Börsen handeln leider die Zukunft

Auch wenn Kurse auf aktuelle Meldungen schnell reagieren und allgemein sehr stark schwanken können, wird jedoch nicht die Gegenwart gehandelt, sondern die Zukunft. Nur so ist zu erklären, dass es unterschiedliche Einschätzungen über den wahren Wert eines Wertpapiers geben muss, um zu einem Handel zu kommen. Wenn ein Unternehmen mitteilt, es habe im letzten Quartal 20 Prozent mehr Gewinn gemacht, dann muss das nicht zu einem Kursanstieg der Aktie führen, es kann sogar das Gegenteil passieren. Dies wird oft mit einer gewissen Verwunderung kommentiert. Worauf die Anleger aber achten, sind die Prognosen für die Zukunft. Teilt das Unternehmen nämlich mit, im nächsten Jahr werde das Geschäft schwieriger werden, stürzt die Aktie ab.

Umgekehrt kann auch ein schlechtes Ergebnis zu einem wahren Käuferansturm führen, wenn die Prognose hoffnungsfroh stimmt. Die Käufer wollen immer wissen: Wie gut sind die Aussichten, die Aktie später zu einem höheren Preis verkaufen zu können? Von der Aktie im Depot haben sie ja nichts. Dass sie einmal x Euro gekostet hat, hilft gar nichts, außer für die Statistik. Dass sie heute für y Euro gehandelt wird, ist auch ganz nett zu wissen. Einen realen Wert erhält sie aber erst, wenn sie wieder verkauft werden kann. Und dann muss der nächste Käufer genauso hoffnungsfroh sein wie der erste zuvor.

Viele Anleger machen daher den Fehler, auf die Gegenwart zu schauen, sich in die Zahlen aus dem letzten Geschäftsbericht zu vertiefen. Steht das Unternehmen schlecht da, machen sie einen großen Bogen darum. Stattdessen reagieren sie auf Erfolgsmeldungen und wollen einsteigen, wenn alle es wollen und die Öffentlichkeit darüber spricht. Nur: Von wem kaufen sie dann die Aktien? Von Anlegern, die keine Zeitung lesen? Nein, von Investoren. Diese hatten nämlich schon vor Monaten oder gar jahren zugeschlagen, als sich niemand um das Unternehmen kümmerte, und verkaufen jetzt, da es im Rampenlicht steht.

Nur weil solche Prognosen schwierig und unsicher sind, ist es möglich, zu investieren und ganz gemächlich ein gutes Geschäft zu machen. Sonst könnte man monatelang (oder noch länger) auf seiner Aktie sitzen bleiben wie manch Händler mit seiner Ware, die niemandem gefällt.

Das Zukunftsprinzip ermöglicht auch recht hohe Bewertungen (in Kurs-Gewinn-Verhältnis oder Ähnlichem gerechnet), wenn die Aussichten stimmen. So gibt es auch in einigen Schwellenländern Aktien, die genauso teuer oder sogar noch teurer sind als vergleichbare aus Europa und Amerika. Berücksichtigt man noch diverse Unsicherheitsfaktoren (Gesetzgebung, Politik), die sonst zu Abschlägen führen, dann erscheinen sie schlichtweg zu teuer. So konnte man zum Beispiel in den Jahren 2005 und 2006 in Ländern wie Tschechien oder Indien Preisniveaus finden, die in der Europäischen Union als unangemessen betrachtet würden. Was zählte, waren aber die Aussichten für die Wirtschaftsentwicklung, das heißt, man kaufte nicht den Wert von heute, sondern den in ein, zwei oder noch mehr Jahren.

Inventur der Finanzen — Was habe ich zu tun

Es mag natürlich sein, dass Sie gerade erst anfangen, sich mit dem Vermögensaufbau zu beschäftigen. In den meisten Fällen dürften jedoch schon einige Bausteine vorhanden sein. Für die individuelle Planung heißt das, diese Bestände zu berücksichtigen und für eine vernünftige Verteilung des Vermögens auf unterschiedliche Komponenten zu sorgen. Wer beispielsweise schon gut über gesetzliche und private Rentenversicherungen abgesichert ist, kann höhere Risiken und damit Kurschancen eingehen als jemand, der am Anfang des Berufslebens steht und noch gar keine Grundlage geschaffen hat.

Bei Angestellten und manchen Selbstständigen sind die Ansprüche aus der gesetzlichen Altersversorgung der Dreh- und Angelpunkt. Realistischerweise muss man leider sagen, dass eine eindeutige Einschätzung der Rentenhöhe heutzutage nicht mehr möglich ist. Was sicher ist: Sie wird geringer ausfallen als angenommen. Die unterschiedlichsten Aspekte, die hier eine Rolle spielen, können in dieser Webseite für Finanzen schon aus Platzgründen nicht erörtert werden. Vor allem Arbeitnehmer, die noch Jahrzehnte einzahlen müssen, können sich allenfalls auf so etwas wie das Sozialhilfeniveau verlassen, allerdings auch davon abhängig, wie lange eingezahlt werden darf.

Welche Rendite die Einzahlungen in die gesetzliche Rentenkasse bringen, ist umstritten. Es gibt nämlich unterschiedliche Methoden, sie zu berechnen. Je nachdem, welches Verfahren man ansetzt, kommt man zu unterschiedlichen Ergebnissen – natürlich immer im Sinne der eigenen Interessen, so man sie in diesem Bereich hat. Das Handelsblatt stellte in seiner Ausgabe vom 28.7.2006 drei Rechnungen gegenüber (vgl. Doemens 2006): Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) als gesetzlicher Träger kommt zu anderen Ergebnissen als das Institut für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG), das von Finanzdienstleistern unterstützt wird, oder die Stiftung Warentest.

Dabei unterstellen alle Institutionen, dass nur 80 Prozent der Beiträge für die Rente verwendet wird, der Rest wird für Erwerbsminderungsrenten und Hinterbliebenenschutz aufgewendet. Unterschiede ergeben sich bei der Behandlung des Staatszuschusses. Die DRV bezieht ihn nicht ein, was die Rendite der Beiträge erhöht. Zudem weichen die Annahmen über die wirtschaftliche Entwicklung ab. Alle Werte sind nominal, das heißt die Inflation muss noch abgezogen werden. Insgesamt wird aus verfassungsrechtlichen Gründen damit gerechnet, dass immer mindestens die gezahlten Beiträge ausgezahlt werden, die reale Rendite bewegt sich aber für die Jüngeren gegen Null. Das IWG prognostiziert für die jüngeren Männer real noch 0,3 Prozent Rendite.

Prognostizierte Rendite der gesetzlichen Rentenversicherung

Angaben in % pro Jahr       DRV         Stiftung          Warentest      IWG

Geburtsjahr 1940

Männer                                  3,5                  3,5                  3,5

Frauen                                   4,1                 4,0                 4,4

Geburtsjahr 1955 (IWG 1960)

Männer                                  2,8                  2,0                  2,1

Frauen                                  3,4                  2,6                 2,9

Geburtsjahr 1965 (IWG 1970)

Männer                                  2,8                  1,7                  1,8

Frauen                                   3,4                 2,2                 2,6

Für Ihre private Finanzplanung spielen daher nur solche Ansprüche eine Rolle, die einigermaßen realistisch planbar sind. Auch hier gilt die Beobachtung, dass nur wenige Haushalte einen umfassenden Überblick über ihre (möglichen) Ansprüche gegenüber Versicherungen, den Bestand an Spareinlagen und Depotstände haben. Manchen ist das alles zu kompliziert, andere wollen vor Kursverlusten die Augen verschließen. Beides sollte nicht (mehr) als Argument herhalten, nicht regelmäßig ein Auge darauf zu haben.

Viele Anleger haben im Zuge der Kurseinbrüche an den Börsen 2000-2003 viel Geld verloren und versucht, dieser Erkenntnis durch Nichtbeachtung des Depotauszugs zu entgehen. Damit haben sie aber oft die Chance verpasst, an den Kurssteigerungen seit 2003 zu partizipieren. So wurden die alten Aktien im Depot gelassen, obwohl der Markt ganz andere Branchen favorisierte. Durch Umschichtung, vor allem weg aus Technologie und Telekommunikation, hätte sich das Ergebnis wesentlich verbessern lassen können.

In diesem Schritt gilt es nun, Inventur zu machen, den Versicherungsordner zu durchforsten, die Depotauszüge zusammenzusuchen und über den Wert vorhandener Immobilien zu sinnieren. Dabei gilt aber auch, keine Hoffnungswerte zusammenzutragen, sondern den realistischen aktuellen Wert zu ermitteln und gegebenenfalls eine konservative Schätzung zum Beispiel für den Renteneintritt vorzunehmen. Die so erfassten Werte können als Bestandswert bei der Finanzplanung eingetragen werden. Einige Menschen machen dies allerdings nicht, weil sie sagen, Immobilien, Rente blieben außen vor, weil sie nicht angetastet werden sollen. Das ist einerseits verständlich, kann aber auch zu einer völligen Fehlplanung des Vermögens führen, weil zu viele risikoarme Komponenten enthalten sind und damit die Wertentwicklung unnötig behindert wird.

