Disney 1995 and Warren Buffett

Bel Disney hatten Michael Eisner und Frank Wells Inzwischen ihre eigenen Methoden eingesetzt. Die jüngsten Zahlen lassen sich so:

$ Millionen 1989 1995 Wachstumsrate auf Jahresbasis (%)
Umsatz 4594 12112 17,5
Betriebsergebnis 1229 2446 12,2
Gewinn 703 1380 11,9
Gewinn je Aktie 1,27 2,60 12,7

Die Steigerung fällt hier nicht ganz so eindrucksvoll aus wie bei Cap eitles, doch das lag hauptsächlich am Eurodisney-Effekt. Seit Jahrzehnten hatte Disney in den Vereinigten Staaten und Japan mit großem Erfolg Themenparks betrieben. Das 1992 eröffnete Eurodisney ist Europas Gegenstück zu Disneyland. Es war eine organische Weiterentwicklung der bestehenden Strategie. Eurodisney wurde ohne Belastung der Bilanzstruktur finanziert: Disney hielt 49 Prozent und institutionelle und private Anleger teilten sich den Rest. Es mussten auch projektgebundene Darlehen aufgenommen werden. Disney rechnete neben der Aktienrendite mit Interessanten Erträgen in Form von Lizenz- und Konsortialgebühren. Damit hatte man den goldenen Mittelweg eingeschlagen zwischen den hundertprozentig unternehmenseigenen und -betriebenen Parks In den Staaten und dem japanischen Modell, bei dem Disney ausschließlich Lizenzgebühren erhielt. Doch Eurodisney blieb hinter den Zielsetzungen zurück, insbesondere bei der Hotelbelegung, die einen der Schlüsselfaktoren beim Gewinn darstellte. 1994 erfolgte eine Umschuldung, die in den Augen der Beobachter für Disney günstig ausfiel. Die Banken zeigten sich verständlicherweise verhandlungsbereit, da ohne die Unterstützung von Disney eine Erholung nicht zu erwarten war. Nichtsdestotrotz drückte diese Beteiligung das Gesamtergebnis und kostete 1993 $515 Millionen, 1994 $110 Millionen (in der Gewinn- und Verlustrechnung – effektiv war es mehr). Doch Eurodisney war im Aufwind. Es stellte eine sinnvolle Produkterweiterung dar und war mit möglichst geringen Risiken für Disney finanziert worden. Es schlug sich wacker auf dem europäischen Markt und die bereits hohen Besucherzahlen stiegen weiter.
Außerdem war es nicht diese eine Beteiligung allein, die Disney ausmachte.

Das 1992 eröffnete Eurodisney ist Europas Gegenstück zu Disneyland. Es war ein^ organische Weiterentwicklung der bestehenden Strategie. Eurodisney wurde ohne Belastung der Bilanzstruktur finanziert.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für seine Kunden?
American Express schmeichelt dem Selbstbewusstsein seiner Kunden. Die Cola-Flasche verkörpert die Ambitionen von Millionen. Disney geht noch einen Schritt weiter. Auch hier geht es um Träume, doch im Gegensatz zu anderen Firmen schafft Disney diese Träume. Vor siebzig Jahren hat Walt Disney eine sprechende Maus erfunden, und die Leute kamen in Scharen, um sie zu sehen. Sie wollten sie immer wieder sehen und kauften Mickey-Mouse-Artikel, und so entstand eine dauerhafte Bindung. Heute spielen die Kinder ihre „Aladin“- und „König der Löwen“-Kassetten immer und immer wieder. Disney ist nicht das einzige Unternehmen auf der Welt, das Unterhaltung verkauft. In einem globalen Markt, der von den USA beherrscht wird, auf dem die englische Sprache und amerikanische Wertvorstellungen eine ganz besondere Rolle spielen, haben sich die großen Filmstudios Hollywoods jahrzehntelang ihre Vormachtstellung bewahrt. Doch Disney ist seinen traditionellen Rivalen in dreifacher Hinsicht überlegen:

1 Kinder – Disneys Produkte haben eine Zielgruppe, die sofort zufrieden gestellt sein will. Eltern vertrauen auf Disneys Qualität und Werte. Wenn Sie nach einem Wertmaßstab für die Marke Disney suchen, stellen Sie sich einfach Folgendes vor: Als Vater oder Mutter gehen Sie mit Ihrer Familie ins Kino und haben die Wahl zwischen einem Disney-Film zum vollen oder einem anderen Film zum halben Preis. Wofür würden Sie sich entscheiden? Das Hauptrisiko bei der Produktion von Filmen – deren Budgets für den künstlerischen und den betriebswirtschaftlichen Bereich $100 Millionen pro Projekt übersteigen können – ist die Schwierigkeit, im Voraus zu bestimmen, was sich verkaufen lässt. Disney hat dieses Risiko minimiert. Und da das Disney-Publikum in erster Linie aus Kindern besteht, kann das Studio seine Produkte mit geringem Kostenaufwand alle paar Jahre neu präsentieren.
2 Lizenzverträge – Disney war Pionier auf dem Gebiet der Lizenzvergabe für die Rechte an seinen Figuren zum Merchandising. Das Ist ein faszinierendes Geschäft. Wo sonst zahlt der Kunde schon für das Recht, Werbung für ein Produkt zu betreiben? Auf diese Weise verdient Disney an jedem Federmäppchen und jedem Hamburger mit Schneewittchenbild. Und jedes solche Konterfei macht die Figur, den Film und die Marke noch populärer. In dieser Sparte – der Lizenzvergabe für seine Figuren – steht Disney weltweit an erster Stelle.
American Express schmeichelt dem Selbstbewusstsein seiner Kunden. Die Cola-Flasche verkörpert die Ambitionen von Millionen. Disney geht noch einen Schritt weiter. Auch hier geht es um Träume, doch im Gegensatz zu anderen Firmen schafft Disney diese Träume.
3 Talent – Disney beschäftigt erstklassige Zeichner, Autoren, Komponisten und Schauspieler, von denen jeder einzelne ersetzbar ist. Wir haben bereits festgestellt, dass Filmproduktion ein riskantes Geschäft ist. Eine verbreitete Methode, um diese Risiken zu reduzieren, ist die Verpflichtung berühmter Schauspieler. Dadurch haben die Schauspieler bzw. ihre Agenten gegenüber den Produktionsfirmen eine günstige Verhandlungsposition. Wie viel Gewinn auch erzielt wird, ein immer größerer Teil davon fließt an die Stars. Bei einer Disney-Produktion sind die einzelnen Schauspieler oder Mitwirkenden zweitrangig – die Qualität stimmt, doch der Einzelne ist von untergeordneter Bedeutung. Und natürlich verlangt Mickey Mouse keine Umsatzbeteiligung…

In einer Hinsicht war Disney nicht so vielversprechend wie Coca-Cola, Gillette oder die Washington Post: Die Konkurrenz war zu groß. Die Washington Post war die einzige bedeutende Tageszeitung der Region. Die Produkte von Coca-Cola oder Gillette waren auf fast allen Märkten präsent und in puncto Kosten, Qualität und Bekanntheitsgrad für alte wie neue Konkurrenten unschlagbar. Disney verfügt über einen großen Namen und über ein Erbe, an das kein anderes Unternehmen der Unterhaltungsindustrie herankommt. (Warner etwa verfügt zwar über bekannte Figuren, doch es fehlt die Kontinuität). Es war aber nicht auszuschließen, dass ein anderes Studio ebenfalls hochwertige Kinderfilme produzierte – ob Trickfilme oder andere.

Wenn Sie nach einem Wertmaßstab für die Marke Disney suchen, stellen Sie sich einfach Folgendes vor: Als Vater oder Mutter gehen Sie mit Ihrer Familie ins Kino und haben die Wahl zwischen einem Disney-Film zum vollen oder einem anderen Film zum halben Preis. Wofür würden Sie sich entscheiden?

Steigert das Management den Unternehmenswert?
Steigert das Unternehmen seinen Wert für die Aktionäre?

Eisner und sein Team hatten es geschafft, das Unternehmen neu auszurichten. Sie hatten seit den 60er Jahren im Trickfilmbereich Kinohits in Folge produziert wie kein anderes Studio. Im Videogeschäft wurde die Nachfrage künstlich angeheizt durch limitierte Abgabe. Damit wurde gleichzeitig der Erfolg zukünftiger Neuauflagen bei der nächsten Generation gesichert. Der Merchandising-Bereich wurde eine Stufe weiter entwickelt durch die erfolgreiche Einführung der Disney Store-Kette in den USA und anderen Ländern. Abgesehen vom – noch nicht erwiesenen – Misserfolg in Europa hatten sich die Themenparks und Vergnügungseinrichtungen nach Wunsch entwickelt: Jede verkaufte Kinokarte, jedes verkaufte Spielzeug schuf einen potenziellen Besucher. Eisner hatte Eintrittsgelder und Preise (für Karten, Hotelzimmer und Disney-Artikel) systematisch angehoben, denn er hatte erkannt, dass der Spielraum bei der Preisgestaltung angesichts der starken Nachfrage enorm war. Der Disney- Kabelkanal war ein cleverer Schachzug zur Rückeroberung des Fernsehsegments.
Zur Person Elsners blieben jedoch viele Fragen offen. Durch den Unfalltod von Wells Anfang 1994 war Ihm die Führungsrolle zugefallen. Das Unternehmen hatte viel In die Produktion von Filmen und Tonträgern investiert. Die letztendlich erzielten Erfolge hatten jedoch keinen Bezug zur Marke Disney oder zum Kerngeschäft. Angesichts einer jährlichen Rendite von 28 Prozent über zehn Jahre konnten die Aktionäre mit dem neuen Management zufrieden sein. Und sie zeigten sich entsprechend dankbar. Eisner verfügte über 1,5 Prozent des Unternehmens in Form von Anteilen und Optionen. Die Optionen wurden auf $170 Millionen geschätzt. Damit gehörte er zu den bestbezahlten Angestellten der Welt.

