Wie stehen die Aktien an der Börse

Wer sich mit der Börse befasst, muss ständig bereit sein für Neues und für Veränderungen. Er muss immer schneller werden und darf sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Die Börse ist voller Widersprüche und voller Überraschungen. Die Börse ist verrückt, und sie kann für manche zu einem großen Risiko werden. Es gibt immer neue Facetten des Börsengeschehens. Das macht vielleicht auch ihre Faszination aus.

Der Market lebt

Der amerikanische Professor Benjamin Graham wird vielen deutschen Lesern nicht mehr bekannt sein, denn er starb bereits 1976. Einer seiner Schüler war Warren Buffett, der die Ratschläge Grahams sein Leben lang befolgte. In dem Buch Intelligent investieren beschreibt Graham die Börse als eine Person, den Mr. Market.

Man soll sich nun vorstellen, dass man mit diesem Mr. Market als Partner gemeinsam eine Firma betreibt. Allerdings hat Mr. Market eine ganz erhebliche Macke: Jeden Morgen, bevor Sie mit der Arbeit beginnen, erscheint er bei Ihnen und macht Ihnen das Angebot, Ihren Geschäftsanteil an der Firma zu kaufen oder auch seinen an Sie zu verkaufen. Dabei macht er jeden Tag ein neues Angebot, das sich von dem des Vortages manchmal ganz erheblich unterscheidet, obgleich die wirtschaftlichen Verhältnisse Ihres gemeinsamen Unternehmens recht stabil sind. Die Ursache für das Verhaltens Ihres Partners Mr. Market liegt in seiner Krankheit. Er ist nämlich manisch-depressiv.

Manchmal sieht er Ihre gemeinsamen Geschäftserfolge im rosigsten Licht und möchte Ihre Anteile am Unternehmen um jeden Preis kaufen, doch dann wieder ahnt er in der Zukunft drohende Veränderungen, die ihn tief bedrücken, und er hat nur noch ein Ziel vor Augen: seine Anteile zu verkaufen, und zwar um jeden Preis!

Da Sie nun schon eine Zeit lang mit ihm Zusammenarbeiten, kennen Sie diese Macken und wissen, dass es ihm überhaupt nichts ausmacht, wenn Sie nicht auf seine Angebote eingehen. Am nächsten Tag ist er wieder bei Ihnen und macht Ihnen einen erneuten Vorschlag. Sie stehen also jeden Tag vor der Wahl, auf die Vorschläge von Mr. Market einzugehen oder nicht. Da Mr. Market nun aber keine echte Person ist, brauchen Sie auch keine Skrupel zu haben, auf seine Vorschläge einzugehen, wenn diese für Sie besonders günstig zu sein scheinen. Kaufen Sie die Firmenanteile von ihm, wenn Sie darin einen Vorteil sehen, oder verkaufen Sie ihm Ihre. Handeln Sie stets so, wie es Ihrem eigenen Vorteil entspricht, aber bedenken Sie stets, dass Ihr Unternehmen im Prinzip solide funktioniert und dass nur Mr. Market seine allmorgendlichen verrückten Anwandlungen hat.

Lassen Sie sich nicht selbst von ihm verrückt machen, indem Sie seine Vorschläge für der Weisheit letzten Schluss halten. Mr. Market ist Ihr Partner, der Ihnen nichts übel nimmt und der ein bisschen verrückt ist. Aber er ist nicht Ihr Chef.

Diese Beschreibung der Börse als Mr. Market hat Benjamin Graham in den Grundzügen schon in den dreißiger Jahren entwickelt, und es hat sich zumindest an der Krankheit des Mr. Market bis heute nicht viel geändert. Aus dem gleichen Grund haben auch noch viele der alten Börsenweisheiten ihre Berechtigung behalten.

Computer sind auch nur Menschen
Der 3. Januar 2001 war einer der zugegeben immer seltener werdenden Aufreger-Tage an der Börse. Völlig überraschende Zinssenkung in den USA, es war 19 Uhr MEZ. Wie eine Rakete schoss der Index DAX an der schwarzen Tafel senkrecht in die Höhe, bewegt! durch riesige Kaufaufträge innerhalb von Sekunden. Einige riefen zwar unwissend: Die Tafel ist kaputt! Das gibt’s doch nicht. Schon wieder so’n blöder Fehler der Technik! Von wegen: Die (rote) Eilmeldung der Nachrichtenagentur Reuters war gleichzeitig auf allen Bildschirmen und löste fast panikartige Käufe aus. Die bisher friedlich vor sich hin dümpelnde Frankfurter Börse vibrierte ähnlich wie vorher nur am 11. März 1999, als Oskar Lafontaine als Finanzminister zurücktrat. Jubel und fast ein Aufschrei auf allen Computern. Sage niemand, die hätten keine Emotionen. Also mussten auch wir unseren Tagesplan komplett umschmeißen und den Leuten erklären: Warum jubelt die Börse bei einer mickrigen Zinssenkung (0,25 Prozent) im fernen USA und warum war gerade sie zu Beginn des Jahres psychologisch so wichtig? Das Witzige war: Die nächste Zinssenkung im selben Monat wurde an den Börsen fast emotionslos aufgenommen. Denn die war erwartet worden, die am 3- Januar eben nicht.

Bei einzelnen Werten hat es solche rasanten Kursveränderungen schon öfter gegeben (am Neuen Markt bis zu 300 Prozent), aber nicht beim DAX!

Wall Street – Wo die Krisen Geschichte schreiben

Am 17. Mai 1792 wurde die heute bedeutendste Börse der Welt gegründet: Die New York Stock Exchange. Allerdings war die Veranstaltung weitaus weniger bombastisch, als man sie heute veranstalten würde. Vierundzwanzig Kaufleute trafen sich im Freien, denn es war ein heißer Frühlingstag. Sie beschlossen, sich gegenseitig beim Handel mit Aktien und Anleihen den Vorzug zu geben und ihren Kunden für den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren mindestens ein Viertel Prozent Provision zu berechnen. Das war alles. Die Gründungsurkunde der New York Stock Exchange bestand nur aus zwei Absätzen.

Insgesamt hatte dieses Geschäft mit Aktien in den folgenden Jahren ohnehin nur marginale Bedeutung für die Kaufleute. 1798 wurden sechs verschiedene Aktien an der New Yorker Börse gehandelt, und selbst bis zum Jahr 1803 hatte sich die Zahl lediglich verdoppelt. Zu jener Zeit waren London und Paris die Finanzzentren der Welt. Anfangs fand der Handel mit Aktien auch keineswegs an einem zentralen Ort statt, sondern die Kaufleute führten Aktien wie andere Waren auch in ihrem Laden.

Es dauerte noch bis zum Jahre 1869, bis die New Yorker Börse sich so konstituiert hatte, wie wir sie heute kennen. Das war auch das Jahr des ersten Schwarzen Freitags, der allen folgenden Crashs den Namen verlieh, auch wenn sie nicht an einem Freitag stattfanden.

Der Schwarze Freitag, der allen im Bewusstsein ist, fand genau genommen am Montag und Dienstag, den 28. und 29. Oktober 1929 statt. Als Datum für den großen Crash wird oft der 25. Oktober genannt, obwohl an diesem Tag tatsächlich eine leichte Kurserholung stattfand und der eigentliche Absturz erst an den beiden nächsten Handelstagen folgte. Der Crash löste eine tief greifende Bankenkrise und die bisher schwerste Krise der Weltwirtschaft aus. Spekulanten, die ihre Aktien auf Kredit gekauft hatten, hatten plötzlich ihr gesamtes Vermögen verloren, das den Banken als Sicherheit für diese Kredite dienen sollte.

An der New Yorker Börse ging es eigentlich bis zum Jahr 1933 fast ohne Unterbrechung bergab. Wegen der Krise in Amerika zogen die US- Banken ihre Gelder aus Europa ab, was am 11. Mai 1931 dazu führte, dass die Creditanstalt in Wien schließen musste. Das wiederum wirkte sich dann auch auf deutsche Banken aus.

