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Finanzprodukte an der Börse im Überblick

Bisher war im Zusammenhang mit Privatanlegern hauptsächlich von Investitionen in Aktien die Rede. Die Aktie hat so was Althergebrachtes, Solides; sie flößt selbst dem Börsenneuling ein Gefühl von Sicherheit ein. Wem das auf die Dauer zu langweilig wird, für den gibt es noch eine Reihe weiterer Finanzprodukte, von denen manche sicher ausreichend Nervenkitzel bieten. Das muss jedoch nicht sein. Hat man sich erst einmal mit den verschiedenen Möglichkeiten der Geldanlage an der Börse vertraut gemacht, so erkennt man bald, dass hier nicht nur Zocker und Spielsüchtige um das ganz große Ding pokern. Wer Optionsscheine und Derivate lieber in das Reich der Kristallkugeln und Handlinien verbannt sehen möchte, sollte sich doch wenigstens mal ein paar Gedanken über Anleihen oder Fonds machen.

Die Stückaktie: nennwert-, aber nicht wertlos
Für einen Kleinanleger kann es zum Beispiel zur Risikostreuung durchaus wichtig sein, dass er jede Aktie einzeln kaufen kann, um sich so zumindest ein kleines Portfolio aus verschiedenen Werten anzulegen. Das ist dank der Regionalbörsen als Vörreiter inzwischen möglich. Ein Stück zu kaufen, das war früher nicht drin, da mussten es gleich 50 sein, und das ging für manchen allzu sehr ins Geld. Die Ursache für diese Mengenregelung lag im Verwaltungs- und Kontrollaufwand, der durch immer modernere elektronische Handelssysteme so weit verbilligt werden konnte, dass jetzt auch Minitransaktionen kostengünstig auszuführen sind.

Und noch etwas hat sich, für viele Aktionäre unbemerkt, geändert. Heute haben viele Aktien keinen Nennwert mehr. Früher gab es eine 50- Euro-Aktie, eine 5-Euro-Aktie – das ist alles vorbei. Heute kaufen Sie eine Aktie für 20 Euro, und die kostet eben 20 Euro an der Börse, aber es steht kein Nennwert darauf, der Ihnen genau sagt: Mit diesem Wert bist du am Unternehmen beteiligt, und was darüber hinausgeht, ist Kursgewinn. Dennoch erwerben Sie mit dem Kauf einer Aktie nach wie vor eine Unternehmensbeteiligung, und diese richtet sich immer noch nach dem Grundkapital des Unternehmens.

Bis 1998 war es eine zwingende Vorschrift, dass an den deutschen Börsen gehandelte Aktien einen Nennwert haben mussten, der auch auf der Urkunde aufgedruckt war. Eine Aktie im Nennwert von 50 Euro zum Beispiel verbriefte dem Aktionär eine Beteiligung in genau dieser Höhe am Grundkapital der Gesellschaft. Der Kurswert liegt natürlich in der Regel deutlich höher als der Nennwert. Bis zum Jahre 1994 betrug der Mindestnennwert einer deutschen Aktie 50 Euro oder einen höheren Wert, der sich durch 50 teilen lässt, sodass die Aktien vergleichbar blieben. Dann wurde der Mindestbetrag auf 5 Euro herabgesetzt. Seit 1998 ist der Nennwert der Aktien auf einen Euro oder ein Vielfaches davon reduziert, und es wurden erstmals auch in Deutschland nennwertlose Aktien erlaubt.

Der Wert der nennwertlosen Aktie bezieht sich nicht auf einen festen Betrag, sondern auf einen bestimmten Anteil am Grundkapital des Unternehmens. Es existieren zwei Formen: die unechten nennwertlosen Aktien ‚ oder Quotenaktien und die echten nennwertlosen Aktien. Auf echten nennwertlosen steht nur Stück“ auf der Urkunde, deshalb werden sie auch Stückaktien genannt. Es wird weder ein absoluter noch ein prozentualer Anteil am Grundkapital des Unternehmens auf der Aktie angegeben. Die Höhe des Grundkapitals ist variabel und hängt davon ab, wie viel Kapital die Aktionäre eingezahlt haben. In diesem Fall errechnet sich der Anteil, den die einzelne Aktie verbrieft, wie folgt: Man teilt das vorhandene Grundkapital von dem Tag, als die Aktie ausgegeben wurde, durch die Anzahl der ausgegebenen Aktien.

Auf unechten nennwertlosen Aktien steht ebenfalls Stück, zusätzlich wird aber ein fester Quotient angegeben, der den prozentualen Anteil am Grundkapital bezeichnet. Solche Wertpapiere werden deshalb auch Quotenaktien genannt. Bei dieser Form der nennwertlosen Aktie ist die Höhe des Grundkapitals festgelegt. Der Anteil, den die Aktie verbrieft, ergibt sich durch Multiplikation des angegebenen Quotienten mit dem Grundkapital der Aktiengesellschaft.

