Wertebeschreibungen richten sich oft an unterschiedlichste Leser. Das Credo von Johnson & Johnson zum Beispiel wendet sich an Arzte, Patienten, Zulieferer, Händler, Mitarbeiter, Aktionäre und die Gesellschaft insgesamt. Wenn Sie die Werte für Ihr Unternehmen ausarbeiten, sollten Sie an die verschiedenen Gruppen denken, die jeweils eine Beziehung zu Ihrem Unternehmen haben.
Eine kurze Wertebeschreibung, die funktioniert
Hier nun eine weitere Wertebeschreibung. ReliaStar Financial Corporation ist eine in Minnesota ansässige Holding-Gesellschaft, die Einzelpersonen oder anderen Firmen Finanzdienstleistungen anbietet. ReliaStar hat einfache Richtlinien aufgestellt, die festlegen, wie in verschiedenen Geschäftssituationen agiert werden soll. Jede Richtlinie enthält eine klare Aussage darüber, welches Verhalten von den Mitarbeitern erwartet wird. Wir von ReliaStar Financial Corporation wollen nach folgenden Verhaltensrichtlinien handeln:
✓ Handle mit Integrität.
✓ Bediene die Kunden, wie diese wünschen, bedient zu werden.
✓ Ergreife die Initiative.
✓ Fördere Partnerschaft und Kooperation.
✓ Würdige die Fähigkeiten des Einzelnen.
✓ Zeige Verantwortung für dein Tun.
✓ Strebe beständig nach Verbesserung und Innovation.
✓ Biete den Aktionären einen Gegenwert.
Sie werden die Wertebeschreibung hauptsächlich natürlich für die Mitarbeiter formulieren (oder nur für sich selbst, wenn Sie alleine operieren). Aber die Werte Ihres Unternehmens haben Einfluss auf alle Interessengruppen, also auf Eigentümer, Aktionäre, Kunden, Zulieferer – und sogar auf Ihre Mutter, wenn sie es war, die Ihnen die 100.000 € Startkapital geliehen hat. Bei der Überlegung, welche Werte für Ihr Unternehmen am wichtigsten sind, müssen Sie verschiedene Perspektiven beachten, zum Beispiel die folgenden:
✓ Die Forderungen der Aktionäre (wenn Sie welche haben)
✓ Die Interessen und Erwartungen all Ihrer Interessengruppen
Die Grundsätze und Prinzipien, die in Ihrem Unternehmen bereits vorhanden sind
Im folgenden Geldanlage-Portal werden wir uns diese Bereiche näher betrachten. Wenn Sie erst einmal eine vorläufige Liste der Unternehmenswerte erstellt haben, die Sie für wichtig halten, sind Sie in einer guten Position, um die Wertebeschreibung zu verfassen.
Investoren
Wirtschaftswissenschaftler argumentieren, dass es bei der Formulierung von Firmenwerten nur eine Gruppe gibt, die man beachten muss: die Aktionäre. Auf dem Papier zumindest sind die Aktionäre die wahren Eigentümer Ihres Unternehmens und verdienen daher Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Von diesem Blickwinkel aus sind die Geschäftsführer und leitenden Angestellten einfach nur Personen, die von denen bezahlt werden, denen das Unternehmen gehört – und dabei ist es ganz egal wie weit diese Eigentümer entfernt sein mögen. Eigentlich braucht man über Werte nichts zu wissen, man muss nur die Wünsche der Aktionäre ausführen. Wir wollen dieses Bild gar nicht weiter diskutieren, aber es ist heute nicht mehr ganz im Einklang mit den Absichten vieler Aktionäre. Jungunternehmer haben wahrscheinlich gar keine Investoren (außer sich selbst und einem geplünderten Bankkonto). Außerdem sind die öffentlich gehaltenen Anteile heute in der Mehrzahl Pensionsfonds und offene Investmentfonds und die Investoren, die diese Fonds kaufen, sind in der Hauptsache daran interessiert, die Eier in ihrem eigenen Nest wachsen zu sehen.