Beispiel:
Ein Anleger verfügt über ein abbezahltes Haus, eine gesetzliche Rentenversicherung und zusätzlich eine betriebliche Altersversorgung. Er ist Ende Fünfzig und macht sich Gedanken über die Struktur seines Anlagevermögens. Aufgrund des Alters könnte man nach der klassischen Lehre nicht zu 100 Prozent Aktienanteil raten, eher zu 50 Prozent oder weniger. Andererseits gibt es aber kaum noch existenzielle Risiken, ein möglicher Hausumbau könnte über eine Hypothek finanziert werden. Der Anleger könnte also recht risikofreudig investieren, übliche Durststrecken stellen kein ernsthaftes Problem dar. Er hätte damit die Chance auf deutlich höhere Erträge als bei einer reinen Rentenanlage.

Folgende Positionen sind für die Bestandsaufnahme des Vermögens zu berücksichtigen:

Regelmäßige Leistungen
Diese können nicht direkt mit einem Depotwert oder einer Auszahlungssumme verglichen werden, weil ihr Wert letztlich von der Lebensdauer abhängt. Sie verringern aber die Notwendigkeit, aus dem Vermögen Zahlungen für den Lebensunterhalt zu entnehmen:

•Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung – Grundlage: Garantiewerte bzw. aktuell erreichte Leistung pro Monat (der letzten Wertmitteilung zu entnehmen). Wenn die Daten nicht verfügbar sind, alternativ die gezahlten Beiträge ansetzen, und zwar ohne Verzinsung (aus den alten Gehaltsabrechnungen ersichtlich). Ebenso unter Berücksichtigung von Renteneintrittszeitpunkt und Höhe der gesetzlichen Rente steuerliche Effekte beachten! Informationen zur Besteuerung der Alterseinkünfte in Deutschland bekommen Sie zum Beispiel über die Website des Finanzministeriums (Bundesfmanzministerium – am besten in der Suchfunktion Alterseinkünftegesetz eingeben).
•Ansprüche aus Zusatzrenten (Riester/Rürup).
•Ansprüche aus gesetzlicher Rentenversicherung – Grundlage ist die letzte Renteninformation: verwenden Sie nur den aktuellen Anspruch, keinen hochgerechneten.
•Ansprüche aus privater Rentenversicherung – Nur die garantierten Zahlungen ansetzen, die bisher erreicht wurden, weil immer weniger Überschüsse erwirtschaftet werden. Wenn Angehörige existieren, auch auf die Mindestzahlungsdauer achten. Im Todesfall ergibt sich mitunter noch eine Teilabsicherung für Ehepartner und Kinder, meist jedoch im Umfang sehr beschränkt. Auch hier spielt die Frage der Besteuerung eine Rolle.

Werte
Das sind liquidierbare Bestände an Wertpapieren, Sachgütern,

Immobilien:
•Immobilien – Anzusetzen ist ein realistischer Verkaufspreis, der die Marktsituation berücksichtigt. Bei Schätzurigen über längere Zeiträume sind Wertveränderungen durch das regionale Umfeld, Wohlstandsentwicklung und den baulichen Zustand des Hauses zu beachten.
•Kapitallebensversicherungen – Auch hier sind nur Rückkaufsbeziehungsweise Garantiewerte anzusetzen, nicht die prognostizierten Ablaufleistungen. Diese werden heute immer seltener erreicht. Je nach Laufzeit und Abschlusszeitpunkt kann es zur Steuerpflicht für den Auszahlungsbetrag kommen, so dass netto geringere Leistungen anfallen.
•Sparguthaben – Je nach Vertragsmodell sind die eingezahlten Beiträge beziehungseise der aktuelle Auszahlungsanspruch anzusetzen.
•Wertpapiere – Relevant ist zunächst der aktuelle Depotwert. Bei der Hochrechnung auf spätere Zeitpunkte können bei sicheren Renten (zum Beispiel deutsche Staatsanleihen) die Nennwerte zum Fälligkeitsdatum zuzüglich der Zinsen angesetzt werden. Eventuelle Kursverluste seit dem Kauf dürfen nicht vergessen werden.
•Erbschaften – Ein Thema, das zu Lebzeiten des Erblassers ungern angesprochen wird. Gerade wenn es um Immobilien geht, sollte das Thema nicht vernachlässigt werden.

Häuser und Wohnungen zählen zwar zu den sichereren Anlagen, unterliegen aber auch Preisrisiken!
Das Resultat kann in einem Vermögensinventar übersichtlich dargestellt werden.

Sehen wir uns nun das Beispiel der Familie Müller an. Herr Müller hat Ansprüche aus einer betrieblichen Rentenversicherung, Frau Müller zahlt seit einigen Jahren in eine private Rentenversicherung ein. Die Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung können aufgrund der unzuverlässigen Mitteilungen nur sehr grob geschätzt werden. Immobilien sind nicht vorhanden. Auf die Tochter ist (aus Renditegründen) eine Lebensversicherung abgeschlossen worden. Dazu kommen ein kleiner Sparplan bei einer Bank sowie ein Depot, in dem einige Rentenfondsanteile ihr Leben fristen. Insgesamt kommen die in Tabelle gezeigten Positionen zustande.

Beispiel eines Vermögensinventars

Vermögensinventar               Bezugsjahr               Zahlung                heutiger Wert

regelmäßige Einnahmen

Rente Betrieb                       2023                           350 EUR mtl.            4 000 EUR

Rente gesetzlich                  2023                           1200 EUR mtl.

Rente privat                          2020                          280 EUR mtl.            6 000 EUR

Rente privat

sonstige

einmalige Einnahmen

Immobilienbesitz

Lebensversicherung           2018                        50000 EUR               26000 EUR

Lebensversicherung

Guthaben Konto                                                                               2 000 EUR

Guthaben Sparplan                                                                           2 400 EUR

Depotwert                                                                                    10 600 EUR

Depotwert

Erbschaft

Sonstige

Wenn diese Aufstellung erst einmal gemacht ist, dann stellt sich vielleicht heraus, dass schon etwas zu viel oder auch zu wenig Vorsorge betrieben wurde. Dies ist für die weitere Planung zu berücksichtigen. Es ist aber auch ein schöner Zeitpunkt, um etwas zu verändern. Vor allem bei Versicherungsverträgen ist zu prüfen, ob der Bestand noch zur Lebensplanung passt und noch angemessene Renditen erzielt werden.

Beispiel:
Eine Anlegerin in den Vierzigern stellt fest, dass sie bereits mehr als ausreichend versichert ist. Neben der betrieblichen Altersvorsorge hatte sie in den neunziger Jahren verschiedene Lebensversicherungsverträge abgeschlossen, bei denen die Rendite inzwischen deutlich gesunken ist. Dafür hat sie aber auf einen Riester- Vertrag verzichtet. In Wertpapiere hat sie mangels verfügbaren Einkommens nicht investiert. Eine spontane Kündigung von Lebensversicherungen ist meist nicht sinnvoll, weil die Wertentwicklung anfangs schlechter ist und mitunter eine Versteuerung erfolgt. Für diese Anlegerin bietet es sich an, mindestens eine Lebensversicherung beitragsfrei zu stellen und das Geld statt- dessen in einen Riester-Vertrag sowie am Kapitalmarkt zu investieren. Die Versicherung läuft dann sozusagen mit den alten Beiträgen weiter, der Verlust ist wesentlich geringer als bei einer Kündigung.

Wenn der Finanzplan wie im hier gezeigten Fall bis zur Rentenzeit reicht, dann stellt sich die Frage, wie viel Kapital denn am Ende vorhanden sein muss. Sind ioo 000 Euro ausreichend oder braucht man eine Million? Wie üblich kommt es darauf an, und zwar auf die bis dahin erreichten Ansprüche an die Rentenversicherungsträger. Letztlich muss auch jeder selbst entscheiden, welchen Lebensstandard er erreichen will. Für manche ist das Vermögen reiner Luxus, andere benötigen es, um überhaupt ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können.

Stehen 100 000 Euro zur Verfügung, dann können bei 6 Prozent Zinsen – das entspricht einer Rendite von 6000 Euro im Jahr – 500 Euro pro Monat entnommen werden, ohne dass Kapital verzehrt wird. Geht man konservativ von nur 4 Prozent Zinsen aus, dann bleiben monatlich 333 Euro übrig.

Um 2 000 Euro monatlich zu erhalten, benötigt man schon ein Kapital von 600 000 Euro bei 4 Prozent Zinsen. Wenn nun noch Steuern berücksichtigt werden, sind zum Beispiel 750 000 Euro erforderlich. Dann könnte sich der Rentner 20 Prozent Steuerabzug leisten und käme noch auf 2 000 Euro.

