Die Aktie als Wertpapier verstehen

Aktien sind Wertpapiere, von denen es unterschiedliche Formen gibt. Die wichtigste Unterscheidung ist die zwischen Stamm- und Vorzugsaktien. Stammaktien beinhalten ein Stimmrecht und werden daher bevorzugt von institutionellen Anlegern wie Banken und Investmentfonds gekauft. Für solche Investoren ist die Mitbestimmung und damit das Stimmrecht von herausragender Bedeutung.
Die Aktiengesellschaft hat die Möglichkeit, auch stimmrechtslose Aktien herauszugeben; hierbei handelt es sich meistens um Vorzugsaktien, die zum Ausgleich für den Verlust des Stimmrechts eine höhere Dividende ausschütten. Vorzugsaktien werden daher vor allem von Privatanlegern erworben, die weniger am Stimmrecht interessiert sind, aber sich über eine höhere Dividendenausschüttung freuen. Der Vorteil kann unterschiedlich ausgestaltet sein. Manche Aktiengesellschaften garantieren eine Mindestdividende, die auch dann ausgeschüttet wird, wenn die Stammaktionäre aufgrund eines Verlusts oder einer mäßigen Gewinnentwicklung leer ausgehen. Eine andere Konstruktion besteht darin, dass die Dividende für Vorzugsaktionäre um einen festen oder prozentualen Betrag aufgestockt wird; man spricht dann von Mehrdividende. Eine andere Konstruktion sieht vor, dass bei einer Gewinnausschüttung Vorzugsaktionäre zuerst bedient werden müssen, bevor die Dividende auf Stammaktien ausgeschüttet wird. Man nennt solche Aktien auch Prioritätsaktien. Insbesondere Familienunternehmen bedienen sich der Vorzugsaktien: In diesem Fall hält die Gründerfamilie die Mehrheit der Stammaktien und beteiligt das Publikum über stimmrechtslose Vorzugsaktien an dem Unternehmen.

Wenn Sie Aktien kaufen und die Wahl zwischen Stamm- und Vorzugsaktien, sollten Sie abwägen, welche Aktienform Sie bevorzugen wollen. Für viele Anleger bietet die Vorzugsaktie eine höhere Dividendenrendite und damit mehr Sicherheit, da die Dividende teilweise Kursverluste in geringem Maße ausgleichen kann. Wenn beispielsweise der Kurs der Aktie um drei Prozent einbricht, die Dividendenausschüttung aber drei Prozent des Kurses ausmacht, hat der Anleger den Verlust wieder kompensiert. Allerdings sollten Sie Ihr Augenmerk nicht ausschließlich auf die Dividendenrendite richten, denn wenn eine Aktie stark sinkt, nützt Ihnen die höhere Dividendenausschüttung letztlich nichts. Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Ausschüttungen noch stärker beachtet wurden, richtet man heute die Aufmerksamkeit vorwiegend auf die Kursstärke einer Aktie. Unter diesem Gesichtspunkt sind häufig Stammaktien im Vorteil. Obwohl sich die Kurse von Stamm- und Vorzugsaktien fast parallel entwickeln, profitieren Stammaktien von wichtigen Entscheidungen über die Zukunft des Unternehmens wegen ihres Stimmrechts. So kann es zeitweilig Vorkommen, dass sich Stammaktien deutlich besser entwickeln als Vorzugsaktien. Der Vorteil kann gelegentlich sogar 10 bis 30 Prozent erreichen. Wenn jedoch der Termin der Dividendenausschüttung naht, holen die stimmrechtslosen Vorzugsaktien meist etwas auf.

Wenn Sie unschlüssig sind, ob Sie Stammaktien oder Vorzugsaktien wählen sollen, dann entscheiden Sie sich trotz möglicherweise geringerer Rendite besser für Stammaktien. Ein Beispiel soll Ihnen erläutern, weshalb dies die bessere Wahl ist. Im Jahre 2003 unterbreitete der amerikanische Konzern Procter & Gamble den Aktionären des deutschen Kosmetikherstellers Wella ein Übernahmeangebot. Obwohl Stamm- und Vorzugsaktien nahezu auf gleichem Kursniveau notierten, erhielten die Stammaktionäre ein Angebot von 92,25 Euro, während sich die Vorzugsaktionäre mit 65 Euro zufrieden geben mussten. Angesichts dieser großen Differenz wird deutlich, dass Vorzugsaktionäre im Zweifelsfall wenig von einer höheren Dividende haben. Ohne das entscheidende Stimmrecht bleiben Sie bei einer Übernahme oder anderen wichtigen Ereignissen Aktionär zweiter Klasse.

Eine weitere Unterscheidung ist die zwischen Inhaberaktien und Namensaktien. Inhaberaktien sind in Deutschland weit verbreitet; denn sie sind in der technischen Handhabung relativ unkompliziert. Sie können problemlos übertragen werden. Bei Namensaktien hingegen werden die Namen der Aktionäre in ein Buch eingetragen, das die Aktiengesellschaft einsehen kann. Obwohl dadurch die Anonymität durchbrochen wird, hat dieses Verfahren in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Aktionäre, die verhindern wollen, dass das Unternehmen ihren Namen und ihre Adresse erfährt, können der Eintragung widersprechen und die Depotbank in das Aktionärsbuch eintragen lassen. Dennoch sind Namensaktien auf dem Vormarsch. Was in den USA längst Pflicht ist, findet auch hier zunehmend Verbreitung: Namensaktien ermöglichen es, die Aktionäre persönlich zu informieren. Eine Spezialform, die Professoren häufig als knifflige Frage in Abschlussprüfungen dient, ist die vinkulierte Namensaktie. Das lateinische Wort „vinkuliert“ bedeutet wörtlich übersetzt .gefesselt“; diese Aktien sind an bestimmte Aktionäre gebunden, d.h. Sie können solche Aktien nur erwerben, wenn das Unternehmen seine Zustimmung erteilt. Glücklicherweise sind vinkulierte Namensaktien äußerst selten, da die Prozedur umständlich ist. Dieses Verfahren wird insbesondere von Medienunternehmen gewählt, die sich vor einer feindlichen oder schleichenden Übernahme schützen wollen.

International gibt es noch einige Sonderformen, die auch in Deutschland gehandelt werden. Hierzu gehören die ADRs (American Depositary Receipts). Dieses spezielle Verfahren wählen oft Aktiengesellschaften aus Schwellenländem wie Russland und China, um den Handel mit ihren Aktien in den USA zu vereinfachen. Da die Börsenzulassung ein schwieriges und hürdenreiches Verfahren ist, gibt es die Möglichkeit, Auslandsaktien einfacher zu handeln. Dabei muss die jeweilige Aktiengesellschaft eine größere Anzahl von Aktien bei einer amerikanischen Treuhänderbank hinterlegen. Diese spezialisierte Bank gibt dann auf diese Pakete ein Zertifikat heraus, das einer amerikanischen Namensaktie gleichgestellt ist. Solche Zertifikate nennt man ADR. Als Anleger sollten Sie auf jeden Fall beachten, dass nicht immer ein ADR auch einer Aktie entspricht. Häufig ist es so, dass 10 oder mehr ADRs einer Aktie entsprechen. Achten Sie daher beim Kauf von ADRs immer auf das Bezugsverhältnis. Das Verfahren ist relativ sicher, da die amerikanische Treuhänderbank bei Problemen das Aktienpaket, das dem ADR zugrunde liegt, herausgeben muss. Das Verfahren wird auch bei mehr oder minder exotischen Schwellenländern angewandt, in denen Einzelinvestoren keine Aktien kaufen dürfen. Größere Investmentgesellschaften haben in manchen Ländern eine Ausnahmegenehmigung und geben auf ihre Aktienpakete ADRs heraus.

Ein solches Vorgehen findet man auch bei der Unterscheidung zwischen A- und B-Aktien. ln der Regel dürfen B-Aktien nur von ausländischen Anlegern gekauft werden. Diese B-Aktien haben häufig ein eingeschränktes oder gar kein Stimmrecht und werden nur in einer beschränkten Zahl verkauft. Das kann dazu führen, dass die ausländischen Anleger in der Hauptversammlung nicht abstimmen können. Da es viel weniger B-Aktien gibt, verhält sich deren Aktienkurs auch bisweilen anders als der von A-Aktien, die nur von Einheimischen erworben werden dürfen. Ein solches Verfahren findet man nicht nur in Schwellenländern, sondern auch in Skandinavien wie in Norwegen. Der Zweck solcher Restriktionen ist es, ausländischen Einfluss in Kapitalgesellschaften zurückzudrängen.

Eine besonders vielschichtige Differenzierung findet sich bei chinesischen Aktien. Während die A-Aktien nur Chinesen Vorbehalten sind und an der Börse in Shanghai und Shenzhen gehandelt werden, können B-Aktien auch von Ausländern erworben werden. Zusätzlich gibt es noch H-Aktien. Der Buchstabe H steht für Hongkong; solche Wertpapiere werden in Hongkong gehandelt und dürfen nur von Ausländern gekauft werden. Außerdem sind noch so genannte „Red Chips“ im Börsenhandel; bei diesen Aktien handelt es sich um Werte, die in Hongkong notiert und ausländischen Anlegern frei zugänglich sind. Ihre Besonderheit besteht darin, dass die chinesische Regierung daran einen größeren Aktienanteil hält.

Manche Beobachter nehmen an, dass eine Freigabe der A-Aktien für ausländische Investoren einen ebenso starken Kursanstieg auslösen würde wie die Freigabe der Hongkong-Aktien für chinesische Anleger auf dem Festland. Einige Experten vertreten die Auffassung, dass die Unterscheidung zwischen A – und B-Aktien früher oder später von den noch wenigen Ländern, in denen ein solches System vorhanden ist, aufgegeben wird, da dieses Zweiklassensystem nicht mehr in das Zeitalter der Globalisierung passt.