In Deutschland gab es dann am 10. Juli 1931 einen Schwarzen Freitag. Einen Tag später erklärte die englische Notenbank, dass sie den Goldstandard nicht mehr aufrechterhalten könne. Goldstandard bedeutet die Verpflichtung, Bargeld jederzeit in Gold einzutauschen. Auch zahlreiche andere Notenbanken konnten dieser Verpflichtung nicht mehr nachkommen. Im April 1933 mussten alle amerikanischen Banken vorübergehend schließen, da sie dem Ansturm der Gläubiger nicht mehr gewachsen waren. Aus der Bankenkrise wurde die große Weltwirtschaftskrise. Überall gingen Nachfrage und Produktion stark zurück, die Arbeitslosenzahlen schossen in die Höhe. Der Außenhandel zwischen den Staaten kam förmlich zum Erliegen. An der Wall Street gab es noch einen Schwarzen Freitag am Montag, dem 19. Oktober 1987. Wieder wurden die internationalen Börsen mitgerissen. Der Kurssturz konnte aber gestoppt werden. Auch wenn die Erholung ein paar Jahre dauerte, kam es zu keiner Wirtschaftskrise.

Einen kleineren Crash lösten im November 1997 die Turbulenzen an den asiatischen Finanzmärkten aus. Starke Kursrückgänge an der Hong- konger und Tokioter Börse hatten auch die anderen internationalen Börsen in Mitleidenschaft gezogen. In Deutschland verlief der Crash aber relativ glimpflich.

Global Player sowie die Deutsche Börse AG

Die Deutsche Börse hat 1,1 Milliarden Euro durch den Börsengang eingenommen. Sie will das Geld investieren, um weiter zu wachsen und international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Investitionspipeline ist so groß wie nie zuvor, so Finanzchef Hlubek. Und erstmals seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1992 werde man es nicht schaffen, dies alles nur aus den laufenden Einnahmen zu finanzieren. In allen Geschäftsbereichen sollen die Aktivitäten erweitert werden. Dazu gehört der Ausbau des Xetra-Handelssystems zur dominierenden europäischen Plattform, auch für internationale Teilnehmer. Die Terminbörse Eurex soll ihre international führende Stellung behaupten, mit neuen Investitionen und der Erweiterung auf andere Märkte, wie zum Beispiel Asien.

Darüber hinaus könnte man nach Aussagen des Finanzvorstands im Bereich Informationsprodukte auch kleinere Dienstleister zukaufen, auch im Bereich Informationstechnologie für die Tochter Deutsche Börse Systems. Viel Geld kosten werde auch der Aufbau einer Zentralen Gegenpartei, die das so genannte Netting ermöglicht. Netting heißt, dass alle Wertpapiertransaktionen eines Anlegers im Laufe des Tages gegeneinander aufgerechnet werden. Dann müssen nur noch die netto übrig gebliebenen Geschäfte abgerechnet und abgewickelt werden. Dies bringt hohe Kosteneinsparungen für die Banken und Broker. Im internationalen Wettbewerb der Börsen wird es, wie Börsenchef Werner Seifert sagte, in erster Linie auf die Qualität der Handelssysteme ankommen. Seiner Ansicht nach gibt es nur zweieinhalb Börsen, die ein gutes System haben und sich dies auch weiterhin leisten können: Euronext (der Zusammenschluss der Börsen von Paris, Brüssel und Amsterdam), die Deutsche Börse und zur Hälfte die schwedische Börsengesellschaft OM Gruppen. Alle anderen Börsen, auch die Londoner, haben laut Seifert wenig Aussichten, die Systementwicklung weiter zu finanzieren, um zu ähnlich niedrigen Kosten zu kommen, wie sie die Deutsche Börse hat oder in Zukunft haben soll.

Seifert hofft, dass in einigen Jahren alle wichtigen Börsen und Abwicklungsorganisationen in Europa börsennotiert sind. Dann unterlägen sie dem Diktat des Marktes und müssten ihr Geschäft nach dem Sharehol- der-Value ausrichten. Das Spiel werde spannender, professioneller und marktgetriebener. Die Gefahr, dass eines Tages nur eine einzige Börse als Monopol übrig bleiben wird, sieht er nicht. Er glaubt nicht an eine Weltbörse, sondern an ein sich hart bekämpfendes Oligopol.

Also, Anleger, höret und sehet auch diese Signale in einer Momentaufnahme. Das einzig Konstante ist ja der Wandel. Und besonders durch das Internet wird die große Finanzwelt zu einer breiten Einkaufsstraße, wo einem täglich an jeder Ecke immer neue Angebote gemacht werden. Was heute noch das Beste war, wird morgen von einer anderen Börse vielleicht schon überboten.

Warren Buffett – der Bescheidene

Warren Buffett, Jahrgang 1931, ist der zweitreichste Mann der Welt. Niemand hat je allein mit Aktien ein so riesiges Vermögen aufgebaut: etwa 36 Milliarden Dollar (Stand: Juni 1999). Wer 1956 mit 10 000 Dollar angefangen hätte, ihm in seinen Investitionen und Entscheidungen zu folgen, wäre 1998 mit 150 Millionen Dollar Multimillionär gewesen.

Buffett zeigt seinen Megareichtum jedoch nicht. Er trägt schlecht sitzende Anzüge, liebt Fast Food und Coca-Cola mit Kirschgeschmack, die er auch selbst einkaufen geht, er fährt sein Auto selbst, und einmal die Woche gönnt er sich ein Essen im Steakhouse. Buffett lebt noch heute in einem einfachen Haus in Omaha (Nebraska), das er vor 33 Jahren für 31 500 Dollar gekauft hat. Dort im Schlafzimmer und auf der Sonnenterrasse begannen seine Geschäfte, die ihn erfolgreich und berühmt machten.

Buffett pflegt auch keine kostspieligen Hobbys. In den letzten 17 Jahren genehmigte er sich nur ein Jahresgehalt von 100 000 Dollar. Damit ist er einer der am schlechtesten bezahlten Firmenchefs und Manager mit dem besten Gehalt-Performance-Verhältnis. Buffett hat drei Kinder, den Großteil seines Vermögen will er jedoch gemeinnützigen Zwecken zukommen lassen.

Das tägliche Auf und Ab der Kurse, Marktstimmungen und Charts hat Buffett nie interessiert. Seine Investmentstrategie war stets langfristig angelegt. Buffett folgt ausschließlich wertorientierten Anlageprinzipien, so wie er es von seinem Professor Benjamin Graham an der New Yorker Columbia University gelernt hatte. Auf kurze Sicht ist die Börse eine Wahlurne, auf lange Sicht eine Waage, sagte Graham seinen Schülern.

1965 übernahm Buffett die Kontrolle des damals maroden Textilunternehmens Berkshire in New England, der Aktienkurs lag bei unter 20 Dollar. Heute ist daraus eine Investmentholding geworden, und ihr Aktienkurs betrug im März 2000 etwa 42 000 Dollar, damit war es das teuerste Papier an der New Yorker Börse. Das lange Festhalten Buffetts an den gekauften Werten machte die Aktien seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway zu einer der renditeträchtigsten Kapitalanlagen der zurückliegenden 35 Jahre.

Berkshire Hathaway war eine Zeit lang im Prinzip ein geschlossener Investmentfonds. Heute ist die Gesellschaft ein Versicherungskonzern mit einem größeren Aktienbesitz und einigen skurrilen unternehmerischen Aktivitäten, darunter eine Milchbarkette, Schuhgeschäfte und ein Juwelier, aber auch ein Möbelhaus im Stil von Ikea. Gut 70 Prozent der operativen Erlöse kommen inzwischen aus dem Rückversicherungsgeschäft. Kerngesellschaften sind der Rückversicherer General Re, der Ende 1998 zugekauft wurde, sowie Geico, einer der beiden führenden Direktversicherer Amerikas. Berkshire macht keine Werbung und wird nicht einmal in den Blue-Chip-Listen erwähnt. Buffets Erfolgsstrategie lässt sich verhältnismäßig einfach beschreiben: Er kauft in schlechten Zeiten zu niedrigen Preisen und verkauft fast nie. Er kauft nur Aktien, von deren Unternehmen er überzeugt ist, achtet dabei auch auf Konkurrenten und wichtige Einflussfaktoren und deren Wirkungsweisen. Seine Vorliebe gilt deshalb Markenartiklern mit globalem Potenzial wie American Express, Coca-Cola oder Gillette. Voraussetzung für einen Kauf war für ihn stets, dass der innere Wert eines Unternehmens unter dessen Marktpreis liegt.