Diese Aktionäre sind abwesende Eigentümer. Sie fordern nur selten ein Mitspracherecht bei Entscheidungen. Wenn irgendetwas schiefläuft mit dem Unternehmen oder mit ihrem Fond, dann verkaufen sie die Anteile und suchen sich ein neues Investitionsobjekt. Aber worum geht es? Die Aktionäre sind zwar offensichtlich eine wichtige Truppe, die auch die Aufmerksamkeit der Unternehmen, die Aktionäre haben, fordert, aber deren Forderungen sollten nicht unbedingt alle anderen Stimmen verdrängen. Denken Sie daran: Ihre Aktionäre können die Aktien verkaufen und sich andere Investitionsmöglichkeiten suchen, wenn etwas schiefgeht. Sie als Geschäftsführer oder Eigentümer haben diese Möglichkeit nicht. Ihr Unternehmen ist auf lange Sicht hin besser dran, wenn Sie Ihre Perspektive erweitern und nicht nur die Aktionäre berücksichtigen, sondern auch alle anderen Interessengruppen, und jeder Gruppe die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdient.
Der Rest der Mannschaft
Sie werden erstaunt sein, wie viele Leute an dem Tun in Ihrem Unternehmen Anteil haben und nehmen: von den Zulieferern bis zu den Händlern, von den Bankiers bis hin zu den Kunden. Jede Gruppe hat ihre eigenen Interessen und Vorstellungen, welche Versprechen Ihr Unter-nehmen einlösen sollte. Die expliziten Versprechen, die Sie eingehen, sind gesetzliche Vereinbarungen, Lizenzen, Verträge oder Bestellungen. Die impliziten Versprechen sind die ungeschriebenen Erwartungen, die die verschiedenen Gruppen gegenüber Ihrem Unternehmen haben.
Für jede dieser Interessengruppen sollten Sie sich zwei Fragen stellen:
✓ Woran sind diese Leute am meisten interessiert?
✓ Was erwarten sie von meinem Unternehmen?
Mit anderen Worten: Was ist deren Anteil an den Aktivitäten und am Funktionieren Ihres Unter-nehmens? Auf den ersten Blick scheinen Ihre Interessen und die der Interessengruppen im Widerspruch zu stehen. Sie wollen zum Beispiel als wichtigsten Wert die Gewinne des Unter-nehmens maximieren. Außerdem denken Sie auch, es ist wichtig, die Kunden gut zu bedienen. Aber was wollen Ihre Kunden? Sie haben ganz bestimmt einen Anteil an Ihrem Geschäft und man kann mit einiger Sicherheit sagen, dass sie qualitativ hochwertige Produkte und gute Dienstleistungen zu einem vernünftigen Preis haben wollen. Stehen diese beiden Werte also nicht im Widerspruch zueinander? Nicht unbedingt. Kaufen nicht die meisten Kunden lieber bei Unternehmen, denen sie vertrauen können, mit denen sie zufrieden sind und die sie in der Vergangenheit gut bedient haben?
Außerdem mögen die Kunden keine Unsicherheit und wollen keine Zeit damit verschwenden, neue Produkte oder Dienstleistungen auszuprobieren. und sie werden keinen Wechsel vornehmen, wenn sie nicht wirklich dazu gezwungen sind. Die meisten Kunden wollen Ihnen also Ihre Gewinne nicht verweigern, weil sie wissen, dass es Ihr Unternehmen – und damit die von ihnen favorisierten Produkte und Dienstleistungen – nicht mehr geben wird, wenn Sie kein Geld mehr machen. (Weitere Informationen zu den Kunden Finden Sie in unserem Geldanlage-Portal) Gleichzeitig sind Kunden nicht dumm und wollen nicht ausgenützt werden. Wir alle haben schon Geschichten von Geschäftemachern gehört, die nach einer Katastrophe (Flut, Hurrikan, Erdbeben eine schnelle Mark machen wollen. Der Wettbewerb hält die Preise zwar in Schach, aber ein Mangel schafft die Möglichkeit und die Versuchung, zu überteuerten Preisen zu verkaufen.
Aber auch hier gilt, die Kunden haben Anteil an Ihrem Unternehmen und haben damit Interessen und Erwartungen. Wenn die Katastrophe vorbei und alles wieder aufgeräumt ist, werden dieselben Kunden ihr Geld woanders hinbringen und die Unternehmen belohnen, die sich während der Krise verantwortlicher gezeigt haben. Es ist an der Zeit, die Informationen über die Leute, die ein Interesse an Ihrem Unternehmen haben, zusammenzustellen und ein Profil der Interessengruppen zu erstellen. Gehen Sie wie folgt vor:
1.Listen Sie alle Interessengruppen auf, die mit Ihrem Unternehmen in Beziehung stehen.