Information und News über die Aktien – Investor Relations

Sie können sich über die Webseite Ihrer Aktiengesellschaft die neuesten Informationen, Pressemitteilungen, Analystengutachten, aktuelle Aktiencharts und Geschäftsberichte besorgen. Dadurch sind Sie stets auf dem Laufenden und wissen über Ihr Unternehmen Bescheid. In den USA ist es sogar Gesetz, dass Analysten keine privilegierten Informationen erhalten dürfen; alle wichtigen und relevanten Neuigkeiten müssen zeitgleich auch der allgemeinen Öffentlichkeit und den Privatanlegern bekannt gegeben werden. Die Webseite Ihrer Aktiengesellschaft ist daher für Sie eine äußerst wichtige Informationsquelle, die Sie nutzen sollten.
Bevor Sie eine bestimmte Aktie kaufen, schauen Sie sich die Webseite Ihres Unternehmens sorgfältig an. Dabei sollten Sie nicht nur die für Aktionäre bestimmten Informationen lesen, sondern auch die anderen Seiten durchgehen. Welche Produkte bietet Ihr Unternehmen an? Welche Marken gibt es? Welchen Eindruck macht die Qualität der Produkte und Dienstleistungen auf Sie? Informieren Sie sich auch über andere Fakten. Welche Niederlassungen hat das Unternehmen? Wird der größte Umsatz in Deutschland, in der EU oder in anderen Ländern erzielt? Welche Kooperationen und Joint Ventures gibt es?

Danach sollten Sie sich die speziellen Informationen für Aktionäre heraussuchen. Im modernen Jargon wird diese Abteilung der Unternehmenskommunikation als Investor Relations bezeichnet. Während in Deutschland früher die Anteilseigner eher stiefmütterlich behandelt wurden, hat sich dies in den letzten Jahren nach US-amerikanischem Vorbild deutlich gewandelt. Inzwischen finden Sie den Menüpunkt „Investor Relations“ bereits an prominenter Stelle auf der Eingangsseite.
Unternehmen, die meinen, die Informationen für Aktionäre verstecken zu müssen, sollten sich fragen, ob sie sich ein solches Image leisten können. Tatsächlich gibt es auch fragwürdige Präsentationen, bei denen sich die Aktionäre und Anleger erst durch eine Vielzahl von Seiten klicken müssen, bis sie die relevanten Informationen gefunden haben. Als Anleger sollten Sie eine solch nachlässige Informationspolitik nicht akzeptieren, denn schließlich sind Sie als Aktionär, auch wenn Sie nur eine einzige Aktie besitzen, Miteigentümer des Unternehmens.
Wenn Sie Fragen haben und diese per E-Mail an die Investor- Relations-Abteilung richten, sollten Sie prompt und zuverlässig eine sachkundige Antwort erhalten.

Das sind die Merkmale sehr guter Investor Relations:
• Schon auf der Eingangsseite befindet sich ein deutlich sichtbarer Link im Hauptmenü, der Sie zur Abteilung Investor Relations führt. Gut aufgemachte Seite präsentieren bereits im Eingangsportal einige Pressemitteilungen oder einen Aktienchart.
• Ein detailliertes Unternehmensprofil, das alle Bereiche des Unternehmens darstellt und die Produkte und Dienstleistungen ausführlich beschreibt. Im Profil sollte auch ein kurzer Abriss der Unternehmensgeschichte enthalten sein.
• Ein aktueller Börsenkurs in Echtzeit, eventuell auch Kurse von Auslandsbörsen, wenn das Unternehmen dort eine Notierung hat. Darüber hinaus sollte ein Aktienchart abrufbar sein, der für verschiedene Zeiträume ausgewählt werden kann; die Aktienkurse sollten mindestens fünf oder besser noch zehn Jahre zurückgehen. Bei besonders guter Darstellung hat der Betrachter die Möglichkeit, einen Vergleichsindex wie beispielsweise den DAX in die Darstellung zu projizieren. Tools der technischen Analyse wie gleitende Durchschnitte sollten abrufbar sein.
• Alle Geschäfts- und Quartalsberichte der letzten fünf oder gar zehn Jahre stehen zum Download in Form von PDF-Dateien zur Verfügung. Auf Wunsch sind die wichtigsten Berichte auch in englischer Sprache erhältlich.
• Ein umfassender, stets aktueller Börsenkalender gibt eine Vorschau aller wichtigen Termine für die nächsten 6 oder 12 Monate. Die Termine beziehen sich auf die Veröffentlichung von Quartals- und Geschäftsberichten, die Hauptversammlung, Analystenkonferenzen, besonderen Veranstaltungen für Aktionäre, Roadshows (so nennt man die Präsentation der Unternehmensdaten bei einzelnen Analysten) und die anberaumten Online Chats für Anleger. Auch ein Tag der offenen Tür oder eine öffentlich zugängliche Jubiläumsveranstaltung sollten im Börsenkalender vermerkt sein.
• Darüber hinaus sollten die Investor-Relations-Seiten ein vollständiges Archiv aller Pressemitteilungen enthalten, wobei die für die Aktionäre relevanten Presseinformationen in einer eigenen Rubrik gespeichert sein sollten. Neben der eigentlichen Pressemitteilungen sollten auch die Ad-hoc-Meldungen gesondert abrufbar sein.
• Das Management und der Vorstand können in die Präsentation mit einbezogen werden; dann erhält jeder Vorstand eine eigene Seite, die eine kurze Vita umfasst und alle für die Anteilseigner wichtigen Daten. An dieser Stelle können auch strategische Vorstellungen und Ausrichtungen mit einbezogen werden. Diese Informationen können deshalb von erheblicher Bedeutung sein, da viele Analysten die Erfolgschancen eines Unternehmens am Managementstil ausmachen.
• Ein weiterer wichtiger Punkt bei einer gut gemachten Investor- Relations-Abteilung sind einzelne Studien und Analystengutachten, die zum Download bereitstehen sollten. Auch Börseninformationsdienste mit kurzen Statements können mit einbezogen werden.
• Zusätzlich geben manche Investor-Relations-Seiten auch Informationen zur Selbstverpflichtung einer Aktiengesellschaft (der so genannten Corporate Governance) heraus. Solche Informationen beziehen sich darauf, inwieweit sich das Unternehmen ethisch verpflichtet fühlt, freiwillige Informationen zu publizieren und für Transparenz zu sorgen.
• Zu guter Letzt zeichnet sich eine sehr gute Investor-Relations- Seite durch Interaktivität aus, d.h. der Aktionär erhält die Möglichkeit selbst ein Feedback zu geben oder Fragen zu stellen. Hierzu dienen Online Chats mit wichtigen Vorständen oder die Möglichkeit, beispielsweise weitere Kennzahlen über E-Mail anzufordem. Ein besonders wichtiges Instrument der Investor Relations ist ein Newsletter, der auf die im Börsenkalender ver- zeichneten Ereignisse und Events eingeht und den Abonnenten rechtzeitig an den Termin erinnert. Außerdem sollte es einen Newsletter geben, der Pressemitteilungen für Aktionäre versendet. Die Online-Übertragung der Hauptversammlung ist weiteres wichtiges Feature einer gut gemachten Webseite.

Denken Sie daran, dass die Arbeit der Unternehmenskommunikation auch ein Aushängeschild für das Unternehmen ist und die Corporate Identity widerspiegeln sollte. Nachlässigkeit lässt zumindest teilweise Rückschlüsse auf die gesamte Unternehmens- Organisation zu. Bevor Sie also ein Unternehmen kaufen, sollten Sie sich sorgfältig die Webseite ansehen.

Information und News über die Aktien – das Internet

Kaum ein anderes Medium hat die Finanzmärkte so revolutioniert und drastisch verändert wie das Internet. Man könnte auch von einem Zeitalter vor und nach der Erfindung des Internets sprechen, denn durch das neue Medium wurden auch die Finanzmärkte demokratisiert. Während früher einzig und allein die Börsenmakler den Zugang zu den Aktienmärkten ermöglichten, können heute Aktien über den Computerhandel erworben werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es einen weltweiten 24- Stunden-Handel mit Wertpapieren gibt. Schon jetzt wachsen die Börsen zusammen und sind zu Kooperationen gezwungen.
Besonders eindrucksvoll hat das Internet auch die Informationslage verändert. Während früher Anleger noch auf Printmedien und den Kursteil vom Vortag angewiesen waren, haben sie heute die Möglichkeit, rund um die Uhr Informationen aus dem Internet zu beziehen, die stets aktuell und umfassend sind.

Börse für Anfänger – Reichsein ist nicht einfach

Reichtum macht ein Herz schneller hart als kochendes Wasser ein Ei, sagt der Volksmund. Mag sein. Aber der Mensch strebt, solange er lebt, gerade nach materiellem Wohlstand. Ist ja nichts Verwerfliches, denn: Der Geist denkt, das Geld lenkt. Und da greifen gerade die am heftigsten in den Lenker, die behaupten, eine besonders feine Nase fürs Reichsein und -werden zu haben, die Vermögensverwalter. In dieser ebenso gediegenen wie manchmal dubiosen Sparte steht das amerikanische Finanzhaus Merrill Lynch fast uneinholbar auf Platz eins.

Die von Merrill Lynch verwalteten Vermögenswerte liegen bei 1,7 Billionen Dollar. Alles, was danach kommt, ist weit abgeschlagen. Der Branchenzweite UBS ist in diesem Bereich fast viermal kleiner, die verwalteten Vermögen betragen insgesamt nur 426 Milliarden Dollar. Da Merrill Lynch weltweit aber immerhin sechs Millionen Kunden betreut, ist das durchschnittliche Vermögen mit etwas über 280 000 Dollar rein statistisch nicht so groß. Da steht UBS schon viel besser da. Hier bringt jeder der 250 000 Kunden im Durchschnitt 1,7 Millionen Dollar mit. Und ganz vornehm ist die Kundschaft bei Goldman Sachs. Dort betreut man in der Vermögensverwaltung zwar nur 15 000 Kunden, die haben es aber ganz dicke. Jeder schob durchschnittlich mehr als 18 Millionen Dollar über den Tresen und erwartet nun, dass sie sich auch überdurchschnittlich gut vermehren. In dem von Merrill Lynch und der Unternehmensberatung Cap Gemini Ernst & Young vorgelegten German Wealth Report 2000, einer von mehreren Studien über den Reichtum in Deutschland und damit über die potenzielle Klientel, kommen die Finanzmanager zu dem Ergebnis, dass es in Deutschland 365 000 Menschen mit einem Geldvermögen von mehr als einer Million Euro gibt. Insgesamt gehören ihnen mehr als zwei Milliarden Euro oder 25,7 Prozent des deutschen Vermögens. Zu den Ultrareichen gehören 3 700 Deutsche mit einem Geldvermögen von mehr als 30 Millionen Euro pro Kopf.