Der Fall Phoenix Kapitaldienst anschauen

Der Betrugsfall Phoenix Kapitaldienst gilt als zweitgrößter Finanzskandal in Deutschland (vgl. Maisch/Schnell 2005, o. V. 2005, Schnell 2005). Die Wertpapierhandelsbank betrieb über zehn Jahre lang Scheingeschäfte und prellte damit mehr als 30000 Anleger. Der Gesamtschaden soll rund 800 Millionen Euro betragen, davon mehr als 500 Millionen Euro Scheingewinne. Anleger wurden unter anderem in Ostdeutschland durch Vertriebsfirmen in den Hedgefonds

Phoenix Managed Account gelockt. Dieser sollte angeblich Termingeschäfte mit Rohstoffen wie Kaffee und Öl betreiben. Anfangs wurden solche Geschäfte wohl auch abgewickelt, doch häuften sich die Verluste. Als eine Art Verlustvermeidung beschloss man, die Geschäfte gar nicht erst auszuführen, sondern nur auf dem Papier darzustellen.

Den Anlegern wurden jedes Mal hohe Gewinne bescheinigt. Wenn Gelder abgezogen wurden, wurden Einlagen neuer Kunden für die Auszahlung benutzt, was dem Prinzip des Schneeballsystems entspricht. Die Tatsache, dass die Anlegergelder unzulässigerweise auf ein Sammelkonto einer britischen Bank eingezahlt wurden, erleichterte den Betrug. 2004 verunglückte der Geschäftsführer Breitkreuz bei einem Flugzeugabsturz. Die von den Erben eingesetzten Geschäftsführer bemerkten bei der Prüfung der Unterlagen den Betrug und erstatteten Anzeige. Anfang 2005 kam der Fall in die Öffentlichkeit. Der wesentliche Teil der Geschäftsunterlagen sei perfekt gefälscht gewesen, so dass die Papiere selbst keinen Anlass zu Misstrauen gegeben hätten. Den Wirtschaftsprüfern sei nie etwas aufgefallen, die Bafin bemerkte anlässlich einer Sonderprüfung 2002 nichts. In der Presse habe es aber schon fünf Jahre zuvor Berichte über Unregelmäßigkeiten gegeben.

Im Juli 2006 wurden der Chefhändler und die Chefsekretärin zu sieben Jahren und vier Monaten beziehungsweise zwei Jahren und drei Monaten Haftstrafe verurteilt. Wie vielen Menschen die Altersvorsorge genommen wurde, lässt sich allenfalls schätzen. Warum all die Prüfungen nichts erbracht haben, bleibt schleierhaft.

Die betroffenen Anleger könnten einen Teil ihrer Einlagen zurückbekommen. Geschädigte von Wertpapierhandelsunternehmen können bei deren Entschädigungseinrichtung Ansprüche anmelden. Allerdings ist die Haftungssumme auf 90 Prozent der eingezahlten Beträge und maximal 20 000 Euro beschränkt. Die Einrichtung zahlt jedoch nicht in jedem Fall. Zudem verfügt sie nicht über ausreichende Mittel für diesen Fall. Gegebenenfalls könnten die Mitglieder der Entschädigungseinrichtung anteilig Gelder nachschießen müssen.

Warum wir langfristig denken sollen

Einen Kapitalstock aufzubauen, ist keine Sache von Monaten oder wenigen Jahren. Um ein ordentliches Polster für die Rente zu schaffen, muss man eher in Jahrzehnten denken. Regelmäßige Renditen, auch geringe, stellen den Grundbaustein der Altersvorsorge dar und summieren sich im Laufe der Zeit zu einem stattlichen Vermögen. Diese Effekte zu durchschauen ist das Ziel dieses Artikels.

Nehmen wir einmal an, Sie wollen im Alter von 65 Jahren 500 000 Euro zur Verfügung haben. Wie viel müssen Sie zu einem konstanten Zinssatz von neun Prozent mit 30 Jahren anlegen?
a)100 000 Euro
b)50 000 Euro
c)25 000 Euro
d)10 000 Euro

Viele Menschen entscheiden sich für a) oder b), weil Vermögensbildung für sie eine mühselige Sache ist. Richtig ist aber c)! Sie benötigen nur 25 000 Euro, um bei neun Prozent Rendite eine Verzwanzigfachung zu erreichen. Die ist allerdings nominal, das heißt ohne Inflationsausgleich.

Wenn Sie den Gegenwert real haben wollen, das heißt mit der gleichen Kaufkraft wie am Anfang, dann müssen Sie die Inflationsrate abziehen. Gehen wir von zwei Prozent aus (das mag niedrig erscheinen, aber bei höheren Inflationsraten lassen sich auch höhere nominale Renditen erzielen), dann rechnen wir mit sieben Prozent und kommen auf 267 000 Euro. Der Unterschied zum nominalen Wert ist erheblich, aber Sie sehen: Sie erreichen immer noch mehr als eine Verzehnfachung. Dabei sind sieben Prozent reale Rendite keine Zauberei, sondern mit guten Aktienfonds langfristig zu schaffen. In der Vergangenheit ging auch mehr, aber niemand weiß, ob deutlich höhere Renditen auch in Zukunft noch zu bekommen sind.

Übrigens erzielte die Vermögensverwaltung der US-amerikanischen Universität Yale in den letzten zehn Jahren eine durchschnittliche Rendite von 17 Prozent und machte auch in den schwächsten Börsenjahren zumindest keinen Verlust. Wesentliches Merkmal ist die breite Streuung der Anlagen. Es ist unwahrscheinlich, dass in einem Jahr alle Anlageklassen gleichzeitig Verluste erleiden.

Sie können auch noch darüber nachdenken, wie die Rechnung aussieht, wenn Sie Geld auf dem Sparbuch oder auf Tagesgeldkonten liegen lassen. Nehmen wir an, Sie erhalten zwei Prozent Zinsen. Dann müssen wir gar nichts rechnen, denn abzüglich Inflationsrate kommt gar nichts heraus. Nach 35 Jahren haben Sie auch nur noch Ihre 25 000 Euro (real, das heißt in heutiger Kaufkraft) übrig.

Mathematik wird Ihnen möglicherweise nicht so richtig gefallen. Das mag in Anbetracht der einen oder anderen negativen Erfahrung in der Schule verständlich sein, hier geht es aber ums Geld, und das nicht zu knapp. Sie müssen nicht jede Berechnung einzeln nachvollziehen können. Sie sollten aber zumindest erkennen können, was auf lange Sicht mit dem Geld passiert.

Wir verwenden hier einige Berechnungen, um auf einige Gegebenheiten hinzuweisen, die bei den Anlageentscheidungen nicht vergessen werden dürfen. Es fällt nicht gerade leicht, richtig mit dem Thema Risiko umzugehen und sich vorzustellen, welche Auswirkungen schon kleine Änderungen der Verzinsung auf lange Sicht haben. Um Ihnen einige der am meisten missachteten Effekte zu verdeutlichen, werden hier verschiedene Modellrechnungen erläutert. Da sollten Sie durch, der Lohn könnten ein paar Tausend Euro sein, nicht heute und morgen, aber nach ein paar Jahren. Damit Sie den Modellrechnungen leichter folgen können, gehen wir die Spalten der Reihe nach von links nach rechts durch.

Grundsätzlich soll hier ein Anleger betrachtet werden, der 10 000 Euro zur Verfügung hat und diese für 20 Jahre anlegen möchte. Damit Ihnen die Zahlen nicht vor den Augen wegschwimmen, werden nur die Zwischenstände im Fünfjahres-Rhythmus angezeigt.

Wesentliches Problem bei solchen Zeiträumen ist die Inflation. Niemand kann vorhersehen, wie sich der Geldwert ändert, deswegen

wird in den meisten Modellrechnungen keine Inflation berücksichtigt. Wir rechnen mal mit und mal ohne Inflation, einfach zum Vergleich.

Die Folgen der Inflation
Nehmen wir an, die Inflationsrate bliebe konstant bei 2 Prozent. Dann wären die 10 000 Euro heute in 20 Jahren wesentlich weniger wert, so dass wir für einen Werterhalt fast 50 Prozent mehr Geld benötigen. Dies ist in der Spalte 2 angegeben. Der Betrag wächst jeweils um 2 Prozent, so dass die Kaufkraft nach unseren Annahmen erhalten bliebe. In 20 Jahren könnte man demnach mit 14 859 Euro genauso viel anstellen wie heute mit 10 000 Euro.

Sicherer Geldmarkt
Viele Anleger sind äußerst risikoscheu eingestellt und bevorzugen sichere Anlagen. Das ist einerseits menschlich verständlich, andererseits aber wirtschaftlicher Unsinn. Sehen wir uns dazu den Fall in Spalte 3 an. Hier wird das Geld zu sicheren 3 Prozent Zinsen angelegt. Die Zinsen werden jedes Jahr wieder zum gleichen Zinssatz investiert. Nach 20 Jahren hat der Anleger 18 061 Euro erwirtschaftet. Das hört sich nach einem gigantischen Zu wuchs von 80 Prozent an. Abzüglich Inflation bleiben aber 3 202 Euro an Ertrag übrig. Dafür 20 Jahre auf das Geld verzichten? Hoffentlich lehnen Sie das ab, wenn auch ein ganz erheblicher Teil der Vermögen auf diese Weise angelegt ist.

