DAX gibt es seit 1988. Wenn man eine Investition in die DAX-Werte von damals bis heute betrachtet, ergibt sich eine jährliche durchschnittliche Rendite von 9,96 Prozent, was eine beachtliche Zahl ist. Geht man bis 1950 zurück und nimmt die Unternehmen, die es 1988 in den DAX schafften, sind es sogar 11,27 Prozent.

Investieren Sie antizyklisch
Das ist der zweite Glaubenssatz und gilt für alles, was Sie an der Börse kaufen können. Konkret: Kaufen Sie, wenn die Kurse niedrig sind, verkaufen Sie, wenn die Kurse hoch stehen. Und halten Sie Ihre Gier im Zaum. Manchmal ist es besser, nicht zum Höchstkurs zu verkaufen, aber dafür nicht Gefahr zu laufen, dass die Kurse plötzlich nachgeben und man weniger hat oder gar nichts.

Aktie ist nicht gleich Aktie
Aktien sind so unterschiedlich wie die Unternehmen, die dahinterstehen. Deshalb gibt es bei Aktien solche, die volatiler (also schwankungsfreudiger) sind als andere. Und hochspekulative Papiere sind natürlich ebenfalls im Angebot. Aber: Es gibt keine Aktie, die man als absolut sicher bezeichnen könnte. Eine Garantie dafür, dass sich der Wert einer Aktie positiv entwickelt, gibt es niemals, ebenso wenig wie die Garantie für eine gleichbleibende oder gar eine hohe Dividende. Selbst wenn sich eine Aktie jahrelang im Aufwind befindet, wie Beispiel die Aktie der Porsche AG, kann sich der Trend aufgrund neuer Entwicklungen ändern. Sem beispielsweise die EU ambitionierte Ziele im Klimaschutz und bittet dafür die Autobauer, zur Kasse kann es durchaus sein, dass die Gewinne – und damit aller Wahrscheinlichkeit nach der Wert der Aktie – schrumpfen Es ist dann von der Innovationsfähigkeit der Autobauer abhängig, ob sie dem etwas entgegenzusetzen haben, sei es durch technische Innovationen oder indem sie ihre Kunden davon Überzeugen, einen höheren Preis zu bezahlen – oder beides. Das heißt: Egal, wie g„, Sie die Aussichten eines Unternehmens bzw. seiner Aktie vor dem Kauf durchleuchten, so können doch immer Entwicklungen ein beten, die diese Berechnungen und Überlegungen zu Schall und Rauch wer- den lassen.
Sollte sich eine Aktie wirklich entgegen allen Erwartungen sehr schlecht entwickeln, haben Sie zwei Möglichkeiten: halten oder verkaufen. Bei dieser Entscheidung können Ihnen die Bewertungen der Analysten nur bedingt helfen, denn die letzte Entscheidung liegt bei ihnen ganz allem. Ist das Unternehmen gesund und gilt es als entwicklungsfähig, sollten Sie die Aktie halten, denn wie wir wissen: Aktien sind eine langfristige Anlage, Andererseits hat es keinen Sinn eine Aktie, die ins Trudeln gerät, ewig zu halten. Irgendwann ist de, Zeitpunkt verpasst, an dem Sie mit einem „blauen Auge“, also verschmerzbaren Verlusten, herauskommen. In diesem Fall erweisen sich die sogenannten „Stopps“ als probat, die übrigens auch gegen zu viel Gier helfen. Das heißt, Sie sollten sich einen Kurs setzen, bis zu dem Sie die Aktie halten. Wen» der Kurs unter die Marke X sink, verkaufen Sie. Das können Sie auch für den Verkauf von Aktien mi, stark steigendem Kurs machen. Sobald der Kurs, den Sie festgesetzt haben, erreicht ist, verkaufen Sie. Damit fahren Sie möglicherweise etwas weniger als den optimalen Gewinn ein, aber immerhin noch ausreichend. Keine leichte Übung, die nur gelingen kann, wenn Sie das Börsengeschehen und Ihre speziellen Werte genau und permanent beobachten.