Bezieht man diese Zahlen einmal auf die Gesamtbevölkerung, dann muss man feststellen, dass 0,5 Prozent der deutschen Bevölkerung immerhin 25,7 Prozent des Vermögens gehören, und schaut man noch genauer hin, so zeigt sich, dass 5 Prozent der Bevölkerung insgesamt sogar über 46 Prozent des Vermögens verfügen. Das heißt, 95 Prozent der Deutschen, also die überwiegende Mehrheit, müssen sich mit den restlichen 54 Prozent des vorhandenen Vermögens begnügen. Wer das jetzt für ungerecht hält, kann getröstet werden, denn die Situation hat sich schon deutlich gebessert. In der Zeit von 1996 bis 1999 kamen immerhin 52 000 Euro-Millionäre dazu, das entspricht einem Wachstum von 5,3 Prozent pro Jahr. Allerdings ist das Vermögen der Vermögenden im Zeitraum von 1996 bis 1999 mit 10 Prozent pro Jahr erheblich schneller gewachsen als das Einkommen der arbeitenden Klasse. Wenn man böswillig ist, könnte man es auf den Nenner bringen: Arbeit lohnt sich nicht mehr, es sei denn, man lässt das Geld arbeiten.

Weltweit ist die Situation natürlich noch viel krasser. Da gibt es 7 Millionen Dollar-Millionäre und über 55 000 Ultrareiche, die mehr als 30 Millionen Dollar Finanzvermögen besitzen. Die 225 reichsten Personen auf der Welt verfügen über ein Gesamtvermögen von über einer Billion Dollar, das entspricht dem jährlichen Einkommen der ärmsten 47 Prozent der Weltbevölkerung, also immerhin 2,5 Milliarden Menschen. Von diesen 225 Ultrareichen leben 60 in den Vereinigten Staaten, 14 in Japan und 21 in Deutschland. Wer das in Deutschland alles ist, hat freundlicherweise das Manager Magazin im Januar 2001 aufgelistet. Auf Platz 1 stehen die Gebrüder Karl und Theo Albrecht, die es mit ihren Aldi-Märkten geschafft haben, seit den sechziger Jahren immerhin 20 Milliarden Euro zusammenzutragen. Weitaus weniger bekannt sind die Familien von Baumbach/Boehringer und Engelhorn. Alle drei haben mit Pharmaprodukten ihr Vermögen gemacht. Die Familien von Baumbach und Boehringer (Boehringer Ingelheim) verfügen über 16 Milliarden Euro und die Familie Engelhorn (Boehringer Mannheim) über 10 Milliarden.

Die weiteren Plätze der deutschen Top-Ten-Liste werden von Reinhard Mohn (Bertelsmann), der Familie Herz (Tchibo, Reemtsma), der Familie Otto (Otto Versand), der Familie von Siemens (Siemens), Susanne Klatten, geborene Quandt (BMW und Altana), Erivan Haub (Tengelmann) und Otto Beisheim (Metro) besetzt.

Wenn Sie einen dieser Superreichen auf der Straße träfen, Sie würden ihn nicht erkennen, denn die wirklich Reichen sind alles andere als mediengeil. Man könnte sogar sagen, sie scheuen das Licht der Öffentlichkeit. Einerseits, weil sie Kidnapping oder Erpressung fürchten, andererseits, weil sie offensichtlich ein ziemlich normales Leben führen wollen, ohne Glamour und ohne Homestorys. Das ist ja bei einigen Newcomern, die ihr Geld am Neuen Markt gemacht haben, ganz anders. Die tun für Publicity (fast) alles.

Insgesamt konzentrieren sich in Deutschland knapp 30 Prozent des europäischen Vermögens der High Net Worth Individuals (HNWI). Als Ursache sieht Merrill Lynch dafür den seit den fünfziger Jahren anhaltenden Wirtschaftsaufschwung. Auch wenn sich die Verteilung zwischen den oberen 5 Prozent und den übrigen 95 Prozent etwas unproportional ausnimmt, ist es in Deutschland – anders als in Großbritannien – trotzdem zu einer immer breiteren Verteilung des Geldvermögens in der Bevölkerung gekommen. Dass die Reichen in Deutschland aber dennoch immer überproportional reicher wurden als die anderen, liegt an der allgemeinen Börsenentwicklung, den Veränderungen in der deutschen Investmentkultur, aber auch daran, dass viele Familienunternehmen verkauft, also zu Bargeld gemacht worden sind. Zwar ist in Deutschland das Verhältnis von Börsenkapitalisierung zu Bruttoinlandsprodukt in den Jahren von 1996 bis 1999 von 28,4 Prozent auf 67,8 Prozent gestiegen, dennoch liegt Deutschland in diesem Bereich weit abgeschlagen hinter der Schweiz, Großbritannien und den USA. Hier ist also noch Potenzial zum Reichwerden vorhanden.

Merrill Lynch erwartet, dass sich das überdurchschnittliche Wachstum in den Geldvermögenswerten der Reichen und Ultrareichen weiter fortsetzen wird. Wofür auch die ab 2001 geltende Steuerreform sorgt. Die meisten Ultrareichen Deutschlands leben in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg. In genau diesen Ländern wird auch erwartet, dass bis zum Jahr 2004 fast 50 000 Familienunternehmen unter den Hammer kommen und damit noch einmal ein ordentlicher Vermögensschub entsteht. In der gesamten Bundesrepublik sollen bis 2004 schätzungsweise 84 000 Familienunternehmen verkauft werden, weil kein Nachfolger in der Familie zu finden ist. Merrill Lynch unterscheidet so schön zwischen neuem und alten Reichtum. Leute, die erst in den letzten paar Jahren richtig reich geworden sind, sind bei der Auswahl ihrer Anlagen sehr leistungsorientiert und auch bereit, risikoreichere Anlageformen zu wählen, die sich schnell realisieren lassen. Meist sind sie besonders der Branche zugewandt, in der sie ihr Geld gemacht haben, und eigentlich haben sie nur eines im Kopf: dass ihr Vermögen noch weiter wachsen soll. Wenn die Bank nicht so funktioniert, wie sie möchten, gehen sie auch schnell zur nächsten. Das ist beim alten Reichtum anders. Hier legt man mehr Wert darauf, das Vermögen zu erhalten, und richtet sein Augenmerk besonders auf Renditen, die im Schnitt 15 Prozent für das Gesamtportfolio ausmachen sollten. Verschwiegenheit, Exklusivität und Erfahrung aufseiten der Finanzberater sind besonders gefragte Eigenschaften. Man wechselt nicht die Bank, sondern allenfalls den dortigen Ansprechpartner. Alter Reichtum besitzt circa 70 Prozent Geldvermögen und 30 Prozent Sachvermögen. 40 bis 50 Prozent des liquiden Vermögens sind global angelegt. Wieder ein Beweis für die Mobilität des Geldes.

Alte und neue Finanzprodukte – Chancen und Risiken

Der Markt für Finanzprodukte ist riesig geworden. Das überrollt einen. Da kommt man nicht mehr mit. Es ist unglaublich, was es an Produkten mittlerweile gibt, und alle haben diese unverständlichen Fachbezeichnungen. Aber die Banker sagen: Das wird verlangt, es werden zur Feinsteuerung des Vermögens Produkte, auch Nischenprodukte, benötigt, und zwar in einer Differenzierung, die wir in Deutschland noch nie gehabt haben, die sogar teilweise die amerikanischen Verhältnisse übertrifft.

Möglichst für jede Nische wird ein spezielles Angebot gewünscht, zur Risikoabdeckung oder zur Risikominimierung. Ich beschränke das eine Risiko, indem ich ein anderes aufbaue. So etwas verlangen natürlich vor allem vermögende Kunden, nicht die klassischen Kleinanleger. Von neuen Finanzprodukten haben die meisten Leute ja nur eine sehr unpräzise Vorstellung. Sie haben was gehört oder bekommen was erzählt und glauben schon Bescheid zu wissen. Außerdem frisst Gier den Verstand. Mit tollen Gewinnen kann man fast jeden locken. Es kommt immer wieder vor, dass Leute irgendwelchen Figuren auf dem grauen Kapitalmarkt bares Geld in die Hand drücken: Danke für Ihren Anruf wegen der Warentermine. Ich wüsste nie, wie ich an die Sachen rankomme. Machen Sie doch mal was für mich in Schweinebäuchen und Soja. Hier haben Sie 150 000 Euro. Man ist froh, dass man eine verschwiegene und rentable Anlage für sein Schwarzgeld gefunden hat. Anschließend ist das Geld weg und man traut sich nicht, zur Polizei zu gehen, weil man dann erklären müsste, woher das Geld stammt. – Die Dummen sterben eben nicht aus. Damit Sie nicht auf diese Finanzhaie reinfallen, möchte ich Ihnen einige wichtige Finanzprodukte erklären.

Indexzertifikate: Papiere im Trend
Indexzertifikate sind zurzeit ganz groß im Kommen. Sie gehören bereits zu den Standardprodukten vieler Banken. Wie der Name schon sagt, beziehen sich diese Papiere auf einen Index, wie den DAX, Nemax oder auch andere. Der Anleger kauft aber keine Aktien und auch keinen Anteil an einem Aktienfonds, sondern eine Art Schuldverschreibung der Bank, deren Wertentwicklung von der Entwicklung des Marktes abhängig ist, auf den sich das Papier bezieht. Man kann täglich verfolgen, ob man etwas gewonnen oder verloren hat.

