Renditegierige Private-Equity-Gesellschaften bewahren die ausgezehrten Unternehmen zwar vor dem Kollaps, doch in den seltensten Fällen vor Zerschlagung und Verkauf. Nach dem Rückzug der Heuschrecken ist das Unternehmen in der Regel nicht mehr wiederzuerkennen. Es wird rationalisiert, filetiert und amputiert, was das Zeug hält, um beim Wiederverkauf nach einigen Monaten oder Jahren eine möglichst hohe Rendite zu erzielen.
Wie Private-Equity-Fonds zusammen mit den Banken Tausende von Arbeitsplätzen vernichten können, zeigt der Fall der Friedrich Grohe AG. Der Armaturenhersteller wurde 1936 gegründet und zählte als Familienunternehmen zu den deutschen Traditionsfirmen mit Erfolgen im In- und Ausland. Die Armaturen verkauften sich gut. 4600 Mitarbeiter beschäftigte die Firma in ihren Niederlassungen und Werken in Hemer, Lahr und Herzberg, in Portugal, Kanada und Thailand.
Im Jahr 1999 hatte dann die Familie genug vom Unternehmerdasein in Deutschland, wollte lieber Kasse machen und sich in die Schweiz zurückziehen.
Der Fall Friedrich Grohe AG
Die Verhandlungen mit dem Finanzinvestor BC Partners beginnen im Mai 1999, und schon im Juli sind sich die Partner einig. Die Familie verkauft ihre Anteile an die kurz zuvor von BC Partners gegründete Gesellschaft Renata, die wenig später wieder in Grohe Holding umbenannt wird. Die Verkäufer kassieren 1,2 Milliarden Euro. Doch den Kaufpreis zahlt nicht etwa BC Partners allein. Der Private-Equity-Fonds mit Sitz auf der britischen Kanalinsel Guernsey, einem bekannten Steuerparadies, steuert nur etwa 390 Millionen Euro bei. Rund 800 Millionen werden gepumpt. Die Darlehen geben vor allem die Dresdner Bank und die HypoVereinsbank. Sie stückeln die Anleihen und geben sie später an 20 andere Banken weiter.
Unter BC Partners geht es zunächst weiter aufwärts mit der Firma Grohe. Forschungsausgaben werden erhöht, die Markteinführung neuer Produkte wird beschleunigt. Kleinere Werke in Deutschland werden zusammengelegt, die Niederlassung in Portugal wird ausgebaut. Eine Verschiebung von Arbeitsplätzen lässt sich zwar nicht übersehen, aber Grohe war schon vor dem Verkauf mit seinem Auslandsanteil von 72 Prozent gut gefahren. Die Auslandsmärkte kompensierten den stagnierenden Inlandsabsatz.
Im Jahr 2003 beginnt BC Partners dann Kasse zu machen: 200 Millionen Euro Firmenkapital werden abgezogen und an die Private-Equity-Gesellschaft überwiesen. Es sind Pläne im Gespräch, dass BC Partners Grohe wieder an die Börse bringen will. Doch dann kommt alles anders: Im Jahr 2004 geht das Unternehmen an
zwei neue Eigentümer. Eine Beteiligungsgesellschaft der Credit Suisse First Boston (CSFB) und die Private-Equity-Firma Texas Pacific Group übernehmen den Armaturenhersteller für 1,5 Milliarden Euro im Mai 2004.
Den größten Teil des Kaufpreises erhalten BC Partners und die Banken als Darlehensgeber. Die Schulden werden neu sortiert. Immerhin erhält das Unternehmen eine Kapitaleinlage von 800 Millionen Euro. Doch dann geht es erst richtig los. Der Vorstand wird ausgewechselt, die Berater von McKinsey durchforsten das Unternehmen auf Einsparungsmöglichkeiten. Das große Monopoly beginnt.
Werke und Produktionsstätten werden hin- und hergeschoben. Die Herstellung in Kanada soll ins kostengünstigere Mexiko verlegt werden, der Anteil der Produktion in Deutschland auf 50 Prozent heruntergefahren werden. Horrorzahlen kursieren: Ein McKinsey-Szenario sieht den Abbau von 2700 Arbeitsplätzen vor, wobei rund 1500 neue Jobs im Ausland geschaffen werden sollen – vor allem durch den Neubau eines Werkes in Polen.
Ein anderer Plan geht von einer Streichung von 1570 Stellen aus. 12000 Produkte fallen dem Rotstift zum Opfer. Wie auch immer: 150 Millionen Euro muss Grohe pro Jahr einsparen. Die Finanzinvestoren, aber auch die Banken erwarten schließlich eine angemessene Rendite für ihr Engagement. Die Kredite, die auf Grohe lasten, weil die Investoren ihren Kauf finanziert haben, müssen auch bedient werden. Und die Verzinsung des eingesetzten Kapitals entspricht ebenfalls den Bedingungen der internationalen Finanzmärkte. Die Zeche zahlen die Arbeitnehmer.
Und Grohe wird kein Einzelfall bleiben. Im Mittelstand steht eine große Veränderung an. Der Generationenwechsel wird nicht glattlaufen. Vielen Erben wird Bares lieber sein als ein Unternehmen, um das man sich ständig kümmern muss. Die Banken rechnen mit Unternehmen im Wert von vielen Milliarden Euro, die in den kommenden Jahren den Eigentümer wechseln könnten. Die reiche Beute lockt längst kapitale Haie aus internationalen Gewässern an.