Wir haben leider die Erfahrung gemacht, dass nur wenige Beurteilungen richtig durchgeführt werden. Häufig sind sie nicht nur schlecht geschrieben, es mangelt auch an Einsicht und Beispielen. Dem Kernpunkt der Beurteilung, dem Gespräch, wird kaum die Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt, die es verdient. Darum erzielen die meisten Beurteilungen auch nicht den vom Manager oder Gruppenleiter erwünschten Effekt. Ein Beurteilungsvorgang kann für beide Seiten mit einer Atmosphäre der Angst behaftet sein. Die Manager fühlen sich oft überfordert und die Mitarbeiter bekommen nicht die, für die Verbesserung ihrer Leistung, notwendige Rückmeldung. Darüber hinaus kommt dann noch dazu, dass mit der Beurteilung nicht selten eine unterschwellige Spannung einhergeht, nicht zuletzt dadurch verursacht, dass viele Unternehmen Gehaltserhöhungen direkt an die Beurteilung koppeln. Beurteilungen, die sich allein auf die Bezahlung konzentrieren und nicht auf die erbrachte Leistung, sind nichts Ungewöhnliches.
Warum also misslingen so viele Beurteilungen?
Bleiben Sie am Ball
Um es noch einmal zu wiederholen; Der Beurteilungsvorgang ist mehr als das einmal jährliche Ausfüllen eines dreiseitigen Fragebogens und das anschließende, fünfzehnminütige Gespräch mit den Mitarbeitern. Der Beurteilungsvorgang beginnt an dem Tag, an dem der Mitarbeiter seine Arbeit erstmals aufnimmt und setzt sich tagtäglich fort, bis der Mitarbeiter entweder befördert, versetzt, gekündigt oder sich aus eigener Initiative Ihrem Verantwortungsbereich entzogen hat. Der gesamte Prozess besteht aus dem gemeinsamen (Führungskräfte und Personal) Abstecken von Zielen, einer Leistungskontrolle, der Begleitung, Unterstützung, Beratung und einem ständigen Feedback der erbrachten Leistung, sowohl der positiven als auch der negativen. Sind Sie bereits in der Vorbereitung der jährlichen oder halbjährlichen Beurteilung so vorgegangen, werden Sie feststellen, dass eine Beurteilung statt einer Enttäuschung auch ein angenehmen Rückblick auf die in der Vergangenheit erreichten Ziele werden kann. Reihen Sie sich nicht in die Riege der Manager ein. die ihren Angestellten kein durchgängiges Feedback ihrer Leistung geben, sondern es für die alljährliche Beurteilung aufheben.
Trotz bester Absichten und aller erdenklichen Anstrengungen Ihrerseits und von Seiten Ihrer Angestellten kann das schnell in die Hose gehen. Zeitplanungen können überschritten werden. Hindernisse ein Projekt aufhalten und Chaos seine ekelhaften Fangarme um ein Projekt schlingen. Verfolgen Sie die Fortschritte Ihrer Angestellten nicht systematisch, kann es leicht passieren, dass Sie es erst merken, wenn es schon viel zu spät ist. Das Ende der Geschichte ist, dass Sie wütend sind und Ihre Angestellten ein blaues Auge bekommen. Noch schlimmer als gar kein Feedback zu geben, ist das Sammeln aller Fehler eines Mitarbeiters, um sie ihn völlig unerwartet und überfallartig um die Ohren zu schlagen. Diese Methode ist nicht, und das möchten wir nochmals betonen, nicht die richtige Methode, eine Beurteilung durchzuführen. Manager sammeln Wochen, Monate und sogar Jahre alle Fehler eines Mitarbeiters und warten auf die eine, besondere Gelegenheit, um sie ihm vorwerfen zu können. Der Effekt ist verblüffend. Statt die Mitarbeiter auf das erwünschte Verhalten hinzuweisen und sie darin zu bestärken, hinterlassen diese Manager ihre Mitarbeiter wie begossene Pudel, die sich fragen, von was sie nun eigentlich genau getroffen wurden.
Notruf 110: Ich bin Überfällen worden!