Berkshire Hathaway hat in eine Reihe von börsennotierten Unternehmen investiert, die ebenfalls Optionsprogramme durchführen. Das gilt mehr oder weniger für alle börsennotierten Firmen, wobei Disney sich hier besonders großzügig zeigte. Buffett und Munger verknüpfen die Vergütung lieber mit Faktoren, die in der Hand des Managements liegen, in erster Linie mit Umsatz oder Spitzenkennzahl-Zielsetzungen. Der Aktienkurs sagt nichts aus über den zu Grunde liegenden Wert oder die Zukunftsaussichten eines Unternehmens, er bietet schlicht Gelegenheit, nach eigenem Eindruck vom inneren Wert einer Firma zu kaufen oder zu verkaufen. Mit der Ausgabe von Optionen verteilt man quasi Lose für eine Tombola, deren Preise die Aktionäre gestiftet haben.

Finanzanalyse bei Walt Disney – Warren Buffett

Disney hatte ein Angebot abgegeben für Capital Cities/ABC, ein Unternehmen, das halb so groß war wie Disney selbst. Um Buffetts damaligen Standpunkt zu verstehen, müssen wir Disney zunächst für sich betrachten, und dann den Unternehmensverbund.

Konsolidierte Bilanzen 1994 und 1995

$ Millionen 1995 1994
Barmittel und Beteiligungen 1943 1510
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 1793 1671
Bestände 824 668
Film und TV1 2099 1596
Sachanlagen 6723 6445
Sonstige Vermögensgegenstände 1224 937
Aktiva 14606 12826
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und
Leistungen 2843 2475
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 2984 2937
Steuern2 1267 1206
trasitorische Passiva3 861 700
Passiva 7955 7318
Eigenkapital 6651 5508

Anmerkungen
1. Die Tage, als das Filmarchiv noch nicht in der Bilanz ausgewiesen wurde, sind passe, doch ihr Wert für das Unternehmen lässt sich erkennen, wenn man den Posten Film- und Fernsehprojekte den Sachanlagen gegenüberstellt. Letztere schlagen viel stärker zu Buche, doch es ließe sich darüber streiten, was davon wertvoller ist. Die Fähigkeit des Unternehmens, aus Filmen Kapital zu schlagen, wirft buchhalterisch Probleme auf. Im Grunde wurden die Produkte bis zur Premiere zu den Herstellungskosten geführt. Danach wurde ein Aufwandsposten proportional zum Verhältnis der effektiven Bruttoeinnahmen zu den kalkulierten Bruttoeinnahmen im Betrachtungszeitraum angesetzt. Das Risiko bestand dabei hauptsächlich darin, dass das Management die Bruttoeinnahmen überschätzen und der Aufwandsposten damit in die Verlustzone geraten würde. Es war beruhigend, dass die so errechnete Summe niedrig wirkte. Die Abschlusserläuterungen haben außerdem ergeben, dass 87 Prozent der nicht abgeschriebenen Produktionskosten innerhalb von drei Jahren als Periodenaufwand verbucht wurden. Die Regale des Archivs entwickelten darüber hinaus erstaunliches Potenzial.
2. Es standen aufgeschobene Steuerverbindlichkeiten in beträchtlicher Höhe aus den Themenpark-Beteiligungen an. Diese würden sich vermutlich fortsetzen oder sogar zunehmen, wenn das Geschäft mit Parks/Hotels/sonstigen Immobilien weiterhin expandierte.
3. Disney verdiente große Summen an Tokyo Disneyland und anderen Lizenznehmern, die jedoch nur für die Dauer der Lizenzverträge als Gewinn ausgewiesen wurden.

Kapitalquellen
Mit einer Eigenkapitalbasis von $6,7 Milliarden erwirtschaftete das Unternehmen $12,1 Milliarden Umsatz und $1,4 Milliarden Gewinn. Die eben beschriebenen Faktoren – die verhältnismäßig geringen Investitionen ins Sortiment, die Bemessungsgrundlage für aufgeschobene Steuern, die transitorischen Passiva – stellten eindeutig wesentliche frei verfügbare Kapitalformen dar. Am meisten zählte hier aber der Name Disney. Der Firmenname Disney bedeutete, dass die Leute Filme, Videos, Kabelkanäle, Merchandising-Artikel und Vergnügungsparks bevorzugten und bereit waren, mehr dafür zu bezahlen.
Eigenkapitalrentabilität

$ Millionen Gewinn durchschnittlichesEigenkapital EKR (%) IP (%)
1992 817 4288 19,1
1993 888 4868 18,2 12,2
1994 1110 5269 21,1 55,4
1995 1380 6080 22,7 33,3

Die Fusion
Es befanden sich 153,9 Millionen Cap Cities-Aktien in Umlauf. Disney bot eine eigene Aktie plus $65 in bar für jede Cap Cities Aktie. Vorbehaltlich bestimmter Einschränkungen konnten die Cap Cities-Aktionäre auch den gesamten Betrag in Disney-Aktien oder in bar erhalten. Die Disney-Aktie wurde ungefähr zu $58 gehandelt, so dass die gesamte Transaktion ein Volumen von $19 Milliarden hatte. Die Ergebnisse von Cap Cities für die neun Monate bis zum 1. Oktober 1995 wiesen einen um außerordentliche Aufwendungen und immaterielle Vermögenswerte bereinigten Gewinn von $573 Millionen aus. Für das ganze Jahr sind das – grob gerechnet – $764 Millionen. Der Kaufpreis von $19 Milliarden ergibt ein KGV von 24,9. Das IP von Cap Cities hatte früher bei rund 20 Prozent gelegen, wobei die laufende EKR auf 17 Prozent zurückgegangen war. Wie man es auch betrachtet, ein KGV beim Ausstieg von 24,9 war mehr als gut. Hätte sich Buffett entschlossen, sich seine Anteile auszahlen zu lassen, hätte er das Geschäft zu diesem Preis durchaus rechtfertigen können.

Er tat es aber nicht. Er entschied sich ausschließlich für Disney-Aktien und kaufte nach der Fusion noch mehr Disney-Aktien an der Börse. Warum? Nun, der ausschlaggebende Grund war strategischer Natur. Buffett, Eisner und Murphy hatten erkannt, dass Disney seine amerikanischen Kunden wie kein anderes Unternehmen zufrieden stellte. Cap Cities mit seinem Sendenetz und insbesondere den Kabelanteilen war ein führender Vertriebskanal. Eine solche Kombination war äußerst Gewinn versprechend. Buffett hatte sich hier – was ansonsten nicht seine Art ist – als Kuppler betätigt und den beiden anderen Managern seine Sichtweise nahe gebracht.
Doch das Geschäft musste auch finanziell tragfähig sein. Die Neuschöpfung konnte, was die Kapitalstruktur anbelangt, ein völlig anderes Aussehen erhalten, je nachdem, wie viele Cap Clties-Aktionäre sich für Aktien oder Barauszahlung entschieden. Es würden Kosteneinsparungen und nicht quantifizierbare Vorteile entstehen. Die simple Addition der Betriebsergebnisse beider Unternehmen vor Zinsen ergab insgesamt $3 543 Millionen für das Jahr 1995. Disney hatte vor der Fusion Verbindlichkeiten in Höhe von $1,04 Milliarden, Cap Cities Barmittel in Höhe von $700 Millionen. Zwei Szenarien sollte man hier gedanklich durchspielen. Bei beiden bleiben Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte unberücksichtigt, bei beiden wird der Zinssatz mit konservativen 10 Prozent angesetzt. Der fiktive Steuersatz soll 35 Prozent betragen.
1. Was wäre, wenn alle Cap Cities-Aktionäre bar ausbezahlt werden wollten?
In diesem Fall hätten sich Verbindlichkeiten in Höhe von $19,3 Milliarden ergeben, wobei die Anzahl der in Umlauf befindlichen Disney-Aktien mit 524,8 Millionen gleich geblieben wäre. Die Gewinn- und Verlustrechnung hätte folgendermaßen ausgesehen:

$ Millionen
Betriebsergebnis 3543
Zinsaufwendungen (1930)
Gewinn vor Steuer 1613
Jahresüberschuss 1048
Gewinn je Aktie ($) 2,0

 