Blue Chips, ein relativ sicheres Geschäft
Als Blue Chips bezeichnet man die Aktien der großen, global orientierten börsennotierten Unternehmen, wie sie zum Beispiel im DAX zu finden sind, also Firmen wie Daimler, Allianz, Deutsche Bank, BMW, Henkel, Lufthansa etc. Sie zeichnen sich aus durch hohe Umsätze, hohes Grundkapital, einen hohen Aktienanteil im Streubesitz und sind von überregionaler bzw. internationaler Bedeutung.
Man geht davon aus, dass die Entwicklung dieser Werte recht stabil ist. Die Kursschwankungen sind nicht so stark wie zum Beispiel bei Wachstumswerten. Das zeigt sich daran, dass der DAX im Schnitt pro Tag weniger als 2 Prozent nach oben oder unten schwankt. Blue Chips werden mitunter verächtlich als träge bezeichnet. Das stimmt insofern, als man normalerweise keine großen Kurssprünge erwarten kann. Für Spekulanten sind sie also ziemlich uninteressant. Sie sind ideal, um sie über Jahrzehnte im Portfolio zu halten. Hinter Blue Chips stehen reale Werte und Gewinne. Man kann sie ins Depot legen und abwarten – ganz im Sinne von André Kostolany. Allerdings sollte der Anleger auch bei der Auswahl von Blue Chips darauf achten, nur Aktien von Unternehmen zu kaufen, die zukunftsfähig sind, deren Produkte und Märkte das Potenzial zur Weiterentwicklung haben und auch in zehn Jahren noch benötigt werden. Schauen Sie sich an, ob das Unternehmen dazu in der Lage ist. Ist es innovativ und flexibel, in seiner Branche führend, welche zukunftsweisenden Maßnahmen wurden in den letzten Jahren getroffen und waren sie erfolgreich?
In allen Ländern gibt es solche Blue Chips und die entsprechenden Indizes. In den USA ist es der Dow Jones, in Großbritannien der FTSE 100, in Frankreich der CAC 40, in Japan der Nikkei. Der Euro Stoxx 50 umfasst Aktien aus den Staaten der Eurozone wie zum Beispiel Axa, BNP Parisbas, Fortis, Nokio, Repsol, Telecom Italia etc., für Aktien weltweit steht der MSCI (Morgan Stanley Capital Index).

Praxistipp:
Nach den Blue Chips kommen die Mid Caps (Middle Capitalized Companies), in Deutschland zusammengefasst im M-DAX mit 100 Unternehmen, die sozusagen den DAX-Werten nachfolgen. Diese Aktiengesellschaften können ebenso solide sein wie die DAX-Werte, sind aber in der Regel kleiner und haben eine geringere Kapitalisierung. Der Handel ist nicht ganz so schwungvoll und die Werte unterliegen deshalb etwas höheren Kursschwankungen. Zum M-DAX gehören zum Beispiel Arcandor, Bilfinger Berger, Boss, EADS, Fraport, Gildemeister, Hochtief, Praktiker, Salzgitter etc. Vorteil: Viele dieser Unternehmen sind durchaus innovativ. Darüber hinaus ist ihre Struktur wesentlich besser zu durchschauen als die großer Konzerne. Das macht die Bewertung einfacher, auch für die Analysten.

Nebenwerte – das Salz in der Suppe
Als Nebenwerte werden kleinere Unternehmen mit einem geringen Aktienumsatz bezeichnet. Dividenden zahlen sie nur selten, da sie sich meist noch im Wachstum befinden und Gewinne in die Weiterentwicklung ihrer Geschäftsfelder stecken müssen. Manche Leute bezeichnen sie als „Hoffnungswerte . Damit soll ausgedrückt werden, dass hinter diesen Unternehmen noch kein tatsächlicher Wert steht – mitunter schreiben sie nicht einmal schwarze Zahlen -, sondern eher die Hoffnung, dass einmal etwas richtig Gutes aus ihnen wird. Sie sind wegen ihrer stark schwankenden Kurse für Spekulanten interessant. Typische Beispiele waren früher die im NEMAX gelisteten Werte des ehemaligen Neuen Marktes – vielfach Internetfirmen, die extrem hoch bewertet wurden, aber außer roten Zahlen und der Hoffnung auf den großen Durchbruch nicht viel vorzuweisen hatten. Viele verschwanden sang- und klanglos von der Bildfläche und der Börse.
Man kann durchaus auch als Nicht-Zocker in Nebenwerte investieren, dann ist es aber umso wichtiger, sich die Firmen und ihr Geschäftsfeld genau anzuschauen. Verlässliche Informationen, Markt- und Branchenkenntnisse sind unerlässlich. Selbst wenn ein Unternehmen im Tec-DAX oder im S-DAX gelistet ist, bedeutet das noch lange nicht, dass man investieren sollte. Gerade im Tec-DAX, der eigentlich als Nachfolger des NEMAX gilt, ist eine genaue Analyse der Unternehmen enorm wichtig, denn in diesem Segment sind 30 der 35 größten Technologiewerte gelistet, und zwar in Bezug auf Marktkapitalisierung und Orderbuchumsatz. Unter ihnen ADVA, BB Biotech, Carl Zeiss Meditec, freenet, Pfeiffer Vacuum, Qiagen, Solon, Versatel.
Der Name SDAX leitet sich ab von „Small Caps“. In ihm sind 100 börsennotierte Unternehmen gelistet, allerdings im Gegensatz zum Tec-DAX eher aus traditionellen Branchen. Das macht die Beurteilung vielleicht etwas einfacher. Zum SDAX gehören unter anderen Air Berlin, Comdirect Bank, Duerr, Fielmann, Gerry Weber, Sixt und Wacker.
Die Zusammensetzung beider Indizes wird regelmäßig überprüft.

