Neben dem so genannten Track Record, also den (Miss-)Erfolgen der Vergangenheit ist das Vorspiel wichtig, das heißt die Erstberatung inklusive einer detaillierten Analyse der persönlichen Situation. Wer bei einer Bank ein Depot eröffnet, muss einen Einstufungsbogen ausfüllen, mit dessen Hilfe die Zuordnung zu einer Risikoklasse erfolgt. Dabei handelt es sich um ein rechtliches Erfordernis und selten um den Wunsch, eine maßgeschneiderte Betreuung zu bieten. Der Kunde darf dann mehr oder weniger riskante Papiere kaufen.
Von einem Vermögensverwalter ist mehr zu erwarten. Nicht nur, weil die Anlagesummen meist recht hoch sind, sondern auch, weil ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden soll (muss). Der Verwalter benötigt einen umfassenden Überblick über die Erfahrungen mit Geldanlagen, das bisherige Depot, die berufliche und private Situation, steuerliche Fragen, gegebenenfalls zu erwartende Erbschaften, vorhandene Versicherungen. Das erscheint übertrieben, verhindert aber, zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Erbschaft, in eine Steuerfalle zu tappen oder den Übergang in den Ruhestand gerade in einer Zeit der Börsenbaisse zu machen und dann ohne das nötige Kleingeld dazustehen. Eine solche Analyse erfordert Fachwissen und vor allem Zeit. Nimmt sich ein Verwalter nur eine Stunde Zeit dafür, sollten Sie an der Qualität zweifeln.
Überlegen Sie einfach mal, wie viel Zeit Sie benötigen, um sich einen Überblick über Ihre Versicherungssituation zu verschaffen. Für viele ist das ein Wochenendprojekt. Also dauert die Analysephase auch ein Weilchen und kann damit Missverständnisse verhindern. Ob es nun zwei, drei oder vier Stunden sind, hängt vom Einzelfall ab. Werden Sie nicht nach vorhandenen Lebensversicherungen, Immobilien und Hypotheken, zu versorgenden Angehörigen, zu erwartenden Erbschaften gefragt, dann sollten Sie sich nicht über das hohe Maß an Diskretion freuen, sondern misstrauisch sein. Scheuen Sie sich nicht, im Vorfeld intime Fragen zu stellen. Der Vermögensverwalter will alles über Sie wissen, also dürfen Sie auch einiges über ihn wissen. Die folgende Checkliste hilft Ihnen dabei.
Was Sie einen Vermögensverwalter fragen sollten:
1 Welche Volumina werden üblicherweise betreut?
Sind die Kunden eher Privatleute, Ruheständler, Unternehmer, Stiftungen? Wenn Sie beispielsweise als Angestellter ein Vermögen für den Ruhestand aufbauen wollen, ansonsten aber eher Unternehmer mit einer ganz anderen Risikosituation betreut werden, dann ist nicht auszuschließen, dass man schon aus Gewohnheit nicht richtig auf Ihre Bedürfnisse eingehen kann. Sie sind dann ein kleiner Fisch und werden nicht angemessen betreut, denn es gibt ja wichtigere Kunden.
Umgekehrt ist es auch nicht anders. Geht der Verwalter normal mit Fondskäufen in vier- bis fünfstelliger Höhe um und Sie wollen nun den Verkaufserlös Ihres Unternehmens anlegen, dann ist Ihnen mit einer 08/15-Fondsanlage kaum geholfen.
2 Hat das Haus eine Philosophie?
Fragen Sie das mal – vielleicht hören Sie so etwas wie Unsere Philosophie ist es, immer das beste Ergebnis für den Kunden zu erreichen. Und dann?
Dann sind Sie auch nicht schlauer, das ist nämlich nicht mehr als Marketinggeschwätz. Auch der Bäcker, die Autowerkstatt oder der Zahnarzt möchten dies. Sie wollen aber wissen, was er anders macht als andere. Sie wollen wissen, wie er zum Risiko steht. Kein professioneller Anleger bzw. Vermögensverwalter kann im Laufe eines Tages von konservativer Value- auf risikofreudige Growth- strategie umsteigen. Und wenn, dann wird beides nicht herausragend sein.
Gute Investoren wie zum Beispiel Fondsmanager machen kontinuierlich das Gleiche, entwickeln ihren Stil und perfektionieren ihn. Wenn Sie ein hohes Risiko eingehen wollen, Ihr Berater aber auf Sicherheit setzt, dann passen Sie nicht zusammen. Fragen Sie einfach nach den Lieblingsobjekten, bestimmten Aktien oder Fonds, das ist schon recht aufschlussreich.
