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Alte und neue Finanzprodukte – Chancen und Risiken

Der Markt für Finanzprodukte ist riesig geworden. Das überrollt einen. Da kommt man nicht mehr mit. Es ist unglaublich, was es an Produkten mittlerweile gibt, und alle haben diese unverständlichen Fachbezeichnungen. Aber die Banker sagen: Das wird verlangt, es werden zur Feinsteuerung des Vermögens Produkte, auch Nischenprodukte, benötigt, und zwar in einer Differenzierung, die wir in Deutschland noch nie gehabt haben, die sogar teilweise die amerikanischen Verhältnisse übertrifft.

Möglichst für jede Nische wird ein spezielles Angebot gewünscht, zur Risikoabdeckung oder zur Risikominimierung. Ich beschränke das eine Risiko, indem ich ein anderes aufbaue. So etwas verlangen natürlich vor allem vermögende Kunden, nicht die klassischen Kleinanleger. Von neuen Finanzprodukten haben die meisten Leute ja nur eine sehr unpräzise Vorstellung. Sie haben was gehört oder bekommen was erzählt und glauben schon Bescheid zu wissen. Außerdem frisst Gier den Verstand. Mit tollen Gewinnen kann man fast jeden locken. Es kommt immer wieder vor, dass Leute irgendwelchen Figuren auf dem grauen Kapitalmarkt bares Geld in die Hand drücken: Danke für Ihren Anruf wegen der Warentermine. Ich wüsste nie, wie ich an die Sachen rankomme. Machen Sie doch mal was für mich in Schweinebäuchen und Soja. Hier haben Sie 150 000 Euro. Man ist froh, dass man eine verschwiegene und rentable Anlage für sein Schwarzgeld gefunden hat. Anschließend ist das Geld weg und man traut sich nicht, zur Polizei zu gehen, weil man dann erklären müsste, woher das Geld stammt. – Die Dummen sterben eben nicht aus. Damit Sie nicht auf diese Finanzhaie reinfallen, möchte ich Ihnen einige wichtige Finanzprodukte erklären.

Indexzertifikate: Papiere im Trend
Indexzertifikate sind zurzeit ganz groß im Kommen. Sie gehören bereits zu den Standardprodukten vieler Banken. Wie der Name schon sagt, beziehen sich diese Papiere auf einen Index, wie den DAX, Nemax oder auch andere. Der Anleger kauft aber keine Aktien und auch keinen Anteil an einem Aktienfonds, sondern eine Art Schuldverschreibung der Bank, deren Wertentwicklung von der Entwicklung des Marktes abhängig ist, auf den sich das Papier bezieht. Man kann täglich verfolgen, ob man etwas gewonnen oder verloren hat.

Nur mit Aktien allein könnte man den DAX nicht so genau nachbauen. Durch die unterschiedliche Gewichtung einzelner Unternehmen innerhalb des DAX müsste man im Zweifelsfall auch Bruchteile von Aktien kaufen, was nicht möglich ist. Der Vorteil von Indexzertifikaten besteht für den Investor auch darin, durch die breite Streuung des jeweiligen Index auch mögliche Schwächen einzelner Werte ausgleichen zu können. Indexzertifikate werden schon für 50 Euro pro Stück angeboten und können auch einzeln gekauft werden. Der Anleger sollte sich aber genau die Gebühren seiner Bank anschauen, damit sie in einem vernünftigen Verhältnis zu seiner Anlage stehen. Mit monatlichen Sparraten kann man kontinuierlich in Indexzertifikate investieren, was auch für Börsenneulinge eine praktikable Anlageform darstellt.

