Noch einmal zum Inneren Wert – Warren Buffett

Unter dem Einfluss von Charlie Munger verschmolz Buffett Grahams und Fishers Vorstellungen vom inneren Wert. Buffett definierte den inneren Wert einer jeden Investition als diskontierten aktuellen Wert ihres zukünftigen Cashflows. Das passt auf die „Zigarrenstummel“ Grahams, bei denen die realisierbaren Mittel eine Funktion der liquidierten Vermögenswerte abzüglich aller Verbindlichkeiten darstellen, und ebenso auf die Wachstumsaktien Fishers, bei denen durch zukünftige Gewinne Mittel generiert werden. Buffett und Munger war klar, dass im zweiten Fall der Unsicherheitsfaktor größer war. Sie versuchten, die Risiken durch zwei signifikante Maßnahmen zu verringern. Zum einen bestanden sie weiterhin auf der Einhaltung einer Sicherheitsmarge: Die künftigen Cashflows von Coca-Cola sind möglicherweise schwerer einzuschätzen als der liquidierte Bilanzwert, doch wenn man weit genug unter dem Schätzwert kauft, ist das immer noch eine sichere Sache. Außerdem musste das Management der Unternehmen, in die investiert werden sollte, ebenso ehrlich wie kompetent sein. Es musste In der Lage sein, künftige Cashflows zu maximieren und überschüssige Mittel Gewinn bringend zu investieren oder an die Aktionäre auszuschütten.

Michael Porter – Ein Ähnlicher Ansatz
Wie Sie feststellen werden, investiert Buffett gern in Unternehmen, die über Franchise verfügten. Das mag an seinen positiven Erfahrungen mit See’s Candies und verschiedenen Zeitungskonzernen liegen. Dabei hat er nachweislich wenig Interesse an den akademischen Abhandlungen der Wirtschaftstheoretiker zu diesem – oder anderen – Themen gezeigt. Er hält nicht viel von Versuchen, die Zinszyklen, allgemeine Aktienmarktniveaus oder viele andere makroökonomische Variablen zu prognostizieren, womit sich heute viele Analysten beschäftigen. Die mikroökonomischen Faktoren dagegen faszinieren ihn. Zwar mischt er sich gemeinhin nicht in die Unternehmensführung ein, doch ist er stets bestens informiert über die „key value drivers“ – die Schlüsselfaktoren für den Unternehmenswert. Seine Jahresberichte sind voll von Einzelheiten darüber, wie viel Raum (in Prozent) bei der Buffalo News der Nachrichtenberichterstattung gewidmet wurde, oder wie hoch der Umsatz pro Quadratmeter beim Nebraska Furniture Mart war.

Strategisch gesehen zeigten die von Buffett bevorzugten Unternehmen oft Merkmale, die von Michael Porter als Faktoren für langfristigen Erfolg beschrieben wurden. Porter lehrt an der Harvard Business School und ist bekannt geworden durch mehrere Bücher, in denen er dieses Thema konsequent und praxisorientiert aufgreift (seltene Eigenschaften bei einem Wirtschaftswissenschaftler.) Vor allem in Competitive Strategy [Michael Porter, Wettbewerbsstrategie (Competitive Strategy) – Methode zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, Campus, 10. durchgesehene und erweiterte Auflage 1999 – A.d.Ü.] vermittelt er den analytischen Rahmen für die Analyse von Branchen und Konkurrenten. Seiner Ansicht nach sind es fünf Triebkräfte, die die Konkurrenzsituation in einer Branche bestimmen:
•die Bedrohung durch Branchenneulinge
•die relative Stärke der Kunden
•die Fähigkeit, andere Produkte zu ersetzen
•die relative Stärke der Zulieferer
•der Grad der Rivalität mit der vorhandenen Konkurrenz

Buffett hat sich gern an Unternehmen gehalten, die nach diesen Gesichtspunkten positiv abgeschnitten haben. Eine Zeitung, die an ihrem Erscheinungsort die meisten Leser hat, wird Neugründer abschrecken (für zwei Blätter ist der Markt zu eng) und kann daher unpopuläre Maßnahmen wie Kaufpreis- oder Anzeigenpreiserhöhungen beim Publikum leichter durchsetzen. Des Weiteren ist ein solches Blatt kaum zu ersetzen (was immer weniger zutrifft, wenn man die Entwicklung bei regionalen Fernsehsendern und überregionalen Zeitungen berücksichtigt). Es kann günstige Konditionen mit Lieferanten aushandeln (Bezugspreise für Papier und andere Waren) und hat keine direkte Konkurrenz am Ort. Meiner Ansicht nach ist es vor allem der erste Punkt – die Abschreckung neuer Konkurrenten der Buffett besonders anspricht. Viele seiner wichtigsten Investitionsobjekte nehmen in ihrer Branche eine solch dominierende Stellung ein, dass neue Konkurrenten gar keine Chance haben oder sich mit marginalen Gewinnen bescheiden müssen.
Es Ist vor allem der erste Punkt – die Abschreckung neuer Konkurrenten – der Buffett besonders anspricht. Viele seiner wichtigsten Investitionsobjekte nehmen in ihrer Branche eine solch dominierende Stellung ein, dass neue Konkurrenten gar keine Chance haben oder sich mit marginalen Gewinnen bescheiden müssen.

Porter schreibt auch über drei Strategien, die eine Firma einsetzen kann, um Rivalen aus dem Feld zu schlagen:
•maximale Kostenvorteile
•Differenzierung
•Konzentration

GEICO, Berkshire Hathaways Versicherungsflaggschiff, ist im Hinblick auf die Gesamtkosten seit Jahren marktführend. Gillette setzt sich von der Konkurrenz durch starke Marken und neue Produktentwicklungen ab.
Nebraska Furniture Mart hat sich darauf konzentriert, so gut wie möglich bestimmte Produkte in einer bestimmten Region zu verkaufen. Im Grunde genommen erfüllen die meisten Berkshire-Investitionen zumindest teilweise alle drei dieser Kriterien. Ob sie nun mit einem besonders starken Markennamen aufwarten können oder mit maßgeblichen Kostenvorteilen, fast alle Unternehmen, bei denen Warren Buffett die Finger im Spiel hat, schrecken potenzielle Konkurrenten ab.

Diversifikation und Kauf von Unternehmensanteilen – Warren Buffett

Für ein Unternehmen seiner Größe ist Berkshire Hathaway heute in puncto Diversifikation ein Spitzenreiter. Die Kernsparte sind zwar Versicherungen, doch ist Berkshire Hathaway auch im Vertrieb von Möbeln, Schmuck, Zeitungen, Stahl, Lexika und Staubsaugern engagiert. Das Unternehmen ist – organisch wie durch Zukäufe – stark gewachsen. Dennoch ist Warren Buffett ein Kritiker der üblichen Führung von Mischkonzernen. Seiner Ansicht nach dient Expansion nur allzu oft dem Ego und dem Geldbeutel der Manager, und nicht dem Wohl der Aktionäre. Selbst gut geführte Unternehmen diversifizieren übertrieben auf die Empfehlungen von Unternehmensberatern und Investmentbankern hin – die ein ureigenes Interesse am Geschäft haben. Auch Theoretiker, die Diversifikation zur Reduzierung von Risiken für notwendig halten, sind daran nicht unschuldig. Buffett hält von Unternehmen mit einem wilden Sammelsurium von Tochtergesellschaften ebenso wenig wie von Anlegern, die ein breit gestreutes Aktienportfolio anstreben, um Volatilität zu minimieren.
Im Grunde vertritt Buffett die Ansicht, dass Manager bei der Übernahme oder Neugründung von Unternehmen dieselben Kriterien anwenden sollten, die er bei seinen Investitionen zu Grunde legt: Verstehen wir etwas von diesem Geschäft? Ist es gut geführt oder können wir Führungskräfte stellen? Liegt der Preis unter dem inneren Wert? Gingen alle Beteiligten so vor, wäre die Zahl der Übernahmen um einiges niedriger. Besonders verwerflich ist es für Buffett, wenn Unternehmen andere Unternehmen aufkaufen und routinemäßig eigene Aktien als Gegenleistung anbieten. Grundvoraussetzung ist für ihn, dass das, was gekauft wird, mehr wert sein sollte als das, womit bezahlt wird. Seiner Erfahrung nach verdient an der Ausgabe von Aktien zum Kauf von Unternehmen im Endeffekt oft der Verkäufer, während die eigenen Aktionäre draufzahlen. In den 30 und mehr Jahren, die Berkshire Hathaway vom gegenwärtigen Management geleitet wird, haben sich Marktwert und Buchwert mehr als vertausendfacht; die Zahl der emittierten Aktien dagegen ist nur um 8 Prozent gestiegen.