Die Zahl seiner Verehrer ist nach wie vor enorm. Der Pilgerzug zur Hauptversammlung von Berkshire Hathaway in Omaha (Nebraska), dem Geburtsort Buffetts, ist jedes Jahr rund 10 000 Aktionäre lang. Buffett macht es inzwischen richtig Spaß, ein Guru zu sein und seine Erfolgsrezepte zu predigen.

Die Macht der Gefühle an der Börse

Es war André Kostolany, der seinen Lesern und Zuhörern immer wieder aufs Eindringlichste nahe legte, dass die Psychologie mindestens 90 Prozent des Börsengeschehens bestimmt. Nicht die tatsächlichen Ereignisse oder die Fakten entscheiden über die Entwicklung der Kurse, sondern die Art und Weise, in der sie von der Mehrzahl der Aktionäre wahrgenommen, interpretiert und in Entscheidungen umgesetzt werden. Dieselbe Preis- Gewinn-Relation bei ein und demselben Unternehmen kann zum einen Zeitpunkt als zu niedrig beurteilt werden und zu einem anderen als zu hoch.

Man braucht wahrscheinlich wirklich die in Jahrzehnten gereifte Lebensweisheit Kostolanys und die Vielfalt der durchlebten Situationen, um diese Subjektivität der Massen in ihrer ganzen Bedeutung zu verstehen. Die Börsenkurse folgen keiner Logik, auch wenn es uns die Analysten und Chartfanatiker immer wieder glauben machen wollen. Wer mit Statistiken umgehen kann, wird fast jeden Zusammenhang, ob zwischen der Börse und den Sternen oder zwischen der Börse und der Damenmode, beweisen können. Doch diese Erklärungen beweisen nur, dass es keine Zusammenhänge geben kann. Wären sie vorhanden, so hätte man sie längst gefunden, und es gäbe keine Börse mehr, sondern nur noch Fixpreise.

Was die Wissenschaftler entdeckt haben, ist der Zusammenhang mit der Massenpsychologie. 60 Prozent der mittelfristigen Kursschwankungen sollen sich eindeutig darauf zurückführen lassen. Zwar sind massenpsychologische Phänomene so schwer zu erklären und noch schwerer vorherzusagen, dass es dafür bis heute keine Formeln gibt, aber man hat nicht aufgegeben, sie zu suchen.

Was jedoch vorhergesagt werden kann, ist in einem bestimmten Rahmen das Verhalten des einzelnen Kapitalanlegers. Damit hat man immerhin einen Ansatz und jeder kann sein eigenes Verhalten optimieren, wenn er in der Lage ist, sich zu ändern. Aber auch das fällt den meisten Menschen schwer. Erst recht, wenn es um ihr Verhältnis zum Geld geht.

Typologie der Kleinanleger
Nicht jeder, der Geld zur Verfügung hat, geht auch in gleicher Weise damit um, wenn es darum geht, Aktien zu kaufen. Fünf verschiedene

Anlegertypen soll es geben:

  1. Der Stille Teilhaber. Er möchte auch am verlockenden Börsengeschäft teilnehmen, allerdings nur aus sicherer Distanz. Dieser Anlegertyp besitzt in der Regel nur Fonds und ist zu einer kleinen Risikostreuung bereit.
  2. Der Klein-Absahner kommt etwas stärker aus der Deckung heraus. Er will nicht nur eine Beratung, sondern teilweise selbst seine Entscheidung treffen und nicht alles seinem Berater überlassen. Er schwankt ständig zwischen seiner Gewinngier und seinem Sicherheitsdenken und handelt entsprechend. Klein-Absahner investieren vor allem in Standardaktien mit eingebauter Sicherheitsdividende.
  3. Der Quartalsspekulant. Er weiß um das Risiko, dass er dem Börsenlaster und seiner Eigendynamik schnell verfallen könnte. So handelt er nur sporadisch, als wenn er eine Spielbank besuchte. Der Quartalsspekulant investiert meist kurzfristig, kauft und verkauft ebenso schnell. Seine Entscheidungen trifft er mehr aus dem Bauch heraus.
  4. Der Systemzocker. Er geht bewusst hohes Risiko ein und engagiert sich in Hot Stocks, Nebenwerten, Außenseitern, in Derivaten und Optionsscheinen. Standardaktien langweilen ihn. Er kennt sich gut aus, hat einige Krisen an den Börsen überwunden und kennt Überlebensstrategien wie Limits für den Ein- und Ausstieg.
  5. Der Schicksalshasardeur. Er ist berauscht vom gesamten Geschehen, taucht in die Börse ein wie in eine Droge, setzt alles aufs Spiel, versetzt sogar Haus, Hof, Katze und Hund. Wie ein Kasinobesucher, der sich kein Limit setzt. Auch ihn haben Anfangserfolge zum Weitermachen animiert. Ein Crash an der Börse wird bei ihm zum existenziellen Absturz.

Die Zahl der Schicksalshasardeure ist kräftig gestiegen: Man hängt seinen Menschenverstand an den Kleiderhaken, wenn man sieht, dass ein Freund schnell reich geworden ist. Da will man nicht zurückstehen und es ihm gleichtun. Schnell gehen alle Regeln über Bord, die man als relativ risikobewusster Mensch einmal hatte.

In der bekannten Zeitung mit vier Buchstaben rühmte sich ein Lehrer: Ich habe innerhalb von zwei Tagen ein Lehrer-Jahresgehalt gewonnen. Warum arbeite ich eigentlich noch? Muss ich das? Müssen überhaupt andere arbeiten? Ich kann doch viel schneller an der Börse Kohle machen. Gottlob ist diese Mentalität (Börse statt Arbeit!) weg und raus. Auch eine heilsame Lehre aus dem Schock am Neuen Markt.

Börse für Anfänger – Talentschuppen Börse

Während seines Wirtschafts- und Politikstudiums jobbte Pierre Drach (Jahrgang 1966) als Aktienhändler bei dem Makler Ballmaier & Schultz an der Frankfurter Börse. Als es ihm zu stressig wurde, setzte er seine Idee von einer Aktienanalyseabteilung (Research) durch und hatte bald acht Mitarbeiter. Das hieß für den 27-jährigen Studenten Drach: 40 Stunden Uni – 40 Stunden Research.

Zwei Jahre später – genau vor dem deutschen Aktienboom — wurde der Bereich von Drach ausgegliedert und die Independent Research (IR) gegründet, mit Drach als Geschäftsführer. Die neue Geschäftsidee vom bankenunabhängigen, bezahlten Research wurde ein Erfolg. Das ist Drachs Konzept: Er konstruiert ein Angebot nach dem Baukastenprinzip; jeder kann sich das Passende zusammenstellen.

Die Analystenrunde, ein heiß begehrtes Börsen-Wochenblatt, ist das Basisprodukt. Zusatzinfos gibt’s per Fax oder E-Mail. Institutionelle Kunden werden bei neuen Firmennachrichten beraten; für Neuemissions- Kandidaten schrieb er etliche der rund 150 Emissionsstudien im Jahr.

Drachs Erfolg: Der Umsatz verdoppelte sich seit 1995 jedes Jahr.

Es zahlt sich immer aus, den Trend zu verfolgen, meint Drach. Am Neuen Markt sind seiner Ansicht nach viele Werte sehr hoch bewertet. Dort setzt er nur auf Marktführer und lässt die Finger von solchen Firmen, bei denen die Umsetzbarkeit ihrer Geschäftsstrategie fragwürdig ist. Nicht die Ergebnisverbesserung, sondern die Umsatzsteigerung im Quartal zählt für ihn.

Drach sieht Aktien als gute Altersvorsorge. Eine Steuerfreiheit bei allen Aktienanlagen wäre seiner Ansicht nach ein Anreiz gerade für Kleinanleger, mehr Mut am Aktienmarkt zu zeigen und auch kurzfristiger zu investieren.

Man muss dem Vorstandschef in die Augen schauen können, ist eine seiner Maximen beim Aktienkauf. Vor allem sollte man unterbewertete Aktien suchen, interessante Werte aus der zweiten Reihe mit einem überzeugenden Unternehmenskonzept und mit Übernahmefantasien. Drach setzt auf Marktführer mit guten Investor Relations und Shareholder-Value.