  1. Was wäre, wenn alle Cap Cities-Aktionäre sich für die Option Disney-Aktie plus $65 Dollar entschieden hätten?

Es befanden sich 153,9 Millionen Cap Cities-Aktien in Umlauf. Die Zahl der Disney-Aktien wäre also auf 678,7 Millionen gestiegen, die Verschuldung hätte $10,3 Milliarden betragen:

 

$ Millionen
Betriebsergebnis 3543
Zinsaufwendungen (1030)
Gewinn vor Steuer 2513
Jahresüberschuss 1633
Gewinn je Aktie ($) 2,41

Berkshire verfügte über 20 Millionen Cap Cities-Aktien. Mar wusste, dass man selber Aktien wählen würde, dass es für andere Anleger steuerliche Anreize gab, sich ebenfalls so zu entscheiden und dass das Geschäft Hand und Fuß hatte. Das zweite Szenario war also wahrscheinlicher. Berkshire bekäme 20 Millionen Disney-Aktien, 2,95 Prozent des fusionierten Unternehmens, und $1,3 Milliarden in bar.
Buffett sagt, dass der wichtigste finanzielle Gesichtspunkt bei einem Aktien-gegen-Aktien-Geschäft der ist, ob der Verkäufer auch den gleichen Wert zurückerhält. Berkshire gab 13 Prozent von Cap Cities auf (von den ursprünglich 19 Prozent war bereits ein Teil verkauft worden) und erhielt dafür einen 2,95-Prozent-Anteil von Disney zuzüglich einer Summe Bargeld. Wie wir festgestellt haben, verbuchte Cap Cities im Jahr $764 Millionen Gewinn bei einer IP/EKR-Spanne von 17 bis 20 Prozent. Eine großzügige Schätzung des Inneren Wertes (IV) läge also bei $15,3 Milliarden. Berkshires 13 Prozent wären damit $2 Milliarden wert. Dlsneys jüngste EKR/IP-Werte lagen bei 23-33 Prozent. Wenn wir davon ausgehen, dass der Wert nach der Fusion am unteren Rand der Spanne läge und wir den für Szenario 2 ermittelten Gewinn zu Grunde legen, ergibt sich ein Innerer Wert von $37,6 Milliarden. Berkshires 2,95-Prozent-Anteil wäre damit $1,1 Milliarden wert. Rechnet man die $1,3 Milliarden Bargeld hinzu, liegt der Gesamtwert der Transaktion für Berkshire bei $2,4 Milliarden, also höher als der bestehende Wert von $2 Milliarden, und das ohne Berücksichtigung der infolge der Fusion zu erwartenden Vorteile.

Anfang 1996 kaufte Berkshire weitere 4,6 Millionen Disney-Aktien an der Börse. Der genaue Kaufpreis ist nicht bekannt, wird jedoch irgendwo zwischen $50 und $60 gelegen haben. Dem Konglomerat wird damit ein Wert von $34-41 Milliarden beigemessen, was ungefähr dem ermittelten inneren Wert entspricht. Dass Buffett die Fusion vorangetrieben hat, steht außer Frage. Er hatte die positiven Synergieeffekte für beide Parteien klar erkannt. Die Sicherheitsmarge bestand in diesem Fall aus zu erwartenden, doch nicht quantifizierbaren finanziellen Vorteilen.

Buffett sagt, dass der wichtigste finanzielle Gesichtspunkt bei einem Aktien-gegen-Aktien-Geschäft der ist, ob der Verkäufer auch den gleichen Wert zurückerhält.

Testfragen Zum Verständnis – Gillette Company – Warren Buffett

Verstehen Sie, warum das Produkt gekauft wird?
„Es ist erfreulich, jeden Abend ins Bett zu gehen und zu wissen, dass es auf der Welt 2,5 Milliarden Männer gibt, die sich am nächsten Morgen rasieren müssen. “

Warnen Buffett, Forbes, 1993
Die Menschen kauften Rasierer und Klingen von Gillette, um Gesichts und sonstige Körperbehaarung zu entfernen. Das Rasieren ist zwar noch nicht so alt wie die Menschheit, doch hat sich die tägliche Rasur in diesem Jahrhundert besonders schnell durchgesetzt – wie auch die Begriffe Hygiene und Körperpflege. Dieselben Trends heizten und heizen immer noch die Nachfrage nach anderen Gillette-Produkte an wie Deodorants, Haarsprays, Zahnbürsten, ja, selbst nach hochwertigen Schreibgeräten. Die Menschen werden sich auch weiterhin rasieren, und – so scheint es – Gillette hat den richtigen Riecher für die Richtung der Produktentwicklung – ob nun hin zu sicherheitstechnischen Verbesserungen der Rasur oder elektrischem Ersatz

Wie würde sich die Branche in den kommenden zehn Jahren entwickeln?
Die Rasur ist etwas sehr Persönliches, und die Konsumenten werden stets das beste und sicherste Produkt erwerben, das zu einem konkurrenzfähigen Preis zu haben ist. Wie bereits erwähnt, reichte es nicht, ein gutes Produkt zu entwickeln und sich jahrzehntelang darauf zu verlassen. Offensichtlich ist es dem Management gelungen, den Kundenbedürfnissen mit entsprechenden Innovationen entgegenzukommen oder Konkurrenten durch Imitation ihrer Neuentwicklungen abzudrängen. Gillette verfügte weltweit über das beste Vertriebssystem der Branche, würde es aber zweifelsohne ausweiten, um die rasch wachsenden Exportmärkte zu versorgen.

Haben Sie Vertrauen ins Management?
Mockler und sein Top-Management hatten gezeigt, dass sie die Dynamik ihres Kerngeschäftes verstanden. Sie hatten auf innovative Produkte, Verbesserungen in Vertrieb und Marketing und Kostenkontrolle gesetzt. Sie hatten in geringem Umfang relevante Beteiligungen erworben und branchenfremde, unrentable Geschäftsfelder abgestoßen. Der Härtetest für ihre Einstellung gegenüber den Aktionären waren die Proxy-Auseinandersetzungen Ende der 80er Jahre.

Das Rasierer ist fast so alt wie die Menschheit, doch hat sich die tägliche Rasur in diesem Jahrhundert besonders schnell durchgesetzt – wie auch die Begriffe Hygiene und Körperpflege. Dieselben Trends heizten und heizen immer noch die Nachfrage nach anderen Gillette-Produkte an wie Deodorants, Haarsprays, Zahnbürsten, ja, selbst nach hochwertigen Schreibgeräten.

„Grüne“ und „weiße Ritter“
Obwohl die Rahmenbedingungen für Gillette so günstig waren wie nie zuvor, zeigten die Aktien verhältnismäßig wenig Dynamik. Das KGV hatte zwischen 10 und 20 geschwankt und sich meist so um die 15 eingependelt. Gillette hatte kaum Schulden und war so das ideale Ziel für die typischen „Übernahmegeier“ der späten 80er Jahre. Unternehmen wie Revlon und Fonds wie KKR, die ihr Kapital aus hochverzinslichen Bonds und Bankverbindlichkeiten bezogen, versuchten, zu günstigen Preisen Firmen aufzukaufen, die ohne Fremdmittel auskamen. Sie erwarteten, dass der starke, frei verfügbare Cashflow eines Unternehmens wie Gillette rasch die für die Übernahme eingegangenen Verbindlichkeiten tilgen würde – besonders, wenn man die Kosten senkte und Forschungsgelder aussetzte. Nicht alle zielten dabei auf eine vollständige Übernahme ab. Manchmal genügte schon die Drohung mit Übernahme, damit das bestehende Management den Wünschen des Bieters entsprach. Manchmal ließ sich ein solcher „Geier“ abfinden oder verkaufte seine Aktien an das Unternehmen zurück (sogenannte „grüne Ritter“ mit Erpressermentalität) oder aber an einen freundlicher gesinnten Investor (einen „weißen Ritter“).

Bis 1988 war Gillettes Management viermal auf diese Weise herausgefordert worden. Die beiden letzten Male hatte das Unternehmen Aktien im Wert von knapp $1,3 Milliarden zurückgekauft, um die „Geier“ zu verscheuchen und durch Kreditaufnahme die Bilanz so zu gestalten, dass sie für fremdfinanzierte Bieter jede Attraktivität verlor. Andere Unternehmen hatten sich ähnlich verhalten, um die Jobs in ihrer Führungsetage zu sichern. Nach Buffetts Dafürhalten hatten die „Geier“ im Fall von Gillette – und auch bei Salomon, USAir, Champion und anderen mehr – versucht,
billig an die Aktienmehrheit zu kommen. Der Durchschnittsaktionär war am besten damit beraten, seine Position zu halten und in Ruhe abzuwarten, bis der Markt wieder anzog. (Sie wissen ja, Mr. Market!). Buffett gefiel, wie sich Gillettes Spitze gegen niedrige Angebote und erpresserische Käufer behauptet hatte. Doch leider wurden durch das Kreditengagement nicht nur die „Geier“ erfolgreich abgeschreckt, sondern auch der eine oder andere konventionelle Investor: Der Kurs gab 1988 stetig nach. Für Buffett war das zweifellos ein weiterer Anreiz.