Besonders verwerflich ist es für Buffett, wenn Unternehmen andere Unternehmen aufkaufen und routinemäßig eigene Aktien als Gegenleistung anbieten. Grundvoraussetzung ist für ihn, dass das, was gekauft wird, mehr wert sein sollte als das, was bezahlt wird.

Finanzanalyse bei Gillette Company – Warren Buffett

Colman Mockler war bereits über zehn Jahre lang Chairman und CEO gewesen, als Buffett sich für Gillette interessierte. Die Bücher präsentierten sich so:

$ Millionen Umsatz Gewinn Gewinn je Aktie(S) Zinsauf-Wendungen

netto

langfr. Verbindlichkeiten Eigen-kapital
 1988 3581 269 2,45 101 1675 (85)
1987 3167 230 2,00 82 840 599
1986 2818 181 1,42 47 915 461
1985 2400 160 1,29 48 436 898
1984 2289 160 1,29 35 443 791
1983 2183 146 1,19 33 278 757
1982 2239 135 1,11 46 293 721
1981 2334 124 1,03 63 259 720
1980 2315 124 1,03 50 280 717
1979 1985 111 0,92 29 249 648

Der Umsatz war um 80 Prozent bzw. um 7 Prozent im Jahr gestiegen, der Gewinn um beachtliche 142 Prozent bzw. 10 Prozent im Jahr. Durch die Aktienrückkäufe wurde der Gewinn je Aktie auf 166 Prozent bzw. 11 Prozent im Jahr gehoben. Diese Wachstumsraten hatten sich in den letzten fünf Jahren deutlich gesteigert – um jeweils 12 Prozent, 14 Prozent und beneidenswerte 17 Prozent im Jahr. In den beiden letzten Jahren war das Wachstum sogar noch größer.

Für die Rasur als solche gab es keinen Ersatz. Bartträger wurden immer seltener.

Konsolidierte Bilanz 1988
$ Millionen
Barmittel 175
Forderungen 729
Bestände 653
Anlagevermögen 683
Sonstige 355
Immaterielle Vermögenswerte 272
Aktiva 2868
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 1961
Verbindlichkeiten aus Lieferungen u. Leistungen 669
Sonstige 323
Passiva 2953
Eigenkapital (85)

Die Bilanz von Gillette lässt keine Fragen offen. Das zum Erzielen der $3,6 Milliarden Umsatz notwendige Kapital hielt sich in berechenbaren Grenzen – alles inklusive rund $700 Millionen, was in etwa dem Umsatz von zwei Monaten entspricht. Der andere große betriebsnotwendige Posten waren Grundstücke, Gebäude, Maschinen und maschinelle Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung, die ebenfalls mit rund $700 Millionen zu Buche schlugen – wenig für ein produzierendes Unternehmen dieser Größe. Der derivative Firmenwert (von Braun und anderen Unternehmensteilen im Zahnpflegebereich) war relativ gering, so dass er die Zahlen nicht verzerrte.
Die großen Anomalien, die Gegenstand dieser Analyse sein müssen, sind Verschuldungsgrad und Höhe des Eigenkapitals. Die diesbezüglichen Werte lassen sich erklären, wenn man die Cashflows der vergangenen drei Jahre betrachtet:

Cashflow 1986-1988
Die Cashflows der Betrachtungsjahre lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

$ Millionen 1988 1987 1986
Gewinn vor außerordentl. Posten 269 230 154
betriebsnotwendiges Kapital (206) (67) (138)
Investitionsausgaben (189) (147) (199)
Sonstige 43 111 26
Abschreibungen 141 126 108
Dividenden (95) (85) (86)
Aktienrückkäufe (855) (60) (568)
Cashflow 892) 108 (703)

Im Grunde wurde der Gewinn vor außerordentlichen Posten und Abschreibungen vom betriebsnotwendigen Kapital, den Investitionsausgaben und Dividenden vollständig aufgezehrt. Das ist für ein so schnell wachsendes Unternehmen des produzierenden Gewerbes nicht ungewöhnlich. Die Investitionsausgaben wirken im Vergleich zu den bestehenden Investitionen in Betriebseinrichtungen hoch, doch wie wir gleich sehen werden, erwirtschafteten diese Investitionen eine hohe Rendite. Daher gilt: je mehr, desto besser. Das Betriebsergebnis insgesamt war Cashflow-neutral und das gegenwärtige Wachstumsniveau konnte problemlos aufrechterhalten werden. Die echten „Kapitalfresser“ waren die Aktienrückkäufe. Diese erfolgten zwar absolut ohne Not, hätten jedoch auf diesem Niveau nur noch maximal zwei oder drei Jahre länger weitergeführt werden können. Doch die Rückkäufe hatten ihren Zweck bereits erfüllt und die Aktie für Bieter mit Schuldenproblemen unattraktiv gemacht. Gillette hatte Eigenkapital durch Fremdmittel ersetzt, doch das zu Grunde liegende Geschäft war davon bislang unberührt geblieben.

Konsolidierte Gewinn- und Verlustrechnung 1986-1988

$ Millionen 1988 1987 1986
Umsatz 3581 3167 2818
Rohergebnis 2094 1824 1634
Betriebsergebnis 614 523 408
Zinsaufwendungen (101) (82) (47)
Sonstige (64) (50) (303)
Gewinn vor Steuern 449 92 58
Jahresüberschuss 269 230 16
Gewinn je Aktie ($) 2,45 2,00 0,12
($1,42 vor
Sonderaufwand)

 

Der Produktmix wurde bereits berücksichtigt. Doch wie sieht die geographische Aufteilung aus?

$ Millionen Europa LateinAmerika Andere Auslandgesamt USA Summe (abzügl. sonstige Aufwendungen
Umsatz 1467 378 485 2330 1251 3581
Betriebsergebnis 228 102 83 412 230 613
1987
Umsatz 1264 318 419 2001 1166 3167
Betriebsergebnis 186 77 80 342 206 523
1986
Umsatz 1030 307 381 1717 1101 2818
Betriebsergebnis 123 67 63 253 183 408

Anmerkung: Die ausgewiesenen Gewinne enthalten keine Sonderrückstellungen. In den Summen sind die Gemeinkosten anteilig berücksichtigt.
Zwar war die Umsatzrendite in den USA etwas höher als im Ausland, zeigte jedoch hier wie dort eine steigende Tendenz – von 16,6 Prozent auf 18,4 Prozent in den Staaten und von 14,7 auf 17,7 Prozent im Ausland innerhalb von zwei Jahren. Der wichtigste Trend war der Umsatzzuwachs von 27 Prozent in zwei Jahren, der hauptsächlich im Ausland erzielt wurde. Gillette verfügte sicherlich über eines der besten Vertriebsnetze aller amerikanischen Firmen – mit Produktionsstätten in 28 Ländern und Verkaufsniederlassungen in 200. Drei Viertel der Konzernbelegschaft arbeiten außerhalb der Vereinigten Staaten.
Die Kontrolle der Gemeinkosten im Verhältnis zur Umsatzsteigerung haben wir bereits angesprochen. Die explosive Entwicklung bei den Zinsaufwendungen ist der zweite interessante Aspekt. Die für 1988 angesetzten $138 Millionen sind irreführend niedrig, denn das Gros der Aktienrückkäufe erfolgte erst später im Jahr. Das Zinsdeckungsverhältnis lag im vierten Quartal unter 4.

