Viele Bewerbungen bleiben erfolglos, weil die Bewerber sich nicht konsequent nach den Vorgaben der Anzeigen richten. Besonders größere Unternehmen oder solche, die Bewerber geradezu anziehen (Fernsehsender, Filmproduktionen, namhafte Werbeagenturen, aber auch öffentlichrechtliche Arbeitgeber wie z.B. Ministerien), erhalten nach Anzeigen häufig eine Flut von Bewerbungen. Doch die meisten Bewerbungen hegen neben der Sache, das heißt neben der ausgeschriebenen Position. Oft ist es mehr ein unbestimmter Wunsch nach Veränderung, als dass fachliche und persönliche Voraussetzungen vorliegen. Als z. B. beim Deutschen Bundestag eine Mitarbeiterin für den dokumentarischen Dienst gesucht wurde, natürlich mit entsprechenden fachlichen und persönlichen Qualifikationen, schrieb eine Dame, es käme ihr in erster Linie auf die Sicherheit des öffentlichen Dienstes an, und sie hoffe auf einen abwechslungsreichen Arbeitsplatz, bei dem man auch mal Prominente sehen könne. Man muss aber auch die andere Seite sehen: Viele Arbeitgeber können die zu besetzenden Positionen gar nicht richtig beschreiben oder tun sich mit bestimmten Formulierungen schwer.
Manchmal möchte man die Bewerberauswahl „breit“ haben und lässt deswegen spezielle Anforderungen weg, manchmal soll sie sehr speziell sein, dann enthält der Anforderungskatalog immens viele Vorgaben, von denen die Bewerber in aller Regel nur einige erfüllen. Nicht selten sollen auch Anzeigenkosten gespart werden, sodass nur das Wichtigste in der Anzeige steht. Und in wieder anderen Fällen muss man versuchen zwischen den Zeilen herauszulesen, wer eigentlich genau gesucht wird. Sie auf diese Feinheiten, auf Besonderheiten, aber auch Gefahren hinzuweisen, ist Anliegen dieses Bewerbung-Artikels. Die Stellenanzeige des Arbeitgebers ist das Produkt seiner personalplanerischen und unternehmerischen Überlegungen, eine frei gewordene oder neu geschaffene Position öffentlich auszuschreiben. Intern gibt es deshalb einen Vorlauf: Es steht fest, dass eine Position besetzt werden muss, und ferner, wie oder mit wem sie besetzt werden muss. Aus der Sicht der betriebswirtschaftlichen Personalplanung ist vorab zu prüfen, ob eine frei gewordene Position überhaupt wiederzubesetzen ist (oder nicht ggf. eingespart werden kann) und ob eine neu geschaffene Position betriebswirtschaftlich rentabel ist. Wenn der Auftragseingang auch gestiegen ist, so ist das noch lange kein Grund, eine neue Stelle zu schaffen.
Vielmehr ist entscheidend, dass er dauerhaft ist und eine kontinuierliche Umsatzsteigerung mit sich bringt, die auch zusätzliche Personalkosten zulässt. Es gibt aber noch einen weiteren internen Vorlauf: nämlich die Tatsache, dass die zu besetzende Position intern ausgeschrieben wurde und sich niemand aus dem Unternehmen gemeldet hat. Besonders in größeren Unternehmen gibt es Betriebsvereinbarungen über Stellenausschreibung. Danach kann geregelt sein, dass externe Stellenausschreibungen erst dann erfolgen dürfen, wenn sich keine internen Bewerber gemeldet haben. Mit solchen innerbetrieblichen Stellenausschreibungen soll sichergestellt werden, dass sich interne Mitarbeiter (oder auch deren Angehörige oder Bekannte) z. B. vorrangig auf höherwertige Positionen bewerben können. Manchmal ist aber eine Position so qualifiziert (besonders, wenn sie ganz neu zu besetzen ist), dass der Arbeitgeber schon von vornherein weiß, dass intern niemand infrage kommt. Deshalb wird er, um keine Zeit zu verlieren, parallel zur internen Stellenausschreibung auch extern in einer Zeitung oder in einem Fachmagazin inserieren. Wenn man dann als externer Bewerber eine Absage bekommt mit dem Hinweis „wir haben leider einer internen Lösung den Vorzug geben müssen und können Ihre Bewerbung nicht weiter berücksichtigen“, dann heißt das, dass sich doch noch ein interner Bewerber gemeldet hat oder dass diese Formulierung dem Arbeitgeber als Schutzbehauptung gedient hat.