In Deutschland und anderen europäischen Ländern wurde die bis dahin verbotene nennwertlose Aktie eingeführt, weil vor Beginn der europäischen Währungsunion und vor der Umstellung der Währungen auf den Euro die Aktien im Euroland vergleichbar gemacht werden sollten. Hätte man jeweils die Nennwerte nur in Euro umgerechnet, wären überall krumme Beträge entstanden – nicht nur unpraktisch, sondern auch verboten. Aus einer 50-Euro-Aktie wäre dann eine 25,5646-Euro-Aktie geworden. Viele Aktiengesellschaften haben inzwischen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Stückaktien zu begeben. Und man geht davon aus, dass diese die alten Nennwertaktien früher oder später ganz ablösen werden.

Aktionäre, nutzt eure Rechte!
Ob Nennwert- oder nennwertlose Aktien – für den Aktionär ändert sich eigentlich nichts, denn nach wie vor richtet sich die Zahlung der Dividende nach dem Anteil am Grundkapital, das die Aktie verbrieft, egal, ob dieses nun variabel ist oder fest. Der Aktionär behält die gleichen Rechte, die er vorher auch schon hatte.

Diese sind im Einzelnen:

  • Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung,
  • Auskunfts- und Stimmrecht,
  • Dividendenrecht,
  • Bezugsrecht sowie
  • Recht auf Anteil am Liquidationserlös.

Die in der Regel einmal jährlich stattfindende Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft beschließt über die Verwendung des Bilanzgewinns, also auch darüber, ob und in welcher Höhe eine Dividende gezahlt wird, über die Entlastung des Vorstands und über eventuelle Kapitalerhöhungen beziehungsweise eine Kapitalherabsetzung. Hier hat der Aktionär das Recht auf Auskünfte über die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens. Er darf sich auch an den Abstimmungen zu den Beschlüssen der Hauptversammlung beteiligen, persönlich oder über eine Vollmacht, die er einer anderen Person oder einer Aktionärsvereinigung oder seiner Bank gibt. Macht es euch aber nicht zu bequem, indem ihr anderen das Sagen überlasst! Vergesst, dass ihr auf Hauptversammlungen mehr mit belegten Brötchen als Realdividende statt mit handfesten Daten aus euren Unternehmen zufrieden gestellt wurdet. Alles Vergangenheit. Das Würstchen Aktionär ist heute wer, wie es auch Rolf-E. Breuer vom Primus Deutsche Bank gemerkt hat: Der private Kunde bestimmt das Geschehen. Donnerwetter, was für eine Wende! Aber nun macht auch was draus.

Eine Ausnahmestellung nehmen auf Hauptversammlungen Inhaber von Vorzugsaktien ein. Vorzugsaktien haben in der Regel kein Stimmrecht. Als Ausgleich erhält der Vorzugsaktionär meist Anspruch auf eine höhere Dividende als die der Stammaktien, und er wird bei einer eventuellen Liquidation seines Unternehmens bevorzugt, was in einer solchen Situation sicher nur ein kleiner Trost sein kann. Die Dividende wird normalerweise einmal jährlich nach der Hauptversammlung an alle Aktionäre ausgezahlt, das heißt, wenn genügend Gewinn erwirtschaftet worden ist. Denn sie wird aus dem Bilanzgewinn ausgeschüttet. Und wenn kein oder ein zu kleiner Gewinn erzielt wurde, gibt es auch keine Dividende für die Aktionäre.

Bei einer Kapitalerhöhung wird das Grundkapital einer Aktiengesellschaft durch die Ausgabe neuer Aktien erhöht. Die Aktionäre erhalten entsprechend der Anzahl ihrer alten Aktien ein Bezugsrecht für neue Aktien. Das Bezugsverhältnis wird vorher festgelegt. Bei einem Bezugsverhältnis von beispielsweise 2:1 kann der Aktionär für jeweils zwei alte Aktien eine neue beziehen. Wenn er dazu keine Lust hat, kann er auch seine Bezugsrechte an der Börse verkaufen. Natürlich kann er sich auch weitere Bezugsrechte dazukaufen.

Die Rechte der Aktionäre bestehen so lange, wie es die Aktiengesellschaft gibt. Im Falle ihrer Auflösung kann der Aktieninhaber dann immer noch sein Recht auf Anteil am Liquidationserlös wahrnehmen. Immer mehr Unternehmerfamilien, die sich vor einigen Jahren zum Börsengang entschlossen, haben jetzt die Nase voll von den vielen Berichten, die sie abgeben müssen, von den Analysten, denen sie Rede und Antwort stehen sollen, und von dem Kampf um den Börsenkurs, genannt Kurspflege. Sie wollen sich wieder um ihr Unternehmen kümmern und machen deshalb ein Going private. Dazu gehört im Zweifelsfall auch die Liquidierung der AG. Also kein Thema, das man links liegen lassen sollte.