Vergessen Sie auch nicht die weniger offensichtlichen Kandidaten. In Ihrer Liste sollten zum Beispiel Kunden, Eigentümer, .Aktionäre, Banken, Kreditgeher, Zulieferer, Händler, Geschäftspartner. Branchenverbindungen und andere aufgeführt sein.
2. Ordnen Sie die verschiedenen Gruppen nach ihrer Wichtigkeit.
Welchen Einfluss hat jede dieser Gruppen auf Ihre Unternehmensziele?
3. Schreiben Sie auf, welche Interessen jede der Gruppen Ihrer Meinung nach hat.
4. Schreiben Sie auf, welche Erwartungen jede der Gruppen Ihrer Meinung nach hat.
Passen Ihre Unternehmensaktionen zu den Erwartungen der wichtigen Interessengruppen? Sie sollten sich immer klarmachen, wie Ihre Geschäftsentscheidungen für die andere Seite aussehen. Sehen Sie zufriedene Kunden und zufriedene Mitarbeiter, hilfreiche Geldgeber, schnell reagierende Zulieferer und fleißige Händler? Wenn nicht, wie kann Ihr Unternehmen auf die Interessengruppen, die sich von Ihnen im .Stich gelassen fühlen, reagieren? Idealerweise wollen Sie natürlich Ihre Beziehungen mit den Interessengruppen schon im Vorhinein planen. Das Geheimnis einer schnellen Reaktion (bevor Maulwurfshügel zu Bergen werden) ist, die Erwartungen und Werte jeder Interessengruppe deutlich zu erkennen und zu verstehen.
Vorhandene Grundsätze und Prinzipien
Eine Liste abstrakter Grundsätze und Prinzipien aufzustellen, ist eine Sache, diese Grundsätze einem Test zu unterwerfen, eine andere. Dabei muss man harte Entscheidungen treffen, die einen zwingen, die Grundsätze näher zu untersuchen. Wenn Sie ein Ein-Personen-Unternehmen führen, wissen Sie schon in etwa, wofür .Sie stehen. Wenn Sie einem größeren Unternehmen angehören, gibt es mit großer Wahrscheinlichkeit bestimmte Grundsätze und Prinzipien für die Art und Weise, wie Ihr Unternehmen Geschäfte macht. Die beste Möglichkeit, um ins Innere dieser Grundsätze und Prinzipien vorzustoßen, ist sich vorzustellen, wie man in sehr schwierigen Situationen reagieren würde. Sehen Sie sich die Situationen an, die unten im Fragebogen (Abbildung 3.1) beschrieben sind. Fragen Sie andere Mitarbeiter des Unternehmens oder vertraute Kollegen, die nicht zum Unter-nehmen gehören, wie sie in diesen Situationen reagieren würden. Wahrscheinlich werden Sie sich wünschen, dass der Fragebogen auch die Option Weiß nicht enthält. Aber die Situationen, in denen Ihre Werte auf den Prüfstand kommen, sind eben nicht einfach.
Fragebogen: Grundsätze und Prinzipien | ||
Situation | Mögliche Reaktion | |
Ein unzufriedener Kunde verlangt für ein | □ | Den Kunden wegschicken, ohne ihm das |
Produkt den vollen Kaufpreis zurück. Das | Geld zu geben. | |
Produkt ist nicht beschädigt, kann aber | □ | Dem Kunden das Geld zurückgeben, den |
nicht mehr weiterverkauft werden. Der | Verlust tragen und darauf setzen, dass das | |
Kunde bleibt bei seiner Ansicht, dass das Produkt nicht richtig funktioniert.