„Owner Earnings“
Am Beispiel Gillette wird besonders deutlich, wie schwierig es ist, die „owner earnings“ zu ermitteln. Durch das enorme Wachstum wurde das Kapital so schnell aufgezehrt, wie es generiert wurde. Das ist an sich nicht ungewöhnlich, doch es gibt keinen Hinweis auf die Höhe des potenziellen frei verfügbaren Cashflows im Falle eines Wachstumsstopps.

Finanzanalyse bei Coca-Cola von Warren Buffett

Wie sah die Entwicklung bei Coca-Cola unter so günstigen Rahmenbedingungen vor 1987 aus? Der Jahresbericht per 31. Dezember 1987 enthielt auch eine Zusammenfassung der Ergebnisse der vorangegangenen elf Jahre.

Finanzanalyse bei Coca-Cola von Warren Buffett3

(Hinweis: Nicht einbezogene außerordentliche Bilanzposten wurden steuerlich entsprechend berücksichtigt.) Hier springen mehrere Fakten ins Auge. Zunächst ist der Umsatz innerhalb von zehn Jahren ums 2,74-fache gewachsen (also um 10,6 Prozent im Jahr), das Betriebsergebnis vor Rückstellungen aber nur um das 2,58-fache. Nach dem, was wir über die Firmenleitung wissen, hätte die relativ laxe Kostenpolitik Hauptansatzpunkt sein müssen, und so war es auch: In den fünf Jahren bis 1987 steigerte sich der Zuwachs beim Betriebsergebnis auf 12 Prozent im Jahr. Auch die Aktiendaten lassen sich in zwei Zeitabschnitte gliedern – 1977 bis 1982 (8,6 Prozent im Jahr) und 1982 bis 1987 (13,9 Prozent im Jahr). Es ist durchaus kein Zufall, dass die Zahl der emittierten Aktien im ersten Zeitabschnitt anstieg, da Unternehmensanteile gekauft wurden, und im zweiten Zeitabschnitt in gleicher Höhe fiel, als Aktien zurückgekauft wurden. Betrachten wir noch einmal die Bilanz.

Konsolidierte Bilanzen
Es erfolgte eine Neubewertung der Ergebnisse für 1986 und 1985 auf Grundlage zweier maßgeblicher finanzieller Schachzüge. Zunächst wurde ins Auge gefasst, die kritische Beteiligung am Medienunternehmen Columbia zumindest teilweise zu revidieren. Es kam zu einer Fusion mit den branchenverwandten Tri-Star-Studios und den Coca-Cola-Aktionären wurde ein nennenswerter Anteil als einmalige Dividende ausbezahlt. Damit belastete die nun 49%ige Beteiligung nicht mehr die Bilanz, und $335 Millionen (allerdings in Form von Columbia-Aktien) flössen den Aktionären zu, statt dem Management ein Loch in die Tasche zu brennen. Im Anschluss wurden 1986 die Anteile an Coca-Cola Enterprises Inc., dem größten amerikanischen Abfüllunternehmen, ebenfalls auf 49% heruntergeschraubt und die Bilanzstruktur entsprechend entlastet. Auch hierin zeigte sich das Streben des Managements nach einer Konzentration auf die Stärken von Coca-Cola – aufs Marketing nämlich, und nicht auf die Produktion. Und dies hatte – wie wir sehen werden – ausgesprochen positive Effekte auf die Kapitalnutzung.
Die Bilanz von 1987 können wir uns erschließen, indem wir sie auf das Wesentliche reduzieren.

Finanzanalyse bei Coca-Cola von Warren Buffett4

Coca-Cola: vereinfachte Bilanz für 1987
Das Besondere an dieser Bilanz ist ihr Gesamtvolumen. Für ein Unternehmen, das über $7 Milliarden Produkteinheiten im Jahr verkauft, hatte Coca-Cola nur wenig Umlauf- oder langfristiges Anlagevermögen. Die vorliegende Zusammenfassung zeigt auch, dass praktisch kein Nettoumlaufvermögen vorhanden ist. Betrachtet man dies aus einer anderen Perspektive, so hat das Unternehmen mit Hilfe seiner Lieferanten, aufgeschobener Steuerzahlungen und ähnlichem Güter des Umlaufvermögens gegenfinanziert wie Vorräte und Forderungen an Kunden. Es wurde also weder auf Fremdmittel noch auf das Eigenkapital zurückgegriffen.

Konsolidierte Gewinn- und Verlustrechnungen
Wir haben bereits festgestellt, dass praktisch das gesamte Betriebsergebnis im Erfrischungsgetränkemarkt erwirtschaftet wurde. Die folgende Erläuterung gibt einen Überblick über die geographische Struktur der Absatzmärkte für Coca-Cola-Produkte:

Finanzanalyse bei Coca-Cola von Warren Buffett5

Diese Erläuterung repräsentiert nicht nur kontinuierliches Wachstum im Inland in einem allem Anschein nach reifen Markt, sondern auch deutliche Zuwächse in Übersee, insbesondere in der pazifischen Region. Japan etwa steht mit seinem Anteil am Gewinn aus dem Erfrischungsgetränkegeschäft an erster Stelle. Und die Umsatzrendite im Ausland war gut doppelt so hoch wie in den Vereinigten Staaten.
Aus der Gewinn- und Verlustrechnung ersehen wir, dass unterm Strich nur wenig Zinsen gezahlt werden. Das Verhältnis von Betriebsergebnis vor Rückstellungen zu den Netto-Zinsaufwendungen beträgt gut das 18,9fache. Die indirekten Gewinne ergeben sich aus den Anteilen am Reingewinn von Columbia und der Abfüllunternehmen, an denen Coca- Cola minderheitsbeteiligt ist.

Cashflow
Wir können die Gewinn- und Verlustrechnung für unsere Zwecke etwas straffen:

$ Millionen 1987 1986 1985
ausgewiesener
Nettogewinn 916 934 678
außerordentliche Erträge – 4 -195 54
Abschreibungen 154 155 133
Sonstige betriebliche
Erträge 17 71 – 62
Umlaufvermögen 273 – 69 – 48
Investitionsausgaben -300 -346 -384
Netto-Beteiligungen – 564 -526 386
Dividenden -422 -403 -389
Netto-Aktienkäufe -564 – 59 – 186
Cashflow -494 -438 182

Die Nettoveränderung bei den Beteiligungen ergibt sich entweder aus den Veränderungen bei den Wertpapieren des Umlaufvermögens oder durch ohne Not getätigte Minderheitsbeteiligungen an Abfüllunternehmen. Daher können wir für unsere Zwecke die Zeile „Netto-Beteiligungen“ ignorieren. Der resultierende Cashflow zeigt zweierlei: wie wenig Umlauf vermögen und langfristige Kapitalanlagen notwendig sind, um die rasche Gewinnsteigerung zu ermöglichen, und wie entschlossen das Management so viel wie möglich an seine Aktionäre zurückzahlt, ohne sich dafür zu verschulden. Der gesamte freie Cashflow fließt an die Aktionäre zurück.

