Die Risiken erkennen, die möglicherweise den Erfolg Ihres Projekts bedrohen, ist der erste Schritt, um diese unter Kontrolle zu bringen. Allerdings müssen Sie außerdem besondere Pläne entwickeln, um die möglichen Auswirkungen auf Ihr Projekt zu minimieren. In diesem Abschnitt erfahren Sie, wie Sie die Risiken auswählen, gegen die Sie aktiv Maßnahmen einleiten wollen, wie Sie dafür einen Plan entwickeln und wie Sie die Projektbeteiligten über diesen Plan informieren.
Die Risiken auswällen, die Sie aktiv managen wollen
Alle ermittelten Risiken haben irgendwelche Auswirkungen auf Ihr Projekt, wenn sie eintreten (das ist schließlich die Definition von Risiko). Es kann jedoch Vorkommen, dass Sie feststellen, dass es mehr Zeit kostet, ein Problem zu antizipieren und Gegenmaßnahmen einzuleiten, als sich einfach mit dem Problem auseinander zu setzen, falls es eintritt. Wenn Sie eine Risikomanagementstrategie entwickeln wollen, besteht der erste Schritt also darin, die Risiken auszuwählen, auf die Sie sich einstellen wollen. Um diese Auswahl zu treffen, tun Sie Folgendes:
✓ Denken Sie gleichzeitig sowohl über die Eintrittswahrscheinlichkeit als auch über die möglichen Auswirkungen auf Ihr Projekt nach. Falls die Auswirkungen drastisch sind und das Risiko sehr groß ist, sollten Sie eine Strategie entwickeln, wie Sie damit umgehen wollen. Wenn die Auswirkungen gering und das Risiko ebenfalls niedrig ist. kommen Sie vielleicht zu dem Schluss, dass Sie sich darüber keine Sorgen machen sollten.
Wenn entweder die Auswirkungen groß, aber die Wahrscheinlichkeit niedrig ist, oder umgekehrt, sollten Sie die Situation sehr sorgfältig überdenken. Eine sehr offizielle Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, besteht darin, einen kombinierten Wert aus Eintrittswahrscheinlichkeit und möglichen Auswirkungen, den so genannten Erwartungswert eines Risikos, zu ermitteln, und zwar folgendermaßen: Erwartungswert des Risikos = (quantitativer Ausdruck der Auswirkungen, falls das Risiko eintritt) x (Wahrscheinlichkeit, mit der das Risiko eintritt) Sie sollen bestimmte Materialien einkaufen, die Sie zur Herstellung eines bestimmten Teils benötigen. Wenn Sie den Auftrag platzieren, gehen Sie davon aus, dass Sie die Materialien mit einer 80-prozentigen Wahrscheinlichkeit zum zugesagten Termin erhalten. Das bedeutet aber auch, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sich irren, bei 20 Prozent liegt und dass Sie dann eine Prämie an einen anderen Lieferanten zahlen müssten, um die Waren noch zum benötigten Termin zu erhalten. Sie schätzen, dass das Material normalerweise 1.000 Euro kostet und dass Sie weitere 500 Euro zahlen müssten, um es in letzter Minute von einem anderen Lieferanten zu bekommen.
Den Erwartungswert des Risikos bestimmen Sie folgendermaßen:
Erwartungswert des Risikos = (zusätzlich entstehende Kosten, die entstehen, wenn Sie in letzter Minute auf einen anderen Lieferanten zurückgreifen müssen-) x (Wahrscheinlichkeit, dass Sie diesen Lieferanten brauchen) Erwartungswert des Risikos: 500 Euro x 0,2 = 100 Euro
Sie können daraus den Schluss ziehen, dass es nach dem Stand der Dinge keine kluge Entscheidung wäre, mehr als 100 Euro dafür auszugeben, das Risiko zu reduzieren.
✓ Entscheiden Sie, ob die mögliche Auswirkung so absolut unakzeptabel ist, dass Sie nicht bereit sind, dieses Risiko einzugehen, obwohl es vielleicht sehr niedrig ist.