Ist das Produkt leicht zu ersetzen?
Für die Rasur als solche gab es keinen Ersatz. Bartträger wurden immer seltener. Es gab aber direkte Konkurrenten wie Schick (das Warner-Lambert gehörte), Bic und Wilkinson.Sword (Swedish Match). Sie alle hatten bei bestimmten Produkten oder in einzelnen Ländern einen Vorsprung. Außerdem gab es viele Hersteller, die für Supermärkte und Drogerien unter deren Namen produzierten. Im Hinblick auf den gesamten Marktanteil, der wohl mehr als 60 Prozent betrug, auf die Reichweite des Vertriebs, auf die Stärke des Markennamens und auf die Aufwendungen für die Produktentwicklung kam jedoch keiner der Konkurrenten auch nur annähernd an Gillette heran.

Das Unternehmen Gieco in 1996 – Warren Buffett

GEICO entwickelte sich mehr oder weniger nach diesem Schema weiter. Man machte Abstecher-in den privaten Finanzdienst-Leistungssektor, ins Rückversicherungsgeschäft und andere Bereiche, doch der Schwerpunkt lag auf der KFZ-Versicherung. Das Prämienaufkommen betrug 1995 $2787 Millionen, was ein Wachstum von durchschnittlich 9,1 Prozent im Jahr seit 1979 ergab. GEICO hatte sich zum siebtgrößten Autoversicherer der Vereinigten Staaten gemausert und hatte nach wie vor eine erstklassige technische Bilanz. Die kombinierte Kennzahl lag für 1995 bei 96,7. Sie hatte sich bereits die ganzen 80er und die 90er Jahre hindurch um 97 herum bewegt.
Der Float-Profit machte mittlerweile $3 Milliarden aus. Das Eigenkapital eingerechnet betrugen die Beteiligungen insgesamt $5 Milliarden. Die wichtigsten Veränderungen hatten sich im „dritten Geschäftsbereich“ niedergeschlagen, bei der Kapitalanlage. Wie viele andere der Branche hatte GEICO in den 70er Jahren mehr oder weniger unreflektiert einen größeren Bestand an mittel- und langfristigen Bonds gehalten. Diese waren jedoch inflationsreagibel, und der Zinssprung im entsprechenden Jahrzehnt – auf das Doppelte – hatte vielen Portfolios Verluste beschert .Hätte man die Papiere bis zur Fälligkeit gehalten, wären diese Verluste möglicherweise ausgeglichen worden, doch in der Praxis mussten Positionen abgestoßen werden, um Versicherungsleistungen auszuzahlen, und so kam es unterm Strich zu Verlusten.

GEICO entwickelte sich mehr oder weniger nach diesem Schema weiter. Man machte Abstecher in den privaten Finanzdienst-Leistungssektor, ins Rückversicherungsgeschäft und andere Bereiche, doch der Schwerpunkt lag auf der KFZ-Versicherung.

Ein solches Portfolio konnte bestenfalls seinen ursprünglichen Wert beibehalten. GEICO sah da eine bessere Alternative. Wenn die kombinierte Kennzahl unter 100 gehalten werden konnte, konnte ein Teil des Float- Profits langfristig zurückgelegt und ansonsten wertorientiert investiert werden.
Buffett bemühte sich, das Management zur Graham-Methode zu bekehren. Er half Jack Byrne 1979 bei der Wahl eines neuen Investment-Managers namens Lou Simpson. Bald darauf machte er Simpson und andere GEICO-Mitarbeiter mit den Wertprinzipien vertraut. Grundtenor: Wie kann man aus 50 Investierten Cent einen Dollar herausholen? Das sprach Simpson an. GEICO hatte auch weiterhin einen beträchtlichen Prozentsatz an Papieren mit fester Laufzeit im Portfolio – weil es Vorschrift war und aus praktischen Gründen – doch die durchschnittliche Laufzeit wurde stark gekürzt. 1980 hatten 59 Prozent der Papiere eine Laufzeit von zehn Jahren, 1995 nur noch acht Prozent. Lou Simpson, der in erster Linie für Kapitalbeteiligungen zuständig war, wurde von Buffett als bester Investor im Immobilien- und Haftpflichtsektor bezeichnet. Buffett hat Simpson inzwischen als seinen Nachfolger im Management von Berkshlres Beteiligungen an börsennotierten Unternehmen verpflichtet.

Was war GEICO 1995 wert?
Der technische Gewinn lag 1995 bei $92 Millionen. Das Unternehmen zog sich systematisch aus bestimmten Geschäftsbereichen zurück, insbesondere aus der Sparte Gebäudeversicherungen. Wie gehabt konzentrierte sich GEICO mit ganzer Kraft auf das Kerngeschäft. Es ist daher nicht auszuschließen, dass das technische Ergebnis zwar immer noch weit überdurchschnittlich, doch schlechter ausgefallen ist, als in der KFZ-Sparte allein zu erwarten war. Die Erträge aus Beteiligungen betrugen netto $227 Millionen. Der Gewinn nach Abzug der Zinsaufwendungen in Höhe von $34 Millionen und nach Steuern betrug $235 Millionen – zuzüglich Kapitalgewinn. Die Bilanz wies Beteiligungen in Höhe von $5 Milliarden aus und sonstige Vermögensgegenstände in Höhe von $1 Milliarde. Dem gegenüber standen Verbindlichkeiten von $4 Milliarden, insbesondere Rückstellungen aus dem Versicherungsgeschäft und eine geringe Verschuldung. Das Eigenkapital lag bei $1,9 Milliarden, hatte es doch 1995 durch umfangreiche nicht realisierte Kapitalgewinne Auftrieb erhalten. Das eigentliche Eigenkapital lag eher in der Größenordnung von $1,5 Milliarden. Selbst auf diesem niedrigeren Niveau betrug die EKR nur 16 Prozent – nicht schlecht, doch auch nicht überwältigend. Der Grund dafür wurde bereits in Zusammenhang mit der Bewertung Berkshires in Kapital 2 erläutert. Weil ein maßgeblicher Anteil des Portfolios in Renten mit relativ geringer Rendite angelegt war, war der Kapitalertrag gering. Gleichzeitig wurden für den Aktienanteil nur die Dividenden ausgewiesen. Wie bei Berkshire schlugen sich die einbehaltenen Gewinne der Unternehmen, in die investiert worden war, nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung nieder, obwohl sie im Grunde Kapitalgewinne darstellen. Diese Art von Gewinn ist periodisch und ihr Effekt nur schwer darzustellen.

Buffett bemühte sich, das Management zur Graham-Methode zu bekehren. E half Jack Byrne 1979 bei der Wahl eines neuen Investment-Managers namens Lou Simpson. Bald darauf machte er Simpson und andere GEICO-Mitarbeiter mit den Wertprinzipien vertraut. Grundtenor: Wie kann man aus 50 investierten Cent einen Dollar herausholen?

Für die Bewertung gibt es einen alternativen Ansatz. GEICOs technischer Gewinn betrug $92 Millionen – sagen wir, $69 Millionen nach Steuern. Nehmen wir einmal an, dieser Teil des Geschäfts sei 15 mal den Ertrag aus $1,035 Milliarden wert. Da die kombinierte Kennzahl traditionell unter 100 lag, standen die im Investmentbereich generierten Mittel – einschließlich des Float-Profits – ohne Abzüge zur Verfügung. $5 Milliarden kann man verschieden bewerten, doch man darf sicher davon ausgehen, dass sie $5 Milliarden wert sind (wobei das von der steuerlichen Situation des Eigentümers abhängt).
Der innere Wert könnte aber zum Beispiel auf $6 Milliarden geschätzt werden. Es ist auch möglich, einen Schätzwert für die EKR zu ermitteln. Würden die $5 Milliarden restlos zum nominalen Diskontsatz von 10 Prozent angelegt, würde folgender Ertrag erzielt:

Das Unternehmen Gieco in 1996 - Warren Buffett9

Für ein Unternehmen, das einen so großen Teil seines Reinvermögens in börsengängige Wertpapiere gesteckt hat, ist das ziemlich viel. Sicher wären $6 Milliarden eher angemessen? Dazu müssen wir uns vor Augen führen, was die Berechnung der EKR aussagt. GEICO hatte möglicherweise als Summe aller Bestandteile den Wert von $6 Milliarden, doch bei den Möglichkeiten zur Reinvestition von generierten Erträgen und Float- Profit war das Unternehmen in der Branche immer noch ungeschlagen. Würde das Wachstum auch weiterhin Gewinn bringende 10 Prozent im Jahr ausmachen, würden sowohl technischer Gewinn als auch Float kontinuierlich steigen. Ein Wert von $13,3 Milliarden ist also durchaus realistisch.
GEICO kaufte weiter eigene Aktien zurück, so dass Berkshires Anteil 1996 etwas mehr als 50% betrug. Anfang 1996 investierte Berkshire $2,3 Milliarden in die andere Hälfte von GEICO.

Sicherheitsmarge = ($ 13,3 Milliarden – $4,6 Milliarden) / 13,3 Milliarden = 65%

Dafür zahlte Berkshire weniger, als das $5 Milliarden Investment-Portfolio allein wert war – eine Transaktion ganz im Sinne Benjamin Grahams.