Wie würden Sie reagieren: |
Geschäft mit loyaleren Kunden weitergeht. | |
Sie müssen eine Schlüsselposition in Ihrem | □ | Eine neue Person einstellen, die die nötigen |
Unternehmen neu besetzen. | Fähigkeiten für die Stelle mitbringt, aber | |
Wie würden Sie vorgehen: | wenig Erfahrung in der Branche hat. | |
□ | Einen erfahrenen und loyalen Mitarbeiter befördern und ihm die Möglichkeit zur Weiterbildung geben. | |
Sie müssen einen Ihrer Mitarbeiter entlassen. | □ | Den jungen, erst vor kurzem eingestellten |
Wen würden Sie auswählen: | Studienabgänger, unerfahren, aber mit viel Initiative. | |
□ | Den 55 Jahre alten Manager, der schon 20 Jahre im Unternehmen ist, solide und gut arbeitet, aber seine Eigenarten entwickelt hat. | |
Sie stellen fest, dass ein langjähriger Zulieferer | □ | Die Sache auf sich beruhen lassen, da es ja |
regelmäßig zu wenig Geld für seine | der Fehler des Zulieferers ist und er dafür | |
Dienste berechnet hat, sodass Sie größeren | verantwortlich ist. | |
Gewinn gemacht haben. | □ | Den Berechnungsfehler bei künftigen |
Wie würden Sie vorgehen: | Lieferungen korrigieren. | |
□ | Anbieten, nicht nur den Fehler zu korrigieren, sondern auch die Differenz zurückzuzahlen. | |
Sie haben einen brillanten und kreativen | □ | Das Verhalten tolerieren. |
Mitarbeiter. Leider missachtet er ständig | □ | Nach Möglichkeiten suchen, um die Situation |
die Regeln und stört den gesamten Betrieb. | zu beheben. | |
Wie würden Sie vorgehen: | □ | Den Mitarbeiter entlassen. |
Ein Mitarbeiter steht vor einem persönlichen | □ | Denjenigen, der bereitwillig Überstunden |
Dilemma. Um den Termin für ein | macht. | |
wichtiges Projekt halten zu können, muss er | □ | Denjenigen, der keine Überstunden macht, |
Überstunden machen und versäumt die Geburtstagsfeier seines Kindes. Welchen halten Sie für den besseren Mitarbeiter: | sondern zur Geburtstagsfeier geht. |
Fragebogen: Grundsätze und Prinzipien | |
Situation | Mögliche Reaktion |
Damit Sie Ihr Profitziel für das kommende Vierteljahr erreichen, müssen Sie Kosten reduzieren. Was würden Sie tun: | □ Ausgaben für den Kundendienst kürzen.
□ Momentane Investitionen für die neue Produktentwicklung reduzieren. □ Das vierteljährliche Ziel nicht erreichen und beschließen, dass langfristige Investitionen nötig und gerechtfertigt sind. |
Wenn Sie die Prämienpakete für die Manager Ihres Unternehmens ausarbeiten, was würden Sie unterstützen: | □ Prämien, die hauptsächlich Einzelerfolge belohnen.
□ Ein Kompensationssystem, bei dem von Gruppen oder Teams erreichte Ziele gefördert werden. |
Sie bemerken, dass eines Ihrer Produkte die veröffentlichten Spezifikationen nicht ganz erfüllt. Wie würden Sie reagieren: | □ Die Kunden sofort auf die Diskrepanz hinweisen.
□ Zeit und Mühe investieren, um das Problem zunächst zu verstehen, und dann die Kunden informieren. 0 □ Den Fehler ohne Aufhebens korrigieren und davon ausgehen, dass die Kunden sich bereits gemeldet hätten, wenn Probleme aufgetaucht waren. |
Ordnen Sie die folgenden Faktoren danach, wie wichtig Sie für Ihr Unternehmen sind: | □ Gewinne maximieren
□ Zufriedene Kunden □ Arbeitsplätze schaffen □ Neue Techniken fördern □ Qualitätswettbewerbe für Produkte gewinnen □ Die Konkurrenz schlagen □ Langfristiges Wachstum erhalten □ Die Märkte dominieren |
Abbildung 3.1: Die im Fragebogen gegebenen Antworten zeigen, welche Grundsätze und Werte bei den Mitarbeitern und Managern Ihres Unternehmens bereits vorhanden sind.
Denken Sie daran, dass es keine richtigen oder falschen Antworten gibt. Sie bekommen hier keine Noten, sondern sollen versuchen, die Werte zu erkennen, die sich in Ihrem Unternehmen bereits eingebürgert haben. Der ausgefüllte Fragebogen gibt einen Einblick in die allgemeinen Grundsätze und Prinzipien, die in Ihrem Unternehmen für richtig gehalten werden.
✓ Viele Leute, von den Mitarbeitern bis zu den Kunden, haben Anteil daran, was Ihr Unternehmen tut.
✓ Unterschiedliche Interessengruppen haben unterschiedliche Perspektiven, wenn es um Unternehmenswerte geht.
✓ Es ist wichtig, dass Sie so viele Perspektiven wie möglich zur Kenntnis nehmen.
✓ Die Unternehmenswerte sollten anknüpfen an die Grundsätze und Prinzipien, die bereits in Ihrem Unternehmen vorhanden sind.