Eine Risikomanagementstrategie entwickeln
Um die negativen Auswirkungen eines Risikos auf Ihr Projekt zu minimieren, gibt es mehrere Methoden. Wenn diese aber wirklich funktionieren sollen, müssen Sie Ihre Strategien und deren Umsetzung in der frühestmöglichen Projektphase planen.
Für den Umgang mit den Risiken, die Sie kontrollieren wollen, empfehle ich Folgendes:
✓ Minimieren Sie die Wahrscheinlichkeit, mit der dieses Risiko eintritt. Leiten Sie Maßnahmen ein. die die Wahrscheinlichkeit senken, dass eine unerwünschte Situation eintritt. Stellen Sie sich beispielsweise vor, Sie hätten jemandem eine Aufgabe übertragen, der in Ihrem Unternehmen ganz neu ist. Aus diesem Grund besteht Ihrer Meinung nach das Risiko, dass er für die ihm übertragene Aufgabe länger braucht, als ursprünglich geplant. Sie könnten Folgendes tun, um das Risiko zu senken, dass diese Person mehr Zeit benötigt:
• Erklären Sie der betreffenden Person die Aufgabe und die gewünschten Ergebnisse ganz ausführlich, bevor sie mit der Aufgabe beginnt.
Wenn Sie sich dafür entscheiden, die Anlage zu bauen, sollten Sie zumindest einen Plan haben, wie Sie dieses Risiko kontrollieren wollen (siehe nächster Abschnitt). Vielleicht sollten Sie sich sogar noch einmal überlegen, ob Sie das Projekt überhaupt übernehmen wollen. Ihr Unternehmen will ein neues Werk in einer Region bauen, die in letzter Zeit häutig sehr stark von Stürmen betroffen war. Die geschätzten Kosten der geplanten Anlage liegen bei 50 Millionen Euro und die Wahrscheinlichkeit, dass ein Sturm das Gebäude zerstört, liegt bei 0,1 Prozent. Der Erwartungswert des Risikos liegt bei 50.000 Euro (50.000.000 x 0,001), die das Unternehmen leicht verschmerzen könnte. Falls der Sturm das Gebäude aber tatsächlich zerstört, sind die damit verbundenen 50 Millionen Euro Schaden so groß, dass das Unternehmen seine Pforten schließen müsste. Trotzdem der Erwartungswert des Risikos also relativ gering ist, könnte die Unternehmensleitung der Meinung sein, dass selbst eine Wahrscheinlichkeit von 0,1 Prozent Pleite zu gehen, zu hoch ist.
• Geben Sie Zwischenergebnisse vor und überprüfen Sie die Leistung der betreffenden Person möglichst häufig, sodass Sie auftauchende Probleme schnell erkennen und lösen können.
• Sorgen Sie dafür, dass der Betreffende das Wissen und die Fähigkeiten, die er für diese Aufgabe benötigt, in einer Schulung auffrischt.
✓ Alternativen durchdenken. Machen Sie einen oder mehrere Alternativpläne für den Fall, dass die unerwünschte Situation tatsächlich eintritt. Angenommen, Sie verlassen sich darauf, dass die Druckabteilung Ihres Unternehmens 100 Exemplare eines Handbuchs drucken kann, das Sie für ein Seminar benötigen. Wenn Sie befürchten, dass die Druckabteilung zur selben Zeit an anderen Projekten arbeitet, die eine höhere Priorität haben, erkundigen Sie sich rechtzeitig nach einer externen Druckerei für den Fall, dass Sie sie brauchen.
✓ Investieren Sie in eine Absicherung. Zahlen Sie dafür, dass Sie die möglichen Auswirkungen einer unerwünschten Situation minimieren. Stellen Sie sich beispielsweise vor, dass Sie ein bestimmtes Teil zu einem bestimmten Termin brauchen. Sie können dasselbe Teil bei zwei unterschiedlichen Lieferanten bestellen, nur um sicherzugehen, dass wenigstens eines der beiden Teile rechtzeitig eintrifft.