„Owner Earnings“
Zwar hatte sich das Betriebsergebnis innerhalb von zwei Jahren um 69 Prozent gesteigert, doch die zur Aufrechterhaltung des Kerngeschäfts erforderlichen Investitionen in materielles Unternehmensvermögen (ohne Beteiligungen an Abfüllbetrieben) waren beim Umlaufvermögen minimal und entsprachen in etwa dem Doppelten der Abschreibungen auf Investitionsausgaben, was ausschließlich auf die Gewinnsteigerung zurückzuführen war. (Das Verhältnis von Investitionsausgaben zum Nettoanlagevermögen entspricht in etwa der Wachstumsrate des Gewinns.) Es ist sehr wahrscheinlich, dass ohne die Steigerung des Aktienanteilvolumens die „owner earnings“ ebenso hoch oder sogar noch höher wären als der ausgewiesene Gewinn. Dabei kommt es hier gar nicht auf die genaue Differenz an, sondern lediglich auf deren Bedeutung – ob Wachstum oder Stagnation, Coca-Cola würde Cashflow generieren.

Kapitalquellen
Mit einer Eigenkapitalbasis von $3,2 Milliarden zuzüglich einer Netto-Verschuldung von $700 Millionen erzielte das Unternehmen $7,7 Milliarden Umsatz und $900 Millionen Gewinn. Da das Nettoumlaufvermögen minimal war, deuten die nackten Zahlen an, dass Coca-Cola mit mehreren Minderheitsbeteiligungen an Abfüllbetrieben, einem Filmstudio und den Erfrischungsgetränke-Grundstofffabriken einen erstklassigen Ertrag erwirtschaftete – eine absurde Vorstellung. Tatsächlich verfügte Coca-Cola über maßgebliche Vermögenswerte, die in der Bilanz nicht auftauchen. Den Markennamen, das Vertriebssystem und die kostengünstige Produktion haben wir bereits erwähnt. Diese Faktoren haben einen immensen originären Firmenwert generiert und waren kaum nachzuahmen.
Ein besonders ungewöhnlicher dieser versteckten Vermögenswerte war die Beziehung zu den Abfüllern. Wie war es möglich, $7,7 Milliarden Umsatz zu erzielen mit einem Anlagevermögen von lediglich $1,6 Milliarden und Vorräten im Wert von $800 Millionen? Ganz einfach: Der kapitalintensive Teil des Herstellungsverfahrens-die Abfüllung – lag in den Händen ging davon aus dass die Abfüllung zwar wichtig war, aber wenig Wertwar Konkurrenzkampf ausgesetzt und hatte kein Markenprofil. Darüber durch Investitionen von Hohe $1 Milliarde in „verbundene“ Abfüllbetriebe, wofür wurden Sie sich endscheiden? In der Praxis hangt das sicherlich von den vertraglichen Vereinbarungen ab, doch langer, dem die Flaschen gehören. Wäre beides zu einem vernünftigen Preis beachten ist ebenfalls, dass das letzte Bindeglied in der Vertriebskette,
und auch hier engagierte sich Coca-Cola nicht.)

Da das Netto – Umlaufvermögen minimal war, deuten die nackten Zahlen an,dass Coca – Cola mit mehreren Minderheitsbeteiligungen an Abfüllbetrieben, einem Filmstudio und den Frischungsgetranke – Grundstofffabriken einen erstklassigen Ertrag verwirtschaftete – eine absurde Forstellung.Tatsachlih verfugte Coca-Cola über maßgebliche Vermögenswerte, die in der Bilanz nicht auftauchen.

Eigenkapitalrentabilität
Hier die Werte für 10 Jahre:

Millionen Reingewinn (berichtigt um außerordentl. Posten) durchschnittl. Zahl der Aktien Netto-Ver-schuldung/(Barmittel) Eigen-kapital durchschnittl.EigenkapitalRentabilität

<%)

Jahr
1978 360 372 (256) 1740 21,7
1979 391 372 (23) 1919 21,4
1980 401 372 (22) 2075 20,1
1981 442 372 (117) 2271 20,3
1982 488 390 (239) 2779 19,3
1983 552 408 (39) 2921 19,4
1984 616 396 495 2778 21,6
1985 645 393 304 2979 22,4
1986 786 387 741 3515 24,2
1987 916 377 1234 3224 27,1

1984 begann das Unternehmen, Aktien zurückzukaufen, und hatte dafür bis zum Ende des Jahres 1987 $1,3 Milliarden aufgewendet. Allein 1987 wurden $605 Millionen in eigene Aktien investiert – mehr als der einbehaltene Gewinn. Auch hier können wir den Betrachtungszeitraum in zwei Intervalle von je fünf Jahren unterteilen. Eine durchaus beeindruckende, doch gleichbleibende Eigenkapitalrentabilität von rund 20 Prozent bei wachsender Eigenkapitalbasis aufgrund einbehaltener Gewinne und Aktienemission steht einer zunehmenden Gewinnsteigerung, Aktienrückkäufen und einer rasch wachsenden EKR gegenüber. (Im Hinblick auf die beunruhigende Zunahme der Verschuldung ist zu berücksichtigen, dass das Verhältnis zwischen dem Gewinn vor Steuer und dem Zinsaufwand mit 18,9 ausgesprochen solide war. Die Netto-Verschuldung hätte mit einem reichlichen Jahresgewinn getilgt werden können. Ein berichtigter Rentabilitätsmaßstab, der den Ertrag vor Abzug des Netto-Zinsaufwands von, sagen wir, $1014 Millionen mit dem Eigenkapital zuzüglich der Netto- Verschuldung von $4458 Millionen vergleicht, liegt immer noch bei Imposanten 22,7 Prozent. Darüber hinaus war der Löwenanteil der Neuverschuldung zeitlich befristet und stand in Zusammenhang mit der Columbia-Transaktion.)

Geschichte von Wells Fargo and Company and Warren Buffett

Wells Fargo Ist einer der berühmtesten Namen in der amerikanischen Wirtschaft, vor allem bekannt geworden durch den Postkutschenbetrieb in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts, der Anfang des 20. Jahrhunderts eingestellt wurde. Übrig blieb eine florierende Bank mit Hauptsitz in San Francisco. Hier gibt es eine interessante Querverbindung zu einer anderen Berkshire-Investition, denn die Gründer Henry Wells und William Fargo hatten sich beim gemeinsamen Arbeitgeber kennengelernt – dem neu gegründeten Unternehmen American Express.
Die amerikanische Bankenlandschaft ist vornehmlich regional strukturiert, die Zahl der Banken, Spar- und Darlehenskassen und Genossenschaftsbanken im internationalen Vergleich hoch. Wie viele andere Unternehmen dieser Branche wuchs Wells Fargo durch Fusionen mit und Übernahmen von Konkurrenzinstituten in ihrem Heimatstaat. Diese Entwicklung gipfelte im Zusammenschluss mit Cracker und Barclays California in den 80er Jahren.

Wells Fargo ist vor allem bekannt geworden durch den Postkutschenbetrieb in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts, der Anfang des 20. Jahrhunderts eingestellt wurde. Übrig blieb eine florierende Bank mit Hauptsitz ln San Francisco. Hier gibt es eine interessante Querverbindung zu einer anderen Berkshire-Investition, denn die Gründer Henry Wells und William Fargo hatten sich beim gemeinsamen Arbeitgeber kennengelernt – dem neu gegründeten Unternehmen American Express.