3 Welche Produkte werden eingesetzt?
Diese Frage ist aus mehrerlei Sicht heikel. Wenn Sie unsere Geldanlage-Internetseite ganz gelesen haben, werden Sie schnell erkennen können, inwieweit der Verwalter an Provisionen interessiert ist. Mit Aktien und Anleihen, die lange im Depot liegen, lässt sich nicht so viel Geld verdienen. Bei Fonds sieht es schon besser aus, weil es Bestandsprovisionen gibt. Mal mehr und mal weniger, und wenn sich bestimmte Fondsgesellschaften besonders oft in den Depots finden, könnte das an besonders hohen Provisionen liegen. Noch mehr Spaß machen aber geschlossene Fonds und Versicherungen, denn da hagelt es ganz andere Provisionen. Sie werden auch nur zum Teil ausgewiesen (bei Versicherungen gar nicht), so dass man kaum auf die Idee kommt, darüber zu verhandeln. Wenn Ihnen also Schiffsbeteiligungen, Immobilienfonds, Lebensversicherungen empfohlen werden, sollten die Alarmglocken läuten.
Ein weiterer Problembereich besteht, wenn der Verwalter mit eigenen Produkten am Markt ist. Bei Banken ist dies praktisch immer der Fall. Zunächst muss klar sein, ob auch fremde Produkte ins Depot können. Falls nein, sollten Sie aufstehen und gehen (bzw. Ihren Besucher hinauskomplimentieren).
Sie können dann keine optimale Beratung erwarten. Prinzipiell sollte alles möglich sein.
Lassen Sie sich Musterdepots zeigen, einen unverbindlichen Vorschlag machen. Tauchen dann viele Produkte des Anbieters auf, sollten Sie sich die Entscheidung begründen lassen. Lässt sich nicht erkennen, dass die Produkte gut sind, heißt es auch hier wieder Auf Nimmerwiedersehen. Wenn man von einem Fonds oder einer Aktie spricht, die Ihnen suspekt erscheint, fragen Sie nach. Sie werden dann feststellen, ob Ihr Gegenüber weiß, was es tut, oder ob es nur auf Anweisung handelt. Denken Sie daran, dass erfolgreiche Investoren oft Wertpapiere (billig) kaufen, für die sich gerade niemand interessiert. Sie können es aber immer begründen.
4 Sind Sie als Vermögensverwalter/Finanzberater zugelassen?
Eigentlich muss man die Frage nicht stellen, weil es einen Zulassungszwang für diesen Berufsstand gibt. Sie können eine entsprechende Liste unter Bafin einsehen. Es gibt aber auch schwarze Schafe, die Ihr Geld in dubiosen Projekten verschwinden lassen wollen. Sie geben sich als Vermögensverwalter oder -berater aus, sind aber nur Vermittler für Produkte, die sie selbst nicht durchschauen. Auch arbeiten sie viel am Telefon und besuchen Kunden, anstatt sie in eigenen Räumen zu empfangen.
Einen gewissen Schutz bietet die Prüfung ihrer Zulassung. Kann Ihr Gegenüber sie nicht nachweisen, sollten Sie nicht nur das Gespräch beenden, sondern an eine Anzeige denken.
Problematischer ist die Frage nach der fachlichen Qualifikation. Prinzipiell kann auch ein Quereinsteiger ein guter Berater sein, vielleicht sogar ein besserer. Viele Anleger fühlen sich aber sicherer, wenn eine formale Qualifikation vorliegt. Dies kann eine Ausbildung zum Bankkaufmann sein, ein betriebswirtschaftliches Studium oder eine Fortbildung zum Certified Financial Planner. Danach könnten Sie zum Beispiel fragen.
Durchaus wichtiger, wenn auch schwerer nachzuweisen, sind Kenntnisse aktueller Entwicklungen. Dabei kann es um die Zinssituation in Osteuropa gehen, bevorstehende Wahlen in Brasilien oder die mögliche Übernahme eines Unternehmens. Ihr Berater sollte über wesentliche Ereignisse Bescheid wissen bzw. sollte im Team jemand darauf spezialisiert sein. Zwar kann niemand alles wissen, wenn aber die Verkaufsliste der Zentrale im Vordergrund steht, ist Vorsicht geboten.
5 Wie werden die Anlageentscheidungen getroffen?
Auch diese Frage ist nicht ganz unproblematisch, weil sie sehr dazu verleitet, hochtrabende Konzepte und Modelle herunterzubeten, nur um den Eindruck zu erwecken, der Kunde könne das nie selbst. Dass man technische Analyse auch ganz gut mit einem Lineal und Bleistift machen kann, würde niemand zugeben. Bei der Einzeltitelauswahl wird gerne über bottom-up philosophiert, was eine eingehende Kenntnis der Unternehmen voraussetzt, allerdings arbeiten etliche erfolgreiche Anlagemanager erfolgreich top-down, was letztlich leichter ist.
Außerdem scheuen sich auch immer weniger Profis, statt auf Einzeltitel auf Indexfonds zurückzugreifen. Selbst wenn sie hinter einer intelligenten Einzeltitelauswahl etwas hinterherhinken, haben sie den Vorteil geringerer Kosten und Risiken. Das geht übrigens auch schon recht gut im Rentenbereich. Allerdings passen solche Informationen schlecht in ein erstes Gespräch, in dem man seine Expertise zeigen möchte.