Pierre Drach gilt privat als sparsam, fast geizig. Er habe seinen Nissan Sunny nur gegen einen Mercedes SL getauscht, weil der Steuerberater mehr Kosten sehen wollte, heißt es. Wassili Papas (Jahrgang 1970) ist gebürtiger Grieche. Er studierte in den USA Betriebswirtschaft und machte im Alter von 22 Jahren als Jahresbester den Abschluss. Nebenbei hat er Philosophie studiert, was ihm nach eigenen Worten heute mehr nützt als die ganze Betriebswirtschaftslehre.

Er arbeitete zunächst in New York bei der Credit Suisse First Boston als Analyst des First Boston Special Situations Fonds, einem Hedge-Fonds, der sich auf Wertpapiere und Unternehmen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert hatte. Ein Jahr später wechselte er als Senior Analyst zu Value Management & Research in Königstein bei Frankfurt, einer Kapitalanlagegesellschaft, die institutionelles und Privatkundenvermögen verwaltet. Seit 1996 managt er bei der Union Investment GmbH deutsche und internationale Fonds mit mittleren und kleinen Aktien.

Mit 29 Jahren managte Papas schon sechs Aktienfonds bei der Völks- und Raiffeisenbank-Fondsgesellschaft Union Investment. Vier bis fünf Millionen Euro bewegte er täglich. Von seinem Büro in Frankfurt verwaltete er über 1,7 Milliarden Euro. Sein Erfolg mit den Fonds EuroAction Midcap und UniDynamic Europa brachte ihm die zweimalige Ehrung zum Fondsmanager 1998 der Zeitschrift Finanzen. Und 1999 wurde er mit dem Standard & Poor’s Award ausgezeichnet, was sozusagen der Oscar der Investmentbranche ist. Mittlerweile wacht Papas über mehr als 5 Milliarden Euro Kundengelder. Papas lebt total in der Börsenwelt. Morgens Punkt sieben liest er das Wall Street Journal und die Börsenzeitung. Er arbeitet täglich zehn Stunden, oft auch am Wochenende. Entspannung findet er bei Waldspaziergängen, beim Joggen oder Schwimmen. Über sein Privatleben redet er nicht, weil er angeblich keines hat.

Papas hat eine Vorliebe für Aktien von Gesellschaften, die nach ihrer Marktkapitalisierung zu den 100 größten europäischen Unternehmen zählen. Das tägliche Kursgeschehen interessiert Papas weniger, vielmehr setzt er auf langfristige Trends. Hightechaktien sollte man seiner Ansicht nach längerfristig halten, weil sie für Spekulationen zu schnelllebig seien. Grundsätzlich hält er wenig von kurzfristigen Anlagen. So macht er für das Desaster am Neuen Markt auch das Verhalten institutioneller Anleger mit kurzfristigen Engagements verantwortlich. Dabei zitiert Papas gern Warren Buffett: Wer eine Aktie nicht im Bewusstsein kauft, sie mindestens zehn Jahre zu halten, der sollte sie auch keine zehn Minuten besitzen.

Die Anlagestrategie von Papas beruht auf einer fundierten Analyse von Markt und Branche. So versucht er die richtigen Wachstumswerte möglichst frühzeitig aus dem Angebot herauszufiltern. Papas hat einen ganz klaren Auswahlprozess, der in fünf Stufen abläuft. Erstens: Wie ist die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells, wie die strategische Positionierung, und ist es ein Markt mit möglichst großen Wachstumschancen? Zweitens: Wie ist die Managementqualität? Drittens: Internes Wachstum gilt als Qualitätssiegel und nicht Wachstum allein durch Akquisitionen. Viertens prüft Papas die Bilanzierungsmethode. Dann erst folgt die Bewertung der Aktie. Die von ihm präferierten Aktiengesellschaften sollten zum Beispiel ein deutlich größeres Gewinnwachstum pro Aktie vorweisen als branchenüblich. Bei denen, die noch mit Verlusten arbeiten, stehe im Vordergrund, wann mit welchen Gewinnen zu rechnen sei. Die Medizin- und Biotechnologiebranche ist Papas zu risikoreich, auch die Medien- und Telekommunikationswerte interessieren ihn nicht, dagegen die Informationstechnologie-Software und der Internet-Infrastrukturbereich.

Eckard Sauren (Jahrgang 1971) gilt als der erfolgreichste Dachfondsmanager Deutschlands. Dachfonds sind Investmentfonds, deren Vermögen ganz oder vorwiegend in Anteilen anderer Fonds angelegt sind. Er wurde in Aachen geboren, machte eine Ausbildung zum Datenverarbeitungskaufmann und ist seit 1991 selbstständiger Unternehmensberater. Er gründete die Sauren Finanzdienstleistungen. Der Sauren Global Growth hat ein Volumen von 120 Millionen Euro und schaffte innerhalb eines Jahres eine Rendite von 48,2 Prozent.

Saurens Erfolgsrezept ist, Fonds genau zu analysieren und mehr zu wissen als andere. Dem Privatanleger rät er, in allen Regionen und Branchen zu investieren, um so das Risiko zu streuen.

Sascha Hirsch (Jahrgang 1970) ist seit 1997 bei der Dresdner-Bank- Tochter Deutsche Investment Trust als Spezialist für europäische kleine und mittlere Unternehmen erfolgreich tätig. Er betreut als Fondsmanager den DIT Spezial und als Ko-Fondsmanager den DIT Neue Märkte Europa. DIT Spezial verwaltet ein Volumen von 196 Millionen Euro und erreichte innerhalb eines Jahres eine Performance von 56,8 Prozent.

Hirsch steht nicht gern im Vordergrund, er weist immer auf sein Team hin, die anderen Fondsmanager und die Analysten, die Hirsch zu seinen Gesprächen mit den Managern der Unternehmen mitnimmt. Ungefähr 300 davon führt er pro Jahr. Hirsch setzt auf fundamentale Fakten. Zunächst sieht er sich den Markt an, danach das Management. Zum Schluss folgt ein Blick in die Bilanz, er- prüft, ob das Ergebnis dynamisch wächst.

 

Über den Dingen stehen

André Kostolany (1906 – 1999) war besonders in Deutschland und Frankreich eine der bekanntesten und bedeutendsten Persönlichkeiten im Zusammenhang mit der Börse. Und selbst jetzt, einige Jahre nach seinem Tode, steht sein Name noch als Markenzeichen für das, was man Börsenkultur nennen kann.

Eigentlich wollte der geborene Ungar Kunstkritiker werden. Schon mit zwölf Jahren begann seine Börsenkarriere in Wien, nachdem seine wohlhabende Familie in den Wirren nach dem Ersten Weltkrieg aus Budapest fliehen und einen großen Teil ihres Vermögens zurücklassen musste. Dann ging es weiter nach Paris, das für ihn bis zu seinem Tode mit einigen Unterbrechungen zur eigentlichen Heimat wurde. Dort assistierte er dem erfolgreichen Börsenmakler Adrien Perquel und wurde bald selbst zum Spekulanten.

1930 stürzte die Pariser Börse in die Tiefe, und Kostolany hatte auf der richtigen Seite investiert. Auf einen Schlag war er reich und hatte, wie so oft, entgegen der allgemeinen Meinung Recht behalten mit seiner Baissespekulation. Nur seine Kollegen und Freunde waren plötzlich arm. Aber schon vier Jahre später, in der anschließenden Hausse, verlor er sein Vermögen wieder fast bis auf den letzten Pfennig. Man wollte Anfang 1934 sogar seine Möbel versteigern.

Da entschloss er sich, eher zwangsweise, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Eine neue Erfahrung, die ihm so gut gefiel, dass er entschied, dabei zu bleiben, wie er selbst schreibt. Er wurde Makler. 1936 verdiente er bereits 150 000 Franc, das entspräche, an der Kaufkraft gemessen, heute etwa einer Viertelmillion Dollar. Bereits mit Mitte 30 war er bereits Generaldirektor, Präsident und Hauptaktionär der G. Ballai and Cie Financing Company.

Dann kam die Flucht vor den Nationalsozialisten nach Amerika. Mit 200 000 Dollar (heutiger Wert etwa 4 Millionen Dollar) begab er sich erneut ins Börsengeschäft. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er zurück nach Europa. Weil nicht alle Geschäfte so gut liefen wie erwartet, begann er Zeitschriften und Bücher zu schreiben sowie Seminare abzuhalten. 1957 erschien sein erstes Buch, das noch kein Bestseller war wie die späteren. Bis zu seinem Lebensende schrieb er für französische Zeitschriften, den NDR und die Capital monatliche Börsenkolumnen. Von Ruhestand wollte er nichts wissen.