Wells Fargo 1989 Und 1990
1989 galt Wells Fargo als eine der bestgeführten Banken des Landes. Hier hatte man die seltene Kombination aus gutem, innovativem Service und niedrigen Kosten verwirklichen können. Wells Fargo hatte mit neuem, besserem Service und längeren kundenfreundlichen Öffnungszeiten Neuland erobert und sich bei der Einführung von Geldautomaten, Telefon- und Online-Banking in eine führende Position gebracht. Gleichzeitig wurde die Mitarbeiterzahl möglichst niedrig gehalten, so dass das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag und die Rentabilitätskennzahlen branchenintern zu den besten zählten.

Gesamtkapitalrentabilität (GKR) = Kapitalgewinn/durchschnittliches Gesamtkapital

1990 steuerte die kalifornische Wirtschaft auf eine Rezession zu. Besonders Südkalifornien litt unter der „Friedensdividende“. Das Ende des Kalten Krieges hatte zu Kürzungen der Ausgaben für Verteidigung und Raumfahrt geführt, zwei der wichtigsten Industriezweige der Region. Zwar schlugen sich diese Entwicklungen noch nicht in den Büchern von Wells Fargo nieder, doch ein mehr oder weniger starker Rückgang der Industrie oder des Konsums Im Heimatstaat würde die Ergebnisse langfristig beeinträchtigen. Der Aktienmarkt brach prompt um 30 bis 40 Prozent ein.

1989 galt Wells Fargo als eine der bestgeführten Banken des Landes. Hier hatte man die seltene Kombination aus gutem, innovativem Service und niedrigen Kosten verwirklichen können. Wells Fargo hatte mit neuem, besserem Service und längeren kundenfreundlichen Öffnungszeiten Neuland erobert und sich bei der Einführung von Geldautomaten, Telefon- und Online-Banking in eine führende Position gebracht.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für seine Kunden?
Zwar hatte Wells Fargo einige Übernahmen getätigt, doch auch das organische Wachstum war beträchtlich. Durch ein Interessantes Dienstleistungsangebot hatte sich Wells Fargo Im Verbrauchermarkt einen großen Marktanteil gesichert. Durch ein stärker auf Pensions- und Aktienfonds ausgerichtetes Angebot im Sparsektor wurden mehr Kunden angesprochen. Im Firmenkreditgeschäft hatte man sich auf Darlehen an Großunternehmen spezialisiert, zweckgebunden für Leveraged Buyouts, Übernahmen und Refinanzierungen sowie für Immobilien. Hier gab es den einen oder anderen Missgriff, doch im Großen und Ganzen konnte man von fachlicher Kompetenz und niedrigen Gemeinkosten profitieren.

Steigert das Management den Unternehmenswert?
Buffett hielt Carl Reichardt, Chairman und CEO, und Paul Hazen, President und COO, für das beste Managementteam der amerikanischen Bankwirtschaft. Er verglich sie mit Tom Murphy und Dan Burke bei Capital Cities – für ihn die Spitzenbesetzung schlechthin. Sie waren eindeutig fähig und arbeiteten gut zusammen. Darüber hinaus blieben sie bei ihren Leisten und engagierten sich nicht zur Diversifikation in Branchen, in denen ihnen die nötige Sachkenntnis fehlte. Und – wie es dem immer wiederkehrenden Motiv bei Buffett’schen Investitionen entsprach – sie achteten in allen Unternehmensbereichen auf eine vernünftige Kostenpolitik. Personalkosten sind bei den meisten Banken der größte Einzelposten bei den zinsneutralen Aufwendungen, so dass die Kostendämpfung in diesem Bereich besonders wichtig war. Durch den Ausbau neuartiger Vertriebswege wie Telefon-Banking erreichte man eine Steigerung des Umsatzes ohne Kostenanstieg in traditionellen – und kostenintensiven – Bereichen. In den sechs Jahren von 1984 bis 1989 waren die Zinserträge im Schnitt um 15 Prozent im Jahr gestiegen, die zinsneutralen Erträge um 24 Prozent p.a., die zinsneutralen Aufwendungen jedoch lediglich um 12 Prozent im Jahr. Das Kostenmanagement hatte bei Wells Fargo einen noch höheren Stellenwert als bei Capital Cities. Fernsehsender verfügten über monopolistische Eigenschaften, wie sie im Bankgeschäft kaum vorkamen. Zinsen, Kreditpolitik und die meisten Dienstleistungen sind öffentlich und leicht zu kopieren. Wie bei GEICO waren auch hier möglichst große Kostenvorteile der beste Schutz gegen die Konkurrenz.

Besonders Südkalifornien litt unter der „Friedensdividende“.
Das Ende des Kalten Krieges hatte zu Kürzungen der Ausgaben für Verteidigung und Raumfahrt geführt, zwei der wichtigsten Industriezweige der Region.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für die Aktionäre?
Das Bankgeschäft hat zyklischen Charakter. Das Geschäftsergebnis richtet sich manchmal nach den konjunkturellen Schwankungen Im Land oder im Bundesstaat, doch ebenso häufig geraten Banken auch ohne äußere Einflüsse In die Krise. Wells Fargo hatte die Fallstricke der Branche stets geschickt vermieden, meist, indem sich die Bank auf wenige vertraute Märkte konzentrierte. 1987 kam es zu einem deutlichen Schnitt im Auslandsengagement, doch dafür hatte man nie mit den Problemen der Kreditvergabe an weniger entwickelte Länder zu kämpfen, die den New Yorker Banken so zu schaffen machten. Wells Fargo zeigte in allen Kernbereichen bessere Ergebnisse als die Konkurrenz: die Kapitalrentabilität war hoch, weil die Kosten niedrig und die Akzeptanz der breiten Palette an gebührenpflichtigen Dienstleistungen hoch waren. Die Eigenkapitalrentabilität war ausgezeichnet. Die Gefahren, die die Börse gewittert hatte, waren jedoch real, denn mit der kalifornischen Wirtschaft ging es tatsächlich bergab. Die Frage war nur, ob der Markt womöglich überreagiert hatte.

Schlüsselfaktoren für den Wert – Warren Buffett

Unternehmen handeln nicht mit Geld. Sie verkaufen Waren und Dienstleistungen an Kunden. Welche Anzeichen gibt es dafür, dass ein bestimmtes Unternehmen besser als andere seiner Branche ist? Da gibt es konventionelle Kennzahlen wie Bruttospannen und Umsatzrendite, die jedoch häufig irreführend sein können auf Grund von Unterschieden in der Buchführung oder bei den Kapitalkosten. Oft ist es besser, eigene Richtlinien für die Schlüsselfaktoren einer Branche zu entwickeln. Nehmen wir in. Sie liebäugeln mit einer Investition in ein Einzelhandelsunternehmen
der Konfektionsbranche. Natürlich interessieren Sie sich für Bruttospannen und Umsatzrendite, doch auch für den Umsatz pro Quadratmeter Verkaufsfläche, für den Lagerumschlag, für die Modalitäten der Fremd- kapital Positionen, für den Wachstumsanteil, der von bestehenden Filialen Im Verhältnis zu neuen Niederlassungen generiert wird, und dergleichen mehr. Diese Zahlen möchten Sie vermutlich für einen längeren Zeitraum verfolgen und mit den Ergebnissender Konkurrenz vergleichen. Dann sollten Sie die Zahlen mit Distanz betrachten: Was sagen sie Ihnen? Stimmt das mit Ihren Beobachtungen überein? Wirken die Filialen des Unternehmens gut geführt? Ist dort mehr los als bei der Konkurrenz? Ist die Lage der Geschäfte strategisch günstig (Hauptstraße, Nebenstraße, Stadtrand)? Welche Bedrohungen gibt es? Könnten Konkurrenten die charakteristischen Merkmale,des fraglichen Unternehmens leicht kopieren? Gibt es Wachstumshemmnisse? Besteht direkte Konkurrenz durch Direktwerbung per Post/Kataloge/Online-Anbieter?