Wichtig ist aber auch zu wissen, ob es eine generelle Linie gibt oder ob das Depot wirklich individuell betreut wird. Schließlich könnte ein Anleger mit einer Aktie gut bedient sein, während sie für einen anderen zu riskant wäre.
Je individueller die Entscheidungen sind, desto wichtiger ist die Person, mit der sie zu tun haben. Wechselt sie, müssen Sie eigentlich wieder von vorne anfangen, Ihre Präferenzen angeben, sich gegenseitig beschnuppern. Wechselt ein Betreuer zu einem Wettbewerber, könnte es sich anbieten mitzuziehen. Während der Betreuer dies gerne sieht, wird sein Arbeitgeber dies verhindern wollen.
Weniger relevant sind solche Überlegungen, wenn das Unternehmen quantitativ arbeitet, das heißt den Computer die Entscheidungen fallen lässt. Die Kontaktperson ist dann weniger wichtig, jedoch die Frage, ob das Computermodell auf die Suche nach billigen Aktien ausgerichtet ist oder auf Trendfolge.
Dies sind die beiden wesentlichen, konkurrierenden Ansätze. Wer gerne in Aufschwungphasen viel Geld verdienen will und auch hohe Risiken eingehen kann, ist mit einem Trendfolgesystem besser bedient. Wer eher gemächlich, aber stabil ein Vermögen aufbauen will, passt besser zu einem wertorientierten System.
6 Wie werden die Gebühren berechnet?
Wenn Sie einen Vermögensverwalter mit einer entsprechenden Beratungsleistung in Anspruch nehmen, dann verlangt dieser eine Betreuungs- oder Verwaltungsgebühr. Sie bemisst sich anhand des Depotvolumens und ist unabhängig davon, was im Depot liegt. Anders ist es etwa bei reinen Vermittlern, die Ihnen vor allem Fondsanteile vermitteln und dafür (große) Teile des Ausgabeaufschlags sowie ggf. Bestandsprovisionen erhalten. Hier gibt es auch die Möglichkeit, dass ein Vermittler Beratungshonorare in Rechnung stellt, allerdings nur dann, wenn die Fonds mehr oder weniger ohne Ausgabeaufschlag vermittelt werden.
Die Verwaltungsgebühr kann aus einem Fixum (häufig ein bis zwei Prozent pro Jahr) oder einer Kombination aus Fixum (zum Beispiel ein halbes Prozent) und einem Anteil von der Wertsteigerung (häufig um zehn Prozent) bestehen. Gerade das letztere Modell hat einen gewissen Reiz, weil man dann, wenn man Geld verdient, auch leichter etwas davon abgeben kann. Zudem hat der Verwalter einen höheren Anreiz, Gewinne zu erzielen. Andererseits muss man aber auch feststellen, dass dieses Modell gerade dann besonders gerne angewandt wird, wenn sich hohe Renditen erzielen lassen. In sinkenden Märkten kehrt man gerne zum reinen Fixum zurück. Wenn Sie sich nun vorstellen, dass man in guten Zeiten durchaus 20 oder 30 Prozent gewinnen kann, dann bedeutet dies zwei bis drei Prozent Provision. Zusätzlich zum Fixum ist man dann bei zweieinhalb bis dreieinhalb Prozent und damit weit über dem reinen Fixum-Modell.
Gerecht sind solche Anreizmodelle nur dann, wenn der Verwalter auch ein Risiko eingeht. Das hieße dann, bei Verlusten etwas selbst einzuzahlen, worauf sich niemand einließe. Sinnvoll wäre es daher, eine Orientierung an einer Vergleichsgröße (Benchmark) zu vereinbaren, die zu schlagen ist. Wie viel sich der Verwalter zutraut, können Sie erkennen, wenn Sie ihm diesen Vorschlag machen.
7 Wie wird die Depotentwicklung dokumentiert?
Für Sie als Anleger ist es wichtig zu wissen, wie es in Ihrem Depot gerade aussieht. Sie sollten kontrollieren können, ob Ihre Vorgaben eingehalten wurden und ob sich der Gesamtwert so entwickelt, wie es der Markt erwarten lässt. Lassen Sie sich einen beispielhaften Depotauszug und alle sonstigen Berichte zeigen und prüfen Sie, ob Sie alles nachvollziehen können. Wichtig ist vor allem, dass Sie eventuelle Verluste frühzeitig erkennen und zum Beispiel entsprechende Weisungen erteilen können. Gerade in den Zeiten des Abschwungs passierte es oft, dass Kunden erst Monate später erfuhren, was sich in ihren Depots abspielte und sie so nicht mehr rechtzeitig eingreifen konnten. Viele vertrauten darauf, ihre Berater hätten alles im Griff, sahen sich aber oft getäuscht. Insofern wäre auch wichtig, wie oft Sie den Depotstand erfahren. Falls Sie beispielsweise ein offensives Depot mit hohem Aktienanteil haben, dann erfordert ein Quartals-Berichtsrhythmus schon ein gehöriges Maß an Vertrauen.