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Anlagestrategien für Aktionäre – die Nachteile des Stockpicking

Unter Stockpicking versteht man die gezielte Auswahl von Aktien mit Hilfe der Fundamental- und der technischen Analyse. Obwohl Investmentfonds über gut ausgebildetes Personal und exzellente Informationen verfügen, sind die meisten Ergebnisse mehr als mager. Häufig ist die Performance, die ein solcher Investmentfonds erzielt, geringer als die Wertentwicklung des Vergleichsmarktes. Es stimmt schon nachdenklich, wenn ein Aktienfonds, der sich auf deutsche Qualitätsaktien spezialisiert hat, schlechter abschneidet als der DAX. Für Sie als Anleger wäre es auf jeden Fall sinnvoller und lukrativer gewesen, gleich den DAX über ein Zertifikat zu kaufen, ln vielen Publikationen werden dennoch Investmentfonds als Königsweg der Altersvorsorge angepriesen. Sie sollten aber bedenken, dass Sie es sich angesichts der Probleme in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht leisten können, in Investmentfonds zu investieren, die nur eine karge Rendite mit sich bringen. Wenn Ihr Investmentfonds nicht mindestens den Marktdurchschnitt erreicht, sollten Sie solche Investmentfonds besser verkaufen.
In der Finanzmarktforschung ist man schon lange der Auffassung, dass Aktienkurse nicht vorhergesagt werden können. Auch ausgezeichnete Bilanzkennzahlen sind kein sicheres Indiz für eine überdurchschnittliche Wertentwicklung, da all diese Kennziffern nur etwas über die Vergangenheit des Unternehmens aussagen. Auch Chartanalytiker irren und können häufig eine Trendumkehr oder einen Kurseinbruch nicht zuverlässig Vorhersagen. Angesichts dieser Unwägbarkeiten kommen manche Experten zu dem Schluss, dass Stockpicking, also die gezielte Auswahl einzelner Aktien, nicht wirklich zu einer guten Rendite führt. Man kann durch einen Zufallstreffer Glück haben oder im schlimmsten Fall auf eine Niete setzen, die mit hohen Kursverlusten verbunden ist.

Eine Untersuchung der Universität Halle konnte zeigen, dass die meisten Analysten mit ihren Empfehlungen häufig daneben liegen. Im Zeitraum von Juni 2000 bis März 2002 verlor der Stoxx- 50, der die wichtigsten europäischen Standardwerte umfasst, 24 Prozent. Der Niedergang der New Economy und der Fall der Internetaktien riss auch die Blue Chips mit in die Tiefe, wenngleich die Kursverluste in diesem Börsensegment weniger dramatisch waren. Die Untersuchung nahm die Analystenempfehlungen im gleichen Zeitraum unter die Lupe und ermittelte eine Performance, die sogar ein Prozent unter dem Marktdurchschnitt lag, also minus 25 Prozent erreichte. Angesichts der vermeintlich ausgeklügelten Analysemethoden ist es verwunderlich, dass selbst die Börsenprofis noch schlechter abschnitten als der ohnehin schon schwache Markt. In den USA untersuchte Michael O’Higgins die Gewinnprognosen von Analysten und förderte Verblüffendes zutage. Er untersuchte die Gewinnvorhersagen für Dow-Jones-Unternehmen im Zeitraum von 1974 bis 1990. Die Analystenschätzungen wichen bis zu 48 Prozent vom tatsächlichen Ergebnis ab; selbst zwei Wochen vor dem Ende des Geschäftsjahrs, wenn die Gewinnprognose wesentlich erleichtert war, wich die Vorhersage immer noch um 18 Prozent ab. Aus diesem Grund verwendet man übrigens bei der Berechnung von Kennzahlen, die auf Gewinnprognosen beruhen, so genannte Konsensusschätzungen; dabei handelt es sich um einen Mittelwert, der mehrere Analystenschätzungen zusammenfasst.

Im Jahr 2000, als sich der katastrophale und verheerende Zusammenbruch des Neuen Marktes und der Technologiewerte ankündigte, waren über 70 Prozent aller Analystenaussagen Kaufempfehlungen, und nur ein Prozent riet explizit zum Verkauf von Aktien. Analysten sind von Berufs wegen ständig optimistisch, und selbst bei einem bevorstehenden Crash werden die Warnsignale so gut wie nie rechtzeitig erkannt. Selbst nach einem deutlichen Kursrückgang empfehlen Analysten notorisch weiter, Aktien – nun auf verbilligtem Niveau – zu kaufen.

Sie sollten als Anleger Analystengutachten immer kritisch beurteilen. Zwar ist die Aufbereitung der Bilanzkennzahlen sehr sorgfältig und gewissenhaft und die Marktanalyse vortrefflich, dennoch können Analysten in den seltensten Fällen einen Aktienkurs zielsicher Vorhersagen. In vielen Fällen liegen sie sogar weit daneben. Aufgrund dieses Umstandes gingen in den USA in den 1970er Jahren viele Pensionsfonds, die Gelder in Milliardenhöhe verwalten, dazu über, nur noch auf Indexstrategien zu setzen. Obwohl diese Vorgehensweise anfangs als „langweilig“ belächelt wurde, denn schließlich ist die Wertentwicklung dann genauso gut oder schlecht wie der Gesamtmarkt, hat sie sich bewährt. Denn mit dieser Indexstrategie konnte man die meisten Investmentfonds und Analysten übertreffen.
Erst seitdem einige Überrendite-Effekte wissenschaftlich nachgewiesen werden konnten, macht man sich auf die Suche nach einer Methode, wie man den Markt noch übertrumpfen kann.