Banken und Sparkassen leben davon, dass sie das Geld ihrer Kunden arbeiten lassen und es als Kredite an andere Kunden weiterreichen – selbstverständlich nur gegen einen angemessenen Zins. Das ist der Preis, den der Kreditnehmer für das Kapital, das ihm zur Verfügung gestellt wird, zahlen muss. Einen kleinen Teil dieses Zinses bekommt der Guthaben-Kunde, wenn er Glück hat und die Bank ihm Zinsen für sein Plus auf dem Girokonto zahlt. Einen Teil der Kreditzinsen erhält natürlich der Kunde, der sein Kapital dem Geldinstitut zur Aufbewahrung und Vermögensvermehrung überlässt. Den nicht unerheblichen Rest nimmt sich die Bank als Ertrag. Der dient natürlich auch der Absicherung von Risiken. Denn man weiß ja nie, so argumentiert jeder Banker gerne, ob man das ausgeliehene Geld je wiedersieht!
Um den Lohntütenempfängern das Geld aus der Tasche zu locken und sie zur Eröffnung von Girokonten zu bewegen, hatte also das Bankgewerbe den neuen Kunden zunächst versprochen, ihre Konten kostenlos zu führen. Durch den Umweg über die Bank sollte ihnen kein Schaden entstehen.
Die Zusage, die Einkommen der Kleinverdiener unentgeltlich zu verwalten, hielt natürlich nicht lange. Kaum hatten sich Arbeitnehmer und Verbraucher an den bargeldlosen Zahlungsverkehr gewöhnt, begannen die Geldinstitute über das mühsame Geschäft mit der Massenkundschaft zu klagen. Allen voran die großen Privatbanken ließen keine Gelegenheit aus, um über die hohen Personalkosten zu jammern, die der Umgang mit den Geringverdienern verursache. Die vielfältigen Dienstleistungen, die zahlreichen Überweisungen, Abbuchungen von den Konten, der Versand der Kontoauszüge und Scheckformulare könnten nicht mehr zum Nulltarif erbracht werden.
Banker verteidigten öffentlich die Gebührenpraxis:
Der Service von Sparkassen und Banken hat wie jede andere Dienstleistung in der Wirtschaft seinen Preis. Das einfache Privatgirokonto der früheren Jahre hat sich zum Zentrum einer breiten Palette von Finanzdienstleistungen entwickelt. Girokonten ersetzen heute weitgehend die private Haushaltsbuch-Führung. Mit Milliardeninvestitionen, zum Beispiel für über 50 000 Geldautomaten in Europa und ein umfassendes Eurocheque- und Eurocardangebot, werden den Kunden Wege und Zeit erspart. Das Serviceangebot der Sparkassen und Banken ist daher nicht zum Nulltarif zu haben.
Also begannen die Geldinstitute, sich Kontenführung und Zahlungsverkehr bezahlen zulassen. Und das war die zweite Jahrhundertidee. Die Gebührenspirale entwickelte eine Dynamik, die nur mit dem Anstieg der Benzinpreise vergleichbar ist.
Im Jahr 1977 gab eine Familie mit mittlerem Einkommen 22 € für Bankdienstleistungen aus. 1992 betrugen die Kosten schon 122 €, kritisierte die Verbraucherzentrale Nordrhein- Westfalen bereits Mitte der 1990er Jahre. Die Gebühren für Kontoführung sind in den vergangenen 15 Jahren zehnmal schneller gestiegen als alle anderen Preise, die Spannen für diesen Basisservice sind enorm, stellte die Zeitschrift Finanztest bereits 1993 fest.
Im Laufe der Jahre wurde die Gebührenschraube immer fester angezogen. Wann immer eine Mark oder später ein Euro von einem Konto zum nächsten wechselt – durch Überweisung, Dauerauftrag oder Lastschrift – verdient die Bank, der Kunde zahlt.
Doch obwohl sich die Geldinstitute jeden Handschlag, jeden Schritt im Dienste des Kunden bezahlen ließen, wurde der Bankbetrieb immer stärker automatisiert – mit einem überraschenden Ergebnis: Während in der Industrie durch den Einsatz von Maschinen und Robotern die Erzeugnisse billiger wurden, wurde der Service der Banken immer teurer. Viele Kunden fühlten sich geneppt.
Denn die Abkassiererei folgt einer Logik, die nur Banker verstehen können. Geldautomaten fuhren dazu, dass die Kunden nur dann Geld abheben, wenn sie es brauchen. Sie lassen sich also nicht zu Beginn des Monats 500 Euro auszahlen, um davon ihre Haushaltungsführung zu bestreiten, sondern rufen ihr Geld nach Bedarf ratenweise ab. Die Bank kann also länger mit dem Geld ihrer Kunden arbeiten und daran – das versteht sich fast von selbst – verdienen.
Aber das reicht den Banken nicht. Am liebsten wäre den Wegelagerern des modernen Wirtschaftswesens natürlich, der Kunde würde ihnen das Geld ganz überlassen – zum Nulltarif am besten. Wer nicht so großzügig ist, muss dafür bestraft werden. Auch das ist ganz logisch – aus der Sicht der Banken. Wer sein Geld aber bewegen, es ausgeben, transferieren, Rechnungen begleichen oder es gar ausgezahlt haben will, verursacht Unruhe und Arbeit. Der Bankkunde stört den Betriebsablauf, der eigentlich darauf ausgerichtet ist, Gewinne mit dem Geld der Kunden zu maximieren, für das Institut.
Kurzum: Der Kunde muss bestraft werden – durch kleine Bußgelder in Form von Gebühren.