Peter wird nie vergessen, wie ihn einer seiner Vorgesetzten an einem sonnigen Morgen in einen Hinterhalt lockte. Eines Tages, ein Tag, der genau wie alle anderen angefangen hatte, fand Peter in seinem Postfach einen Umschlag. Der Umschlag war sorgfältig zugeklebt und zusammengeheftet worden. Das an sich war in diesem Unternehmen nichts Unübliches, alle Personalangelegenheiten wurden in geschlossenen Umschlägen verschickt. Trotzdem wunderte sich Peter über die fünf oder sechs zusätzlichen Klammern, es erschien ihm doch etwas zuviel des Guten. Neugierig riss Peter den Umschlag auf und holte die Papiere hervor. Die zum Vorschein kommende interne Aktennotiz war von erstaunlichem Inhalt. Fein säuberlich aufgelistet standen dort zahllose Beispiele von Fehlern, die Peter unterlaufen waren: Verspätet abgeschlossene Projekte, Fehler, die zu einer Vollbremsung des Unternehmens geführt hatten und andere, ernsthafte Verfehlungen bezüglich der von seinem Chef in ihn gesetzten Erwartungen. Horror pur!
Nachdem sich Peter von seinem ersten Schreck erholt hatte (und beinahe schon einen Notruf loslassen wollte), bemerkte er ein interessantes Muster in der Auflistung. Dieses Muster zeigt deutlich die Mängel dieser Methode:
1. Erstens, 99% der von Peter und seiner Abteilung korrekt erledigten Aufgaben wurden – noch nicht einmal nebenbei – erwähnt.
2. Zweitens, in den Fällen, in denen der betreffende Vorgesetzte mit den Ergebnissen der Projekte unzufrieden war, hate Peters Chefs nie irgendwelche Erwartungen geäußert. Weder vor. noch während oder sogar am Ende eines Projektes. Es war das alte Lied Ich meide mich schon, wenn ich etwas anderes haben will. Bis zu dem Augenblick, da diese Aktennotiz hereingeflattert kam, wusste Peter nicht einmal, dass er die Erwartungen seines Vorgesetzten nicht erfüllt hatte. Und jetzt war es sowieso zu spät. Der Patient war gestorben und es blieb nichts anderes übrig, als ihn zu beerdigen.
3. Drittens, Peters Chef ließ die Bombe platzen und machte einfach weiter, als ob nichts geschehen sei. Es folgte keine .Nachbesprechung, keinerlei Erwartungen wurden geäußert. Nichts. ;Nada! Der Tod war für den nächsten Hinterhalt voller unerfüllter Erwartungen vorgesehen. Machen wir also so weiter: Führung aus dem Hinterhalt.
Statt Peter auf seinem Weg zu begleiten, zu coachen und ihn in seinen Bemühungen zu unterstützen, hortete Peters Chef alle angeblichen Verfehlungen und schüttete sie auf einen Schlag über Peter aus. Das Aufbauen dieses Hinterhalts kostete eindeutig weniger Zeit als der Aufbau eines ordentlichen Systems der Leistungskontrolle, der Auswertung und des Feedbacks oder eines diesbezüglichen Gesprächs. Er erreichte genau das Gegenteil von dem, was er wollte. So blieben nicht nur die Erwartungen von Peters Chef unerfüllt (wie konnte es auch anders sein, da Peter nicht einmal wusste, welche Erwartungen sein Chef überhaupt halte). Peter konnte auch nichts unternehmen, um sie in Zukunft zu erfüllen.
Das Rezept für eine Beurteilung ahne Überraschungen: Vorbereitung
Wenn Sie Ihren Job als Manager ordentlich erledigen, sollte es für Ihre Angestellten keine Überraschungen geben. Nachfolgend der Leitfaden der besten Manager: Bleiben Sie in Kontakt mit Ihren Mitarbeitern und geben Sie ständig Rückmeldungen über ihre Fortschritte. Wenn Sie sich dann zum offiziellen Beurteilungs-gespräch mit Ihren Mitarbeitern hinsetzen, ist das Ergebnis keine Überraschung, sondern vielmehr ein nochmaliges Aufrollen der längst während der Beurteilungsperiode besprochenen Ereignisse und kein Hinterhalt. Solange Sie sich in einem ständigen Dialog mit Ihren Mitarbeitern befinden, haben Sie während des Beurteilungsgesprächs die Gelegenheit, sich auf die positiven Dinge zu konzentrieren, die Sie und Ihre Mitarbeiter gemeinsam zum Erreichen einer optimalen Leistung tun können. Und vor allem: Bereiten Sie sich auf eine Beurteilung Ihrer Mitarbeiter vor!