Sicherer Geldmarkt nach Steuern
Aber es kommt noch schlimmer. Sie müssen die Erträge ja versteuern, in Deutschland entweder mit dem Einkommensteuersatz (sofern es sich nicht um Kursgewinne nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist handelt) oder demnächst mit dem Abgeltungssteuersatz in Deutschland (voraussichtlich 25 Prozent). Wenn wir nun noch unterstellen, dass der Freibetrag für Kapitaleinkünfte, der ohnehin kontinuierlich zum Stopfen der Haushaltslöcher geschrumpft wird, bereits ausgeschöpft ist, dann müssen die Erträge aus dem Geldmarkt insgesamt der Steuer unterworfen werden.
Wie Sie sehen, kommt der Anleger nach 20 Jahren auf 15 605 Euro, was nur knapp über den 14 859 Euro aus Spalte 2 liegt,
Mögliche Entwicklung von Rentenanlagen über 20 Jahre

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die der Kaufkraft von heute 10 000 Euro entsprechen. Das heißt nichts anderes als: Die Anlage zu 3 Prozent hat sich nicht gelohnt, es bleiben gerade einmal 746 Euro übrig, und das nach 20 Jahren! Freuen kann sich nur derjenige, dem Sie das Geld geliehen haben, und der Staat. Der kassiert fast 2 456 Euro von Ihnen, und damit rund drei Mal so viel wie Sie!

Da wir gerade beim leidigen Thema Steuern sind: Die österreichischen und Schweizer Leser unter Ihnen mögen bitte ein wenig Verständnis für das deutsche Steuerdurcheinander aufbringen und über ein paar Anmerkungen dazu gegebenenfalls einfach hinwegsehen. Als wir mit dieser Geldanlege-Webseite begonnen hatten, beschloss man gerade die Einführung einer Abgeltungssteuer in Deutschland. 2007 sollte sie eingeführt werden. Prinzipiell ist sie im internationalen Vergleich nichts Besonderes, in Verbindung mit einer Senkung des Freibetrags für Kapitaleinkünfte führt sie jedoch für die meisten Anleger zu einer deutlichen Mehrbelastung. Während Kursgewinne nach einem Jahr gegenwärtig noch steuerfrei sind, sollen sie fortan besteuert werden. Zwar werden in manchen Ländern immerhin so hohe Freibeträge gewährt, dass der berühmte Kleinanleger steuerfrei ausgeht, in Deutschland ist dies jedoch nicht vorgesehen.

Unsere Geldanlage-Internetseite war noch voll im Gange, da wurde die Einführung der Abgeltungssteuer auf 2008 verschoben. Nein, liebe Österreicher und Schweizer, es verwundert uns Deutsche nicht, dass Gesetze oder ähnliche Vorhaben verschoben werden, das ist eher der Normalzustand. Aber es wird nicht gerade übersichtlicher. Zumal der Steuersatz ein Jahr lang bei 30 Prozent und fortan bei 25 Prozent liegen sollte. Das ist dem Steuerzahler ebenso wenig klar wie vielen Kommentatoren, ob Abgeltungssteuer nun mit einem oder zwei s geschrieben wird.

Zurzeit sieht es so aus, dass 2009 die 25 Prozent eingeführt werden, zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer.
Sie sehen in diesen Beispielen Berechnungen mit und ohne Steuern. So ist es möglich, sich ein ungefähres Bild von der Steuerwirkung zu machen. Der Freibetrag wird nicht berücksichtigt, weil er mangels Größe kaum noch für Anlageentscheidungen relevant ist.

Spalte 5 – Sicherer Geldmarkt nach Steuern real
Wenn die Inflation gleich jahresweise berücksichtigt wird, dann ergibt sich Spalte 5. Sie können schon sehen, dass sich das Geld real gerade so erhält.

Spalte 6 – Rentenfonds nach Steuern real
Der Zinssatz hat den zentralen Einfluss auf das Ergebnis. 3 Prozent gelten heute als sicherer Zinssatz, aber es gibt durchaus auch Fonds, die mit hoher, wenn auch nicht absoluter Sicherheit mehr Erträge bringen. Nehmen wir also an, Sie können das Geld langfristig für 6 Prozent anlegen. Werden gleichzeitig 25 Prozent Abgeltungssteuer und 2 Prozent Inflation berücksichtigt, ergibt sich die Zahlenreihe in Spalte 6. Das Vermögen würde auf 16 xoi Euro steigen, wobei es sich nun um eine reale Größe handelt. Richtig viel ist es nicht, aber immerhin hat man hier einen realen Vermögenszuwachs erzielt. Immerhin gibt es Rentenfonds, die wesentliche Erträge aus Kursgewinnen erzielen und damit teilweise steuerfreie Erträge erzielen.

Spalte 7 – Aktienfonds ohne Steuern nominal

Spalte 7 zeigt beispielhaft die Entwicklung eines Aktieninvestments. Der Anleger investiert in einen Aktienfonds, der 12 Prozent Wertsteigerung jährlich bringt. Selbst unter Berücksichtigung der Kursverluste in den Jahren 2000 bis 2003 ist dies ein langfristig nicht unrealistischer Satz. In den letzten Jahren waren die Wertsteigerungen wesentlich höher, doch wird auch dies nicht dauerhaft sein. Der Anleger kommt nach 20 Jahren auf 96 463 Euro (nominal).
Sicher werden Sie jetzt überlegen, was passiert, wenn Sie den falschen Fonds erwischen. Es könnte sein, dass Sie auf Europa setzen, während ausgerechnet hier eine Krise stattfindet und nur amerikanische Aktien sich gut entwickeln. Es gibt viele Möglichkeiten, warum sich ein Markt oder ein Produkt schlecht entwickelt und man kann immer richtig und immer falsch liegen. Daher ist es wichtig, zu diversifizieren, also das Geld auf möglichst viele Zielmärkte zu verteilen. Damit werden Sie am Ende zwar ein schlechteres Ergebnis haben als bei Ihrer besten Anlage, aber welche die beste ist, wissen Sie ja immer erst hinterher. Sie können übrigens nicht nur Aktien nach Regionen unterscheiden, sondern auch an andere so genannte Assetklassen denken. So könnten Sie auch in Rohstoffe investieren, in Hedgefonds oder Währungen.

Spalte 8 – Aktienfonds ohne Steuern nominal, nur zum Teil erfolgreich angelegt
Nehmen wir nun einen besonders schlimmen Fall an: Der Anleger hat mit seinen 10 000 Euro auf drei Pferde gesetzt. Er hat zu gleichen Teilen in europäische Aktien, Rohstoffe und Schwellenländeraktien investiert. Allerdings werfen nur die europäischen Aktien einen Gewinn ab. Alle anderen Anlagen enden in Totalverlusten (nicht ausgeschlossen, aber äußerst unwahrscheinlich). Dann passiert das, was in Spalte 8 dargestellt ist. Nur aus 3 300 Euro wird etwas, das Endergebnis erreicht mit 31833 Euro zwar auch nur ein Drittel des optimalen Falls aus Spalte 7, aber immer noch wesentlich höhere Erträge als gute Rentenfonds. Selbst wenn hier noch die Inflation heraus gerechnet wird. Real (das heißt abzüglich 2 Prozent Inflation) kämen Sie auf 21500 Euro, was immer noch deutlich mehr ist als die Rentenanlage aus Spalte 6. Steuern müssen Sie hier nämlich nicht zahlen, weil Sie die Verluste aus den anderen Fonds gegenrechnen können.

Mögliche Entwicklung von Aktienanlagen über 20 Jahre

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Spalte 9 – Aktienfonds ohne Steuern nominal, ein Jahr später angelegt
Sicher erinnern Sie sich daran, oft den Hinweis gehört zu haben, dass man möglichst frühzeitig mit der Geldanlage beginnen soll. Das ist auch richtig so. Die Auswirkungen zeigt ein Vergleich von Spalte 9 und 7. In Spalte 9 wird das Geld ein Jahr später angelegt, ansonsten bleibt alles gleich. Das Ergebnis: Am Ende hat der Anleger 10 335 Euro (nominal, nicht inflationsbereinigt) weniger zur Verfügung. Ganz schön heftig, nicht?

Spalte 10 und 11 – Aktienfonds nach Steuern, real und nominal
Zum Schluss noch unser trauriges Thema. Die Einführung der Abgeltungssteuer in Deutschland kostet die Anleger viel Geld. Vor allem im Hinblick auf die Altersvorsorge entstehen dadurch erhebliche Lücken. Spalte io zeigt, was passiert, wenn jedes Jahr 25 Prozent Steuern auf die Gewinne abgeführt werden müssen, weil etwa regelmäßig umgeschichtet wird. Statt 96 463 Euro (Spalte 7) hat der Anleger jetzt nur noch 56 044 Euro zur Verfügung. Unter Berücksichtigung von 2 Prozent Inflation ergeben sich knapp 41757 Euro (Spalte 11).

Spalte 12 – Aktienfonds mit Versteuerung nach 20 Jahren
Etwas anders sieht es aus, wenn ein Fonds (oder ein Depot) 20 Jahre lang gehalten wird ohne umzuschichten. Dann müssen die 25 Prozent erst am Ende auf den Gewinn gezahlt werden. Es bleiben noch 77 097 Euro übrig. Insgesamt belastet die neu eingeführte Abgeltungssteuer den Steuerpflichtigen mit 19 366 Euro (Vergleich mit Spalte 10), die dann für die Rente fehlen.

