Auch wenn die Zinssätze, die Inflation und die Geldpolitik der Notenbank nicht nahezu so aufregend sind wie Sex und Rock and Roll, fesseln sie die Aufmerksamkeit vieler Anleger. Jahrzehntelang haben Ökonomen, Investmentmanager und andere selbsternannte Gurus versucht, diese wirtschaftlichen Faktoren zu verstehen. Weshalb? Weil Zinssätze, Inflation und die Geldpolitik der Notenbank die Finanzmärkte und die Wirtschaft in Bewegung setzen.
Hohe Zinssätze sind in der Regel schlecht
Viele Unternehmen müssen sich Geld leihen, um expandieren zu können. Menschen wie Sie und ich, die man im Allgemeinen Verbraucher nennt, leihen sich ebenfalls Geld um Häuser oder Autos zu kaufen und Geld für die Ausbildung der Kinder bereitzustellen. Steigende Zinsen verlangsamen in der Regel den Verlauf der Wirtschaft. Unternehmen stellen Ihre Expansionspläne zurück und einige verschuldete Unternehmen können sich die hohen Zinssätze nicht leisten und machen dicht. Die meisten Privatpersonen haben nur begrenzte Mittel zur Verfügung und müssen wegen höherer Zinsen einige Käufe zurückstellen. Beispielsweise bedeuten höhere Zinsen auch höhere Hypothekenzahlungen für Häuslebauer.
Wenn hohe Zinsen die Expansion von Unternehmen abwürgt und die Ausgaben der Verbraucher reduziert, dann verlangsamt sich das Wirtschaftswachstum oder das Wirtschaftswachstum ist rückläufig – es könnte auch in einer Rezession enden. Eine Rezession liegt dann vor, wenn in zwei aufeinander folgenden Quartalen die Wirtschaftstätigkeit rückläufig ist.
Der Aktienmarkt reagiert empfindlich, wenn die Gewinne der Unternehmen rückläufig sind. Hohe Zinsen unterdrücken den Appetit vieler Anleger nach Aktien, weil die Erträge aus Depositenzertifikaten, Schatzbriefen und anderen Anleihen steigen.
Es gibt aber auch Menschen, die bei höheren Zinssätzen richtig glücklich werden. Wenn Sie eine Festhypothek auf Ihr Haus haben oder ein Geschäftsdarlehen zu festem Zinssatz, dann sind Sie besser dran, als hätten Sie eine Hypothek mit variablem Zinssatz. Einige Rentner und andere, die von den Zinsen ihrer Investments leben, freuen sich ebenfalls über Zinssteigerungen. Denken Sie beispielsweise an die frühen 80er Jahre, als man für 100.000 €, die man in Anleihen oder Depositenzertifikaten mit 10 Prozent Verzinsung angelegt hat, jährlich 10.000 € an Zinsen ausgezahlt bekam.
Ein Rentner, der die gleichen Anleihen und Depositenzertifikate Ende der 90er Jahre kaufte, musste erleben, wie sein Dividendeneinkommen um 50 Prozent reduziert wurde, weil die Zinsen für die gleichen Anleihen und Depositenzertifikate gerade einmal bei fünf Prozent lagen. So erhielt man für 100.000 investierte € gerade einmal 5000 € Rendite.
Wenn Sie versuchen, davon zu leben, was Ihre Investments einbringen, dann kann ein Rückgang um 50 Prozent Ihren Lebensstil deutlich verschlechtern. Also sind höhere Zinsen besser, wenn Sie von der Rendite Ihrer Investments leben? Nicht unbedingt.
Die Beziehungen zwischen Inflation und Zinssätzen
Erinnern Sie sich, was mit den Zinssätzen Ende der 70er Jahre und zu Beginn der 80er Jahre geschah? Nachdem man erfolgreich aus der schrecklichen Rezession Mitte der 70er Jahre entflohen war, schien die Wirtschaft sich wieder auf den richtigen Weg zu begeben. Doch innerhalb nur weniger Jahre war sie wieder im Aufruhr. Der jährliche Anstieg der Lebenshaltungskosten (die Inflationsrate) stieg bis auf 10 Prozent. Die Explosion der Rohölpreise, die sich in weniger als fünf Jahren verdoppelt hatten, waren für diesen Anstieg weitestgehend verantwortlich. Die Zinsen, das ist das, was Inhaber von Anleihen erhalten, wenn sie ihr Geld an Unternehmen oder die Regierung verleihen, folgten der Inflation nach oben.
