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Andere Unternehmensarten – Berkshire Hathaway

Es gibt Branchen, in denen die EKR-Analyse problematisch ist, obwohl die Eigenkapitalrentabilität längerfristig mit jeder anderen Art der Geschäftstätigkeit vergleichbar ist. Für Versicherungsgesellschaften gilt: Vorsicht vor der Falle der „gläsernen“ Erträge, wie sie oben beschrieben wurden. Hier bestehen die Aktivposten oftmals aus Aktien, für die nur die Dividende als jährlicher Ertrag ausgewiesen wird. Die von den entsprechenden Unternehmen einbehaltenen Gewinne schlagen sich irgendwann in Form von Dividenden oder Kapitalerträgen nieder, doch insbesondere letztere sind unregelmäßig und unberechenbar. Berkshire Hathaway hat ebenfalls dieses Problem, doch da das Unternehmen viel weniger Aktien hält als eine durchschnittliche Versicherungsgesellschaft, ist es entsprechend leichter, die „gläsernen“ Erträge zu schätzen. Immobiliengesellschaften und andere Unternehmen, die ihre Vermögenswerte lange halten und auf Kapitalgewinne hoffen, etwa Wagniskapital-Beteiligungsgesellschaften, eignen sich ebenso wenig für die EKR-Analyse.
Im vorangegangenen Artikel haben wir gesehen, wie Firmenwert und immaterielle Vermögenswerte die EKR-Analyse erschweren. Es gibt noch andere Fälle, in denen Bilanzwerte aus der Vergangenheit irreführen können. Unternehmen, deren Kapital größtenteils aus früheren Jahren stammt, haben scheinbar eine hohe Eigenkapitalrentabilität, doch sobald zusätzliches Kapital benötigt wird, geht die EKR zurück. Auch frühere Verluste drücken die Eigenkapitalbasis und sorgen so für scheinbar hohe Erträge, und so weiter und so fort. Der Weg aus dieser Sackgasse ist die Konzentration auf das, was uns wirklich interessiert: nämlich die Rendite, die ein Unternehmen aus zusätzlichem Kapital generieren kann.
Das Wesen der EKR ist leicht zu verstehen – es handelt sich dabei einfach um die aktuelle Gesamtrentabilität in Relation zu den gesamten in der Vergangenheit getätigten Investitionen. Hier einen möglichst zeitnahen Wert zu ermitteln, ist nicht viel schwieriger. Wir betrachten dazu die Rentabilitätssteigerung in Relation zum Investitionszuwachs, der zum Erzielen der entsprechenden Rendite erforderlich war. Damit wird zwar nicht die zukünftige EKR prognostiziert, doch ist der Wert aktueller als der Maßstab, den wir bisher angesetzt haben. Damit können wir uns auch um die oben angesprochenen buchhalterischen Probleme drücken. Ich bezeichne diesen neuen Maßstab als IP für „Incremental Principle“, also Zuwachsprinzip. Er wird folgendermaßen ermittelt:

berichtigter Gewinn, Jahr 2 – berichtigter Gewinn, Jahr 1
Eigenkapital am Ende von Jahr 2 – Eigenkapital zu Beginn von Jahr 2

Hinweis: Unter berichtigtem Gewinn ist der Gewinn nach Steuern und Abzug von Vorzugsdividenden zu verstehen, jedoch vor Abzug von Stammdividenden und unter Berücksichtigung außerordentlicher Posten.
Im folgenden Beispiel wurde ein Unternehmen mit einem Aufschlag von 50 auf den Buchwert gekauft. Dieser derivative Firmenwert ist abgeschrieben worden.

Goodwill Limited

Jahr 1 2 3
Unternehmenswert (50) (50) (50)
Anlagevermögen 30 33 36
Netto-Umlaufvermögen 20 22 24
Nettovermögen 50 55 60
Nettogewinn 10 10,5 11
durchschnittl. Eigenkapitalrentabilität 20% 19%
IP 10% 10%

Die ursprüngliche EKR wirkt mit 20 Prozent recht beeindruckend. Das IP jedoch kommt der Wahrheit näher. Der Gewinn nimmt lediglich um 0,5 p.a. zu, wofür jedoch jedes Jahr 5 Ins Betriebsvermögen reinvestiert werden müssen, was einen Ertragszuwachs von 10 Prozent ergibt. Würden sich diese Werte auch in Zukunft so entwickeln, fiele schließlich auch die EKR auf 10 Prozent. Das hier entstehende Bild ist typisch für ein Übernahmekonsortium mit scheinbar hoher Rentabilität seiner Anschaffungen, die sich jedoch nur allzu rasch verlangsamt; erst eine erneute Übernahme belebt die Rentabilität wieder – auf dem Papier.
Auch unser nächstes Beispiel erzählt eine alte Geschichte.

Start-up Limited

Jahr 1 2 3
Anlagevermögen 120 123 127
Netto-Umlaufvermögen 80 82 84
Nettovermögen 200 205 211
Nettogewinn 10 12 14
durchschnittl. Eigenkapitalrentabllität 6% 7%
IP 40% 33%

 

Das Wesen der EKR ist leicht zu verstehen – es handelt sich dabei einfach um die aktuelle Gesamtrentabilität in Relation zu den gesamten in der Vergangenheit getätigten Investitionen. Hier einen möglichst zeitnahen Wert zu ermitteln, ist nicht viel schwieriger.

Das vorliegende Muster ist besonders für Neugründungen oder Branchenneulinge typisch. Es zeigt sich vor allem in Sektoren wie Hotelgewerbe oder Schwerindustrie, wo sich beträchtliche Investitionsausgaben erst auszahlen, wenn die Kapazitäten ausgelastet sind. Beachten Sie die rasche Zunahme des Reingewinns von 15 bis 20 Prozent im Jahr. Betrachtet man EKR und IP, wird klar, dass dieser vermeintliche Boom beim Gewinn nur ein Aufholprozess ist. Hätte man die ursprünglich investierten 200 zur Bank gebracht, wäre die Rendite in jedem der drei Jahre höher gewesen.
Eine weitere nützliche Regel zur Identifikation von Aktien im Sinne Buffetts ist also:

Die Eigenkapitalrentabilität muss hoch sein, und zwar dauerhaft. Der Rentabilitätszuwachs aufgrund des Eigenkapitalzuwachses (IP) sollte ebenfalls hoch sein.