Nur mit Aktien allein könnte man den DAX nicht so genau nachbauen. Durch die unterschiedliche Gewichtung einzelner Unternehmen innerhalb des DAX müsste man im Zweifelsfall auch Bruchteile von Aktien kaufen, was nicht möglich ist. Der Vorteil von Indexzertifikaten besteht für den Investor auch darin, durch die breite Streuung des jeweiligen Index auch mögliche Schwächen einzelner Werte ausgleichen zu können. Indexzertifikate werden schon für 50 Euro pro Stück angeboten und können auch einzeln gekauft werden. Der Anleger sollte sich aber genau die Gebühren seiner Bank anschauen, damit sie in einem vernünftigen Verhältnis zu seiner Anlage stehen. Mit monatlichen Sparraten kann man kontinuierlich in Indexzertifikate investieren, was auch für Börsenneulinge eine praktikable Anlageform darstellt.

Besonders seit der Halbierung des Sparerfreibetrags ist das Interesse an Indexzertifikaten weiter gewachsen, berichtet die Bankgesellschaft Berlin AG. Das Institut bietet zurzeit 26 verschiedene Indexzertifikate, womit es zu den führenden Anbietern in diesem Bereich zählt. Nicht alle Banken geben eigene Indexzertifikate heraus, sie können aber bei jeder Bank gekauft werden. Die Zertifikate werden an der Börse gehandelt und lassen sich wie Aktien jederzeit verkaufen. Gegenüber Aktienfonds haben Indexzertifikate einen deutlichen Vorteil: Sie sind wesentlich billiger. Ausgabeaufschläge entfallen ebenso wie die Kosten des Fondmanagements (nicht nur erfolgreiche Fondmanager beziehen ein üppiges Gehalt!). Für Kauf und Verkauf verlangen die Banken Spesen zwischen 0,2 und 0,5 Prozent und damit bis zu 6 Prozent weniger, als bei Fonds anfallen. Bis vor kurzem hatten die Indexpapiere einen Nachteil: ihre begrenzte Laufzeit. Wenn diese endete und das Geld erneut in ein Zertifikat investiert werden sollte, fielen auch erneut Erwerbskosten an. Inzwischen gibt es jedoch auch Zertifikate ohne feste Laufzeit, Endlos- oder Open-End-Zertifikate genannt. Die ABN Amro Bank war die erste, die solche unbefristeten Zertifikate anbot. Inzwischen werden sie auch von anderen Banken herausgegeben, so von der Bankgesellschaft Berlin, der Commerzbank und UBS Warburg. Wie bei Aktien oder Fonds sind bei Indexzertifikaten die Kursgewinne steuerfrei, wenn man die Spekulationsfrist von einem Jahr einhält. Während bei Aktien und Fonds die Erträge aus ausgeschütteten Dividenden jedoch versteuert werden müssen, sind diese Gewinne bei Zertifikaten ebenfalls steuerfrei.

Anleihen — die Berechenbaren
Wer Aktien hält, ist im Prinzip Unternehmer, nur dass er nicht an den täglichen Entscheidungen mitwirkt. Die überlässt er seinem Vorstand. Er profitiert von den Erträgen des Unternehmens (Dividende), die aber keinesfalls garantiert sind, und von den Erfolgen (Kursgewinne). Wer eine Anleihe kauft, wird dagegen zum Geldverleiher, also zum Gläubiger. Die Anleihe verbrieft das Recht auf Rückzahlung der Geldforderung zuzüglich einer Verzinsung. Anleihen werden von Kreditinstituten, der öffentlichen Hand und von Unternehmen begeben. Sie dienen der langfristigen Kreditfinanzierung. Anleihen werden auch als Renten, fest verzinsliche Wertpapiere, Bonds, Schuldverschreibungen oder Obligationen bezeichnet. Sie haben einen Nennwert, der die Höhe der Geldforderung angibt und die Grundlage der Verzinsung bildet. Außerdem ist die Laufzeit von vornherein festgelegt, der Schuldner nimmt nach deren Ende die Anleihe zum Nennwert zurück. Anleihen werden aber an der Börse gehandelt, und man kann sie vor dem Ende der Laufzeit über die Börse verkaufen.

Anleihen können zu pari, das heißt zum Nennwert, unter pari, das heißt unter dem Nennwert, oder über pari begeben werden. Der Ausgabekurs liegt umso näher am Nennwert, je mehr der Anleihezins dem aktuellen Marktzins entspricht. Der Kurs einer Anleihe ergibt sich aus Angebot und Nachfrage am Markt, er kann über oder unter dem Nennwert liegen. Somit hat der Inhaber die Chance, neben der Verzinsung auch noch Kursgewinne zu erzielen.

Entscheidend für die Geldanlage in einer Anleihe ist also nicht nur die vorher vereinbarte Verzinsung auf den Nominalbetrag, sondern die so genannte effektive Verzinsung. Sie errechnet sich aus der Restlaufzeit, dem Kaufkurs und dem Rückzahlungskurs. Hauptunterscheidungsmerkmal bei verschiedenen Anleihen ist ihre Verzinsung. Bei Nullkupon-Anleihen beispielsweise erhält der Anleger keine Zinsen, dafür werden sie deutlich unter ihrem Nennwert ausgegeben und, wenn sie fällig sind, zum Nennwert zurückgenommen. Der Gewinn des Anlegers ergibt sich aus der Differenz zwischen Ausgabekurs und Nennwert und fällt also erst am Ende der Laufzeit an. Bei anderen Anleihen ist von vornherein eine feste Verzinsung in bestimmter Höhe vereinbart. Sie werden Anleihen mit festem Zinskupon genannt, weil die gleich bleibenden Zinsen als so genannte Zinskupons der Anleihe beigelegt werden. Als dritte Anleiheart gibt es die so genannten Floater mit variablen Zinsen, wobei Ober- und Untergrenzen angegeben werden können oder eine Anlehnung an andere Zinssätze vorgenommen wird.

Anleihen sind eine vergleichsweise risikoarme Geldanlage. Der Inhaber kann sein Forderungsrecht auf Rückzahlung auch im Falle eines Konkurses des Schuldners geltend machen. Das Risiko eines Totalverlusts ist bei Schuldnern mit guter Bonität gering. Das trifft aber nicht auf alle Schuldner zu. Es gibt spezielle Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Rating-Agenturen, die im Auftrag der Institutionen oder Unternehmen, die am Anleihemarkt Anleihen auflegen wollen, deren Bonität prüfen. Sie untersuchen, ob diese in der Lage sind, ihren Zahlungsverpflichtungen vereinbarungsgemäß nachzukommen oder ob in dieser Hinsicht ein Risiko besteht, und klassifizieren die Anleihen entsprechend. Die bekanntesten Rating-Agenturen sind Moody’s und Standard & Poor’s.

Die höchste Stufe der Bonität wird bei Moody’s mit Aaa bezeichnet, bei S&P mit AAA,. Mittlere Bonität trägt bei Moody’s die Bezeichnungen Al bis Baa3, bei S&P A+ bis BBB-. Wenn Sie bei Moody’s Caa, Ca, C lesen oder bei S&P CCC+, CCC, CCC-, D, dann sollten sie die Finger von den Anleihen lassen, denn das sind die Bezeichnungen für geringe Bonität.

Bei den Anleihen gilt die Faustregel: Je höher die Bonität, desto geringer die Rendite, je niedriger die Bonität, desto höher die versprochene Rendite. Sonst würde ja keiner die risikoreichen Papiere kaufen. An der Spitze der hoch spekulativen Anleihen stehen die Junkbonds. Sie werden von Unternehmen ausgegeben, die aufgrund ihrer bereits bestehenden hohen Verschuldung keine weiteren Bankdarlehen aufnehmen können beziehungsweise denen auch keine Emission von normalen Anleihen mehr möglich ist. Nicht umsonst heißen Junkbonds übersetzt Ramsch-, Schrottoder Abfallanleihem. Wer die kauft, geht ein Totalrisiko ein. Vorsicht ist immer angesagt, wenn Ihnen jemand als Geheimtipp Anleihen mit Superzinsen anbietet. Wenn man sich auf Schuldner mit guter Bonität beschränkt, das sind natürlich vor allem die öffentliche Hand, Banken und solide Unternehmen, dann eignen sich Anleihen gut für weniger risikofreudige Anleger. Sie lassen sich ziemlich exakt auf die eigenen Wünsche zuschneiden und besser kalkulieren als zum Beispiel Aktien. Denn man weiß im Voraus, wann man sein Geld zurückbekommt und welche Zinsen anfallen. Anleihen bringen in der Regel eine höhere Rendite als Spareinlagen, Sparverträge, Festgeld, Sparbriefe, aber kurzfristig in den meisten Fällen eine geringere als Aktien.

Die Investmentbanker – Baumeister der Firmenlandschaft

Fusionen und Übernahmen werden auch in Zukunft das Wirtschaftsgeschehen ganz entscheidend bestimmen. Dabei agieren meist nur die Vorstände der beteiligten Firmen in der Öffentlichkeit. Die eigentlichen Akteure – das sind die Investmentbanken und ihre Fachleute – bleiben im Hintergrund. Auf deren Know-how und Verbindungen können die Konzernchefs nämlich nicht verzichten, wenn sie Zukäufe oder Fusionen planen oder Konzernteile abstoßen wollen.

Die Aufgaben einer Investmentbank sind breit gestreut: Sie führt Firmen an die Börse, berät Unternehmen bei Umstrukturierungen, bei Fusionen und beim Kauf oder Verkauf von Firmen und Firmenteilen und bietet ihnen verschiedenste Finanzierungsformen. Dafür erhält sie von den Unternehmen Provisionen, die sich am Wert des getätigten Geschäfts orientieren.