Besonders seit der Halbierung des Sparerfreibetrags ist das Interesse an Indexzertifikaten weiter gewachsen, berichtet die Bankgesellschaft Berlin AG. Das Institut bietet zurzeit 26 verschiedene Indexzertifikate, womit es zu den führenden Anbietern in diesem Bereich zählt. Nicht alle Banken geben eigene Indexzertifikate heraus, sie können aber bei jeder Bank gekauft werden. Die Zertifikate werden an der Börse gehandelt und lassen sich wie Aktien jederzeit verkaufen. Gegenüber Aktienfonds haben Indexzertifikate einen deutlichen Vorteil: Sie sind wesentlich billiger. Ausgabeaufschläge entfallen ebenso wie die Kosten des Fondmanagements (nicht nur erfolgreiche Fondmanager beziehen ein üppiges Gehalt!). Für Kauf und Verkauf verlangen die Banken Spesen zwischen 0,2 und 0,5 Prozent und damit bis zu 6 Prozent weniger, als bei Fonds anfallen. Bis vor kurzem hatten die Indexpapiere einen Nachteil: ihre begrenzte Laufzeit. Wenn diese endete und das Geld erneut in ein Zertifikat investiert werden sollte, fielen auch erneut Erwerbskosten an. Inzwischen gibt es jedoch auch Zertifikate ohne feste Laufzeit, Endlos- oder Open-End-Zertifikate genannt. Die ABN Amro Bank war die erste, die solche unbefristeten Zertifikate anbot. Inzwischen werden sie auch von anderen Banken herausgegeben, so von der Bankgesellschaft Berlin, der Commerzbank und UBS Warburg. Wie bei Aktien oder Fonds sind bei Indexzertifikaten die Kursgewinne steuerfrei, wenn man die Spekulationsfrist von einem Jahr einhält. Während bei Aktien und Fonds die Erträge aus ausgeschütteten Dividenden jedoch versteuert werden müssen, sind diese Gewinne bei Zertifikaten ebenfalls steuerfrei.

Anleihen — die Berechenbaren
Wer Aktien hält, ist im Prinzip Unternehmer, nur dass er nicht an den täglichen Entscheidungen mitwirkt. Die überlässt er seinem Vorstand. Er profitiert von den Erträgen des Unternehmens (Dividende), die aber keinesfalls garantiert sind, und von den Erfolgen (Kursgewinne). Wer eine Anleihe kauft, wird dagegen zum Geldverleiher, also zum Gläubiger. Die Anleihe verbrieft das Recht auf Rückzahlung der Geldforderung zuzüglich einer Verzinsung. Anleihen werden von Kreditinstituten, der öffentlichen Hand und von Unternehmen begeben. Sie dienen der langfristigen Kreditfinanzierung. Anleihen werden auch als Renten, fest verzinsliche Wertpapiere, Bonds, Schuldverschreibungen oder Obligationen bezeichnet. Sie haben einen Nennwert, der die Höhe der Geldforderung angibt und die Grundlage der Verzinsung bildet. Außerdem ist die Laufzeit von vornherein festgelegt, der Schuldner nimmt nach deren Ende die Anleihe zum Nennwert zurück. Anleihen werden aber an der Börse gehandelt, und man kann sie vor dem Ende der Laufzeit über die Börse verkaufen.

Anleihen können zu pari, das heißt zum Nennwert, unter pari, das heißt unter dem Nennwert, oder über pari begeben werden. Der Ausgabekurs liegt umso näher am Nennwert, je mehr der Anleihezins dem aktuellen Marktzins entspricht. Der Kurs einer Anleihe ergibt sich aus Angebot und Nachfrage am Markt, er kann über oder unter dem Nennwert liegen. Somit hat der Inhaber die Chance, neben der Verzinsung auch noch Kursgewinne zu erzielen.