Wertpapierdepots bei Direktbanken einlegen und Angebote

Beim Wertpapierdepot kann der Anleger jede Menge Kosten sparen. Viele Direktbanken oder Direktbroker bieten Wertpapierdepots ohne Grundgebühr an. Bei einem Depotvolumen von 10.000 Euro, zehn Depotposten, Onlinehandel, fünf Orders jährlich bei einem durchschnittlichen Ordervolumen von 2000 Euro ergaben sich in einer Berechnung auf der Internetseite finanztip*de Anfang 2008 folgende Kosten: Während die Depotkosten bei den Direktbanken bei null lagen, brachte es zum Beispiel das db Pri- vatDepot Comfort der Deutschen Bank auf SO Euro. Doch das ist noch nicht alles, was Sie an Kosten bedenken müssen. Hinzu kommen die Ordergebühren. In unserer Musterrechnung waren das bei der ING-DiBa 49,50 Euro, bei CortalConsors 74,50 Euro und bei der Deutschen Bank 100 Euro. Doch es geht noch teurer. Beim HVB Standard der HypoVereinsbank AG betrug die Grundgebühr zwar nur 18,40 Euro, dafür schlugen die Orderkosten mit 155,11 Euro zu Buche.

Das ideale Depot
… gibt es nicht. Wie ein Depot aussieht, richtet sich nach den subjektiven Bedürfnissen und Wünschen des Anlegers. Dabei spielt das verfügbare Geld ebenso eine Rolle wie das persönliche Risikoprofil. Allerdings gibt es einige Grundregeln. Die wichtigste davon ist die

breite Streuung Ihres Vermögens. Investieren Sie niemals in nur eine Anlageform und innerhalb dieser Anlageform niemals nur in einen Wert. Das heißt, ein ausgewogenes Depot sollte sowohl sichere als auch etwas risikoreichere Anlagen umfassen. Wenn Sie 30 Prozent Ihres Geldes in Aktien anlegen, sollten Sie dabei wiederum nicht nur auf eine Aktie setzen, sondern auf mehrere, möglichst aus unterschiedlichen Branchen und Regionen (also zum Beispiel nicht allein auf deutsche Papiere vertrauen). Außerdem sollten Sie immer einen Teil Ihres Geldes so anlegen, dass Sie ohne Verluste jederzeit darauf zugreifen können. Man weiß nie, was kommt.

Vermögensaufbaustrategie
Wenn Sie sich Gedanken über Ihre ideale Geldanlage machen, sollten Sie nicht nur das in Betracht ziehen, was ist, sondern auch das, was sein wird. Vermögensaufbau bedeutet nicht nur die Anlage vorhandenen Kapitals, sondern sollte die Zukunft einbeziehen. Stellen Sie sich folgende Fragen:
•Welches sind meine Lebensziele?
•Wie hoch ist meine Risikobereitschaft?
•In welchem Zeithorizont bewege ich mich mit meiner Anlage?
•Welche Renditeerwartung habe ich?
•Welche Verpflichtungen sollte ich bedenken?
•Wie sieht mein Liquiditätsbedarf aus?
•Welche Struktur hat mein Vermögen momentan?
•Stimmt die derzeitige Struktur mit meinen aktuellen Zielen überein?

Aus den Antworten auf diese Fragen ergibt sich, wie Ihr persönliches Depot aussehen sollte. Das Depot, das ein 30-Jähriger anlegt, sieht mit Sicherheit anders aus als das eines 50-Jährigen. Das liegt daran, dass ein jüngerer Mensch in der Regel kurzfristigere Ziele (Urlaub, Haus, Auto) in den Mittelpunkt seiner Wünsche stellt und an einem schnelleren (aber auch risikoreicheren) Vermögensaufbau interessiert ist, während der ältere Anleger bereits im Hinblick auf den Ruhestand an den Erhalt seines erworbenen Vermögens denkt, also sicherheitsbewusster handeln wird. Im Laufe des Lebens ändert sich deshalb die Zusammensetzung eines Depots in mehreren Schritten.
Unsere Grafik zeigt Ihnen, wie ein durchschnittliches Depot aussehen könnte. Es handelt sich um ein konservatives Depot mit einem Anlagehorizont von 20 Jahren. Ein spekulativ orientierter Anleger würde mehr als 50 Prozent in Aktien anlegen, möglicherweise auch mehr in alternativen Investments. Damit sind Währungen, Rohstoffe und Hedgefonds gemeint. Sie können dazu dienen, das Portfolio durch Risikostreuung zu stabilisieren und Renditechancen auszubauen. Auch Immobilien – offene und geschlossene Fonds oder Eigentum – sind zur Risikodiversifikation geeignet, Gleiches gilt für Gold.

Konservatives Wertpapierdepot

Wertpapierdepots bei Direktbanken einlegen und Angebote 5