Auch im Jahr 2000, in dem die Anleger viele Milliarden verloren haben, konnten die drei führenden Investmenthäuser Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter und Merrill Lynch zusammen ein Spitzenergebnis von mehr als 12 Milliarden Dollar einfahren. Das waren gut 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Laut Manager Magazin  hat Morgan Stanley Dean Witter im Jahr 2000 5,5 Milliarden Dollar Gewinne gemacht, Goldman Sachs 3,1 Milliarden und Merrill Lynch 3,8 Milliarden Dollar.

Lohnende Geschäße
Die Geschäftsbereiche der Investmentbanken sind Mergers & Acquisitions (Fusionen und Zukäufe), Trading (Eigenhandel), Sales (Verkauf), Research und Corporate Finance (Unternehmensfinanzierung). Selbst die deutschen Banken benutzen nur noch die englischen Ausdrücke dafür.

Mit Mergers & Acquisitions (M&A) lässt sich am besten Geld verdienen, weil hier besonders große Werte bewegt werden, wonach sich auch der Verdienst der Banken richtet. Die Banker beraten Unternehmen bei Fusionen, Akquisitionen und Verkäufen. Aufgrund ihrer weltweiten Verbindungen können sie geeignete Übernahmekandidaten oder Käufer finden und die Kontakte zwischen den Unternehmen hersteilen. Die Investmentbanken führen dann die Vertragsverhandlungen, arbeiten entsprechende Verträge aus und sorgen schließlich auch für die Finanzierung.

Besonders gutes Geld haben die Investmentbanken in der jüngeren Vergangenheit bei den Großfusionen verdient, aber auch jeder Konzern, der eine Umstrukturierung plant, sowie mittelständische Unternehmen, die eine passende Firma zukaufen wollen, sind auf die internationalen Kontakte der Investmentbanker angewiesen.

Der Tradingbereich ist für den Handel von Aktien, Anleihen, Derivaten und Devisen zuständig, und zwar an den internationalen Kapitalmärkten. Im Salesbereich findet der Verkauf von Finanzprodukten an Unternehmen, andere institutioneile Investoren und vermögende Privatkunden statt.

Corporate Finance bezeichnet die Beratung der Unternehmen in allen Finanzierungsfragen. Dabei geht es von den Börsengängen über die Bereitstellung von Krediten bis zur Absicherung von Währungsrisiken.

Im Researchbereich sitzen die Finanzanalysten, welche die internationalen Finanzmärkte, die verschiedenen Branchen sowie einzelne Unternehmen beobachten und analysieren.

Unter den Investmentbankern herrscht weltweit ein gnadenloser Kampf um die Vorherrschaft im Geschäft mit Aktien, Anleihen und Fusionen. Denn es geht nicht nur um viel Geld, sondern um sehr viel Geld, das zu verdienen ist, und die Gelegenheiten findet man nicht an jeder Straßenecke.

Mergers & Acquisitions: die Königsklasse der Banken
Nur 46 M&A-Transaktionen hatten im Jahr 2000 weltweit einen Wert von mehr als 10 Milliarden Dollar, die Mehrzahl der Unternehmenszusammenschlüsse und Übernahmen lagen zwischen 1 und 10 Milliarden Dollar. Insgesamt waren lediglich 451 Transaktionen zu betreuen. Nach Ansicht der Investmentbanker nicht genug, um alle an dem Kuchen teilhaben und satt werden zu lassen. Insgesamt ging es allein bei diesen M&A- Geschäften um eine Summe von 3,5 Billionen Dollar, und der Trend geht wohl dahin, dass die Zahl der Fusionen abnimmt, dafür aber der Wert des einzelnen Geschäfts weiter steigt.

Immer mehr europäische Unternehmen, auch kleinere und mittlere, kaufen Firmen in den USA, ganz einfach deshalb, weil der amerikanische Markt so groß ist. Dabei versuchen die Investmentbanker die Unternehmen oder Konzerne so umzubauen, dass sie nach Möglichkeit schlagkräftiger und effizienter werden. Aber immer seltener geht die Rechnung auf. Fusionen sind schön, aber auch gefährlich.

Das weltweite M&A-Geschäft wird derzeit ganz eindeutig von den drei großen US-Investmentbanken Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter und Merrill Lynch dominiert. Allerdings versuchen auch die europäischen Investmentbanken immer stärker an die Spitze aufzusteigen, zum Beispiel Crédit Suisse First Boston und die Schweizer UBS Warburg. Gemessen an der Höhe der abgeschlossenen Transaktionen in einem Jahr lag UBS Warburg 1999 noch auf Platz zehn, damals noch unter dem Namen Warburg Dillon Read. Im Jahr 2000 ist sie auf den Platz sechs aufgestiegen.

Etwa 50 Prozent des Wertes aller Transaktionen im Bereich Mergers & Acquisitions entfallen auf die zehn größten Anbieter weltweit, schreibt Die Bank 1/2000. Im Bereich Trading/Sales liegt der Konzentrationsgrad sogar bei 82 Prozent, im Beratungsgeschäft bei 71 und im Emissionsgeschäft bei 84 Prozent. Nach einer anderen Quelle (Manager Magazin ) hat Goldman Sachs bei Fusionen und Übernahmen bereits einen Weltmarktanteil von 45,5 Prozent, Morgan Stanley Dean Witter kommt danach auf 38,2 Prozent und Merrill Lynch auf 32,3 Prozent. Wie auch immer, in die Karten lassen sich die Banker bei diesen Geschäften ohnehin nur ungern gucken. Verschleierungstaktiken sind gang und gäbe.

Früher hatten sich die Investmentbanken noch ganz auf Unternehmen und Institutionen als Kunden fixiert. Inzwischen setzt sich die Ansicht durch, dass auch der Privatkunde nicht vergessen werden darf, sagt Markus Granziol, Chef von UBS Warburg, der Financial Times Deutschland. Investmentbanken, die sich nicht an alle drei Kundengruppen richten, werden seiner Ansicht nach langfristig in eine Nische flüchten müssen.

Er geht von einer Konzentration der weltweit tätigen Investmentbanken auf nicht mehr als acht Institutionen aus. Für regionale Anbieter sieht Granziol keine Chancen. Nordamerika ist nach wie vor der weltweit wichtigste Markt für Investmentbanken, weil dort die meisten Fusionen und Börsengänge stattfinden. Daran verdienen die Investmentbanken bis zu 5 Prozent der Transaktionssumme. Außerhalb der USA verdient man nur die Hälfte.

Laut Granziol machen die Beratungen bei Fusionen und Übernahmen und das Kapitalmarktgeschäft bei UBS Warburg nur 15 Prozent der gesamten Erträge aus. Dieser Anteil dürfte bei den US-Banken höher sein, aber langfristig würden die Großen der Branche vom klassischen Investmentbanking allein nicht mehr leben können, sondern müssten sich zum universellen Finanzdienstleister entwickeln.

UBS Warburg hatte eigentlich für 2000 die Errichtung eines Finanzportals für vermögende Privatkunden geplant, dies dann aber wieder verschoben, denn inzwischen hat die Bank das US-Brokerhaus Paine Webber gekauft und hat damit Zugang zu einer Kundenbasis, die auf 30 Billionen Dollar taxiert wird, so Granziol. Also auch hier Fusionen und der Weg zur schieren Größe.

Alle großen Investmentbanken, zum Beispiel Goldman Sachs, auch Morgan Stanley, Merrill Lynch, Crédit Suisse First Boston und UBS Warburg, stocken derzeit in Deutschland ihre Mitarbeiter im Bereich Investmentbanking auf. Denn ab 2002 ist der Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensteilen in Deutschland steuerfrei. Die Investmentbanken erwarten eine große Restrukturierungswelle, welche die deutsche Industrielandschaft radikal verändern wird. Und da wollen sie rechtzeitig dabei sein, um ein Stück von dem großen Kuchen des sich abzeichnenden Investmentgeschäfts abzukriegen.

Das Geschäft mit den Neuemissionen
Selbst ist der Mann. Immer mehr Unternehmen umgehen die Banken und nutzen das Internet, um neue Aktien oder Privatplatzierungen direkt an die Investoren zu verkaufen.

Im Emissionsgeschäft ist den traditionellen Investmentbanken also durch das Internet eine ernst zu nehmende Konkurrenz erwachsen. Im Internet kostet eine Emission 50 000 Dollar, unabhängig von der Höhe des beschafften Kapitals, und bei einer Investmentbank muss man für eine kleine Emission bis zu einem Fünftel des Emissionsvolumens im Voraus zahlen. Branchenexperten rechnen damit, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre bis zu 60 Prozent der Börsengänge über das Internet platziert werden und dass in drei Jahren der Internethandel ungefähr 15 Prozent aller Erträge im Trading/Sales-Bereich und bei Aktienemissionen auf sich ziehen wird.

Die Deutsche Börse bezeichnet das Jahr 2000 als Jahr der Neuemissionen. Zwar ging die Anzahl der Börsengänge gegenüber 1999 von 168 auf 153 zurück, doch das Emissionsvolumen machte einen rasanten Sprung von 12,9 Milliarden Euro auf eine neue Rekordsumme von rund 26 Milliarden Euro. 133 der Neuemissionen entfielen auf den Neuen Markt.

In Deutschland stand bei den Neuemissionen im Jahre 2000, gemessen am Volumen, die Deutsche Bank mit knapp 8,8 Milliarden Euro auf dem ersten Platz, gefolgt von Goldman Sachs mit 4,8 Milliarden Euro, UBS Warburg mit 3,7 Milliarden Euro, Dresdner Bank mit 2,1 Milliarden Euro, Commerzbank mit 1,7 Milliarden Euro und ABN Amro Rothschild mit 1,4 Milliarden Euro. Doch diese Summen sagen noch lange nichts über die Qualität der Neuemissionen aus.