In der Regel marschieren Inflation und Zinssätze im Gleichschritt. Wenn Sie wüssten, dass wegen der Inflation Ihr Verdienst in den nächsten Jahren weitaus geringere Kaufkraft hat als im Augenblick, würden Sie dann nicht höhere Zinsen fordern? Das ist der Grund, weshalb die Zinssätze mit der Inflation Ende der 70er Jahre und Anfang der 80er Jahre anstiegen und 1981 fast 15 Prozent erreichten.
Die wichtigste Kraft hinter den Zinssätzen ist die Inflationsrate. Die Zinssätze waren Anfang der 80er Jahre wesentlich höher als die Inflationsrate zweistellige Werte erreichte. Wenn die Lebenshaltungskosten mit 10 Prozent im Jahr steigen, weshalb sollten Sie als Investor Ihr Geld zu 5 Prozent verleihen (genau das tun Sie, wenn Sie eine Anleihe oder ein Depositenzertifikat kaufen)? Die Zinsen waren Anfang der 80er Jahre deshalb so hoch, weil weder Sie noch ich so etwas tun würden. In den letzten Jahren fielen die Zinssätze, weil auch die Inflation seit den frühen 80er Jahren deutlich zurückging. Deshalb fielen die Zinsen, die Anleger verdienen konnten, wenn sie ihr Geld verliehen, entsprechend. Auch wenn geringe Zinsen das Einkommen reduzieren können, zehrt die entsprechend geringere Inflationsrate die Kaufkraft Ihres investierten Kapitals nicht auf. Deshalb sind höhere Zinssätze nicht unbedingt besser, wenn Sie versuchen von dem zu leben, was Ihre Investments als Zinsen abwerfen.
Was also soll ein Investor tun, der von dem lebt, was seine Investments einbringen und der nicht ausreichend Geld erhält, weil die Zinsen zu niedrig sind? Es gibt nur eine einfache, aber psychologisch schwierige Lösung – man muss ein wenig von dem investierten Kapital aufzehren, um das Einkommen aus Zinsen und Dividenden zu erhöhen. Der Kapitalverzehr Ihres Einkommens geschieht ohnehin, wenn die Inflation höher wird – dann verliert die Kaufkraft des angelegten Kapitals schneller an Wert. Es könnte aber auch sein, dass Sie nicht genügend Geld gespart haben, um den gewünschten Lebensstandard finanzieren zu können – und deshalb sollten Sie eine Analyse Ihrer Finanzen im Ruhestand vornehmen.
Welche Rolle spielt die Notenbank in den USA?
Wenn der Vorsitzende der amerikanischen Notenbank, Alan Greenspan, spricht, dann hören außerordentlich viele Menschen zu. Immer wenn sich die 12 Präsidenten der Notenbankfilialen und die sieben Gouverneure der Notenbank hinter verschlossenen Türen achtmal im Jahr treffen, dann sind die Finanzmärkte und die Medien gespannt darauf, was die Notenbank zur Geldpolitik entschieden hat.
Was genau ist die Notenbank, und was tut sie? Die Notenbank versucht die Geldpolitik zu beeinflussen. Ja, ich weiß, das ist eine Redewendung, aber genau das ist der Begriff mit dem man oft um sich wirft. Diese Redewendung bedeutet, dass die Notenbank versucht, auf die im Umlauf befindliche Geldmenge Einfluss zu nehmen, und natürlich auf die Höhe des Leitzinses.
Bevor ihre Augen zu leuchten beginnen und Sie in eine andächtige Starre verfallen, wie ich damals, als ich den Fehler machte, Wirtschaftswissenschaften zu studieren und darin eines meiner beiden Diplome zu machen (dankenswerterweise war mein anderes Thema im Bereich der Naturwissenschaften: Biologie), lassen Sie mich die Sache schnell erhellen. Geld ist eigentlich nichts anderes als Salat, Computer oder Turnschuhe. All diese Produkte müssen Sie mit Geld bezahlen.