Beachten Sie aber, dass regelmäßiges Umschichten des Depots mit entsprechender Steuerpflicht auf die zwischenzeitlichen Einnahmen die Rendite wesentlich stärker schmälert, als wenn erst am Ende versteuert wird. Es lohnt sich daher besonders, langfristig zu denken, und zum Beispiel Fonds zu kaufen, die mit unterschiedlichen Marktsituationen zurechtkommen.
Insgesamt wird der Vorteil der Aktienanlage gegenüber Renten durch die Einführung der Abgeltungssteuer geringer, bleibt aber langfristig nach menschlichem Ermessen erhalten. Kurzfristig mag dies durchaus anders aussehen. Hier spielen Kursschwankungen eine größere Rolle und können zu mehr Gewinn bei Renten führen. Es kann aber auch anders aussehen. Auch Renten haben schlechte Jahre und können ohne Weiteres Verluste ausweisen, während Aktien stark steigen.

Ihr eigenes Depot erstellen, aber Wo

In diesem Abschnitt erfahren Sie, wie Sie am einfachsten zu einem Depot kommen. Wenn Sie schon eines besitzen, dann können Sie diesen Abschnitt übergehen. Da Sie bei der Einrichtung eines Online-Depots mehr selbst machen müssen, wird hier diese Möglichkeit dargestellt. Natürlich können Sie auch ein herkömmliches Depot bei einer Filialbank einrichten. Wie an verschiedenen Stellen erläutert, sind die Kosten dafür aber wesentlich höher als bei der Online- Variante (die Sie übrigens oft bei der gleichen Bank erhalten können), zudem muss eine qualitativ hochwertige Beratung als Glückssache angesehen werden.

Schritt: Auswahl der (Online-)Bank
Zunächst einmal müssen Sie sich für eine Bank entscheiden, bei der Sie ein Konto eröffnen. Das ist einerseits leicht, weil Sie über das Internet ja sofortigen Zugang zu allen Banken haben, andererseits aber auch schwer, weil es eine ganze Reihe von versteckten Unterschieden zwischen den Angeboten der Banken gibt. Grundsätzlich können Sie sich gegenüber der Filialbank auf eine Kostenrelation von circa 1 : 3 oder sogar 1 : 4 freuen, das heißt Sie zahlen nur etwa ein Drittel bis ein Viertel derjenigen Preise am Schalter.

Die technische Leistung der Online-Banken ist praktisch identisch, das heißt es dauert nicht etwa bei der einen immer alles länger als bei der anderen. Wenn Sie zum Beispiel Aktien kaufen wollen, dann liegt der Unterschied fast ausschließlich in den Gebühren. Ganz subjektiv mag Ihnen aber die Darstellung auf der einen Webseite besser gefallen als auf der anderen, so dass das Design durchaus von Bedeutung sein kann. Auch bietet eine Bank umfangreichere Informationen als eine andere, und so werden Sie vielleicht manchmal zu viele Daten finden, manchmal zu wenige. Probieren Sie also auch dies aus, klicken Sie ein bisschen hin und her.

Sie werden feststellen, dass manche Anbieter sich eher an professionelle Trader wenden (also Leute, die den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzen), während andere eher den Angestellten ansprechen, der seine Ersparnisse langfristig und vor allem in Fonds anlegen will. Dies äußert sich zum Beispiel auch im Angebot des außerbörslichen Handels oder der Auswahl von Börsenplätzen. Wir konzentrieren uns hier auf die nicht professionell eingerichteten Angebote.

Wichtig sind also die Gebühren. Keine Bank ist allerdings bei allen Positionen am günstigsten, daher kommt es darauf an, ob Sie regelmäßig mit Aktien handeln oder langfristig in Fonds investieren wollen. Nicht wenige Anleger unterhalten schon mehrere Online- Depots, um die entsprechenden Vorteile ausnutzen zu können.

Beachten Sie: Bei Fonds gibt es mitunter recht deutliche Einschränkungen gegenüber Filialbanken. So sollten Sie auch prüfen, wie viele Fonds überhaupt handelbar sind. Das Problem verringert sich zwar kontinuierlich, weil die meisten Fonds über Börsen gehandelt werden können. Es bleiben aber noch ein paar Exoten übrig, die nur direkt vertrieben werden.

Sie sollten besonders auf folgende Positionen achten (in Österreich und der Schweiz müssen Sie mit teils deutlich höheren Gebühren rechnen):

•Depotgebühr (bei vielen Online-Banken kostenlos, bei Filialban
ken oft um 0,15 Prozent vom Depotwert bei einem Minimum von 12 bis 20 Euro pro Jahr)
•Orderprovision (jeweils zuzüglich fremder Spesen, ab circa 6 Euro bei Online-Banken bis circa 30 Euro bei Filialbanken für eine
2 000 Euro-Order; für eine 10 000 Euro-Order von circa 10 bis circa 100 Euro)
•Limitgebühren (werden berechnet, falls aufgrund des Limits keine Order zustande kommt, zwischen kostenlos und circa 6 Euro)
•Angebot an rabattierten Fonds (bei Filialbanken oft gar keine oder nur sehr wenige, bei Online-Banken oft mehrere Tausend, Rabatte teilweise bis zu 100 Prozent, meist jedoch um 50 Prozent)
•Angebot an Sparplänen für Fonds und Zertifikate (zwischen o und mehreren Tausend, Sparraten ab 25,50 oder 100 Euro pro Monat)
•Verzinsung des Depotkontos (kann zum Beispiel den Geldmarktfonds ersetzen, wenn Geld geparkt werden soll; meist o Prozent bei Filialbanken, bis circa 3 Prozent bei Online-Banken)

Wir verzichten hier auf einen Gebührenvergleich, weil sich die Konditionen zu oft ändern. Achten Sie auch darauf, dass vielfach mit Lockvögeln um neue Kunden geworben wird, zum Beispiel mit einer hohen Verzinsung für das Konto, die aber nur für einige Monate gilt und nur bis zu einer bestimmten Summe und nur, wenn man noch kein Konto bei der Bank hatte.

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Einrichtung des Online-Depots

Wenn Sie eine Bank gefunden haben, können Sie sich an den Papierkram machen. Wir gehen hier von einer Direktbank aus, weil Sie dann etwas mehr selbst tun müssen.

Zunächst müssen Sie von der ausgewählten Bank die Kontoeröffnungsunterlagen anfordern. Teilweise können Sie die erforderlichen Eingaben auch am Bildschirm machen und bekommen dann ein ausgefülltes PDF-Dokument zurückgeschickt, das Sie nur noch aus- drucken und unterschreiben müssen. Zunächst müssen Sie Ihre persönlichen Daten angeben. Im Normalfall handelt es sich um die Informationen, die aus rechtlichen Gründen benötigt werden. Es kann sein, dass zusätzlich Daten abgefragt werden, die für Werbezwecke benötigt werden. Diese müssen nicht angegeben werden; falls Sie sich unsicher sind, lassen Sie sie weg und warten Sie ab, was passiert.

Häufig wird auch abgefragt, ob Sie mit Telefon- oder E-Mail-Werbung einverstanden sind beziehungsweise ob Kontoauszüge zum Abruf bereitgehalten werden können. Letzteres spart Porto und wird sicher bald Standard sein. Wenn Sie aber noch neu dabei sind, sollten Sie sich in der ersten Zeit die Kontoauszüge und Abrechnungen per Post schicken lassen. Dann können Sie keinen Abruf vergessen und erhalten Ihre Informationen auch, wenn Sie mal auf der Suche nach dem Passwort sind …

Bei einigen Banken können Sie ein separates Girokonto einrichten, was den Zahlungsverkehr erleichtert, aber wiederum Geld kostet. Ansonsten wickeln Sie Ihre Ein- und Auszahlungen in der Regel über ein Verrechnungskonto ab, also Ihr bestehendes Girokonto. Da Auszahlungen nur auf dieses Konto erfolgen können, liegt hier ein besonderes Maß an Sicherheit vor. Dann kann nämlich niemand mit Hilfe gestohlener Daten Geld auf ein anderes Konto überweisen. Neben dem Depotvertrag müssen Sie den Fragebogen gemäß Wertpapierhandelsgesetz ausfüllen. Darin ordnen Sie sich aufgrund Ihrer Erfahrungen und Zielsetzungen einer Risikoklasse zu. Diese ist maßgebend für den Zugang zu den einzelnen Wertpapierarten. Wenn Sie zum Beispiel angeben, sicherheitsorientiert zu sein, dann kann Ihnen die Bank keine japanischen

Nebenwerte verkaufen. Das entspräche nicht Ihrer Einstellung zum Risiko. Grundsätzlich ist es aber auch so, dass Sie, falls Sie sich Klasse E zugeordnet und mit spekulativen Anlagen Schiffbruch erlitten haben, sich nicht auf Fehler der Bank berufen können.

Prüfen Sie kritisch, ob die Beschreibung für Sie zutrifft! Wenn Sie darüber hinaus auch mit Optionen handeln wollen, benötigen Sie die Termingeschäftsfahigkeit. Hierfür gibt es wieder ein separates Formular, das Sie bei der Bank anfordern können. Dort wird geprüft, ob Sie den besonderen Anforderungen gewachsen sind.