Wie eine Untersuchung der WirtschaftsWoche ergeben hat, waren die besten Emissionsbanken UBS Warburg, ABN Amro und die Landesbank

Rheinland Pfalz. Goldman Sachs bildete das Schlusslicht der Untersuchung auf Platz 32, die Plätze 27 bis 31 belegten Morgan Stanley Dean Witter, Dresdner Bank, DG Bank, Deutsche Bank und Commerzbank. Die Wirtschaftswoche hat in ihrem Ranking der Emissionen auf dem deutschen Markt neben der Größe der Emission die Zuteilungsquote an Privatanleger, Zeichnungsgewinne und Kursgewinne bis zum Ende des Jahres 2000 berechnet.

Bei den Emissionsbanken mit einem Emissionsvolumen von mehr als 40 Millionen Euro erreichten außer den drei Spitzenreitern UBS Warburg, ABN Amro Rotschild und Landesbank Rheinland-Pfalz nur noch drei Banken eine positive Gesamtpunktzahl: Die Norddeutsche Landesbank, die Berliner Effekten und die BNP Paribas. Alle übrigen Emissionsbanken lagen im Minus.

Dass relativ kleine Emissionsbanken an der Spitze der Bewertung standen, hat wohl einen simplen Grund: Wer wenig Unternehmen an den Markt bringt, kann auch wenig falsch machen. Doch war es keineswegs umgekehrt so, dass alle Banken, die sehr viele Aktien platzierten, auch automatisch schlecht abschnitten. Andererseits hat unter den ganz kleinen Emissionshäusern mit weniger als 40 Millionen Euro Emissionsvolumen kein einziges eine positive Punktzahl erreicht.

UBS Warburg, der Sieger im Ranking der Wirtschaftswoche, war bei der größten Emission des Jahres, der Aktie Gelb der Deutschen Post, beteiligt, die ein großer Erfolg wurde. ABN Amro Rothschild hat seinen zweiten Platz in der Rankingliste wohl dem erfolgreichen Börsengang des Airbus-Herstellers EADS am Neuen Markt zu verdanken. Die gute Kursentwicklung und das sehr hohe Emissionsvolumen von über 2,75 Milliarden Dollar brachten EADS gleich nach der Deutschen Post auf den zweitbesten Platz unter den Neuemissionen. Die Landesbank Rheinland- Pfalz kam wegen der erfolgreichen Emission von Thiel Logistik auf den drittbesten Platz.

Es sei nicht leicht gewesen, die Gier so mancher Unternehmer zu bremsen, sagte Pim van der Velden, Direktor bei ABN Amro Rothschild in Frankfurt der Wirtschaftswoche. Er sieht es als einen nicht unwesentlichen Erfolgsfaktor, dass die Bank nicht jedes börsenwillige Unternehmen auch an die Börse gebracht hat. Außerdem habe man der Versuchung widerstehen müssen, möglichst viele Aktien in die Hände einiger weniger Fonds zu geben. Diese Abhängigkeit von wenigen Neuer-Markt-Fonds habe sich später oft als fatal erwiesen. Wenn sich nämlich größere Fonds plötzlich von den Aktien trennten, bewegten sich immer gleich die Kurse nach unten. Hier wird das Spannungsfeld für Universalbanken deutlich. Die

Interessen des Investmentbereichs sind nicht unbedingt kompatibel mit denen der Fondsmanager.

Börse für Anfänger – DAX Aktien

Ob die Börse rauf- (freundlich/fest) oder runtergeht (leichter/schwach), ob sie seitwärts tendiert (behauptet/uneinheitlich) – das ist immer schon eine Mischung aus Fakten, Stimmungen, Meinungen gewesen. Wer ein Unternehmensgeheimnis wusste, hatte echtes Herrschaftswissen und konnte es an der Börse nutzen. Meist mit sattem Profit, denn die Uneingeweihten schauten in die Röhre. Die Zeiten sind gottlob vorbei. Einmal durch die immer perfekter werdende Informationstechnik für jedermann, aber auch durch eingeführte Standards.

Um zumindest der Wirtschaft einen schnellen Überblick über die Kursentwicklung zu ermöglichen, ohne die einzelnen Aktien miteinander vergleichen zu müssen, wurden Indizes eingeführt. So kann mit der Veränderung einer einzigen Zahl, also dem Index, die Entwicklung eines ganzen Marktes gemessen und beurteilt werden. Man kann sich ohne große Schwierigkeiten ein Bild über die Marktlage oder Marktentwicklung verschaffen und auch längerfristige Trends ermitteln und in die Anlageentscheidung mit einbeziehen. Indizes sind inzwischen auch die Grundlage verschiedener Anlageobjekte geworden, zum Beispiel für Index-Zertifikate, Optionsscheine oder Futures. Und schließlich dienen sie als Messlatte für die Qualität der Kundenberatung bei der Bank des Vertrauens und für die Leistungen der Fondsmanager. Wer es schafft, dass sein Depotwert sich besser entwickelt als der jeweilige Index, kann stolz darauf sein, den Markt geschlagen zu haben.

DAX: Wissen ist Macht
Der Deutsche Aktienindex (DAX) wurde am 23. Juni 1988 an der Frankfurter Wertpapierbörse eingeführt. Als Vater des DAX gilt Frank Mella von der Börsenzeitung. Schon seit 1959 gab es in Deutschland den Hardy- Index. Im September 1961 wurde der erste Index der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eingeführt, seit 1994 gibt es den FAZ-Performance-Index, er berücksichtigt 167 Aktien. Schon seit 1981 wurde der Index der Börsenzeitung börsentäglich berechnet.

Die Berechnungsgrundlage für den DAX waren zunächst die Frankfurter Parkettkurse. Als Basis zum Jahresultimo 1987 wählte man einen Stand von 1000 Indexpunkten. Nach Einführung des computergestützten Handels im Dezember 1993 gab es den so genannten Ibis-DAX, der später durch den Xetra-DAX Ende 1997 abgelöst wurde. Aufgrund der sinkenden Umsätze im Parketthandel stellte die deutsche Börse zum 21. Juni 1999 die Ermittlung des Parkett-DAX ein. Heute wird der DAX während der Handelszeit von 9 bis 20 Uhr ständig (alle 15 Sekunden) aus den Kursen des Handelssystems Xetra ermittelt und aktualisiert.

Ein elitärer Kreis — die DAX-Untemehmen
Im DAX, der eigenüich genau DAX 30 heißt, sind die Aktien der 30 wichtigsten deutschen Unternehmen, die so genannten Blue Chips, vertreten. Das Unternehmen muss sowohl nach der Höhe des Börsenwerts als auch nach dem Umsatz unter den 35 größten Aktiengesellschaften sein. Alle drei Monate ermittelt die Deutsche Börse, ob alle DAX-Unternehmen noch diese Kriterien erfüllen. Falls nicht, fällt das entsprechende Unternehmen heraus, und ein anderes rückt nach. So ist im März 2001 Karstadt Quelle AG rausgefallen und stattdessen die Deutsche Post AG reingekommen. Weil die Mitgliedschaft im DAX als Gütesiegel gilt, fiel bei Bekanntgabe des Ausscheidens von Karstadt Quelle auch sofort der Aktienkurs. Dagegen verzeichnete die Adidas- Salomon-Aktie, die auch als Abstiegskandidat gegolten hatte, einen kräftigen Kurssprung, als bekannt wurde, dass sie weiterhin im DAX bleiben darf. Mit der geringen Auswahl von nur 30 Aktien hat man versucht, die Branchenstruktur der deutschen Wirtschaft möglichst gut widerzuspiegeln. Die DAX-Titel repräsentieren circa 60 Prozent des gesamten Grundkapitals der inländischen börsennotierten Unternehmen und machen über 70 Prozent der Börsenumsätze mit deutschen Aktien aus.

Der DAX ist ein gewichteter Index, wobei die Gewichtung recht kompliziert nach der jeweiligen Anzahl der zugelassenen Aktien erfolgt. Die meisten wichtigen Branchen sind im DAX vertreten. Das Hauptgewicht (fast 19 Prozent) liegt im Technologiebereich mit Aktien wie Epcos, Infineon, SAP und Siemens. Ungefähr gleich gewichtet (rund 17 Prozent) sind die Branchen Versorger/Telekommunikation mit Deutsche Telekom, RWE und E.ON (früher VEBA) und Versicherungen mit Allianz und Münchener Rück. Jeweils rund 15 Prozent Gewicht haben die Banken und die Branche Automobil und Verkehr, rund 10 Prozent Chemie und Pharma, 3,5 Prozent Handel und Konsum sowie 2,5 Prozent der Maschinenbau. Die umsatzstärkste Aktie im DAX war im Jahr 2000 die Deutsche Telekom mit einem Umsatz von rund 111 Milliarden Euro.

Wenn der Kleinanleger seine Aktienauswahl am DAX orientiert, wird die Anlage relativ risikoarm sein. Sicher gehören die DAX-Werte nicht unbedingt zu den Aktien mit rasanten Kurssteigerungen, man muss aber auch nicht derart dramatische Kursverluste von über 90 Prozent wie am Neuen Markt befürchten.

Leistungen lassen sich messen
Es gibt Kursindizes, auch Preisindizes genannt, und Performance-Indizes. Beim Kursindex werden ganz einfach die Kurse der Wertpapiere addiert. Der DAX ist aber ein Performance-Index, das heißt, er berücksichtigt neben der Kursentwicklung die Dividendenzahlung, die ausgegebenen Bezugsrechte und Berichtigungsaktien bei Kapitalveränderungen. Bei der Berechnung des Kurses wird unterstellt, dass dies alles wieder in die betreffende Aktie investiert wird. Man zieht also diese Beträge dann, wenn sie gezahlt oder ausgegeben werden, vom eigentlichen Kurs ab.

Ein Beispiel: Am Tag der Dividendenzahlung einer Aktiengesellschaft wird die Höhe der Dividende vom aktuellen Kurs abgezogen. Dieser Kursabschlag wirkt sich zunächst wie ein Kursrückgang aus. Er wird aber in den meisten Fällen schnell wieder eingeholt. Der Performance-Index spiegelt dann wirklich den Wert des Unternehmens wider. Damit kommt man zu einer realistischeren Berechnung des Anlageerfolgs als bei reinen Kursindizes. Durch den Zinseszinseffekt der Wiederanlage aller Ausschüttungen eignen sich Performance-Indizes besonders gut zum Vergleich der Kursentwicklung von Investmentfonds, da in den meisten Investmentfonds ausgeschüttete Dividenden und Kursgewinne wieder angelegt werden. Zu den Performance-Indizes gehören neben dem DAX der EuroStoxx 50 und der Standard & Poor’s 500.