Übungen für Geico
1 Nennen Sie drei Gründe dafür, warum eine kombinierte Kennzahl von unter 100 für ein Unternehmen der Immobilien- und Sachversicherungsbranche wirtschaftlich von Vorteil ist.

Weitere Fragen zur Diskussion
2 Wird sich die Wettbewerbssituation von GEICO durch das Internet verändern?

3 Was wäre das Schlimmste, was GEICO zustoßen könnte?

1989 kaufte Berkshire Hathaway wandelbare Vorzugsaktien der Gillette Company für $600 Millionen. Diese wurden 1991 in Stammaktien umgewandelt.

Testfragen zum Verständnis für Washington Post und Warren Buffett

Verstehen Sie, warum das Produkt gekauft wird?
Die Zeitung wurde gekauft, weil sie für die Einwohner Washingtons die Quelle für Informationen über ihre Stadt und die Welt war. Die Werbefläche war begehrt, da es kaum eine andere Möglichkeit gab, so viele Einheimische zu erreichen. Die Fernsehsender konnten Werbeminuten verkaufen, da die Unternehmen wenig Alternativen hatten, wenn sie ganz Amerika abdecken wollten. Und im Nachrichtenmagazin wurden Anzeigen geschaltet, weil damit erfolgreich ganz bestimmte Lesergruppen angesprochen werden konnten, die die Werbekunden erreichen wollten. Und die Leser bekamen Nachrichten aus aller Welt bequem und zuverlässig aufbereitet.

Möglicherweise ist nun der Eindruck entstanden, alle Medienunternehmen hätten goldene Eier gelegt. Das traf jedoch nur auf marktführende Unternehmen zu.

Wie würde sich die Branche in den kommenden zehn Jahren entwickeln?
Bei gleichbleibender Qualität würde die Post ihre dominante Position in Washington noch ausbauen, ihre Auflage erhöhen und die Werbeumsätze steigern können. Die Drohung Nixons, die Sendelizenzen zu widerrufen, hatte bereits 1973 ihren Schrecken verloren, und bei Verlängerung der Lizenzen – normalerweise reine Formalität – würden mit geringem Kapitalaufwand wachsende Anteile des nationalen Werbemarktes gesichert werden können. Die ersten Kabelkanäle erschienen auf der Bildfläche, doch sie waren mit hohen Entwicklungskosten verbunden und konnten nur geringe Marktanteile für sich beanspruchen. Sie stellten eine potenzielle Gefahr da, die beobachtet werden musste. Newsweek konnte sich auf einem wettbewerbsintensiven Markt gut behaupten. Die Konkurrenz würde auch weiterhin groß sein im Markt für Wochenmagazine, doch gut geführte Blätter hatten alle Chancen.

Haben Sie Vertrauen ins Management?
Kay Graham zeigte sich integer und hatte offensichtlich ein kompetentes Team um sich geschart. Sie hatte fragwürdige operative und finanzielle Entscheidungen getroffen, doch die Medienunternehmen, die sie
kontrollierte, hatten eine solide Position und befanden sich auf Expansionskurs.

Sind die Produkte leicht zu ersetzen?
Sicher konnten die Leute ihre Zeitung abbestellen und den Fernseher ausschalten, doch die Wahrscheinlichkeit war nicht sehr groß. Werbekunden konnten versuchen, ihre Zielgruppen anderweitig zu erreichen (Kabelfernsehen, Direktwerbung per Post, Himmelsschrift), doch eine marktführende Tageszeitung oder lokal vernetzte Fernsehsender waren vermutlich erste Wahl. Newsweek war durch verschiedene Konkurrenzmagazine zu ersetzen, doch die wachsende Zahl treuer Leser sprach dagegen – sie konnten andere Blätter kaufen, jedoch bevorzugten offensichtlich das gewohnte Magazin.

Finanzanalyse bei Washington Post – Warren Buffett

Nach dem Verkauf von Aktien der Klasse „B“ wies die WPC folgende Ergebnisse aus:

$ Millionen 1973 1972
Werbung 188,5 166,1
Auflage 54,6 47,4
Sonstige 3,9 4,3
Gesamtumsatz 246,9 217,8
betriebsbedingter Aufwand (164,7) (146,6)
Vertrieb und Verwaltung (53,0) (46,3)
Abschreibungen (3,6) (3,1)
Gesamtaufwand (221,3) (196,0)
Betriebsergebnis 25,7 21,8
Zinserträge/-a Aufwendungen 0,1 (1.7)
verbundene Unternehmen 1,0 0,5
Sonstige (0,2) (0,4)
Gewinn vor Steuern 26,6 20,2
fällige Steuerzahlungen (10,6) (7,5)
aufgeschobene Steuerzahlungen (2,7) (2,7)
Steuerrückstellungen insgesamt (13,2) (10,2)
Jahresüberschuss 13,3 10,0

Anmerkung: Für 1972 wurde ein kleinerer Sonderposten ausgeklammert.
Es ist schwer, nach 25 Jahren Bilanzzahlen zu bekommen, doch grob kann man die Bilanz für 1972 folgendermaßen rekonstruieren:

Rekonstruierte Bilanz für 1972
Der Firmenwert wurde nicht abgeschrieben, da dies damals noch nicht von den Bilanzierungsvorschriften verlangt wurde. Außer Maschinen und maschinellen Anlagen gab es kaum Sachanlagen. Das betriebsnotwendige Kapital war dank der im Voraus erfolgten Abonnementbezahlungen negativ. Unterm Strich war der Verschuldungsgrad gering. Doch der Geschäftswert von WPC konnte nicht nur der geringen Vermögensbasis oder den Abonnementeinnahmen zugeschrieben werden, obgleich beides unbestrittene Pluspunkte waren. Hauptquelle des originären Firmenwerts war die Bedeutung der Produkte für Leser, Zuschauer und Werbekunden. Dies schlug sich nieder in den Zahlen, im Potenzial und in der EKR.

Doch der Geschäftswert von WPC konnte nicht nur der geringen Vermögensbasis oder den Abonnementeinnahmen zugeschrieben werden, obgleich beides unbestrittene Pluspunkte waren. Hauptquelle des originären Firmenwerts war die Bedeutung der Produkte für Leser, Zuschauer und Werbekunden. Dies schlug sich nieder in den Zahlen, im Potential und in der EKR.

Kapitalquellen

$ Millionen
Barmittel und Beteiligungen 10 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 20
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 23 Abonnements 15
BeständeGrundstücke, Gebäude, Betriebs- 4 aufgeschobene
u. Geschäftsausstattung 60 Steuerverbindlichkeiten 12
Firmenwert 67 langfristige Verbindlichkeiten 32
Eigenkapital 85

Eigenkapitalrentabilität
Die EKR des Unternehmens können wir anhand der rekonstruierten Bilanz und des Gewinns von 1973 schätzen. Zwei Berichtigungen sind dabei allerdings zu berücksichtigen. Zum einen der Firmenwert, der zum Großteil derivativ mit dem Kauf der Fernsehsender und Newsweek erworben wurde. Das IP lässt sich nur aus den Bilanzen von mehreren Jahren in Folge ermitteln, so dass wir die normalen Schwierigkeiten im Umgang mit dem Firmenwert hier nicht umschiffen können. Konservativ geschätzt kann der Firmenwert als gleichbleibend angesehen werden. Da er aber nicht abgeschrieben wurde, sind keine weiteren Berichtigungen nötig. Der zweite Faktor sind die Steuern. Neben den fälligen Steuerverbindlichkeiten finden sich in der Gewinn- und Verlustrechnung der WPC auch Rückstellungen für aufgeschobene Steuerzahlungen. Die Erläuterungen zum Abschluss zeigen, dass die aufgeschobenen Posten, die hauptsächlich aus den steuerlich als Kosten ausgewiesenen Abonnementaktivitäten heraus entstanden sind, in der Gewinn- und Verlustrechnung für das entsprechende Jahr nicht auftauchen. Für den Fall, dass diese Kosten geringer ausfielen, würden die Rückstellungen für aufgeschobene Steuerzahlungen dann zu Verbindlichkeiten. Doch da die Abonnentenzahlen stiegen, war eher anzunehmen, dass der diesbezügliche Aufwand steigen würde. Wenn die Steuern für die Maßnahmen des Jahres 1973 in ferner Zukunft doch fällig würden, hätte die Inflation die Beträge längst aufgefressen. Die Cashflows bestätigten, dass die tatsächlich gezahlten Steuern die aktuellen Steuerrückstellungen in den zurückliegenden Jahren nie überstiegen haben. Daher ist es sinnvoll, einen Gewinn zu Grunde zu legen, der um fällige, doch nicht um aufgeschobene Steuerzahlungen bereinigt wurde. Für die EKR ergibt sich grob folgender Wert:

EKR = [$16 Millionen (Gewinn für 1973 nach fälligen Steuern)] / [$83 Millionen (Eigenkapital 1972)] x = 19%

Was war die WPC wert?
Auf Basis dieser Berechnungen stellte sich der innere Wert der WPC so dar:

$16 Millionen / (10%sqr) x 19% = $304 Millionen

Als Trostpflaster für die unvermeidliche Ungenauigkeit dieser Werte: Wir wissen, dass Buffett bei der Beteiligung 1973 nicht nach der EKR-Methode vorging. Es handelt sich dabei vielmehr um eines der wenigen Beispiele, wo er sich zur Bestätigung seiner Schätzungen auf die Meinung Dritter berief. Er hat diese Investmententscheidung als besonders leicht bezeichnet -jeder Banker, Analyst, Broker im Mediengeschäft und Investor wusste damals, dass die WPC mindestens $400 Millionen wert war. Für alle, die sich mit der Bewertung von Medienunternehmen nicht auskennen, ist dies keine große Hilfe, doch er hat seine Entscheidung im Nachhinein noch mathematisch untermauert.
Nach allgemein verbreiteter Ansicht konnte ein erstklassiges Medienunternehmen damals mit einer Gewinnsteigerung um 6 Prozent Im Jahr rechnen – und zwar kontinuierlich, ohne zusätzlichen Kapitalbedarf. Das hieß, der gesamte Gewinn war frei verfügbarer Cashflow. Die Bewertung eines unbefristeten Stroms von Gewinnen mit einer jährlichen Steigerungsrate von 6 Prozent basiert auf einer handfesten Formel:

Finanzanalyse bei Washington Post - Warren Buffett12

Der WPC-Gewinn von $16 Millionen ergibt nach dieser Berechnung einen Unternehmenswert von $400 Millionen.