Analysen von Maklerhäusern sind generell mit Vorsicht zu genießen: die Nachforschungen sind oft oberflächlich, die Prognosen sehr kurzfristig.

Buffetts Schlüsselfaktoren – zwei Beispiele
Einzelhandel
Zwar hat Buffett auch in diesen Sektor investiert, doch der Einzelhandel zählt an sich nicht zu seinen Favoriten. Die größten Anteile hält er an der hundertprozentigen Tochter Nebraska Furniture Mart (NFM) und an See’s Candies. Sein Haupteinwand gegen diese Branche besteht darin, dass es für Konkurrenten verhältnismäßig einfach ist, den Marktführer zu kopieren. Lieferanten sind normalerweise nicht an einen Vertriebskanal gebunden, einzigartige Lage hat Seltenheitswert und Neuerungen beim Kundendienst können nachgeahmt werden.
Wie in anderen Branchen, bei denen Produktdifferenzierung für Buffett nebensächlich ist, hat er auch hier nach Möglichkeit in denjenigen Wettbewerber investiert, der am kostengünstigsten arbeitet. NFM verkauft bei seinen Hauptproduktlinien pro Quadratmeter mehr als jeder andere Konkurrent am amerikanischen Markt. Das Geheimnis? Niedrige Preise. Zwar ist die Umsatzrendite geringer als bei der Konkurrenz, doch der Lagerumschlag ist höher. Geringe Investitionen in Fracht- und Lagerraum plus hohe Umsätze ergeben eine hohe Investitionsrentabilität. Munger ist einer der Direktoren einer ähnlichen, börsennotierten Firma, Costco.

Da gibt es konventionelle Kennzahlen wie Bruttospannen und Umsatzrendite, die jedoch häufig irreführend sein können auf Grund von Unterschieden in der Buchführung oder bei den Kapitalkosten. Oft ist es besser, eigene Richtlinien für die Schlüsselfaktoren einer Branche zu entwickeln.
Bei See’s liegt die Sache ein wenig anders. Hier machen die Qualität der Produkte sowie der ausgezeichnete Service den Unterschied. (Ich war neulich in einer Sees-Filiale und litt gerade an einer Erkältung. Man kümmerte sich rührend um mich und versorgte mich mit Gratisproben.) Das sind immaterielle Werte, die jedoch wesentlich stärker ins Gewicht fallen als geographische Lage oder Personalkosten. Dennoch hat Buffett einen Maßstab entwickelt, der auf dem Umsatz pro Quadratmeter Verkaufsfläche beruht, um exakt den Erfolg von See’s zu quantifizieren. See’s erreicht nicht nur eine Steigerung der jährlichen Verkaufsmenge pro Filiale, sondern kann regelmäßig Preiserhöhungen durchsetzen – sowohl effektiv als auch in Relation zur Konkurrenz. Angesichts der eingesetzten Rohstoffe wie Zucker machen sich diese Umsatz- und Preissteigerungen meist direkt beim Gewinn bemerkbar. Buffett setzt wirkungsvoll konventionelle quantitative Maßstäbe wie Umsatz pro Quadratmeter Verkaufsfläche ein, um qualitative Vorteile wie im Falle von See’s oder Kostenvorteile wie bei NFM festzustellen.

Banken
Erstaunlicherweise wirft Buffett zuweilen Banken mit dem Einzelhandel in einen Topf – haben sie doch meistens Filialen, in denen Waren in Konkurrenz mit anderen Anbietern verkauft werden. Im Laufe der Jahre hat er ein paar kleinere und eine große Beteiligung in dieser Branche erworben, Wells Fargo nämlich. Diese Investition finden Sie in der Fallstudie detailliert erläutert.
Auf konventionelle Weise sind Banken aber nicht so leicht zu analysieren. Die meisten Filialbanken verdienen ihr Geld mit Geschäften, wie Banken sie seit Jahrhunderten tätigen – sie nehmen Einlagen von Kunden entgegen und vergeben Kredite. Doch nicht jede Einlage ist gleich. Geld zu hohen Zinssätzen zu verleihen ist lange nicht so rentabel wie die Verwaltung von Einlagen, für die nur minimale Zinsen gezahlt werden, Doch wie steht es mit den immensen Kosten, die durch das Dienstleistungsangebot an tausende von Kleinanlegern in hunderten von teuren Standorten entstehen? Die Rentabilität von Krediten ist noch schwieriger zu schätzen, da man nicht weiß, ob ein Einzelkredit schon länger Ertrag gebracht hat. Wird ein Kredit nicht zurückgezahlt, führt das zu Ausfällen, Wird er zurückgezahlt, verliert man eine Einnahmequelle.
Nach dem bekannten Schema hat Buffett – da die meisten Banken sich ähneln – in solche investiert, die nachweislich bereits seit längerer Zeit Kostenvorteile aufweisen.
Sein wichtigster Schlüsselfaktor ist und bleibt aber die Gesamtkapitalrentabilität (der Nettogewinn geteilt durch das durchschnittliche Gesamtkapital). Dieser Wert soll deutlich über 1 Prozent liegen. (Betrachten Sie einmal die längerfristige Kapitalentwicklung bei Ihrer Hausbank – deren Kapitalrentabilität Im Normalfall 1 Prozent nicht übersteigen dürfte.)

Was Buffett Unternahm bei Fall mit Gillette Company

1989 investierte Berkshire in wandelbare Vorzugsaktien von Gillette, der Fluggesellschaft USAir und Champion International, einem Papier- und Holzunternehmen. In allen drei Fällen handelte es sich um private Platzierungen, wobei Berkshire mehr oder weniger die Rolle des weißen Ritters übernahm und dem Management den zeitlichen Spielraum gab, das Unternehmen zum langfristigen Wohl der Aktionäre umzustrukturieren. Dasselbe hatte Berkshire auch 1987 bei Salomon getan und die Firma damit vor einer feindlichen Übernahme durch Revlon (auch Gillettes Schreckgespenst!) gerettet. 1991 sollte Berkshire dann auch American Express ähnliche Dienste leisten.

Gillette setzte Kapital effektiv ein, insbesondere bei langfristigen Anlagen, und würde aller Wahrscheinlichkeit nach noch größere Summen zu Renditen von mehr als 24 Prozent investieren. Der Unternehmenswert und die Abschreibung darauf waren verhältnismäßig unwichtig.

Die Emissionen mochten unterschiedliche Bedingungen beinhalten, doch Buffett war in jedem Fall überzeugt, dass Ihr Wert auf dem festen Ertrag beruhte, während die Option zur Umwandlung in Stammaktien nur ein zusätzlicher Anreiz war. Natürlich misstraut Buffett langfristigen Renten als solchen, da ihr Wert regelmäßig von Inflationsrisiken bedroht ist. Bei jeder maßgeblichen Investition Berkshires in Obligationen galten besondere Umstände – eine Steuerbefreiung etwa, ein Abschlag auf den Nennwert oder die Option auf Umwandlung -, durch die der Kaufpreis sich vom inneren Wert deutlich unterschied.
Die Vorzugsdividende von Gillette lag bei 8 3/4 %, der Satz für langfristige Staatspapiere damals bei 8%. Daraus ergibt sich eine so geringe Sicherheitsmarge, dass der Schluss naheliegt, in diesem Fall habe der tatsächliche Wert des Papiers in der Umwandlungsoption gelegen. Dieser Eindruck wird – wenn auch erst im Nachhinein – dadurch bestätigt, dass Berkshire tatsächlich bei der ersten Gelegenheit in Stammaktien umwandelte. Hätte sich die Lage bei Gillette verschlechtert und die Aktie wäre gefallen, hätte Berkshire aller Wahrscheinlichkeit nach in erster Linie Kapital gesichert. Es gilt zu bedenken, dass die Investierten $600 Millionen den Verschuldungsgrad des Unternehmens unverzüglich senkten. Das Zlnsdeckungsverhältnis lag mit 6 wieder auf sicherem Niveau. Die Annahme, hier sei eine Zinsen bringende Schuldverschreibung durch eine Dividenden bringende ersetzt worden, ist jedoch ein Trugschluss. Was zählt, ist, dass das Unternehmen von seinen Hauptgläubigern nicht mehr bedroht werden konnte und der Name Berkshire im Aktionärsregister „Übernahmegeier“ abschrecken und daher einer Neuverschuldung entgegenwirken würde. Doch wir wollen nicht nur rückblickend analysieren, sondern statt- dessen den Wert des Papiers in seiner ursprünglichen Form und dann nach der Umwandlung 1991 betrachten, als Berkshire seine Stammaktien hätte verkaufen können.