Die Risikoklassen werden jeweils leicht unterschiedlich beschrieben, haben jedoch stets den gleichen Charakter. Im Wesentlichen sind ihnen die folgenden Produktkategorien zuzuordnen:

Risikoklasse A bzw. 1: Sicherheitsorientiert – Verlustvermeidung hat oberste Priorität, Anlagehorizont kurzfristig, auch unter einem Jahr.

Produktkategorien: Geldmarktfonds in Heimatwährung (Euro bzw. Schweizer Franken), festverzinsliche, nicht börsennotierte Renten wie Finanzierungsschätze oder Bundesschatzbriefe, Rentenfonds mit kurzlaufenden Anleihen in Euro, offene Immobilienfonds in Euro.

Risikoklasse B bzw. 2: Konservativ/wachstumsorientiert – geringe Risiken werden eingegangen, um höhere Erträge zu erzielen, Anlagehorizont mittelfristig.

Zusätzlich: Anleihen in Euro bei hoher Bonität des Emittenten, Euro- Rentenfonds, internationale offene Immobilienfonds, defensive Zertifikate.

Risikoklasse C bzw. 3: Risikobewusst – höhere Risikobereitschaft, Renditeerwartung über dem Kapitalmarktzinssatz, Anlagehorizont mittel- bis langfristig.

zusätzlich: Anleihen in Fremdwährungen (so genannte Standardwährungen, also nicht Schwellenländer-Anleihen), internationale Rentenfonds, Geldmarktfonds in Fremdwährungen, Mischfonds, Aktien: Standardwerte (Large Caps) in Euroland, Standardwerte-Aktienfonds in Euroland, Discountzertifikate auf Euro-Standardaktien und -indizes, Strategiezertifikate auf Standardaktien.

Risikoklasse D bzw. 4: hohe Risikobereitschaft und hohe Ertragserwartung.

Zusätzlich: spekulative internationale Rentenfonds (High Yield), Anleihen von Emittenten mit geringerer Bonität, Genussscheine, Aktien-Nebenwertefonds, internationale Standardaktien (und -fonds), Zertifikate auf internationale Standardaktien, breit gestreute Hedge- fonds-Zertifikate.

Risikoklasse E bzw. 5: Höchst spekulativ – höchste Ertragserwartung und Risikobereitschaft, Totalverlust des eingesetzten Kapitals wird akzeptiert.

Zusätzlich: höchst spekulative Anleihen und Rentenfonds aller Währungen, weltweite Aktiennebenwerte und -fonds, Zertifikate auf weltweite Aktiennebenwerte, Optionsscheine, spezielle Strategiezertifikate, Private Equity.

Der letzte Schritt ist dann noch etwas Bürokratie. Mit dem Post- Ident-Coupon und einem Personalausweis gehen Sie zu einer Postfiliale, um sich Ihre Identität bestätigen zu lassen. Der Antrag wird dann mit der Bestätigung in einen Umschlag gesteckt und an die Bank verschickt. Wenn alles vollständig ist, erhalten Sie nach einigen Tagen eine Bestätigung mit Informationsmaterial, einer Anleitung für den Handel und separat Ihre PIN und die Transaktionsnummern. Hier gibt es wieder verschiedene Verfahren, so dass Sie die Informationen der Bank genau lesen müssen. Wenn Sie alles zusammenhaben, müssen Sie (nur) noch Geld auf das Depotkonto überweisen und können handeln.

Kauf von Wertpapieren

Nunmehr heißt es, sich zu entscheiden. Sie haben alle Voraussetzungen erfüllt, um selbst aktiv zu werden. Sie können Aktien, Anleihen, Fonds, Zertifikate oder Ähnliches kaufen. Im Prinzip gibt es fast unendlich viele Möglichkeiten, so dass hier nur ein einzelnes Beispiel gezeigt werden kann. Und zwar gehen wir davon aus, dass Sie Fondsanteile kaufen möchten, was für den Einstieg wesentlich sinnvoller ist, weil sicherer, als der Kauf einer Aktie.

Natürlich müssen Sie jetzt auch eine Einschätzung des Marktes haben. Wie Sie dorthin kommen. Außerdem sollten Sie sich mit der Produktkategorie Fonds vertraut gemacht haben. Dann werden Sie in der Lage sein, sich für einen Aktien-, Renten-, Rohstoff- oder ähnlichen Fonds zu entscheiden. Da diese Einschätzung einem erheblichen Wandel unterzogen ist, kann hier keine allgemein gültige Empfehlung gegeben werden.

Bei jeder Online-Bank finden Sie eine Suchfunktion für Fonds. Sie können nach unterschiedlichen Kriterien selektieren, je nachdem, für welchen Bereich Sie sich bereits entschieden haben. Es kann sinnvoll sein, die Suchfunktion auch bei anderen. Als Beispiel suchen wir hier einen globalen Aktienfonds mit überdurchschnittlicher Wertentwicklung.

In diesem Beispiel wurde im Fonds-Center auf Ing-Diba nach einem Aktienfonds gesucht, der in den letzten drei Jahren mindestens je 20 Prozent Wertsteigerung erzielt hat, ein A-Rating von Feri hat und den Index MSCI Welt über drei Jahre geschlagen hat.

Das Ergebnis dieser Suche wird in der Abbildung gezeigt. Zehn Fonds erfüllen die Kriterien.

Nun können Sie anhand der Wertentwicklung eine Entscheidung treffen und sich die Detaildaten anzeigen lassen. Vor allem dürfte auch der Ausgabeaufschlag eine Rolle spielen. Wenn Sie etwas weiter in die Materie eingestiegen sind, werden Sie sich auch für weitere Kennzahlen interessieren. Dazu kann es sinnvoll sein, parallel bei anderen Anbietern nachzusehen. Sie werden im Laufe der Zeit Ihren Lieblingslieferanten finden, der nicht die eigene Bank sein muss.

Es gibt unterschiedliche Strategien, den für sich richtigen Fonds auszuwählen. Dies wird in Artikel 7 näher dargestellt. Wir entscheiden uns hier für den Fonds M&G Global Leaders, weil er in den letzten Jahren eine sehr gute Entwicklung aufwies. Wenn Sie ihn anklicken, dann erscheinen nähere Informationen über den Fonds.

• in welchen Bereichen der Fonds investiert ist (das finden Sie im Bereich unten links – hier wurde auf die Top-Holdings geklickt),

Fonds-Renditeliste bei der ING-DiBa

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• wie er sich in der Vergangenheit entwickelt hat (das finden Sie im oberen Bereich),
• wie hoch der Ausgabeaufschlag ist (steht rechts unten),
• die Möglichkeit, den Fonds über eine Börse zu beziehen (das erfahren Sie, wenn Sie oben auf das Feld Börsenplätze klicken).
• Ganz rechts unten finden Sie Links zu den Rechenschaftsberichten und Verkaufsprospekten.

Zumindest die Kurzversion des Verkaufsprospekts müssen Sie (eigentlich) lesen, um sich über Risiken und Kosten zu informieren. Anleger machen dies zu selten. Da die klassischen Verkaufsprospekte fast nie beachtet wurden (und auch ausgesprochen unfreundlich gestaltet sind), müssen nunmehr Kurz-Prospekte vorgelegt werden.

Wenn Sie diese Abfrage bei einer anderen Bank durchführen, dann werden Sie feststellen, dass die Seiten dort anders aufgebaut sind, inhaltlich unterscheiden sie sich jedoch kaum. Viele Informationen sind sozusagen Pflichtprogramm und müssen in mehr oder weniger ähnlicher Form geliefert werden.

Nun können Sie Fondsanteile im Orderbereich nach Eingabe der persönlichen Daten kaufen. Sie können bei diesem Fonds entscheiden, ob Sie ihn direkt oder über eine Börse beziehen möchten. Dazu müssen Sie zunächst Direktgeschäft oder Börse auswählen.

Im Direktgeschäft geht Ihre Order an die Fondsgesellschaft, Sie zahlen den (in diesem Fall halben) Ausgabeaufschlag und erhalten die Fondsanteile in Ihr Depot eingebucht.

Beim Börsenkauf werden Ihnen die aktuellen Kurse an den verfügbaren Börsenplätzen angezeigt. Im Gegensatz zu Aktien ist der Handel mit Fondsanteilen eher träge, das heißt es werden manchmal gar keine, manchmal nur ein- oder zweimal am Tag Anteile gehandelt. Da die Makler eine eigene Kursprognose vornehmen, kann es sein, dass Sie gewünschte Anteile zu höheren oder niedrigeren als den anderen Kursen bekommen.

Sie können zum Beispiel auch ein Limit eingeben, was der von Ihnen maximal akzeptierte Preis ist. Dies bietet sich an, wenn Sie erst kaufen möchten, wenn der Wert des Fonds um einen bestimmten Betrag zurückgegangen ist. Ebenso gibt es die Stop-Buy Funktion. Dies ist ein Kaufauftrag, der bei Erreichen oder Überschreiten eines von Ihnen festgesetzten Kurses zum nächsten erhältlichen Börsenkurs billigst ausgeführt wird, unabhängig davon, ob dieser Kurs über oder unter dem von Ihnen festgesetzten liegt.