Finanzanalyse für Geico – Warren Buffett

Wer bei der Geldanlage erfolgreich auf eine Wende setzen wollte, musste nicht nur die Branche kennen, sondern auch Vertrauen ins Management haben und Belege dafür, dass die zu Grunde liegenden betriebswirtschaftlichen Daten positiv waren. Selbst dann gehörte noch eine ordentliche Portion Mut dazu. Die Finanzanalyse der jüngsten Performance war nicht gerade ermutigend. Nun konnte man sich eine ungefähre Vorstellung davon verschaffen, was GEICO aus den verbleibenden Aktiva und Passiva machen konnte, wenn genügend Kapital bereitgestellt und ordentlich gewirtschaftet wurde.
Die Bilanzdaten für 1975-76 waren schwer zu durchschauen. Zum einen waren da eine Reihe von einmaligen Posten, die laufenden Maßnahmen zur Kostensenkung und die aktuellen und vergangenen Fehler bei der Berechnung der Rückstellungen. In der Bilanz von 1976 wurden Aktiva in Höhe von $900 Millionen ausgewiesen, davon rund $600 Millionen Beteiligungen. Das Prämienaufkommen von $575 Millionen im selben Jahr führte zu einem Verlust von $26 Millionen.

Buffett hält sich hier gern an den kostengünstigsten Anbieter. Er verwendete in diesem Zusammenhang häufig das Bild von einem Graben rund ums Geschäft. GEICO hatte einen Graben angelegt und ihn durch zunehmende Größe noch vertieft.

Bilanz 1976

Bilanz 1976
1976 $ Millionen
Prämeineinnahmen 575,4
Netto-Kapitalerträge 38,1
Gesamtumsatz 613,5
Gesamtleistungen und -aufwendungen 639,9
Betriebsergebnis (26,4)
Kapitalgewinn1 0,1
Reingewinn2 (26,3)

Anmerkungen
1.Kapitalgewinn bezeichnet die Kapitelgewinne aus dem Beteiligungsportfolio – wie bei Berkshire regelmäßig wiederkehrend und größenmäßig schwer zu prognostizieren. GEICO hatte nur wenige Aktien oder Wertpapiere ohne feste Fälligkeit, so dass dieser Anteil am Gewinn aller Wahrscheinlichkeit gering bleiben würde.
2.Durch den Verlust fielen keine Steuern an.

Kapitalquellen
Wie viele Berkshire-Investitionen verfügte auch GEICO über eine ungewöhnliche Quelle billigen Kapitals – den Float-Profit. Seit der Beteiligung an National Indemnity im Jahr 1967, als Berkshire zum ersten Mal die Vorteile eines billigen bzw. kostenlosen Float-Profits zu spüren bekommen hatte, war Buffett hier in seinem Element. Wenn es GEICO gelang, die kombinierte Kennzahl wieder auf gewohnte Werte unter 100 zu drücken, stand der komplette Float-Profit praktisch kostenfrei zur Verfügung. Jeder technische Gewinn wäre dann eine willkommene Zugabe.

Eigenkapitalrentabilität
Was konnte ein saniertes GEICO einbringen, wenn technischer Gewinn erwirtschaftet würde? Buffett musste davon ausgehen, dass es zunächst zu weiteren Ausfällen bei den Versicherungsnehmern kommen würde. Andererseits wusste er, dass die von Byrne bereits durchgesetzten Beitragserhöhungen den Umsatzzuwachs je Police hinlänglich steigern würden.
Das ungefähre Prämienaufkommen für 1976 kannte er bereits. Wie tief die Prämien fallen würden, konnte er jedoch nur schätzen. Wenn man von einem Einbruch um ein Drittel des verbleibenden Bestandes ausging, so war das sicher konservativ geschätzt. Damit würde sich die Zahl der Versicherungsnehmer von 2 Millionen auf 1,33 Millionen reduzieren, das Prämienaufkommen läge dann bei $383 Millionen – $420 Millionen nach der Beitragserhöhung. Durch sinkende Abschlusszahlen würde letztendlich auch der Float-Profit von $600 Millionen auf, sagen wir, $438 Millionen sinken (reduziert proportional zum Prämienaufkommen).

Allein auf Grundlage dieser Information hätte Buffett schon eine Rentabilitätsprognose erstellen können. Mit einer traditionellen kombinierten Kennzahl von 97 hätte ein Prämienaufkommen von $420 Millionen rund $13 Millionen technischen Gewinn generiert. Die Rendite für langfristige Staatspapiere zum Jahresende lag bei 8 Prozent, so dass ein Float-Profit von $438 Millionen mindestens $35 Millionen Ertrag gebracht hätte – vor Steuern $48 Millionen Gewinn. Zwar verbuchte GEICO steuerliche Verluste, doch Buffett war an der dauerhaften Eigenkapitalrendite Interessiert. Die Besteuerung von Versicherungen unterliegt komplexen Regeln mit vielen Ausnahmen, doch ein typischer Versicherer vom Kaliber GEICOs hätte vermutlich 25 Prozent Einkommensteuer abgeführt, so dass ein Reingewinn von $36 Millionen verblieben wäre.
Ende 1975 waren 18 Millionen Stammaktien in Umlauf, deren Buchwert bei etwa $54 Millionen lag. Die langfristigen Verbindlichkeiten betrugen $48 Millionen. GEICO versuchte zur Stützung der Bilanz $76 Millionen aufzubringen und war bereits von mehreren Investmentbanken abgewiesen worden, die das Unternehmen für nicht sanierungsfähig hielten.

Was war GEICO wert?
Banken, Investoren und Aufsichtsbehörden waren sich weitgehend einig, dass GEICO gar nichts mehr wert war. Mit ein paar mutigen Schätzungen können wir den laufenden Wert des Konzerns ermitteln. Angenommen, GEICO schaffte es, die $76 Millionen aufzutreiben, die Verluste einzudämmen, die Lizenzen zu verlängern und seinen guten Ruf wiederherzustellen, könnte es unseren Schätzungen nach $36 Millionen Gewinn nach Abzug aller Steuern verbuchen. Durch die Kapitalspritze würden die Kosten der bestehenden Verbindlichkeiten mehr oder weniger gedeckt. Der neue Buchwert läge damit bei $130 Millionen ($54 Millionen vorhandenes plus $76 Millionen neues Kapital).
Die EKR betrüge unter diesen Voraussetzungen:

(Reingewinn / Eigenkapital) / (36 / 130) = 28%

Wie viele Berkshire-Investitionen verfügte auch GEICO über eine ungewöhnliche Quelle billigen Kapitals – den Float-Profit.