1,5 Millionen Menschen haben seine polemisch-bissigen Bücher gelesen. Tausende ließen sich ein Kostolany-Börsenwochenende 1000 Euro kosten. In Frankreich wurde er für seine Leistungen mit dem Orden Ritter der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet. Mit seinem scharfen Verstand und seinen Erfahrungen aus den Weltkriegen und Wirtschaftskrisen schaffte Kostolany sich einen auskömmlichen Lebensstandard. Dauerhaften Reichtum gewann er nicht – und wollte er wohl auch nicht, denn er war mit Leib und Seele Spekulant, der allerdings mit zunehmenden Alter immer weiser wurde. Finanzielle Unabhängigkeit bedeutet allerdings nicht, Multimillionär zu sein. Jemand mit geringen Lebensansprüchen kann auch schon mit einem sehr kleinen Vermögen finanziell unabhängig sein-, sagte der große Meister einmal selbst. Bei meinen Geschäften habe ich zu 49 Prozent falsch und zu 51 Prozent richtig gelegen. Diese 2 Prozent haben den Erfolg ausgemacht.

Hauptberuf Börsen-Guru
Bodo Schäfer (Jahrgang I960) traf mit seinem Buch Der Weg zur finanziellen Freiheit. In sieben Jahren die erste Million 1998 genau den Nerv der deutschen Nation. Jeder wollte schnell reich werden, und wenn ihm dafür einfache Rezepte geboten wurden, umso besser. Wie er selbst zu seinem Vermögen gekommen ist, verschleiert Schäfer gern dezent, sagt aber umso deutlicher, dass er als 26-Jähriger auf einem großen Schuldenberg gesessen hat.

Aber es geht ihm auch gar nicht um seine finanzielle Situation, sondern um die finanzielle Situation seiner Mitmenschen. Und die möchte er als so genannter Money Coach nachhaltig verbessern. Gegen seine Rezepte ist nichts einzuwenden. Sie sind mehrheitlich von ganz solider Natur. Allerdings hat sich bei seinem Auftritt in einer Sendung im Hessischen Rundfunk gezeigt, dass die konkreten Ratschläge, Geld in bestimmte Fonds zu investieren, nicht unbedingt von Erfolg gekrönt waren. Auch hier sollte sich der private Anleger also lieber auf sein eigenes Gespür verlassen.

Ob man nun unbedingt immer einen 1 OOO-Euro-Schein in der Brieftasche tragen, ob man als Vegetarier leben und auf Schlaf verzichten sollte, um mehr Bücher zu lesen, sei dem persönlichen Geschmack überlassen. Dass auch nicht jeder in sieben Jahren die erste Million zusammenhaben wird, dürfte ebenfalls den meisten klar sein. Aber so genau nimmt’s ja auch niemand. Es reicht schon das schöne Gefühl, es möglicherweise schaffen zu können.

Börse für Anfänger – Verschärfte Regeln an Neuen Markten

Nach heftiger Kritik durch die Aktionärsschützer hat die Deutsche Börse zum Jahresanfang 2001 ihre Regeln für den Neuen Markt verschärft. Wichtigste Neuerung ist die Einführung einer Meldepflicht für Geschäfte mit Aktien der eigenen Gesellschaft. Die Unternehmen selbst und die Insider, das sind die Vorstände und Aufsichtsräte, müssen seit März unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Tagen veröffentlichen, wenn sie Aktien der eigenen Gesellschaft kaufen oder verkaufen. Außerdem müssen sie beim Börsengang im Emissionsprospekt einzeln aufschlüsseln, wie viele Aktien ihrer Firma sie besitzen. Vorher musste nur die Gesamtzahl genannt werden. In den USA gehen die Regeln noch weiter. Da müssen Insider Aktienverkäufe sogar vor der Transaktion anmelden. Man will mit dieser Neuregelung verhindern, dass Insider ihre Aktien einfach verkaufen, bevor sie Informationen, die sich negativ auf den Kurs auswirken könnten, ad hoc mitteilen, und nur die anderen Aktionäre nachher die Verluste hinnehmen müssen.
Investmentfonds können mit ihren großen Aktienpaketen auch die Kurse beeinflussen. Sie sind jedoch von der Meldepflicht für Wertpapier geschälte nicht betroffen. Aktionärsschützer hoffen, dass dieses mit Verabschiedung des vierten Finanzmarktförderungsgesetzes geschehen wird.

Seit Januar 2001 werden auch strengere Maßstäbe an die Quartalsberichte der Unternehmen am Neuen Markt gelegt und Verstöße harter bestraft. Quartalsberichte sind jetzt umfangreicher geworden; es ist eine standardisierte Form vorgeschrieben, und sie müssen bestimmte wichtige Kennzahlen enthalten. Außerdem müssen Quartalsberichte die Bilanz für den Berichtszeitraum enthalten sowie die Anzahl der Aktien, die vom Unternehmen, den Vorständen und Aufsichtsräten gehalten werden. Volker Potthoff, Mitglied des Vorstands der Deutsche Börse AG, sagte, man wolle mit den Neuerungen wieder ein Zeichen für das Qualitätsmerkmal Transparenz setzen, das den Erfolg des Neuen Marktes ausmache. Allerdings wies er auch darauf hin, dass das Regelwerk weder sinkende Kurse noch Fehlverhalten der Vorstände verhindern könne. Die neue Form der Quartalsberichte biete eine bessere Vergleichbarkeit. Das stimmt sicher. Aber Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Für den Kleinaktionär wäre es besser, wenn auch vorgeschrieben wird, dass die Quartalsberichte von Wirtschaftsprüfern testiert werden müssen, das brauchen sie nämlich nach der jetzigen Rechtsprechung, auch nach der Verschärfung, nicht.

Halten die Unternehmen die Vorgaben für die Quartalsberichte nicht ein oder liefern sie diese nicht innerhalb von 60 Tagen, dann wird das im Internet unter neuer-markt*com veröffentlicht, und die Börse behält sich zusätzlich vor, die Aktiengesellschaft abzumahnen, mit einem Bußgeld von bis zu 100 000 Euro zu belegen oder auch vom Neuen Markt auszuschließen. Dies ist Ende Februar 2001 erstmalig geschehen. Der zuständige Ausschuss der Börse hat der Gigabell AG die Zulassung zur Börsennotierung entzogen. Begründet wird dieser Schritt damit, dass das Unternehmen den Bericht für das dritte Quartal 2000 trotz mehrfacher Mahnungen nicht vorgelegt hat. Gigabell hatte im Herbst als erstes Unternehmen am Neuen Markt Insolvenz angemeldet. Eine Übernahme durch einen finnischen Internetprovider platzte. Wenn die Gigabell-Aktie mit Ablauf des 23. Februar den Neuen Markt verlässt, rückt sie nicht automatisch in das Börsensegment des geregelten Marktes. Dazu müsste sie zusammen mit einem zugelassenen Kreditinstitut erst einen Antrag stellen.

Den Aktionärsschützern gehen die Verschärfungen der Bestimmungen des Neuen Marktes noch nicht weit genug. Sie fordern, dass wie in den USA Aktienkäufe bereits vorher angemeldet werden müssen, dass die Lock-up-Periode verlängert wird und dass die Zulassungsbedingungen für Börsenkandidaten am Neuen Markt verschärft werden.

Ad-hoc-Meldungen: gut gemeint, oft schlecht gemacht
In der schönen neuen Aktienwelt gibt’s das Wort unverzüglich oder ad hoc. Auch wer beim Latinum geschlafen hat, zuckt an der Börse bei einer Ad-hoc-Meldung zusammen, wenn die – von wem auch immer – über den Bildschirm flattert. Sonne oder Gewitter? Schon wieder eine Gewinnwarnung oder diesmal was Positives? Vorstand und Investor-Relations- Abteilung formulieren sie, die Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität in Frankfurt bringt sie unters Volk: an Nachrichtenagenturen, Zeitungen, Funk und TV. Damit alle gleichzeitig informiert sind und – wie auch immer – handeln können. Alles im Sinne des fairen Anlegerschutzes und genau geregelt. Bei Ankündigungen mit gravierenden Kursfolgen (Verlust- oder Gewinnansage, Fusionsabsichten, drastische Strukturänderungen im Unternehmen) sicherlich auch zweckmäßig.