Die Kosten für Geld sind die Zinsen, die Sie zahlen müssen, um es sich zu leihen. Die Kosten oder der Zinssatz wird von vielen Faktoren bestimmt, die letztlich Angebot und Nachfrage nach Geld beeinflussen. Von Zeit zu Zeit und auf verschiedene Weise versucht die Notenbank, Angebot und Nachfrage nach Geld und die Kosten für Geld zu beeinflussen: durch die Zinsen. Die Notenbank erhöht oder senkt die Zinssätze, die sie den Banken berechnet, wenn diese sich Geld leihen und damit versucht die Notenbank, Angebot und Nachfrage nach Geld zu beeinflussen. Von Zeit zu Zeit kauft die Notenbank auch Staatsanleihen und verkauft sie wieder.
Die leitenden Angestellten der Notenbank geben bereitwillig zu, dass die Wirtschaft ziemlich komplex ist und von sehr vielen Dingen beeinflusst wird, und deshalb ist es schwierig, vorherzusagen, wohin die Wirtschaft gehen wird. Wenn es so schwierig ist, über Märkte eine Vorhersage zu treffen und sie zu beeinflussen, weshalb gibt es dann die Notenbank? Die Beamten der Notenbank glauben, dass sie einen positiven Einfluss ausüben können und die gesamtwirtschaftliche Situation gesund erhalten können: eine Situation, in der die Inflation gering ist und das Wirtschaftswachstum maßvoll ansteigt. Wenn die Wirtschaft zu schnell expandiert, kann die Inflation eskalieren. Andererseits glauben die Beamten in der Notenbank, wenn das Angebot an Geld zu sehr eingeschränkt wird und deshalb die Zinsen zu hoch ansteigen, würden Unternehmen nicht in der Lage sein Geld zu leihen, und damit zu expandieren und die Wirtschaft würde stagnieren, oder schlimmer noch, rückläufig sein. Und so versucht die Notenbank, alles in der richtigen Ordnung zu halten!
Greenspan über allem
Während der zweiten Hälfte der 90er Jahre blühte der Aktienmarkt und immer mehr Anleger kamen an die Börse. Bedauerlicherweise glaubten einige Anleger, weil sie durch die Berichterstattung der Medien dazu ermutigt wurden, dass die Notenbank das Wirtschaftswachstum und die künftigen Aktienkurse festlegen könnte und dass die Anleger zu bestimmten Zeiten Geld in Aktien anlegen sollten und es wieder aus dem Markt nehmen, immer davon abhängig, welche Aktionen und welche Ankündigungen von den Beamten der Notenbank veröffentlicht werden.
Vielleicht haben Sie die Schlagzeile gelesen, die über die Aktionen der Notenbank spekulieren, und in welcher Weise sie die Zinsen, die Inflation und die Wirtschaft beeinflussen. Die Fernsehsender, die über den Aktienmarkt berichten, verbreiten jedes Hüsteln des Vorsitzenden Alan Greenspan und versuchen dann, die folgende Performance der Börse mit dem was Greenspan sagte oder nicht sagte, in Verbindung zu bringen.
Wenn Sie jemals Beamte der Notenbank sprechen hörten, dann wüssten Sie, dass sie immer auf der Hut sind und sehr selten Einzelheiten von sich geben, selbst wenn sie vor dem Kongress aussagen. Alan Greenspan wird als Meister der verbalen Verschleierungen angesehen. Die meisten Menschen verstehen höchstens die Hälfte von dem, was Greenspan sagt!
Sehr viele Faktoren beeinflussen den Verlauf der Aktienkurse. Unternehmen Sie nie etwas, nur weil die Notenbank etwas sagte, oder weil Medien oder einer der Börsen- Weisen die Aktionen der Notenbank kommentieren. Die Notenbank hat keine Macht und keinen Einfluss auf die Zukunft. Sie müssen Ihre Investitionen auf Grund Ihrer Bedürfnisse und Ihrer Ziele tätigen, und nicht, weil die Notenbank etwas sagt oder nicht.