Aufpassen mit Bankberatern und Vermögensverwaltern

Das Vertrauen in Bankmitarbeiter und Vermögensverwalter ist meist groß. Aber ist es auch gerechtfertigt? Dieser Artikel gibt Ihnen Hilfestellung bei der Entscheidung für oder gegen die Beauftragung eines Vermögensverwalters und im Umgang mit den Banken. Sie erfahren hier, was Sie von Beratern erwarten können und was nicht, welche Fallen bestehen und welche Fragen Sie vorher stellen sollten.

Das optimale, langfristig ausgerichtete Management des Vermögens muss sich in einem Spannungsfeld dreier Pole bewähren.

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Der Anleger ist sicher der wichtigste Pol. Seine Erwartungen, seine finanziellen Möglichkeiten, seine Risikobereitschaft spielen die zentrale Rolle. Sie sind Ausgangspunkt dafür, in welchem Stil und in welche Produkte investiert werden kann. Voraussetzung ist allerdings auch, dass der Anleger sich dieser Faktoren bewusst ist. Die Einstufung in drei, vier oder fünf Risikoklassen hilft zwar schon etwas, reicht aber nicht aus, zumal viele auch das eine oder andere Jahreseinkommen anlegen wollen. In der Kennenlernphase sind daher auch die Sicherheit des Einkommens, die Lebenserwartung, mögliche Erbschaften, die weiteren Lebenspläne wie Kinder oder Hausbau zu berücksichtigen. Erst dann kann ein Vermögensverwalter oder Berater entscheiden, welche Anlagen infrage kommen.

Die Märkte werden gerne vernachlässigt, weil sie sich als vergleichsweise unzuverlässige Mitspieler zeigen. Hier geht es um die Frage, ob in Aktien, Renten, Immobilien, Rohstoffe, Hedgefonds investiert werden soll. Zudem ist zu entscheiden, welche Regionen und/oder Branchen infrage kommen. Da eine zuverlässige Prognose der Kursentwicklung für die nächsten Jahre praktisch unmöglich ist, fasst man sich hier meist sehr kurz. Wenn Aktien in der letzten Zeit gut gelaufen sind, dann investiert man weiter in Aktien. Für den Anleger ist das ja auch ganz gut nachvollziehbar. Wenn dieser sich als besonders risikoscheu zeigt, dann wird das Geld schon aus Prinzip mehr oder weniger vollständig in Renten und Immobilien angelegt. Auch dann, wenn das Aktienrisiko historisch niedrig erscheint.

Wer etwa 2005/2006 sein Geld sicher anlegen wollte, bekam vor allem Renten/-fonds und Immobilienfonds angedreht. Genau mit diesen beiden Kategorien war das Verdienen schwer bis gar nicht möglich und die meisten wären besser gefahren, hätten sie 20 Prozent in Aktien investiert und den Rest auf ein Tagesgeldkonto gelegt. Aber das Konzept muss ja stur umgesetzt werden.

Schließlich sind die Produkte dabei. Sie sollten auf die Bedürfnisse der Anleger abgestimmt sein und passend zur Marktsituation ausgewählt werden. Prinzipiell gibt es auch genügend Produkte, eher zu viele. Darunter sind einige wirklich gute und viele wirklich schlechte. Warum aber Kapitalanlagegesellschaften über Jahre hinweg Fonds im Markt lassen, die eine absolut stabile Schlechtleistung erbringen, ist schleierhaft. Auf dem Auto- oder Lebensmittelmarkt lösen sich solche Probleme schneller. Hier spielt aber auch der Vertriebsdruck eine Rolle. Angesichts einer fast fünfstelligen Zahl von Fonds und einer sechsstelligen Zahl von Zertifikaten kann man nicht davon ausgehen, dass der Anleger sich seine Produkte von alleine sucht. Sie sind vielmehr, darauf deuten auch die Provisions-Systeme hin, darauf ausgelegt, aktiv ver- und nicht gekauft zu werden.

Wenn Sie mal unpassend vergleichen: In einem durchschnittlichen Supermarkt fühlen Sie sich sicher überfordert, wenn Sie als Neukunde nach Produkten suchen müssen, deren Verpackung Sie nicht kennen und von denen Sie nicht wissen, wie sie schmecken, was ein guter Preis ist. Der Einkauf ist nur erträglich, wenn man weiß, wo die Sachen stehen, die man täglich braucht. Die Zahl der Produkte in einem durchschnittlichen Supermarkt liegt ungefähr auf dem Niveau des Fondsangebots in Deutschland, eher noch darunter. Stellen Sie sich mal vor, jedes Produkt sei ein Fonds. Übersichtlich, nicht? Mit Zertifikaten, Aktien, Anleihen geht es noch weiter und Sie finden ein Sortiment vor, für das man sonst ein ganzes Einkaufszentrum braucht.

Die Produktauswahl ist also eine große Aufgabe. Seitens der Verkäufer wird die Vielfalt gerne ausgenutzt, um auch einige nicht geeignete Produkte zu verkaufen.

Soll ich Vermögensverwalter beauftragen

Vermögensverwalter arbeiten höchst unterschiedlich, nicht nur, was die Ergebnisse angeht, sondern auch, was die Vorgehensweise betrifft. Selbst bei angesehenen Häusern findet sich eine erhebliche Bandbreite bei den Resultaten. Sieht man sich den Vergleich von Vermögensverwaltern beispielsweise bei Firstfive an, so glaubt man kaum an ein einheitliches Qualitätsniveau. Schon unter den fünf besten ist der Renditeunterschied so hoch, als würden Anfänger und Profis nebeneinander antreten. Zudem gibt es keine Gewähr, dass die Spitzenreiter des einen Jahres auch im nächsten wieder top sind. Ist ein Verwalter dieses Jahr Spitzenreiter, nächstes aber unter ferner liefen, dann hilft das niemandem. Jedes Jahr guter Durchschnitt zu sein, ist mitunter auch nicht schlecht.

Beispielsweise sollte man annehmen, dass ein Vermögensverwalter in einer Risikoklasse (zum Beispiel 100 Prozent Aktien) in der Fondsvermögensverwaltung ein Ergebnis erzielt, das über der Wertentwicklung des eigenen Aktienfonds bzw. bekannter Aktienfonds liegt. Aber auch das wird nicht oder nur selten erreicht. Oft fährt also der Anleger besser, wenn er einen Fonds des Vermögensverwalters kauft, als wenn er Kunde der Vermögensverwaltung wird. Viele Anbieter hatten auch im Aktienbereich Ende 2005 noch nicht die Verluste des Börseneinbruchs von 2001-2003 wieder aufgeholt. Für eine ganze Reihe von Aktienfonds war dies aber kein Problem. Einige hatten sogar Anfang 2004 schon wieder ein Allzeithoch erreicht.

Fonds                                                WKN              Spektrum

Lingohr Systematic                         977479          Aktien weltweit, quantitativ gesteuert

Albrech & Cie. Optiselect               933882          Aktien weltweit, Value-orientiert

Acatis Aktien Global                       978174          Aktien weltweit, Value-orientiert

First Private Europa Aktien Ulm   979583          Aktien Europa, Value-orientiert

Gecam Adviser Global Balanced 725245          gemischter Dachfonds

H-Port Huber Dynamic                   AOEQOR      Mischfonds weltweit

Carmignac Patrimoine                   AODPWO     Mischfonds weltweit

Tri Style Fund                                  798616          Mischfonds weltweit

Es bleibt also festzuhalten, dass Vermögensverwalter zwar gute Ergebnisse erzielen können, es aber keine Garantie dafür gibt. Wer etwas Zeit in die Auswahl von Fonds investiert, kann ähnliche und oft sogar bessere Ergebnisse erzielen. Vor allem kann auch ein Einsteiger mit wenig Kapital und Erfahrung erfolgreich sein, wenn er die meist sehr guten Fonds der Verwalter kauft.

Da es in der letzten Zeit viele Neuauflagen von Fonds gab, sollten Sie immer auf eine möglichst umfangreiche Erfahrung des Fondsmanagements achten, also etwa ein Sterne-Rating.
Arten der Vermögensverwaltung
Vermögensverwaltung (W) kann nach unterschiedlichen Kriterien unterschieden werden. Zum einen gibt es die Abteilungen der Banken, die W für ihre vermögende Kundschaft betreiben, zum anderen gibt es eigenständige Verwalter. Die VV der Banken lebt letztlich davon, dass oft schon eine Kundenbeziehung im Rahmen der Kontoführung besteht und der Kunde somit weitergereicht werden kann.

Unabhängige Verwalter müssen dagegen Werbung für sich machen, was in Anbetracht einer eher verschwiegenen Zielgruppe nicht gerade einfach ist. Neben privaten Empfehlungen spielen so genannte Depot Checks, die über Zeitungen und im Internet ange- boten werden, eine Rolle. Dabei können Anleger ihre Depotzusammensetzungen zur Analyse einreichen und erhalten eine Bewertung sowie Vorschläge. Da private Depots selten nach Risikostreuungskriterien zusammengesetzt sind, gibt es meist viel zu verbessern. Dies sind dann Anknüpfungspunkte für eine mögliche Kundenbeziehung. Die größeren Vermögensverwalter managen oft eigene Fonds, die bei entsprechender Leistung in den Rennlisten auftauchen und somit Werbung für die W machen.