Oder auch nicht. Was heißt denn erhebliche Kursrelevanz? Schon wenn im Vorstand Stühle gerückt werden, wenn Aufträge kommen oder storniert werden, eine Tochtergesellschaft verkauft, saniert, was immer wird? Könnte ja alles erhebliche Auswirkungen auf den Kurs haben, wenn ein Großauftrag abgesagt, der Finanzvorstand gegangen wird oder Ähnliches. Die Unsicherheit jedenfalls ist seit der Einführung groß. Auch beim Bundesaufsichtsamt, das sich bei Anfragen bedeckt hält und sich höchstens hinterher äußert, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.

Etwa beim Börsenwert Borussia Dortmund, der ad hoc die Krankheit eines Stürmerstars mit dem Hinweis meldete, er leide an einem Gehirntumor. Das erregte und rührte die ganze Nation: eine Ad-hoc-Meldung über eine Veränderung eines Vermögenswerts in der Bilanz. Doch – es ist ein Mensch und keine Maschine! Muss das sein? Nein, es muss nicht, sagt das Amt. Krankmeldung ja, denn ein wichtiger Aktivposten der Aktiengesellschaft Borussia fällt aus. Das reicht, die Art der Erkrankung ist Intimsphäre.

Solche Klarstellungen wünscht sich die Börse öfter, sonst würden nicht Meldungen ins Kraut schießen, die Marketingabteilungen massenhaft als ad hoc, also höchst wichtig ansehen: Wir haben eine neue Software, unsere Telefontarife werden gesenkt oder am nächsten Montag kommen Analysten zu uns ins Haus. Toll, alles mit erheblicher Kursrelevanz. Die für Anleger wichtigsten Informationen, nämlich die Prognosen, dürfen leider nicht Inhalt von Ad-hoc-Meldungen sein. Genau die wären’s aber, denn an Börsen wird ausschließlich Zukunft gehandelt. Nur neue Tatsachen, die einer objektiven Klärung zugänglich sind, machen den Kohl nicht fett. Die Ad-hoc-Regelung ist wichtig, aber offen für Missbrauch und daher stark verbesserungsfähig.

Ob es früher, zu Zeiten des Börsenaltmeisters André Kostolany, als es noch keine Ad-hoc-Meldungen gab, besser um Informationen bestellt war? Für die Presse und für viele der Börsenteilnehmer auf jeden Fall interessanter. Es gab immer was zu hören und zu sagen, was andere noch nicht wussten. Heute reduziert sich das Parkettgeflüster oft auf belanglose Informationen oder eben nur Gerüchte. Kursrelevante Informationen müssen allen gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden. Wer hat also heute noch einen Informationsvorsprung? Selbst wenn man einen Manager der zweiten Reihe anruft, heißt es: Sony, wir vom Führungskreis dürfen die Informationen aufgrund der Gesetzgebung des Wertpapierhandels nicht nach draußen geben. Also: Auch der normale Mitarbeiter eines Unternehmens ist Insider, darf nichts ausplappern. Wenn’s wichtig ist und es kommt raus, wird er verknackt.

Nur ein Verweis an die Pressestelle oder an die Abteilung Investor Relations ist erlaubt. Nur die sind befugt, etwas zu sagen.

Die Zahl der Ad-hoc-Meldungen ist im Jahre 2000 geradezu explodiert. 1995 verzeichnete das Bundesamt für den Wertpapierhandel gerade einmal 1001 Ad-hoc-Meldungen, 1999 waren es schon 3 417 und 2000 genau 5 693- In sechs Fällen hat das Bundesaufsichtsamt im Jahr 2000 wegen falscher Angaben Bußgelder verhängt, 1999 waren es zwei. Die meisten eingeleiteten Verfahren enden mit einer Einstellung.

Nach der Krise am Neuen Markt fühlen sich inzwischen auch Politiker für die Kleinanleger verantwortlich. Die vom Bundeskanzler im Sommer 2000 eingerichtete Grundsatzkommission Corporate Governance sollte ursprünglich Regeln für Firmenübemahmen und moderne Unternehmensführung aufstellen. Nun hat sie die Aufgabe bekommen festzustellen, ob die Rechte der Kleinanleger nicht auch per Gesetz gestärkt werden müssen. Die Mitglieder der Kommission – Banker, Börsenmanager, Aktionärsschützer, Vorstände börsennotierter Unternehmen, Juristen und Politiker -, sind sich bisher keinesfalls einig. Vor allem die Banker und Börsianer fürchten eine Überregulierung. Auch das Deutsche Aktieninstitut ist der Ansicht, dass keine Gesetzesänderungen nötig sind, es reiche eine bessere Durchsetzung der bestehenden Regeln. Rüdiger von Rosen, Chef des Deutschen Aktieninstituts, fordert eine starke Börsenaufsicht nach dem Muster der amerikanischen SEC.

Arthur Levitt, ehemaliger Chef der amerikanischen Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission), gilt als Anwalt der Investoren. Er verfolgte vor allem ein Ziel: den Aktienhandel für Privatanleger transparenter zu machen. Aus diesem Grund hat er sich auch viele Feinde an der Wall Street gemacht.

In seinen acht Amtsjahren hat Levitt für den Kleinanleger gekämpft. Dabei hat er den Fondsmanagern und Analysten das Leben schwer gemacht, vor allem denjenigen, die im Fernsehen ihre Tipps zum Besten gaben. Er hat sich auch mit den führenden amerikanischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften angelegt, weil diese immer mehr in das Beratungsgeschäft eingestiegen sind, anstatt ihrer Prüfungsaufgabe nachzugehen. Eine von ihm eingeführte SEC-Regelung verbietet den Wirtschaftsprüfern zwar nicht ganz die (besser als die Prüfung bezahlten) Beratungsgeschäfte, erschwert aber ziemlich stark die Verknüpfung beider Mandate.

Kurz vor seinem Abtritt hat Levitt noch eine ganze Reihe von Regeln zur Verbesserung der Transparenz beim Aktien- und Fondskauf eingeführt. So schaffte er das Privileg der Wertpapieranalysten ab, von den Unternehmen vorher mit kursrelevanten Informationen versorgt zu werden. Den Fondsgesellschaften drückte er einige neue Vorschriften auf, die dem Anleger helfen, Fonds besser vergleichen zu können.

George Soros — der Undurchschaubare

George Soros wurde 1930 als Dzjehdzhe Shorash in der ungarischen Hauptstadt Budapest geboren. Nach seiner Flucht vor den Kommunisten studierte der Ungar in London Karl Poppers. Als Broker und Analyst verschiedener Effektenhäuser wurde er 1956 in den USA sesshaft.

1967 sorgte er dafür, dass bei seinem Arbeitgeber Arnhold & Bleichroeder unter seiner Leitung der konventionelle Eagle Fund aufgelegt wurde. 1969 folgte dann außerhalb der USA der Hedge-Fonds Double Eagle. Mit seinem Partner Jim Rogers, einem brillanten Analysten, machte sich Soros 1973 mit dem Soros Fund Management selbstständig. Er übernahm im Team die Rolle des Traders.

Mit seinen hoch riskanten Hedge-Funds spekulierte er auf kurzfristige Entwicklungen. Die Kernstrategie ist das Shortselling: Er verkauft Aktien, die er nicht besitzt, auf Termin, in der Hoffnung, sie am Stichtag billiger als zu seinem Verkaufskurs erwerben zu können. Heute verwaltet die Soros Fund Management sechs zusammen 70 Milliarden schwere Off-shore-Hedge-Funds. Das Fachmagazin Institutional Investor feierte Soros 1981 als besten Anleger der Welt.

Anfang der achtziger Jahre hatte er 25 Millionen Dollar. Das reichte ihm eigentlich. Und als sein Quantum-Fonds 100 Millionen Dollar schwer war, beschloss er, dass er genug Geld habe. Kurz vor der Jahrtausendwende soll Soros 5 Milliarden US-Dollar besessen haben. George Soros ist Argentiniens größter Grundbesitzer (etwa 400 000 Hektar) und Viehzüchter (160 000 Stück), er besitzt die größten Einkaufszentren in Buenos Aires, Hotels und Firmenbeteiligungen. In Mexiko investierte er 1,3 Milliarden US-Dollar in den Bau eines Büro-, Hotel- und Apartmentkomplexes.