Und was man noch wissen muss (das ist beim Bewerbungsgespräch zu hinterfragen), ist, wer – bei einer Ersatzeinstellung – vorher die Aufgaben erledigt hat. Denn an einen früheren, insbesondere sehr guten Stelleninhaber knüpfen sich naturgemäß bestimmte Erwartungshaltungen des Arbeitgebers. Als z. B. in einem Handelskonzern eine Pressereferentin kündigte, weil ihr Mann versetzt wurde, kamen dem zuständigen Vorstandsmitglied spontan folgende Überlegungen: Die neue Frau muss das Know-how der Vorgängerin haben, aussehen wie Frau X (die am Empfang
eine buchstäblich gute Figur machte) und das Flair und die Sprachkenntnisse von Frau Y (einer erfolgreichen Auslandssachbcarbeiterin) vorweisen können. Solche internen Wunschvorstellungen sind kein Einzelfall. Sie illustrieren nur eine Erwartungshaltung des Arbeitgebers, wie sie sich mit Sicherheit nicht in einer Stellenanzeige ausdrücken lässt. Fest steht eines: Die Stellenanzeige des Arbeitgebers hat eine eindeutige interne Ursache und in der Regel auch eine klare Aussage. Dabei unterscheidet man- salopp gesagt-zwischen Pflicht und Kür. Zu den Pflichtangaben gehören
folgende Punkte:
Darstellung des Unternehmens und seiner Ziele
„Wir sind ein aufstrebendes Unternehmen der Pharmaindustrie mit zweistelligen Zuwachsraten und starker Expansion. Wir sind weltweit tätig. Unser Hauptsitz ist in Hannover. Unsere Kunden aus dem ärztlichen Bereich schätzen uns als kompetenten Ansprechpartner.“
Klare Definition der Position
„Wir suchen eine(n) versierte(n) Pharmareferenten(in).“
Klare Definition des Aufgabengebietes
„Sie besuchen Kunden im Großraum Berlin, Ärzte, Kliniken und Sanatorien, in denen Sie unsere Produkte adäquat darstellen und anbieten.“
Klares fachliches Anforderungsprofil
„Sie passen am besten zu uns, wenn Sie über ein abgeschlossenes Studium der Medizin, der Pharmazie oder über eine vergleichbare Ausbildung verfügen und bereits mehrjährige fundierte Erfahrungen als Pharmareferent haben.“
Darstellung des Arbeitgeberangebotes
„Wir bieten Ihnen eine attraktive Dotierung (Fixum und Erfolgsbeteiligung), einen auch privat nutzbaren neutralen Firmenwagen der Mittelklasse sowie umfangreiche Sozialleistungen eines modernen Großunternehmens.“
Erwartungen des Arbeitgebers
„Wenn Sie diese Position reizt, senden Sie bitte Ihre kompletten Bewerbungsunterlagen mit Angabe Ihres frühestmöglichen Eintrittstermins und Ihres Gehaltswunsches an …“ Das sagt dem Bewerber eine ganze Menge, aber nichts über Zusatz- oder Ersatzeinstellung und auch nichts über das erwartete Persönlichkeitsprofil.
Grund der Stellensuche
„Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir …“ Hier ist ein klarer Hinweis auf eine Neueinstellung gegeben. „Der langjährige Stelleninhaber geht im Mai 2002 in den wohlverdienten Ruhestand. Wir suchen deshalb eine geeignete Persönlichkeit als Nachfolger/in.“ Dieser Hinweis belegt eine Ersatzeinstellung. „Wir expandieren seit Jahren und haben einen anerkannten Namen in der Baubranche. Diesen Erfolg verdanken wir den Leistungen unserer hochqualifizierten Mitarbeiter, die sich über eine(n) neue(n) Kollegen(in) sehr freuen würden.“ Auch hier handelt es sich um eine Ersatzeinstellung. Positiv ist, dass die Leistungen der Mitarbeiter hervorgehoben werden. Dies lässt den Schluss zu, dass in diesem Unternehmen auch ein gutes, angenehmes Betriebsklima herrscht.
Persönliche Zusatzqualifikationen
„Sie passen am besten zu uns, wenn Sie Teamarbeit gewohnt sind, keine starren Arbeitszeiten kennen und auch bereit sind kurzfristig in anderen Reisegebieten einzuspringen.“ „Wir erwarten von Ihnen die Fähigkeit ein kleines erfolgreiches Team zu führen und zu motivieren.“ Die Position setzt rhetorische Begabung, starke Überzeugungskraft und innovatives Denken voraus.
Angaben des Arbeitgebers zum Umfeld der Position
„Sie erwartet ein angenehmes Betriebsklima.“ „Unser Team freut sich auf Ihre Mitarbeit.“
„Wir wollen, dass sich unsere Mitarbeiter von Anfang an wohl fühlen. Deshalb helfen wir Ihnen bei der Wohnungssuche oder stellen Ihnen ein Firmenappartement übergangsweise zur Verfügung.“ „Sie erwartet ein freundlicher, modern eingerichteter Arbeitsplatz in verkehrsgünstiger Lage.“ „Sie haben Ihren eigenen Parkplatz.“ „Wir wollen, dass sich unsere Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz wohl fühlen. Deshalb sind alle Arbeitsplätze nach modernsten Gesichtspunkten eingerichtet. Auf Ihre speziellen Wünsche gehen wir gern ein.“
Wie Sie bereits an diesen wenigen Beispielen sehen, hat der Arbeitgeber eine ganze Menge an Möglichkeiten, bezogen auf die Stellenanzeige, im Rahmen seiner „Kür“ die Motivation des Bewerbers zu wecken. Es wäre sicherlich verkehrt zu sagen, je mehr „Kürelemente“ in einer Stellenanzeige enthalten sind, umso besser der Arbeitgeber, doch ein bisschen Wahrheit ist dran. Wie oben erwähnt können viele Arbeitgeber gar nicht so treffsicher Stellen – anzeigen formulieren. Deshalb muss eine ganz sachlich gehaltene Anzeige nur mit „Pflichtelementen“ nicht die schlechteste sein. In einem solchen Fall sollten Sie sich die „Kürelemente“ für das Bewerbungsgespräch als Fragen Vorbehalten.