Entscheidend für die Geldanlage in einer Anleihe ist also nicht nur die vorher vereinbarte Verzinsung auf den Nominalbetrag, sondern die so genannte effektive Verzinsung. Sie errechnet sich aus der Restlaufzeit, dem Kaufkurs und dem Rückzahlungskurs. Hauptunterscheidungsmerkmal bei verschiedenen Anleihen ist ihre Verzinsung. Bei Nullkupon-Anleihen beispielsweise erhält der Anleger keine Zinsen, dafür werden sie deutlich unter ihrem Nennwert ausgegeben und, wenn sie fällig sind, zum Nennwert zurückgenommen. Der Gewinn des Anlegers ergibt sich aus der Differenz zwischen Ausgabekurs und Nennwert und fällt also erst am Ende der Laufzeit an. Bei anderen Anleihen ist von vornherein eine feste Verzinsung in bestimmter Höhe vereinbart. Sie werden Anleihen mit festem Zinskupon genannt, weil die gleich bleibenden Zinsen als so genannte Zinskupons der Anleihe beigelegt werden. Als dritte Anleiheart gibt es die so genannten Floater mit variablen Zinsen, wobei Ober- und Untergrenzen angegeben werden können oder eine Anlehnung an andere Zinssätze vorgenommen wird.

Anleihen sind eine vergleichsweise risikoarme Geldanlage. Der Inhaber kann sein Forderungsrecht auf Rückzahlung auch im Falle eines Konkurses des Schuldners geltend machen. Das Risiko eines Totalverlusts ist bei Schuldnern mit guter Bonität gering. Das trifft aber nicht auf alle Schuldner zu. Es gibt spezielle Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Rating-Agenturen, die im Auftrag der Institutionen oder Unternehmen, die am Anleihemarkt Anleihen auflegen wollen, deren Bonität prüfen. Sie untersuchen, ob diese in der Lage sind, ihren Zahlungsverpflichtungen vereinbarungsgemäß nachzukommen oder ob in dieser Hinsicht ein Risiko besteht, und klassifizieren die Anleihen entsprechend. Die bekanntesten Rating-Agenturen sind Moody’s und Standard & Poor’s.

Die höchste Stufe der Bonität wird bei Moody’s mit Aaa bezeichnet, bei S&P mit AAA,. Mittlere Bonität trägt bei Moody’s die Bezeichnungen Al bis Baa3, bei S&P A+ bis BBB-. Wenn Sie bei Moody’s Caa, Ca, C lesen oder bei S&P CCC+, CCC, CCC-, D, dann sollten sie die Finger von den Anleihen lassen, denn das sind die Bezeichnungen für geringe Bonität.

Bei den Anleihen gilt die Faustregel: Je höher die Bonität, desto geringer die Rendite, je niedriger die Bonität, desto höher die versprochene Rendite. Sonst würde ja keiner die risikoreichen Papiere kaufen. An der Spitze der hoch spekulativen Anleihen stehen die Junkbonds. Sie werden von Unternehmen ausgegeben, die aufgrund ihrer bereits bestehenden hohen Verschuldung keine weiteren Bankdarlehen aufnehmen können beziehungsweise denen auch keine Emission von normalen Anleihen mehr möglich ist. Nicht umsonst heißen Junkbonds übersetzt Ramsch-, Schrottoder Abfallanleihem. Wer die kauft, geht ein Totalrisiko ein. Vorsicht ist immer angesagt, wenn Ihnen jemand als Geheimtipp Anleihen mit Superzinsen anbietet. Wenn man sich auf Schuldner mit guter Bonität beschränkt, das sind natürlich vor allem die öffentliche Hand, Banken und solide Unternehmen, dann eignen sich Anleihen gut für weniger risikofreudige Anleger. Sie lassen sich ziemlich exakt auf die eigenen Wünsche zuschneiden und besser kalkulieren als zum Beispiel Aktien. Denn man weiß im Voraus, wann man sein Geld zurückbekommt und welche Zinsen anfallen. Anleihen bringen in der Regel eine höhere Rendite als Spareinlagen, Sparverträge, Festgeld, Sparbriefe, aber kurzfristig in den meisten Fällen eine geringere als Aktien.