Soros ist aber nicht Großinvestor und Fondsmanager, er ist auch Philanthrop und Philosoph. Er unterbreitete Margaret Thatcher und George Bush Vorschläge zur Gestaltung der weltwirtschaftlichen Finanzbeziehungen und sprach vor dem US-amerikanischen Kongress. Das kapitalistische Weltsystem ist von Finanzkrisen erschüttert und buchstäblich am auseinanderbrechen … ich bin fest überzeugt, dass wir grundlegende Veränderungen brauchen.

Bei dem Hearing über die internationale Wirtschaftskrise vor dem Ausschuss für Banken des amerikanischen Kongresses forderte der gefürchtete Investor und Spekulant Eingriffe in den Kapitalmarkt, warnte vor einem Zusammenbruch des globalen Finanzsystems und – als dessen Folge – vor dem des internationalen freien Handels, wenn man weiterhin der kapitalistischen Ideologie des freien Marktes folgt. Soros verdiente durch die Abwertung des britischen Pfunds im Europäischen Währungssystem 1992 eine Milliarde Dollar. Soros warnte: Wenn Leute wie ich ein Währungsregime stürzen können, stimmt etwas mit dem System nicht. Da ich mit Derivaten und anderen künstlichen Produkten eine erhebliche Hebelwirkung entfalten kann, könnte es passieren, dass ganz automatisch eine Kettenreaktion in Gang kommt und der Markt zusammenbricht.

Über verschiedene Stiftungsnetzwerke und -Organisationen versucht er, fast die halbe Erdkugel zu einer neuen Marktwirtschaft zu reformieren. Es scheint, als wolle der mächtige Soros mit seinem pragmatisch-philan- trophischen Engagement seine eigene Gesellschaftsordnung gründen. Im ukrainischen Czernowitz lehren englische, deutsche und österreichische Professoren die Mechanismen der offenen Gesellschaft. Der Börsenmanager stellte 1992 dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen 50 Millionen Dollar für die Einwohner von Sarajewo zur Verfügung. 1996 war er der großzügigste amerikanische Spender, als er 360 Millionen US-Dollar für legale Einwanderer spendete.

Während Greenspan sich von Zahlen verzaubern lässt und ihnen immer neue Informationen abgewinnt, die anderen Menschen offensichtlich verborgen bleiben, Buffett der typische Vertreter des amerikanischen Mittelstands ist, der mit einfachen Rezepten, Durchhaltevermögen und Vertrauen in die soliden amerikanischen Grundwerte den Traum vom Reichtum verwirklicht hat, ist Soros der kühle Stratege, der einerseits gnadenlos die Schwächen des kapitalistischen Systems bis an die Grenzen des Möglichen zu seinem Vorteil ausbeutet und andererseits mit seinem Vermögen und seinem Einfluss für die Begrenzung dieser Möglichkeiten kämpft. Auf dem berühmten Weltwirtschaftsforum in Davos saß er zwar auf der Seite der Mächtigen dieser Welt, engagierte sich aber für die Ziele der Demonstranten gegen eine Globalisierung, in der das reiche Zentrum das gesamte System kontrolliert.

Es gibt wohl kaum drei Persönlichkeiten, die so unterschiedlich sind wie Greenspan, Buffett und Soros, und doch sind sie es, die das Universum der Finanzen entscheidend mitbestimmen und nach deren Denken und Handeln sich Hunderttausende anderer Menschen richten. Für die ist die Börsenweisheit the trend is your friend sicher richtig. Es bedarf schon ganz außergewöhnlicher Informationen, um die amerikanische Wirtschaffsentwicklung begründet anders einzuschätzen als Greenspan, es bedarf guter Gründe, gegen die soliden Unternehmen Buffetts zu spekulieren, und es ist sicher nicht falsch, über die Auswüchse eines Systems nachzudenken, das man bis in die Details so gut kennt wie Soros.

Börse für Anfänger – guter Rat der Börsengurus

Gurus haben unter echten Börsenfachleuten längst keine so große Konjunktur wie in der breiten Masse der Kleinanleger. Irgendwann hat jeder Guru mal Recht, heißt es unter den Profis, nur weiß man leider vorher nicht, wann. Hinterher ist natürlich jeder schlauer. Erstaunlich ist auch, dass bei vielen Gurus das Erfolgserlebnis schon ziemlich lange zurückliegt. Besonders die Vorhersage des Crashs vom Oktober 1987 hat viele berühmt gemacht. Andererseits hatten manche von den Jung-Gurus damals noch nicht mal das Abitur in der Tasche und finden heute manchmal mehr Beachtung als Leute mit 30 Jahren Erfahrung. Man muss also auch etwas dafür tun, damit der Ruhm nicht verblasst, wie einige Beispiele zeigen.

Unter den von anderen so bezeichneten und verherrlichten Börsengurus sind erstaunlich viele, die überhaupt keinen Wert auf diese Bezeichnung legen und sogar strikt davon abraten, dem Rat von Gurus zu folgen. Das sind natürlich hauptsächlich jene, die davon leben, ihre Erkenntnisse selbst zu nutzen und in harte Währung umzuwandeln, bevor sie anderen davon erzählen. Aber auch die Zahl deren, die sich lieber auf den Ratgeberseiten der Zeitschriften, im Buchhandel oder in Seminarsälen tummeln, wächst. Die Gurus sind eben ein buntes Völkchen.

Das Gespür der Frauen für Geld
Man sagt immer, Frauen würden sich im Gegensatz zu den Männern mehr auf ihr Gefühl verlassen und auch bei Aktiengeschäften eher aus dem

Bauch heraus entscheiden. Auf die beiden wichtigsten amerikanischen weiblichen Gurus und auch auf unsere deutsche Spitzenfrau trifft das keineswegs zu. Es fällt auf, dass diese drei Frauen im Gegenteil wesentlich mehr Wert auf Zahlen legen als die männlichen Gurus.

Die kleine, stille, stets unauffällig und konservativ gekleidete Abby Joseph Cohen (Jahrgang 1953) ist Chefanalystin bei Goldman Sachs und einer der meistrespektierten Gurus der Wall Street, ln der Rangliste des US-Wirtschaftsmagazins Fortune hat sie es auf einen der ersten zehn Plätze der einflussreichsten Frauen der US-Unternehmenswelt geschafft. Ihr Berufsleben startete sie in der Abteilung Forschung und Statistik der US- Zentralbank Fed, kam dann zur Fondsgesellschaft T. Rowe Price und dem Investmenthaus Drexel Burnham Lambert. Seit 1990 bei Goldman Sachs, wurde sie im Crash-Herbst 1998 dort Partner und gehört damit zum innersten Führungskreis.

Seit fast zehn Jahren sagt Abby Cohen steigende Aktienkurse voraus, und ihr Daueroptimismus gibt ihr meist Recht. Kein Wunder, dass sie in den USA zur Kultfigur geworden. Sie hat nicht nur den Riecher für das, was sich an der Börse tun wird, sondern auch die Gabe, Zusammenhänge einfach und verständlich zu erklären.

Den Crash im Herbst 1998 begründete sie damit, dass die Anleger immer mehr auf Kredit investiert hatten. Wegen der damit verbundenen wachsenden Forderungen der Geldgeber mussten viele Anleger wertvolle Positionen verkaufen, was dann zu den kräftigen Kursrückgängen führte. Den Grund dafür, dass die Kursschwankungen an der Wall Street heute stärker sind als früher, sieht Cohen darin, dass die US-Werte vor ein paar Jahren unterbewertet waren und deshalb auch gern länger gehalten wurden. Heute sind sie mit einem fairen Preis bewertet und werden häufiger verkauft, was also zu stärkeren Kursschwankungen führt.

Abby Cohen rechnet für ihre langfristigen Analysen mit bis zu zwölf verschiedenen mathematischen Modellen und konzentriert sich mehr auf den S&P-500-Index als auf den Dow Jones, weil dieser aus ihrer Sicht das beste Börsenbarometer für den US-Aktienmarkt ist. Sie bevorzugt Branchen, die von der jeweiligen Konjunkturlage profitieren.