Dies ist eine fragwürdige Zahl angesichts der bunten Vorgeschichte des Eigenkapitals – große Verluste treiben die EKR für ein Jahr künstlich in die Höhe. Das IP können wir aus Mangel an Daten nicht ermitteln. Es eignet sich für diese Branche ohnehin nur sehr bedingt. Nehmen wir einmal an, das Prämienaufkommen stiege im Jahr um 5 Prozent, also im Jahr 1 um $21 Millionen. Bei der zu erwartenden kombinierten Kennzahl betrüge der Zuwachs beim technischen Gewinn $630 000. Stiege der Float-Profit proportional, würden $21,9 Millionen mehr generiert, die bei der angenommenen Rendite von 8 Prozent $1,75 Millionen zusätzlichen Kapitalertrag einbrächten. Nach Steuern verbliebe ein Mehrgewinn von $1,79 Millionen. Von diesem Gewinn würde nichts einbehalten werden müssen, da der zusätzliche Float-Profit den Kapitalbedarf ausreichend deckte. Ganz allgemein lässt sich daraus folgern, dass ein Versicherungsunternehmen, das dauerhaft eine kombinierte Kennzahl von unter 100 aufweist, Gewinn generiert und – abgesehen von gesetzlichen Erfordernissen – kein zusätzliches Kapital benötigt. Wie wir bereits in dieser Geldanlage-Webseite festgestellt haben, Ist das der Grund für das besondere Interesse von Berkshire Hathaway an dieser Branche.
Obwohl keine geeigneten EKR- oder IP-Werte vorliegen, ist eine vernünftige Schätzung des inneren Wertes einer sanierten GEICO möglich. Da wir davon ausgehen dürfen, dass im Regelfall technischer Gewinn anfallen wird, ist der Float-Profit quasi frei verfügbar. Abzüglich der anfallenden Kapitalertragssteuer von 25% im Jahr hat ein Float-Profit von $438 Millionen für die Aktionäre einen effektiven Wert von $329 Millionen. Die $13 Millionen technischer Gewinn ergeben nach Steuern $10 Millionen. Bei einem niedrig angesetzten Multiplikator von 10 kommen noch einmal $100 Millionen hinzu. Der gesamte Wert liegt also bei $429 Millionen. Bei herkömmlichen KGV-Bedingungen ergibt das knapp das 12fache des geschätzten laufenden Gewinns, ein Satz, zu dem viele Versicherer in privaten wie öffentlichen Transaktionen zum damaligen Zeitpunkt gehandelt wurden. Doch ohne Ermittlung von IP oder EKR lässt sich ein höherer Wert hier nicht rechtfertigen. Die branchentypische Tradition, Kapital zu generieren, sowie die dem zu Grunde liegenden Vorteile lassen aber annehmen, dass es sich hier um konservative Zahlen handelt.

Was Buffett Unternahm beim Fall Wells Fargo and Company

1990 war ein schwarzes Jahr für Bankaktien und daher ideal für Käufer von Bankwerten. Wells Fargo wies kontinuierlich gute Quartalsergebnisse aus, doch immer mehr Banken berichteten von Verlusten, was alle Aktien der Branche beeinträchtigte. Eigenartig war, dass Wells Fargo-Aktien bereits vor diesen Geschehnissen niedrige Kurse gezeigt hatten. Die $574 Millionen Gewinn des Jahres 1989 entsprachen $11 je Aktie. Auf Basis der durchschnittlichen Quartalsergebnisse von 1989 ließ sich ein solches Ergebnis unschwer Vorhersagen. Dennoch schwankte der Kurs zwischen $59 und $87, was einem KGV von 5,4 bzw. 7,9 entsprach. Berkshire kaufte 1989 und 1990 zu einem Durchschnittskurs von $58. Die meisten Aktien wurden 1990 gekauft, nachdem an der Börse die Nervosität um sich griff. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ergebnisse für 1990 bereits mehr oder weniger absehbar – immer unter der oben erläuterten Voraussetzung, dass die Rückstellungen für Kreditausfälle im Immobilienbereich zwar hoch ausfallen, doch nicht die Zahlungsfähigkeit gefährden würden, und dass die Rückstellungen danach wieder auf ein durchschnittliches Niveau fielen. Gegenüber 1989 verfügte die Bank 1990 über mehr Aktiva, der Buchwert war höher und es wurden kontinuierlich höhere Gewinne ausgewiesen. Die Hochrechnungen für das Jahresergebnis ergaben $13,4 je Aktie. Der von Buffett gezahlte Durchschnittskurs von $58 repräsentierte also ein KGV von 4,3. Die gesamte Kapitalausstattung lag zu diesem Kurs bei $3 Milliarden. Auf Basis der konservativeren Erträge von 1989 und des niedrigeren der beiden auf Grundlage von EKR bzw. IP ermittelten Wertes ergibt sich folgendes Bild:

Sicherheitsmarge = ($14,4 Milliarden – $3 Milliarden) / $14,4 Milliarden = 79%

Insgesamt gesehen war Wells Fargo ein Kreditinstitut, bei dem das Risiko eines Totalverlustes gering und kalkulierbar war. Im positiven Fall – wenn die Bank überlebte und durchschnittliche Ergebnisse zeigte – war auszugehen von einem inneren Wert von, sagen wir, dem Zehnfachen der Kernerträge von rund $600 Millionen bis $700 Millionen und damit von $6 Milliarden bis $7 Milliarden Daraus ergab sich eine beruhigende Sicherheitsmarge von ca. 50 Prozent. Sollte Wells Fargo erwartungsgemäß die Konkurrenz langfristig überflügeln, läge die Sicherheitsmarge bei exzellenten 79 Prozent – aus jedem investierten Dollar würden fünf.

Insgesamt gesehen war Wells Fargo ein Kreditinstitut, bei dem das Risiko eines Totalverlustes gering und kalkulierbar war.

Geschichte von Washington Post und Warren Buffett

Die Zeitung The Washington Post erschien erstmals 1877 in Washington, D.C.. Bekannt für geradlinigen Journalismus war sie von Anfang an ein Erfolg. In den folgenden 50 Jahren wechselte das Blatt mehrmals die Besitzer, meist Politiker. So kam die Washington Post bald in den Ruf der Parteilichkeit und wurde weiter geschädigt durch einen letzten fatalen Versuch, den Standard zu senken. 1933 machte das Blatt Bankrott. Der Bankier Eugene Meyer kaufte es für $825 000. Er investierte in hochkarätige Journalisten und Redakteure und baute den Ruf des Blattes systematisch wieder auf. Der Zeitungsmarkt in Washington war heiß umkämpft, doch die Post konnte sich nach und nach Leser, Werbekunden und Gewinne sichern. Meyer selbst ging in die Politik und wurde schließlich Chef des Federal Reserve. Die Leitung der Zeitung übertrug er 1948 seiner Tochter Kay und deren Ehemann Philip Graham, der ein Händchen für dieses Geschäft hatte.
Graham machte die Post zur führenden Tageszeitung Washingtons. Die Konkurrenten gaben einer nach dem anderen auf. Außerdem kaufte er einen Radiosender, mehrere lokale Fernsehsender und das wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin Newsweek. Der manisch-depressive Graham nahm sich jedoch 1963 das Leben. Seine Frau Kay übernahm die Leitung der Zeitung und den Vorsitz im Board of Directors. Sie holte Ben Bradlee von Newsweek als Chefredakteur zur Post und betrieb mit ihrem Redaktionsteam knallharten, investigativen Journalismus, der die Rolle der Post als führende Tageszeitung Washingtons noch untermauerte. Der Name hatte im In- und Ausland einen guten Klang bekommen. 1971 ging das Unternehmen an die Börse.

Graham machte die Post zur führenden Tageszeitung Washingtons. Die Konkurrenten gaben einer nach dem anderen auf. Außerdem kaufte er einen Radiosender, mehrere lokale Fernsehsender und das wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin Newsweek.

Die WPC 1973
1973 verfügte das Unternehmen über drei Haupteinnahmequellen. Das Betriebsergebnis stammte immer noch zur Hälfte aus dem Tageszeitungsgeschäft und zu jeweils einem Viertel aus Newsweek und dem Radio- und Fernsehbereich, zu dem ein Radio- und drei Fernsehsender gehörten. Zwar hatte das Unternehmen diese Vermögensgegenstände teilweise zugekauft, doch sie waren bereits als eigenständige Unternehmen in einer guten Position gewesen. Die drei Wertfragen waren entsprechend leicht zu beantworten.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für seine Kunden?
Die Tageszeitung einer Stadt hat eine enge Bindung zum Kunden. Sie ist Bezugsquelle für überregionale wie lokale Nachrichten, Zugang zur Geschichte und Pinnwand für Lokalereignisse. Die Post war international berühmt für erstklassigen politischen Journalismus, vernachlässigte darüber aber nicht die Lokalberichterstattung. Es gab zwar noch eine andere Tageszeitung sowie Radio und Fernsehen, doch die Post war für die meisten ihrer Leser unverzichtbar geworden.
Auch die Fernsehsender waren auf Erfolgskurs. Nach den FCC-Bestimmungen verfügten sie über die verbundenen Sender in deren Sendegebiet quasi über eine Monopolstellung (CBS in Washington, DC und Jackson- ville, Florida, und ABC in Miami, Florida). Wer in diesem großen Bereich fernsah, hatte höchstwahrscheinlich einen WPC-Kanal eingeschaltet.

Es gab zwar noch eine andere Tageszeitung sowie Radio und Fernsehen Die Post war international berühmt für erstklassigen politischen Journalismus,, doch die Post war für die meisten ihrer Leser unverzichtbar geworden.

Für Newsweek war die Wettbewerbssituation schwieriger. Die Zeitschrift musste sich gegen Konkurrenten wie Time und US News & World Report und viele andere Wochenmagazine behaupten. Mit über 50 geographischen und demographischen Ausgaben sowie einem starken Abonnentenstamm zählte sie zu den führenden Nachrichtenmagazinen. Sie musste sich Wettbewerbsvorteile sichern, doch hatte eindeutig Erfolg beim Publikum auf der ganzen Welt.
Alle Unternehmensbereiche verfügten über einen starken Namen und eine hervorragende Marktposition sowie einen treuen Kundenstamm.