1989 investierte Berkshire $600 Millionen in ein Wertpapier mit einem festen Ertrag von 8 3/4%. Dieses Papier hatte eine Rückzahlungsfrist von zehn Jahren und war zu einem Kurs von $50 je Aktie in Stammaktien wandelbar. Wie bereits angesprochen, lag der feste Ertrag nur geringfügig über dem aktuellen Langläuferzins. Damit brachte es mehr ein als ein Barguthaben, aber eben nur wenig mehr. Das Risiko eines Wertverlustes war zweifelsohne begrenzt. Im Gegensatz zu den anderen Unternehmen, von denen Berkshire 1989 Vorzugsaktien erwarb, waren Buffett und Munger über die wirtschaftliche Lage von Gillette vollständig im Bilde. Dass Gillette die Dividenden zahlen und die Rückzahlungsbedingungen ein- halten würde, erachteten sie als sicher. Wir haben den damaligen inneren Wert je Aktie mit $65 angesetzt. Bei einer Umwandlung zu $50 je Aktie betrug die Sicherheitsmarge lediglich 23 Prozent. Für Buffett ließ sich das geringere Gewinnpotenzial hier eindeutig durch die begrenzten Risiken rechtfertigen – ein klassisches Beispiel für seine Maxime: „Some Chance of gain for no Chance of pain.“ Der Spatz in der Hand…

Verlassen Sie sich auf Ihr Gefühl – Warren Buffett

Meistern Sie die Zahlen, verstehen Sie das Produkt, seine Absatzmärkte und die Konkurrenz, Lehnen Sie sich dann zurück und beantworten Sie sich ehrlich die folgenden Fragen: Wie viel verstehen Sie wirklich von diesem Geschäft? Wissen Sie, warum das Produkt gekauft wird? Wie sieht der Markt aus? Grob gesagt, wer hält welche Marktanteile? Was für neue Produkte oder Verbesserungen des aktuellen Angebots wird es In einem Jahr geben? Und in fünf Jahren? Was würden Sie tun, um Umsatz oder Gewinnspanne zu steigern? Diese Fragen sollten Sie überzeugend beantworten können. Außerdem sollten Sie daran glauben, dass das Management des Unternehmens, in das Sie Ihr Geld stecken wollen, ebenso weit voraus gedacht hat.
Durch den Erwerb von Unternehmensanteilen werden Sie zum Partner des Managements und zum Bestandteil gewachsener wirtschaftlicher Beziehungen. Hier kommen zwei emotionale Fragen Ins Spiel.

1.Sind Sie von den Produkten und Märkten überzeugt?
Die Frage, ob Sie wirklich am Umsatz bestimmter Produkte verdienen wollen, hat meiner Ansicht nach durchaus ihre Berechtigung. Waffen und Tabak können tödliche Folgen haben, Alkohol und Hamburger haben unerwünschte Nebenwirkungen. Als Investor haben Sie mit dem Tagesgeschäft nichts zu tun, doch indem Sie vom Umsatz profitieren, tragen Sie eine moralische Verantwortung. Selbst Disney ist in die Kritik geraten, weil angeblich Gewalt verherrlicht und den Rechten von Homosexuellen sowie der Ausbeutung von Arbeitnehmern Vorschub geleistet wird.

Man wird Sie über viele Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte, mit Ihren Investitionen in Verbindung bringen. Sind Sie überzeugt, dass Sie damit leben können, woran Sie da verdienen?
Vielleicht sollte ich noch anmerken, dass Buffett in all die angesprochenen Sparten investiert hat, bis auf – Tabak, von geringfügigen Ausnahmen abgesehen.
Man wird Sie über viele Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte, mit Ihren Investitionen in Verbindung bringen. Sind Sie überzeugt, dass Sie damit leben können, woran Sie da verdienen?

2. Sind Sie vom Management überzeugt?
Über die Kompetenz und den Weitblick des Managements haben wir bereits gesprochen. Doch wie sieht es mit der Integrität aus? Geht die Unternehmensspitze offen mit Problemen und Fehlern um? Sichert sie ihre Nachfolge oder werden potenzielle Rivalen ausmanövriert?
Ähnlich gelagert ist die Frage, ob jüngere Mitarbeiter gefördert werden, die vielleicht die schwierige Aufgabe übernehmen, neue Produkte zu entwickeln und zu verkaufen. Wie steht es mit den Bezügen? Wird der Gewinn fair zwischen Belegschaft, Management und Aktionären aufgeteilt? Buffett ist kein Befürworter von Belegschaftsaktienprogrammen. Damit wird kurzfristige Planung gefördert, und der Wert je Aktie kann leicht dadurch maximiert werden, dass keine oder nur geringe Dividenden ausgeschüttet werden.

Die Schlüsselfrage zur Integrität
Würden Sie diesem Management guten Gewissens für zehn Jahre Ihr Geld anvertrauen?
Sie geben Ihr Geld aus der Hand. Andere werden darüber bestimmen. Fühlen Sie sich wohl bei diesem Gedanken? Trauen Sie gerade diesen Leuten zu, Ihr Geld gut zu verwalten? Stellen Sie sich vor, Sie seien der einzige Aktionär und müssten für zehn Jahre auf eine einsame Insel. Werden diese Menschen das Unternehmen so führen, dass Sie genauso davon profitieren wie das Management selbst?
Wenn der innere Wert eines bestimmten Unternehmens das Fieinver- mögen nach testierter Bilanz übersteigt, so müssen da noch andere Werte sein, die den Buchprüfern entgangen sind, Die Differenz zwischen dem inneren Wert und dem Buchwert nennt man auch „Goodwill“ – Firmenwert. Das ist ein häufig verwendeter Begriff, dem man in verschiedensten Zusammenhängen begegnet. Alternativ wird meist der Unterschied zwischen dem Kaufpreis für ein Unternehmen und seinem Buchwert herangezogen. Für ersteres – und darum geht es in diesem Finanzportal – verwenden wir den Begriff originärer Firmenwert, für letzteres derivativer Firmenwert.

Jedes Unternehmen braucht materielle Vermögenswerte, die sich in den Büchern wiederfinden. Die Faktoren jedoch, die unseren bisherigen Darstellungen nach zu ungewöhnlich hoher Rentabilität führen – dynamisches Management, außergewöhnliche Beziehungen zu Kunden oder Lieferanten, Freiheit in der Preisgestaltung – tauchen in den Büchern nicht auf. Sozusagen als Quintessenz der Erkenntnisse Buffetts, Fishers und Porters kommen wir zu dem Schluss, dass der originäre Unternehmenswert sich vor allem dort positiv entwickelt, wo gutes Management und ein günstiges Branchenumfeld Zusammenkommen. Zu einem günstigen Umfeld zählen etwa steigende Nachfrage oder andere förderliche Bedingungen (Buffett nennt das „Rückenwind“) und Einschränkungen beim Wettbewerb, die sich aus Hindernissen beim Marktzugang, einer starken, etablierten Marktposition und dauerhaften Kostenvorteilen ergeben können. Welche rein finanzwirtschaftlichen Anhaltspunkte gibt es – neben den in den Vorkapiteln angesprochenen Schlüsselfaktoren zu Wertschöpfung und Hintergrund – für das Vorhandensein von originärem Firmenwert?