Mehr Vielfalt — weniger Überblick
Aus dem DAX ist inzwischen eine ganze Familie geworden. Deshalb muss man genau darauf achten, wovon zum Beispiel ein Kundenberater spricht und auf welche Zahlen er verweist, wenn er einem etwas verkaufen will. Seit 1993 gibt es den C-DAX, den so genannten Composite-DAX. In ihm sind sämtliche zum amtlichen Handel an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassene Aktien enthalten, das sind inzwischen rund 400 an der Zahl. Daneben werden auch C-DAXe für die verschiedenen Branchen berechnet. Wenn man die Entwicklung des DAX mit der des C-DAX vergleicht, kann man feststellen, ob sich die gesamte Börse besser oder schlechter entwickelt hat als die Aktien der 30 größten Unternehmen. Und wenn man eine Aktie aus einer bestimmten Branche mit dem betreffenden Branchenindex vergleicht, sieht man sofort, ob sich diese Aktie besser als der Branchendurchschnitt entwickelt hat.

1994 kam der DAX 100 dazu, der die Aktien der 100 größten Unternehmen einbezieht, inklusive der DAX-Aktien. 1996 wurde der M-DAX eingeführt, der die Aktien der 70 größten Unternehmen nach den DAX- Aktien enthält, also die Ränge 31 bis 100. Der Name M-DAX kommt von Midcap-Index, das heißt, in ihm sind die mittelgroßen Unternehmen enthalten. Der DAX 100 ist also eine Kombination von DAX und M-DAX. Smax, small cap exchange, heißt das neue Qualitätsmerkmal für kleine Aktien, das am 26. April 1999 an der Frankfurter Börse eingeführt wurde. Die deutsche Sprache wird vom Englischen nur so überflutet, und besonders die Finanzwelt liebt es, für alles und jedes Abkürzungen zu verwenden. So steht cap hier als Abkürzung für Capital, also Kapital. Damit sollen etablierte, aber zukunftsträchtige mittelständische Unternehmen bekannter gemacht werden. Der neue Index im Smax ist der S-DAX, der die Wertentwicklung der 100 größten Smax-Werte abbildet.

Die Entwicklung des Neuen Marktes spiegelt der Nemax-All-Share wieder. Darin sind mehr als 340 Aktien des Neuen Marktes nach Größe gewichtet enthalten. Die Blue Chips des Neuen Marktes sind seit dem Juli 1999 im Nemax 50 zusammengefasst. Aufnahmeregel ist ein Ranking unter den ersten 60 Titeln nach Marktkapitalisierung und Umsatzliquidität. Auch hier findet vierteljährlich eine Überprüfung statt, wonach dann immer einige Aktien herausfallen und neue hinzukommen. Die Fluktuation ist hier größer als beim DAX. Der Nemax 50 vereinigt etwa 85 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung des Neuen Marktes und rund 80 Prozent des Gesamtumsatzes. Seit Mai 2000 gibt es auch zehn Branchenindizes, um dem Anleger direkte Vergleiche der Wettbewerber zu ermöglichen.

Wall Street – Wo die Krisen Geschichte schreiben

Am 17. Mai 1792 wurde die heute bedeutendste Börse der Welt gegründet: Die New York Stock Exchange. Allerdings war die Veranstaltung weitaus weniger bombastisch, als man sie heute veranstalten würde. Vierundzwanzig Kaufleute trafen sich im Freien, denn es war ein heißer Frühlingstag. Sie beschlossen, sich gegenseitig beim Handel mit Aktien und Anleihen den Vorzug zu geben und ihren Kunden für den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren mindestens ein Viertel Prozent Provision zu berechnen. Das war alles. Die Gründungsurkunde der New York Stock Exchange bestand nur aus zwei Absätzen.

Insgesamt hatte dieses Geschäft mit Aktien in den folgenden Jahren ohnehin nur marginale Bedeutung für die Kaufleute. 1798 wurden sechs verschiedene Aktien an der New Yorker Börse gehandelt, und selbst bis zum Jahr 1803 hatte sich die Zahl lediglich verdoppelt. Zu jener Zeit waren London und Paris die Finanzzentren der Welt. Anfangs fand der Handel mit Aktien auch keineswegs an einem zentralen Ort statt, sondern die Kaufleute führten Aktien wie andere Waren auch in ihrem Laden.

Es dauerte noch bis zum Jahre 1869, bis die New Yorker Börse sich so konstituiert hatte, wie wir sie heute kennen. Das war auch das Jahr des ersten Schwarzen Freitags, der allen folgenden Crashs den Namen verlieh, auch wenn sie nicht an einem Freitag stattfanden.

Der Schwarze Freitag, der allen im Bewusstsein ist, fand genau genommen am Montag und Dienstag, den 28. und 29. Oktober 1929 statt. Als Datum für den großen Crash wird oft der 25. Oktober genannt, obwohl an diesem Tag tatsächlich eine leichte Kurserholung stattfand und der eigentliche Absturz erst an den beiden nächsten Handelstagen folgte. Der Crash löste eine tief greifende Bankenkrise und die bisher schwerste Krise der Weltwirtschaft aus. Spekulanten, die ihre Aktien auf Kredit gekauft hatten, hatten plötzlich ihr gesamtes Vermögen verloren, das den Banken als Sicherheit für diese Kredite dienen sollte.

An der New Yorker Börse ging es eigentlich bis zum Jahr 1933 fast ohne Unterbrechung bergab. Wegen der Krise in Amerika zogen die US- Banken ihre Gelder aus Europa ab, was am 11. Mai 1931 dazu führte, dass die Creditanstalt in Wien schließen musste. Das wiederum wirkte sich dann auch auf deutsche Banken aus.

In Deutschland gab es dann am 10. Juli 1931 einen Schwarzen Freitag. Einen Tag später erklärte die englische Notenbank, dass sie den Goldstandard nicht mehr aufrechterhalten könne. Goldstandard bedeutet die Verpflichtung, Bargeld jederzeit in Gold einzutauschen. Auch zahlreiche andere Notenbanken konnten dieser Verpflichtung nicht mehr nachkommen. Im April 1933 mussten alle amerikanischen Banken vorübergehend schließen, da sie dem Ansturm der Gläubiger nicht mehr gewachsen waren. Aus der Bankenkrise wurde die große Weltwirtschaftskrise. Überall gingen Nachfrage und Produktion stark zurück, die Arbeitslosenzahlen schossen in die Höhe. Der Außenhandel zwischen den Staaten kam förmlich zum Erliegen. An der Wall Street gab es noch einen Schwarzen Freitag am Montag, dem 19. Oktober 1987. Wieder wurden die internationalen Börsen mitgerissen. Der Kurssturz konnte aber gestoppt werden. Auch wenn die Erholung ein paar Jahre dauerte, kam es zu keiner Wirtschaftskrise.

Einen kleineren Crash lösten im November 1997 die Turbulenzen an den asiatischen Finanzmärkten aus. Starke Kursrückgänge an der Hong- konger und Tokioter Börse hatten auch die anderen internationalen Börsen in Mitleidenschaft gezogen. In Deutschland verlief der Crash aber relativ glimpflich.

George Soros — der Undurchschaubare

George Soros wurde 1930 als Dzjehdzhe Shorash in der ungarischen Hauptstadt Budapest geboren. Nach seiner Flucht vor den Kommunisten studierte der Ungar in London Karl Poppers. Als Broker und Analyst verschiedener Effektenhäuser wurde er 1956 in den USA sesshaft.

1967 sorgte er dafür, dass bei seinem Arbeitgeber Arnhold & Bleichroeder unter seiner Leitung der konventionelle Eagle Fund aufgelegt wurde. 1969 folgte dann außerhalb der USA der Hedge-Fonds Double Eagle. Mit seinem Partner Jim Rogers, einem brillanten Analysten, machte sich Soros 1973 mit dem Soros Fund Management selbstständig. Er übernahm im Team die Rolle des Traders.

Mit seinen hoch riskanten Hedge-Funds spekulierte er auf kurzfristige Entwicklungen. Die Kernstrategie ist das Shortselling: Er verkauft Aktien, die er nicht besitzt, auf Termin, in der Hoffnung, sie am Stichtag billiger als zu seinem Verkaufskurs erwerben zu können. Heute verwaltet die Soros Fund Management sechs zusammen 70 Milliarden schwere Off-shore-Hedge-Funds. Das Fachmagazin Institutional Investor feierte Soros 1981 als besten Anleger der Welt.

Anfang der achtziger Jahre hatte er 25 Millionen Dollar. Das reichte ihm eigentlich. Und als sein Quantum-Fonds 100 Millionen Dollar schwer war, beschloss er, dass er genug Geld habe. Kurz vor der Jahrtausendwende soll Soros 5 Milliarden US-Dollar besessen haben. George Soros ist Argentiniens größter Grundbesitzer (etwa 400 000 Hektar) und Viehzüchter (160 000 Stück), er besitzt die größten Einkaufszentren in Buenos Aires, Hotels und Firmenbeteiligungen. In Mexiko investierte er 1,3 Milliarden US-Dollar in den Bau eines Büro-, Hotel- und Apartmentkomplexes.

Soros ist aber nicht Großinvestor und Fondsmanager, er ist auch Philanthrop und Philosoph. Er unterbreitete Margaret Thatcher und George Bush Vorschläge zur Gestaltung der weltwirtschaftlichen Finanzbeziehungen und sprach vor dem US-amerikanischen Kongress. Das kapitalistische Weltsystem ist von Finanzkrisen erschüttert und buchstäblich am auseinanderbrechen … ich bin fest überzeugt, dass wir grundlegende Veränderungen brauchen.