✓ Übertragen Sie das Risiko. Bezahlen Sie jemanden dafür, dass er einen Teil oder alle Auswirkungen eines Risikos für Sie trägt. Nehmen wir an, Sie haben sich für den Plan, eine Fabrikanlage für 50 Millionen Euro zu bauen, entschieden (siehe das Beispiel weiter oben). Sie können eine Versicherung gegen Naturkatastrophen abschließen, sodass Ihr Unternehmen nicht den gesamten Schaden alleine tragen muss, wenn ein Sturm die Anlage zerstört.
Auch wenn die folgenden Strategien manchmal verlockend erscheinen: Sie funktionieren nicht:
✓ Die Vogel-Strauß-Methode: Ein Risiko ignorieren oder so tun. als existierte es nicht.
✓ Beten: Sich an höhere Mächte wenden und sie bitten, Ihre Probleme zu lösen oder zu beseitigen.
✓ Abstreiten: Sie erkennen, dass bestimmte Umstände in Ihrem Projekt Probleme bereiten könnten,
aber Sie weigern sich zu akzeptieren, dass diese Umstände eintreten könnten.
Auch wenn es anfänglich ein wenig mehr Aufwand bedeutet – geplantes Risikomanagement zahlt sich am Ende immer aus.
Über Risiken reden
Über Projektrisiken wird, wenn überhaupt, nur selten gesprochen. Das führt dazu, dass Projekte unter Problemen und Rückschlägen leiden, die man hätte vermeiden können, wenn man von vornherein die richtigen Maßnahmen getroffen hätte. Vielleicht zögern Sie, sich mit dem Thema Risiko auseinander zu setzen, weil es so schwer zu fassen ist. Wenn Sie Ihr Projekt nur ein einziges Mal durchführen, was macht es da schon, ob eine Situation in 40 von 100 Fällen eintritt? Vielleicht sind Sie auch der Meinung, dass Sie nur nach Gründen suchen, warum Ihr Projekt ein Misserfolg wird, wenn Sie sich zu sehr auf die möglichen Risiken konzentrieren, anstatt darüber nachzudenken, wie Sie es zum Erfolg führen können.
Reden Sie so früh wie möglich und so oft wie möglich über Projektrisiken. Reden Sie vor allem in folgenden Phasen sowohl mit Drivern als auch mit Supportern:
✓ Konzeptphase: Um die Entscheidung zu erleichtern, ob ein Projekt durchgeführt werden soll.
✓ Abgrenzungsphase: Als Richtlinie, um sämtliche Aspekte Ihres Plans auszuarbeiten.
✓ Projektbeginn: Damit die Teammitglieder die potenziellen Risiken erörtern können und verstehen lernen, damit sie potenzielle Probleme erkennen und lösen können, sobald sie auftreten.
✓ Durchführungsphase: Um die Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmter Risiken auf den neuesten Stand zu bringen, um noch einmal deutlich zu machen, was die Beteiligten in diesem Fall tun sollen, und um besser einschätzen zu können. ob gewünschte Änderungen vorgenommen werden sollen.
Um die Kommunikation zu diesem Thema möglichst optimal zu gestalten, sollten Sie:
✓ die Art des Risikos und seine möglichen Auswirkungen auf das Projekt ausführlich erklären und darstellen, auf welcher Grundlage Ihre Berechnung der Eintrittswahrscheinlichkeit basiert.
✓ den Beteiligten die aktuellste Risikoschätzung mitteilen und sie wissen lassen, was Sie tun sollen, um die negativen Auswirkungen auf Ihr Projekt zu minimieren, und was die Beteiligten dazu beitragen können.
✓ die Beteiligten dazu ermuntern, über Risiken nachzudenken und zu reden und dabei immer im Auge zu behalten, was man tun kann, um die negativen Auswirkungen auf das Projekt zu minimieren.
✓ alle Informationen über das Risiko schriftlich festhalten.
Sie können diese Informationen auf den regelmäßig stattfindenden Projektmeetings diskutieren: in regelmäßigen Fortschrittsberichten und in besonders zu diesem Zweck einberufenen Treffen. (In Artikel 13 erfahren Sie mehr darüber, wie Sie Informationen zum Projekt weitergeben sollten.)