Die Differenz zwischen dem inneren Wert und dem Buchwert
nennt man auch „Goodwill“ – Firmenwert.

Warren Buffett – die Beobachtung

Wie findet man nun das perfekte Unternehmen mit gutem Management in einer Wachstumsbranche bei wenig Konkurrenz? An jeder größeren Börse notieren tausende von Wertpapieren. Dies ist eine Chance – schließlich zwingt Sie ja niemand, Ihr Geld zu investieren, und selbst wenn Sie nur ein paar geeignete Unternehmen finden, so reicht das schon, um ein Portfolio zusammenzustellen, das Sie für den Rest Ihres Lebens halten können. Hinweise finden Sie überall. Graham sagte einmal, dass unternehmerisches Denken Voraussetzung ist für kluge Investitionsentscheidungen. Sie müssen sich mit den betriebswirtschaftlichen Grundlagen vertraut machen, mit Prinzipien wie der Wertschöpfung, die im Vorkapitel diskutiert wurden. Sie müssen über Grundkenntnisse in Buchführung und Steuerfragen verfügen und Fachbegriffe verstehen. Ebenso wichtig sind jedoch gesunder Menschenverstand und Beobachtungsgabe. Wird das Produkt gekauft? Warum? Warum gerade dieses Produkt und kein anderes? Könnte eine andere Firma dasselbe auf den Markt bringen? Besser? Billiger? Bringt Ihre Investition in dieses Unternehmen einen vernünftigen – besser noch, guten – Ertrag?
Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Während der Vorarbeiten zu diesem Finanzportal habe ich verschiedene Länder bereist. Buffetts diesbezügliches Engagement im Hinterkopf, fiel mir auf, wie allgegenwärtig doch Coca-Cola ist. Es wird quasi an jeder Straßenecke bis in den letzten Winkel der Welt verkauft. Viel später wurde mir klar, dass es noch ein anderes Produkt von ähnlicher Verbreitung gibt – Kaugummi. Die meisten Kaugummimarken gehören ein und demselben Unternehmen, William Wrigley, und dieses Unternehmen hat die Marktführerstellung offensichtlich abonniert. Beschaffen Sie sich Unterlagen über die Firma und Sie werden feststellen, dass sie viele der in diesem Finanzportal angesprochenen Tests besteht. Warum also ist Berkshire Hathaway nicht Wrigley-Aktionär? Meiner Ansicht nach liegt das am Kurs der Aktie – er ist so hoch, dass kein Spielraum bleibt für eine Sicherheitsmarge.

Öffentlich zugängliche Informationen
Hat man ein Unternehmen ins Auge gefasst, gibt es mehrere Möglichkeiten zu prüfen, ob das Interesse berechtigt ist. An erster Stelle ist hier der Jahresbericht zu nennen, möglichst die Ausgaben für mehrere Jahre. Die meisten Unternehmen versenden ihre Jahresberichte auf Anfrage oder veröffentlichen sie im Internet. Worauf sollten Sie beim Lesen achten? Suchen Sie nach Anzeichen für Kompetenz und Integrität. Wie ist das Unternehmen mit Rückschlägen fertig geworden? Wird im Groß- und Kleingedruckten deutlich, wie das Unternehmen sein Geld verdient? Welche Länder oder Produkte sind besonders wachstumsintensiv? Werden Neuinvestitionen dorthin geleitet? Schauen Sie sich dann die Zahlen an. Welche grundlegenden Informationen erhalten Sie über Wachstum, Rentabilität und Investitionen? Vermutlich existieren auch Prospekte, die das Unternehmen ebenfalls gratis verschickt. Daraus erfahren Sie mehr über die Produktpalette und mögliche Kunden. Research von Maklerhäusern ist generell mit Vorsicht zu genießen: die Nachforschungen sind oft oberflächlich, die Prognosen sehr kurzfristig. Top-Analysten liefern meist nur Informationen über bedeutende Investment-Institutionen und selbst dann beschränken sie sich üblicherweise auf die Prognose weniger wichtiger Zahlen für die nächsten paar Jahre.
Man kann ohne Übertreibung sagen, dass zum erfolgreichen Investieren lediglich Folgendes notwendig ist: Jahresberichte, eine seriöse Zeitung wie die Financial Times oder das Wall Street Journal, und Geduld.

Informationsquellen für Gillette Company – Warren Buffett

Gillette war ein Name, der nicht erst großartig vorgestellt werden musste. Das Unternehmen verfügte im Rasiererbereich über die führenden Marken Gillette, Atra, Trac II und Braun sowie über weitere starke Marken auf anderen Märkten. Buffett hat oft betont, wie leicht es sei, diese Branche und dieses Unternehmen zu verstehen. Männer wie Frauen rasierten sich. Sie kauften sich dafür die besten Produkte, die zu konkurrenzfähigen Preisen zu haben waren. Die Verbraucher in Entwicklungsländern zeigten bald das gleiche Verhalten. Und das war das ganze Geheimnis.
Obwohl Gillette als alteingeführte und dominierende Marke oft mit Coca- Cola und Wrigley verglichen wird, gibt es doch Unterschiede. Sie alle stützen sich bei der Verbreitung ihres Markennamens in erster Linie auf Werbung und auf überlegene Vertriebsstrukturen, doch Wrigley und Coca- Cola stellen im Grunde die gleichen Produkte her wie vor 50 Jahren. Hätte Gillette seine Produktpalette nicht etwa alle zehn Jahre komplett überholt, wäre es vom Markt verschwunden.
Aus dem Jahresbericht von 1988 geht hervor, welche Fortschritte das Management beim Verfolgen der drei erwähnten Ziele gemacht hat. Die Produktinnovation hatte mit Weiterentwicklungen des Doppelklingen- Schwingkopf-Systems und des Einweg-Rasierers einen Höhepunkt erreicht. In den 70er Jahren führte Bic Einweg-Rasierer ein und erschloss damit eine Produktlinie mit geringerer Umsatzrendite als bei den traditionellen „Rasiersystemen“, doch Gillette hatte die taktische Notwendigkeit erkannt, den ganzen Markt abzudecken, und beherrschte bald auch dieses Segment.

Wie andere Berkshire-Beteiligungen wie American Express, Coca-Cola und McDonald’s war auch Gillette ein amerikanisches Unternehmen, das den heimischen Markt dominierte und Auslandsmärkte eroberte. Der Umsatz in den Vereinigten Staaten hatte in vier Jahren um beachtliche 29 Prozent zugelegt, Umsatz und Gewinn im Ausland um 77 Prozent. Während die Bruttospanne mit 58 Prozent gleich geblieben war, hatte sich die Umsatzrendite von 15 Prozent auf 17 Prozent gesteigert, ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Gemeinsam hatten steigende Umsätze, gesteigerte Umsatzrendite und Aktienrückkäufe in vier Jahren zu einer Verdoppelung des Gewinns je Aktie geführt.

Männer wie Frauen rasierten sich. Sie kauften sich dafür die besten Produkte, die zu konkurrenzfähigen Preisen zu haben waren. Die Verbraucher in Entwicklungsländern zeigten bald das gleiche Verhalten. Und das war das ganze Geheimnis.
Hätte Gillette seine Produktpalette nicht etwa alle zehn Jahre komplett überholt, wäre es vom Markt verschwunden.