Steigert das Management den Unternehmenswert?
In ihren Memoiren beschreibt Kay sehr anschaulich, wie sie nach dem Tod ihres Mannes in die Rolle der Verlegerin und Geschäftsfrau hineinwuchs. Zunächst als Frau und Galionsfigur einer passiven Investorenfamilie nicht ganz ernst genommen, arbeitete sie sich allmählich ein. Sie hatte ein Team hochkarätiger Journalisten im Rücken, so dass das redaktionelle Niveau nie ein Problem darstellte. Das Unternehmen befand sich im Großen und Ganzen auf Erfolgskurs. Die Post dominierte die Washingtoner Zeitungslandschaft, die Fernsehsender waren ähnlich konkurrenzfähig und Newsweek hatte eine starke, lukrativ^ Marktposition. Kay Graham und ihre Mannschaft verfügten über ein Attribut, das der Washington Post in den 30er Jahren gefehlt hatte: Integrität. Gegen massiven politischen Druck gab Kay Graham zunächst ihre Zustimmung zur Veröffentlichung der Pentagon-Papiere – zum Zeitpunkt, als die WPC an die Börse ging – und später zur Untersuchung der Watergate-Affäre. Die politischen Drohungen waren jedoch nicht nur so dahin gesagt. Auf Betreiben von Präsident Nixon drohte die zuständige Behörde (FCC) mit dem Widerruf von Sendelizenzen. Doch Kay Graham blieb hart. Es war der Präsident, der schließlich gehen mußte. Das Vertrauen der Leser wuchs angesichts von so viel redaktioneller Unabhängigkeit.

In anderer Hinsicht war das erste Jahrzehnt unter Kay Graham jedoch problematisch. Bei der Post (wie bei vielen anderen Zeitungen) war nicht klar, ob Management oder Gewerkschaften am längeren Hebel saßen. „Spanische Sitten“, Personalüberhänge und Lohnspirale waren der Grund, dass die Zeitung ihr Gewinnpotenzial nicht ausschöpfen konnte. Die Post erwirtschaftete bei $112 Millionen Umsatz ein Betriebsergebnis von $10,5 Millionen. Ein straffer organisiertes Unternehmen hätte 50 Prozent mehr herausholen können – wie auch die Post zehn Jahre zuvor. Außerdem stand die Frage des Börsenganges an. WPC hatte Schulden, und Grahams Familie musste hohe Erbschaftssteuern zahlen, so dass eine begrenzte Kapitalaufnahme durch Emission von Aktien sinnvoll erschien. Graham entschied sich für eine zweigeteilte Aktienstruktur. Sie verfügte über die Mehrheit der Aktien der Klasse „A“, die die meisten Stimmrechtsanteile hatten. Aktien der Klasse „B“ hatten nur begrenzte Stimmrechte, doch den gleichen wirtschaftlichen Wert. Ein solches Vorgehen war damals durchaus üblich und sollte bewirken, dass Familienunternehmen an die Börse gehen konnten, ohne dass die Kontrolle verloren ging. Doch das System wurde oft missbraucht. Inhaber von „A“-Aktien schanzten sich oft außergewöhnliche Nebenleistungen zu oder ließen die Zügel schleifen, ohne dass sie von den Aktionären zur Ordnung gerufen werden konnten. All das traf auf die WPC nicht zu, doch die Kostenpolitik wurde zu lasch gehandhabt.

Die politischen Drohungen waren jedoch nicht nur so dahin gesagt. Auf Betreiben von Präsident Nixon drohte die zuständige Behörde (FCC) mit dem Widerruf von Sendelizenzen. Doch Kay Graham blieb hart. Es war der Präsident, der schließlich gehen musste. Das Vertrauen der Leser wuchs angesichts von so viel redaktioneller Unabhängigkeit.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für die Aktionäre?
Die WPC besaß erstklassige Medienunternehmen. Zwar hätte die Umsatzrendite größer sein können, doch der strategische Wert dieser Unternehmen war so groß, dass sogar ein durchschnittliches Management hier nur gute Erträge erwirtschaften konnte. Im Juni 1971 waren Aktien der Klasse „B“ emittiert worden. Innerhalb von 18 Monaten hatte sich der Kurs bereits verdoppelt. Der WPC ging es gut. Sie wies eine EKR von rund 19 Prozent auf und Gewinnsteigerungen waren mehr als wahrscheinlich. 1973 sackte der Kurs ab auf die Hälfte. Betriebswirtschaftlich hatte sich In den drei Bereichen der WPC nichts geändert, doch der amerikanische Aktienmarkt brach zusammen.

Capital Cities 1986 und Warren Buffett

Tom Murphy und Dan Burke hatten in den 60er Jahren erkannt, dass Fernsehsender und andere Medienunternehmen „Franchises“ im Sinne Buffetts waren. Die erforderlichen Investitionsausgaben waren gering, die Konkurrenz hatte es schwer, die Nachfrage bei Publikum und Werbekunden stieg und der Einfluss auf die Preisgestaltung war entsprechend groß. Mehr über das Wesen lokaler Fernsehsender finden Sie in dieser Geldanlage-Webseite über die Washington Post. Cap Cities verfügte über eine breite Palette von Sendern und hatte hohe Einschaltquoten bei geringen Kosten. Über Jahrzehnte hinweg kaufte das Unternehmen systematisch andere Sender und Verlagsunternehmen, doch nur, wenn dies zu günstigen Preisen möglich war. Daneben überwachte das Management streng die Kosten und scheute auch vor einer feindlichen Übernahme nicht zurück, da unkooperative Führungskräfte problemlos durch eigene Leute ersetzt werden konnten. 1985 machte das Unternehmen $150 Millionen Gewinn, fünfmal so viel wie zehn Jahre zuvor. Der Verschuldungsgrad war konstant geblieben, die Anzahl der in Umlauf befindlichen Aktien allerdings um 15 Prozent gesunken. Die Eigenkapitalrendite hatte seit Mitte der 70er Jahre bei 20 Prozent gelegen. Der Kapitalgewinn auf die Aktien – ohne Dividenden – betrug das 8fache bzw. eindrucksvolle 26 Prozent im Jahr.
Anfang 1986 hatte Cap Cities für ABC $3,4 Milliarden gezahlt, das meiste bar, einen geringen Teil in Optionsscheinen. Finanziert wurde diese Transaktion durch eigene Mittel in Höhe von $750 Millionen, Krediten in Höhe von $1,35 Milliarden und den Verkauf ausgewählter Medienunternehmen und Immobilien für insgesamt $788 Millionen. Der Rest wurde von Berkshire übernommen, das für $518 Millionen 3 Millionen neue Aktien kaufte – also 19 Prozent des vergrößerten Bestandes. Bis dato war das eine der größten Fusionen auf dem amerikanischen Markt. Cap Cities hatte allem Anschein nach das 20fache des Gewinns von 1985 für ABC gezahlt, was viele für überzogen hielten.

In Wirklichkeit war es ein ausgezeichnetes Geschäft für Cap Cities wie auch für Berkshire. Strategisch betrachtet hatte Cap Cities einen Hauptlieferanten in einer höheren Position der Vertriebskette aufgekauft. Finanziell stellte sich die Situation auch vor der Kostensenkung in Folge der Fusion besser dar als angenommen. Ein Pro-Forma-Zusammenschluss von Cap Cities und ABC hätte für 1985 folgendes Szenario ergeben:

$ Millionen
Umsatz 4089
betriebliche Aufwendungen (3371)
Abschreibungen (93)
Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte (55)
Betriebsergebnis 570
Zinsaufwendungen netto (186)
Gewinn vor Steuern 384
Gewinn 175
Gewinn vor Abschreibungen 230

Das sind keine exakten Werte, da manche nach der Fusion erfolgten Veränderungen bei den Programmrechten bereits berücksichtigt wurden. Berkshire hatte einen Kaufpreis bezahlt, der die fusionierten Unternehmen mit $2,8 Milliarden bewertete bzw. allem Anschein nach mit einem KGV von nur 12: ausgesprochen ansehnlich für ein expandierendes Unternehmen, das in der Vergangenheit eine EKR von rund 20 Prozent aufgewiesen hatte.

Die Entwicklung nach der Fusion von Cap Cities und ABC verlief äußerst erfolgreich:

$ Millionen 1985 1994 Wachstumsrate auf Jahresbasis (%)
Umsatz 4089 6379 5,1
betriebliche Aufwendungen (3371) (4968) 4,4
Abschreibungen Abschreibungen immaterieller (93) (109) 1,8
Anlagegüter (55) (63) 1,5
Betriebsergebnis 570 1239 9,0
Zinsaufwendungen netto (186) (34) (20,8)
Gewinn vor Steuern 384 1205 13,5
Gewinn 175 680 16,3
Gewinn je Aktie ($) 1,09 4,42 16,8

Die Umsatzsteigerung bei Cap Cities hatte sich allmählich vollzogen. Das Geheimnis lag weiter unten in der Gewinn- und Verlustrechnung. Eine ansehnliche Steigerung des Betriebsergebnisses mit einer jährlichen Rate
vor 9 Prozent wurde durch geringe Zinsaufwendungen in einen exzellenten Wert beim Gewinn je Aktie umgesetzt. Das Unternehmen hatte eindeutig Kapital generiert und Schulden abgebaut. Ebenfalls von Interesse ist die bescheidene Zunahme beim Abschreibungsaufwand, was für geringe Vermögensänderung spricht.