Elaine Garzarelli (Jahrgang 1947) analysiert seit mehr als 20 Jahren die Börse. Die diplomierte Volkswirtin hatte einige Semester mit Alan Green- span studiert. Wie er hat sie eine Leidenschaft für Zahlen. Sie promovierte in Statistik. Zum Guru wurde sie ganz plötzlich, als sie den Börsencrash 1987 voraussagte. Danach lag sie auch mit der Prophezeiung der Baisse von 1990 sowie der Hausse von 1995 richtig. Seitdem hieß sie nur die Kassandra der Wall Street. Ein Jahr später lag sie dann mit ihrer Prognose voll daneben. Sie blies zum Ausstieg, aber die Börse erlebte ihre längste Boomphase.

Zehn Jahre war Elaine Garzarelli Marktstrategin beim Investmenthaus Lehman Brothers. Als ihr Investmentfonds von 1989 bis 1994 nur 38 Prozent zulegte, während der Dow Jones in dieser Zeit um 74 Prozent stieg, endete die Zusammenarbeit ziemlich abrupt und Elaine Garzarelli geriet vorübergehend in Vergessenheit. Kurz darauf machte sie sich mit ihrer Vermögensverwaltungsfirma Garzarelli Capital Inc. selbstständig.

Mittlerweile betreut sie Kundengelder von über einer Milliarde Dollar. Sie ist regelmäßig in Fernsehmagazinen präsent, in Sendungen wie ABC Good Morning America, CNBC The Nightly Business Report, CNN Moneyline und Fox Business News. Jeweils zwei Wochen eines Monats recherchiert Garzarelli für ihre Monatsreports, die sie dann anschließend ihren institutionellen Klienten präsentiert.

Sie benutzt ihre Garzareil¡-Indikatoren, um das zeitliche Verhalten der Börse vorherzusagen und lukrative Branchen zu identifizieren. Dieses System hat sie in über zehn Jahren entwickelt. Es basiert auf 14 Indikatoren aus der Gewinnerwartung, der Geldpolitik, der fundamentalen Aktienbewertung sowie der Stimmung am Markt.

Elaine Garzarelli wurde als eine der erfolgreichsten Marktstrateginnen der USA vom Fortune Magazine als Business Wömen of the Year ausgezeichnet. Ans Aufhören denkt Garzarelli, die in New York und Florida wohnt, selbst nach 20 Jahren Wall Street noch nicht. Aussteigen will sie erst mit 80, da bisher jeder Versuch, sich ein ruhiges Leben zu machen, gescheitert ist.

Das sind Elaine Garzarellis Erfolgstipps: Bevorzugen Sie Staatsanleihen mit zweijähriger Laufzeit, kurzfristig rückzahlbare Geldmarktpapiere, die Branchen Banken, Pharma, Halbleiterindustrie und Lebensmittel, da deren Produkte immer, auch in einer Rezession gebraucht werden. Von Auto- und Textilwerten die Finger weg. Elisabeth Weisenhorn (Jahrgang 1957) studierte in München Volkswirtschaft und lernte bei Kostolany die Geheimnisse des Börsengeschäfts. Nach Stationen bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank und an der Wall Street ging sie zur Deutsche Bank Fondgesellschaft DWS, wo sie seit 1991 das Fondsmanagement für europäische Aktien leitete. Mit ihrem Fonds erreichte sie eine traumhafte Wertsteigerung von 125 Prozent pro Jahr.

Im März 2000 hat sie sich selbstständig gemacht, gemeinsam mit fünf Partnern gründete sie die Weisenhorn & Partner Financial Services, darunter ihr Bruder Johann Weisenhorn, Exvorstand bei Merrill Lynch in Wien. Er ist für amerikanische Fonds verantwortlich, sie für europäische. Dabei betreut sie weiterhin den Neuer-Markt-Fonds der DWS. Gemeinsam verwalten die Geschwister Aktiendepots vermögender Privatkunden, und zwar für den stolzen Satz von 10 Prozent Gewinnbeteiligung.

Elisabeth Weisenhorn gilt als Topfrau der deutschen Fondsszene, will sich aber nicht als Guru verstanden sehen. Guru sei jemand, dem man blind vertraut. Genau das aber sollen ihre Anleger nicht tun. Als ihr Erfolgsrezept nennt sie, dass sie sich streng und ausschließlich an die nackten Zahlen hält. Die Fakten zählen, nicht der persönliche Eindruck. Die Anleger sollten analytisch und langfristig handeln, vor allem sei es wichtig zu diversifizieren.

Börse für Anfänger – Welt Indizes

Um Sie nicht zu langweilen, will ich Ihnen aus der Vielzahl der vorhandenen Indizes nur die wichtigsten europäischen und amerikanischen kurz vorstellen.

Europa ist im Kommen
Im EuroStoxx 50 sind die Aktien der 50 größten europäischen Unternehmen zusammengefasst. Es handelt sich vor allem um traditionsreiche Unternehmen, aber auch um einige Hightechwerte. Der EuroStoxx 50 misst die Entwicklung der Börsen im ganzen Euroland und nimmt deshalb mit Hinblick auf die Europäische Währungsunion an Bedeutung zu. Vielleicht wird er auch einmal die vielen nationalen Indizes ablösen.

Der CAC 40 umfasst die 40 umsatzstärksten Aktien an der Pariser Börse, gemessen an ihrer Börsenkapitalisierung, und der FTSE 100 die 100 nach der Börsenkapitalisierung größten Unternehmen, die an der Londoner Börse gelistet sind.

Amerikas Orientierungssysteme für die Welt
Der bekannteste amerikanische Index ist der Dow Jones Industrial Average, ein reiner Kursindex, der stets gemeint ist, wenn man verkürzt vom Dow Jones spricht. Er wurde bereits 1886 durch Charles H. Dow eingeführt. Damals enthielt er zwölf Aktien von großen Industrieunternehmen. Seit 1928 umfasst er 30 Aktien. Der Dow ist wohl der wichtigste Index der Welt, weil New York nach wie vor die Weltleitbörse ist. Fällt der Dow Jones stark, gehen meist weltweit die Aktienkurse zurück, und sie steigen umgekehrt, wenn der Index steigt. Seinen bisherigen Höchststand erreichte der Dow Jones Ende August 2000.

Der Standard & Poor’s 500 ist für die USA ein sehr wichtiger Index, denn er enthält die Aktien der 500 größten US-Unternehmen – das sind 400 Industrieaktien, 40 Versorgungsaktien, 40 Finanzaktien und 20 Transportaktien -, und zeigt so im Prinzip die Entwicklung des gesamten US- Marktes an. Weil der Standard & Poor’s breiter angelegt ist und auch modernere Technologiewerte mit einbezieht, halten ihn einige Investoren für noch wichtiger als den Dow Jones.

Nasdaq ist die Abkürzung für National Association of Securities Dealers Automated Quotation Systems. Dabei handelt es sich um die größte elektronische Börse der Welt. Sie nahm im Februar 1971 ihren Betrieb auf. Ursprünglich war sie wie bei uns der Neue Markt als Börse für kleinere Unternehmen gedacht, die zwar gute Ideen, aber nicht genügend Geld hatten. Davon sind allerdings heute viele sehr groß geworden, wie Dell, Microsoft oder Yahoo!. Die Nasdaq wird auch Technologiebörse genannt, da sie von Hightech- und Internetaktien beherrscht wird.

Als Index gibt es den Nasdaq All Composite Index, der alle rund 5000 Aktien umfasst, und einen Nasdaq-100-Index, der die 100 größten Unternehmen an der Börse einbezieht. Der Nasdaq-Index ist in der Vergangenheit deutlich stärker gestiegen als der Dow Jones, und es gibt auch erheblich stärkere Kursausschläge als bei den Standardwerten.

Machen wir zum Schluss noch einen Abstecher nach Tokio. An der Tokioter Börse gibt es zwei Nikkei-Indizes, einen mit 225 und einen mit 300 Werten. Der 1949 eingeführte Nikkei 225 ist ein Kursindex, zur Kursfeststellung wird einfach das arithmetische Mittel der im Index enthaltenen Kurse gebildet. Der 1993 eingeführte Nikkei 300 berücksichtigt, ähnlich wie der DAX, neben der Kursentwicklung auch die Börsenkapitalisierung der in ihm vertretenen Aktien.