Die unabhängige wie die Banken-W unterscheidet Mandate nach dem Anlagevolumen. Für die kleineren Volumina – die Grenze ist ausgesprochen variabel und liegt zwischen 10000 und 1 000 000 Euro – wird eine Fonds-W angeboten, für größere eine individuelle Vermögensverwaltung, das heißt Handel mit Aktien, Anleihen und sonstigen Produkten. Für viele Interessenten ist es erst einmal ein Schreck, wenn sie ihr jahrelang Erspartes zum Verwalter tragen wollen und dieser ihnen sagt, das reiche noch nicht aus, um sich damit näher zu beschäftigen. Das ist einerseits frustrierend, andererseits aber auch verständlich. Der Verwalter berechnet eine Gebühr, die je nach Vergütungsmodell bei ein bis zwei Prozent liegt (teilweise wird auch ein Anteil an der Wertsteigerung berechnet, so dass die Provision insgesamt noch höher liegen kann). Legt ein Kunde nun 100 000 Euro an, dann bleiben 1 000 bis 2 000 Euro hängen.

Vor allem Kunden von Filialbanken müssen damit rechnen, dass im Rahmen der Anlage- oder Vermögensstrategie neben Fondsanlagen auch Versicherungen, geschlossene Fonds und Immobilien angeboten werden. Hiermit lassen sich erhebliche Provisionseinnahmen erzielen, die wesentlich über den Gebühren liegen, die mit einem Aktienanleger zu erzielen sind. Diese Produkte werden auch empfohlen, ohne dass eine Notwendigkeit beim Kunden erkannt wird. Denken Sie daran, dass Versicherungen bei Direktversicherern oft deutlich günstiger sind. Die werden Ihnen aber in keiner Filiale angeboten.

So bleibt unter der magischen Grenze nur die Fonds-W, wobei oft noch einmal eine Einstiegsschwelle bei 25 000 oder 50 000 Euro gesetzt wird. Im Rahmen der Fonds-W ist keine individuelle Analyse und Beratung zu erwarten. So wird zwar die Einstufung im Hinblick auf die Risikoklassen vorgenommen, der Kunde wird aber im Prinzip nur einer Anlageklasse zugeordnet, das heißt er zahlt in einen bestimmten Depottyp ein.

Die meisten W arbeiten in der Fondsvermögensverwaltung mit drei, vier oder fünf Typen, die sich anhand des Aktien- und Rentenanteils unterscheiden:

1.Meist gibt es eine Variante, die sich Basis, konservativ, sicher oder Ähnliches nennt. Hier sind nur Geldmarkt-, Renten- und gegebenenfalls Immobilienfonds aus Euroland enthalten. Sie eignet sich für Anleger, die ausgesprochen geringe Risiken akzeptieren.
2.Die zweite Klasse heißt zum Beispiel Einkommen oder Ertrag. Hier können Rentenanlagen außerhalb von Euroland und Unternehmensanleihen mit guter Bonität hinzukommen.
3.Die nächste Variante könnte Balanced, ausgewogen, Mix oder Ähnliches heißen. Hier ist die Beimischung von Aktienfonds vorgesehen, meist bis etwa 30 Prozent. Falls es nur drei Depotvarianten gibt, können auch 50 Prozent Aktienfonds zugelassen sein.
4.Die vierte Variante wird dann oft als dynamisch, Chance, Star, Wachstum oder Ähnliches bezeichnet. Im Wesentlichen wird in Aktienfonds angelegt, wobei die Obergrenze meist im Bereich von 70 Prozent liegt.
5.Die letzte Variante ist Trend, Chance oder Ähnliches. Es wird nur in Aktienfonds investiert, und zwar auch in Emerging Markets-, Branchen- und Small Cap-Fonds, die ein höheres Risiko aufweisen.

Die Assetklassen bleiben starr, die Auswahl der einzelnen Fonds kann durchaus variieren. Letztlich läuft das Modell aber auf das des Dachfonds hinaus. Viele Dachfonds sind nach ähnlichem Muster gestrickt und stellen eine sinnvolle Alternative zur Fonds-W dar. Da die Transparenz bei den Fonds sehr hoch ist, sollten sie auf jeden Fall als Alternative zur Fonds-W betrachtet werden.

Fonds                                                WKN                          Inhalt

Sauren Global Opportunities        930921                      Aktienfonds weltweit

A2A Basis                                        556163                      überwiegend Rentenfonds

Gecam Adv. Global Balanced      725245                      Aktien- und Rentenfonds

R&R Gerling Top Select                984733                      Aktienfonds weltweit

HSBC Trinkaus Top Invest            940705                      Aktien- und Rentenfonds

Acatis 5 Sterne Universal              531731                      Aktienfonds weltweit

AD1G Best-in-OneEurope II          637249                      europäische Aktienfonds

Veritas SG Balance                                    976338                      überwiegend Rentenfonds

Multi Invest OP                                 926200                      Aktienfonds weltweit

Die Gebühren der Verwalter betragen meist ein Prozent vom Anlagevolumen jährlich, können im Einzelfall aber auch mehr als zwei Prozent ausmachen. Anleger sollten darauf achten, dass nicht noch Ausgabeaufschläge für die Fonds berechnet werden. Üblicherweise tauchen sie gar nicht auf, weil Verwalter sie auch nicht zahlen. Vor einer Entscheidung sollten Sie sich auf jeden Fall die Ergebnisse der Vergangenheit vorlegen lassen, die Sie dann mit den Wertentwicklungen einiger Dachfonds vergleichen können. Liegt die Fonds-W deutlich darunter, ist sie ihr Geld nicht wert.

Dachfonds zu Ihrer Risikoneigung anpassen

Die Zuordnung der Anleger zu den Depottypen führt zu einem erheblichen Maß an Disziplin. Man wird nicht verleitet, weil es gerade so gut läuft, höhere Risiken einzugehen als ursprünglich geplant. Gleichzeitig ist das System aber auch inflexibel und investiert zum Beispiel auch in Rentenfonds, wenn dies aufgrund der Marktsituation keinen Sinn ergibt. So gibt es Zeiten, in denen sowohl Zinsen als auch Aktienkurse niedrig sind und eher Zinserhöhungen bevorstehen, so dass man in alles investieren könnte – nur gerade nicht in Renten. Bei diesem starren Depotmodell müsste aber gerade das passieren. Anleger, die das Ganze selbst in die Hand nehmen, können flexibler reagieren.

Die individuelle W kann flexibel auf Marktänderungen reagieren und auch stärker die Bedürfnisse des Anlegers berücksichtigen. Allerdings sollte dieser sich nicht der Illusion hingeben, die Anlageentscheidungen würden durch einen morgendlichen Anruf abgesprochen. Der Verwalter entscheidet anhand der Vorgaben selbst und erstattet in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Bericht.

Und gerade hier fängt es an interessant zu werden. Im Zuge der Börsenkrise 2000-2003 hatten nämlich zahlreiche Anleger Gelder verloren, allerdings stillschweigend darauf vertraut, der Verwalter würde genau dies verhindern. Schließlich würde er dafür bezahlt, schnell zu reagieren und auch Verluste zu verhindern. Allerdings häuften sich in den Folgejahren Berichte darüber, dass selbst renommierte Institute eben nicht Verluste verhinderten, sondern fleißig weiter handelten, als gäbe es keine Krise. Da aber viele Anleger ihre Berater nur selten kontrollieren und auch nicht selbstverständlich aktuell über den Depotstand informiert werden, merken sie das erst sehr spät.

Besonders innerhalb einer Bank können Interessenkonflikte bestehen. So könnte nicht nur das Interesse vorhanden sein, Transaktionskosten zu produzieren, sondern auch eigene Produkte oder Aktien, an denen das Haus ein besonderes Interesse hat, einzubuchen. Typische Situationen sind zum Beispiel Börsengänge, die selbst betreut wurden, oder Verkäufe eigener Fonds, die aufgrund der kursbeeinflussenden Wirkung nicht am Markt stattfinden sollen.

Die individuelle W kann bei entsprechendem Geschick bessere Ergebnisse liefern als die fondsgebundene, vor allem ist sie flexibler. Allerdings besteht eine hohe Abhängigkeit von einer Einzelperson, die genial handeln, sich aber auch komplett irren kann. Insofern sollten Sie auch Klarheit darüber haben, wer die Entscheidungen für Ihr Depot trifft. Gar nicht so selten wird der Eindruck erweckt, es handle sich um ein Spitzenteam mit dem weltweiten Überblick, das sich Ihren ganz individuellen Bedürfnissen widme. Tatsächlich kommt es dann aber oft nur zur Exekution der Vorgaben des zentralen Anlageausschusses, der über die einzelnen Kunden nichts weiß. Auch das Gespräch mit dem Geschäftsstellenleiter oder Firmengründer dient meist nur der Akquisition. Das Alltagsgeschäft übernehmen dann schon mal die Junior-Berater. Aber hier besteht ja die Möglichkeit, regelmäßig anzurufen und festzustellen, wer sich worum kümmert.