Bei dem Hearing über die internationale Wirtschaftskrise vor dem Ausschuss für Banken des amerikanischen Kongresses forderte der gefürchtete Investor und Spekulant Eingriffe in den Kapitalmarkt, warnte vor einem Zusammenbruch des globalen Finanzsystems und – als dessen Folge – vor dem des internationalen freien Handels, wenn man weiterhin der kapitalistischen Ideologie des freien Marktes folgt. Soros verdiente durch die Abwertung des britischen Pfunds im Europäischen Währungssystem 1992 eine Milliarde Dollar. Soros warnte: Wenn Leute wie ich ein Währungsregime stürzen können, stimmt etwas mit dem System nicht. Da ich mit Derivaten und anderen künstlichen Produkten eine erhebliche Hebelwirkung entfalten kann, könnte es passieren, dass ganz automatisch eine Kettenreaktion in Gang kommt und der Markt zusammenbricht.

Über verschiedene Stiftungsnetzwerke und -Organisationen versucht er, fast die halbe Erdkugel zu einer neuen Marktwirtschaft zu reformieren. Es scheint, als wolle der mächtige Soros mit seinem pragmatisch-philan- trophischen Engagement seine eigene Gesellschaftsordnung gründen. Im ukrainischen Czernowitz lehren englische, deutsche und österreichische Professoren die Mechanismen der offenen Gesellschaft. Der Börsenmanager stellte 1992 dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen 50 Millionen Dollar für die Einwohner von Sarajewo zur Verfügung. 1996 war er der großzügigste amerikanische Spender, als er 360 Millionen US-Dollar für legale Einwanderer spendete.

Während Greenspan sich von Zahlen verzaubern lässt und ihnen immer neue Informationen abgewinnt, die anderen Menschen offensichtlich verborgen bleiben, Buffett der typische Vertreter des amerikanischen Mittelstands ist, der mit einfachen Rezepten, Durchhaltevermögen und Vertrauen in die soliden amerikanischen Grundwerte den Traum vom Reichtum verwirklicht hat, ist Soros der kühle Stratege, der einerseits gnadenlos die Schwächen des kapitalistischen Systems bis an die Grenzen des Möglichen zu seinem Vorteil ausbeutet und andererseits mit seinem Vermögen und seinem Einfluss für die Begrenzung dieser Möglichkeiten kämpft. Auf dem berühmten Weltwirtschaftsforum in Davos saß er zwar auf der Seite der Mächtigen dieser Welt, engagierte sich aber für die Ziele der Demonstranten gegen eine Globalisierung, in der das reiche Zentrum das gesamte System kontrolliert.

Es gibt wohl kaum drei Persönlichkeiten, die so unterschiedlich sind wie Greenspan, Buffett und Soros, und doch sind sie es, die das Universum der Finanzen entscheidend mitbestimmen und nach deren Denken und Handeln sich Hunderttausende anderer Menschen richten. Für die ist die Börsenweisheit the trend is your friend sicher richtig. Es bedarf schon ganz außergewöhnlicher Informationen, um die amerikanische Wirtschaffsentwicklung begründet anders einzuschätzen als Greenspan, es bedarf guter Gründe, gegen die soliden Unternehmen Buffetts zu spekulieren, und es ist sicher nicht falsch, über die Auswüchse eines Systems nachzudenken, das man bis in die Details so gut kennt wie Soros.

Quartalsberichte werden überbewertet an der Börse

Q ist mittlerweile der wichtigste Buchstabe im Börsenalphabet. Nein, das hat nichts mit Quiz zu tun, sondern steht für Quartal. Wenn über die Nachrichten-Bildschirme Q-Zahlen laufen, zucken DAX und Nemax zusammen. Nie waren sie so wichtig wie heute – oder werden dafür gehalten: Quartalsberichte.

Für die US-Börsen sind sie Alltag, für uns noch relativ neu. Strahlend gab der Chef der Deutschen Bank am 1. Februar die Rekordzahlen für 2000 bekannt. Alles im schwarzen Bereich, bis die Kollegen der Agentur Reuters aus dem 2000er-Zahlenwerk das letzte Quartal rauszogen. Und schau an: operativer Verlust beim Branchenführer. Sofort Schlagzeilen und heftige Spekulationen: Wie sieht’s denn beim Wettbewerb aus? An der Börse ein Schlag für den Kurs. Die schöne Schau der tollen Zahlen – alles umsonst. Die PR-Abteilung muss sich vor Wut irgendwohin gebissen haben.

Nächstes Beispiel: Motorola, nach Nokia größter Handyproduzent, schreibt rote Zahlen im ersten Quartal. Riesenaufregung an den Börsen: Geht der Handyboom zu Ende? Dann müssten auch alle Zulieferer Probleme haben! Die Folge: ein herber Kurseinbruch bei den führenden Hightechaktien.

Sicher, das letzte Quartal ist das aktuellste, weist grob den zukünftigen Weg. Und bestätigt die Urteile der Analysten (oder auch nicht).

SAP, ein DAX-Schwergewicht, wird aus den Depots der Fonds rausgekickt, um einen Tag später wieder eingekauft zu werden. Das kapieren viele Kleinanleger nicht, die mit der Devise Aktie ist Langfristanlage zum Kauf verführt wurden. Sie werden täglich durch solche Q-Dramen geschockt – und verlieren womöglich das Vertrauen in das Börsengeschehen. Eigentlich wollten wir die amerikanische Aktienhysterie beim Aufbau unserer Aktienkultur vermeiden. Und nun? Wie ein hypnotisiertes Karnickel starrt die Börse auf Q-Zahlen, Analysten heben und senken die Daumen – über Dreimonatszahlen, die die Unternehmen oft mühsam aufgemöbelt haben, damit ihnen die Börsen wohlgesinnt sind. Die Kurzschlussreaktionen der Börsen – sie haben viel mit dieser Q-urzsichtigkeit zu tun. Nur ein Unternehmen wollte partout nicht am Q-Zirkus teilnehmen. Nein, sagte Porsche, Quartalsberichte machen wir nicht!

Daytrading: Bungeespringen für Börsianer
Der Extremsport der Börsianer heißt Daytrading. Das ist eine Form des Wertpapierhandels, bei der in der Regel innerhalb eines Tages sämtliche Positionen eingehen und wieder aufgelöst werden. Man hört am Tagesende auf, egal ob man im Plus oder im Minus liegt. Ziel ist es, kleinste Kursveränderungen zu nutzen. Und da die Schwankungen bei Aktien in der Regel geringer sind, handeln Daytrader zumeist mit Futures und Optionen. Über elektronische Ordersysteme hat der Daytrader Zugriff auf alle aktuellen Informationen ohne Zeitverlust. Denn bei diesem Geschäft spielen Sekundenbruchteile eine Rolle, Zeitverzögerungen kann man sich nicht leisten.

Wer eine entsprechende technische Ausrüstung hat, kann direkt vom heimischen Computer aus daytraden. Die meisten gehen aber in so genannte Daytrading-Center, die die technische Ausstattung zur Verfügung stellen. Dort kann man sich für ein paar Stunden, einen Tag oder einen ganzen Monat einen Handelsplatz mieten. Die Monatsmiete dafür beträgt etwa 750 bis 1 000 Euro im Monat, hinzu kommen die Gebühren für jede einzelne Transaktion.

Daytrader gucken nur gespannt auf die Charts und handeln sehr schnell, ohne viel Hintergrundwissen anzusammeln. Daytrading muss man lernen. Die meisten Daytrading-Center bieten Schulungen und Probe-Daytrading an. Dann kann man virtuell mit fiktiven Wertpapieren üben, bevor man richtig loslegt. Inzwischen gibt es auch einige spezielle Seminaranbieter, die sehr gut verdienen. In Deutschland zahlt man für ein Grundprogramm etwa 3 500 bis 4 000 Euro, hinzu kommen eventuelle betreute Trainingstage mit je 500 Euro. In den USA kostet eine Ausbildung zum Daytrader bis zu 35 000 Dollar. Mittlerweile gibt es in Deutschland drei Direktbanken, bei denen das Daytrading in vollem Umfang online, also von zu Hause über den PC möglich ist: Consors, ComDirectbank und Direktanlagebank.

In den USA gibt es bereits mehr als 50 000 klassische Daytrader, in Deutschland werden sie auf etwa 5 000 geschätzt. Daytrading ist ein hoch spekulatives Geschäft, man kann innerhalb eines Tages sehr schnell und sehr viel Geld verdienen, aber ebenso schnell auch verlieren. Wer mindestens 25 000 Euro als Spielgeld zur Verfügung hat, der kann Daytrading als Hobby anfangen. Wer aber davon leben will, braucht mindestens 50 000, besser sind 250 000 Euro. Wie hoch ist das Risiko? 15 bis 30 Prozent aller Daytrader verdienen Geld, der Rest verzockt es. Also lautet der Rat: Finger weg vom Daytrading.

Zusammenfassung
GEM-Projekts Global Equity Market. Zwischen zehn Börsen der Welt (von New York über Tokio und Hongkong, Australien, Mexiko bis zum europäischen Euronext) soll ein Netz installiert werden. Dann wird der Anleger in Paris (Euronext) mitten in der Nacht in den USA, Australien oder in Frankreich notierte Aktien zu ein und denselben Konditionen kaufen oder verkaufen können. Gut, da gibt’s noch Hürden wie unterschiedliche Regeln und Bilanzierungsvorschriften. Und bisher ist außer der Ankündigung im Sommer 2000 noch nichts passiert. Aber die 24- Stunden-Börse wird kommen, eine einzige Weltbörse also. Fein für die Anleger: hier das kleine Spezialitätenprogramm der Regionalbörsen, da die Aktien der großen weiten Welt. Und jeder predigt, die größere Kundennähe mit noch attraktiveren Konditionen auf seiner Seite zu haben. Die Börsen im Umbruch: Das ist spannend, aufregend und hat (endlich) enorme Vorteile für den Privatanleger. Er wird der eigentliche Nutznießer sein.