Genau wie heim Vorstellungsgespräch neigen viele Manager dazu, sich erst im letzten Augenblick. oft erst Minuten vor dem geplanten Beurteilungsgespräch, auf solche Gespräche vorzubereiten. Oh, Oh, Johannes wird in ein paar Minuten hier sein. Wo ist seine Personalakte eigentlich geblieben? Ich weiß, sie muss hier irgendwo sein!? Leistungsbewertung ist eine Aufgabe für das ganze Jahr. Wann immer Sie ein Problem mit einem Mitarbeiter beobachten, sprechen Sie ihn darauf an, machen Sie sich eine Notiz und heften Sie sie zu seiner Akte. Das Gleiche gilt, wenn Ihre Mitarbeiter etwas Gutes machen. Auch hier sollten Sie sich eine Notiz für die Personalakte anlegen. Dann haben Sie in ihren Akten immer genug Material, um eine regelmäßige und ausführliche Leistungsbewertung vornehmen zu können. Dieses Verfahren vereinfacht nicht nur den ganzen Vorgang, es macht ihn auch für die betroffenen Mitarbeiter wesentlich sinnvoller und produktiver.
Was sagt das Internet dazu?
In der folgenden Diskussion, die im Managing People Board auf AOL stattfand, erörtern die Beteiligten die Vor- und Nachteile der verschiedenen Leistungsbeurteilungen.
1. Bizzwriter (Peter Economy): Was halten Sie von dem notwendigen Übel des Managements, der Leistungsbeurteilungen?
2. Fizza (Arthur Manuel): Ich muss ehrlich gestehen, dass die Beurteilungsform, die mich am meisten beeinflusst hat. dass so genannte Managing für Performance- System (MFP) ist. das auf Vorgaben meiner Kollegen basiert. Ein Feedback von Menschen auf dem gleichen Niveau zu erhalten, öffnet – vorsichtig gesagt – zumindest die eigenen Augen. Es vermittelt ein echtes Gefühl von der Art des Managers, der man wirklich ist und wie andere deine Leistung beurteilen. Das größte Problem des Systems ist der hohe Zeitbedarf.
3. Bizzwriter: Beurteilungen von Kollegen können in der Tat sehr wirkungsvoll sein, wie ihr gesehen habt.
4. Abben (James Dierberger): Als ich noch Projektleiter war, fragte ich meinen Vorgesetzten einmal, warum wir die Führungsqualitäten der Manager nicht von ihren Mitarbeitern beurteilen ließen. Er meinte, dass man aus so einer umgekehrten Beurteilung nichts lernen könnte. Im Laufe der Zeit fing ich aber trotzdem an, dieses System mit meinen Mitarbeiter zu praktizieren, etwa drei Jahre bevor es im ganzen Unternehmen zur Pflicht wurde. Ich beurteilte einen Mitarbeiter und er beurteilte mich. Dann setzten wir uns zusammen und verglichen die Beurteilungen. Es war hervorragend. Das ist keine revolutionäre Erneuerung. Alles, was man braucht, ist ein wenig Einfallsreichtum, Kreativität und das Interesse an der bestmöglichen Leitung der Mitarbeiter.
5. Bizzwriter: Danke für deine Bemerkungen, Abben. Es hört sich so an, als ob diese umgekehrten Beurteilungen sich für dich und dein Unternehmen positiv ausgewirkt haben.
6. Mweisburgh (Mitchell Weisburgh): Man muss nur vor ein paar Dingen auf der Hut sein. Manch einer sieht dieses System als Beliebtheitstest. Ein Manager könnte auch Schwierigkeiten aus dem Weg gehen, damit er eine gute Beurteilung von seinen Mitarbeitern bekommt. Dazu kommt noch, dass, egal wie genau man vorher die Maßstäbe definiert und festlegt. jeder letzten Endes doch nach seinen eigenen Maßstäben urteilt. Bei dem einen kann eine 3 eine gute Note bedeuten, während der andere alles unterhalb von 2 als eine schlechte Leistung einstuft. Und dann haben wir noch versucht. Manager von Managern beurteilen zu lassen. Das Resultat brachte eine versteckte Hackordnung zutage. Unterschwellig konnte man die Frage nach den Folgen für die eigene Karriere erkennen. Was bedeutet das für meine Karriere, wenn ich diese Person gut oder schlecht benote?
7. Bizzwriter: Da hast du natürlich Recht. Die Gefahr von internen Hackordnungen und Beliebtheitswettbewerben ist bei diesem System gegeben.