Der Wert einer Option hängt sehr stark von der Volatilität der zugrunde liegenden Aktie ab – und zwar von der Volatilität in der Zukunft. So weit so gut. Das Problem aber ist, dass sich die zukünftigen Kursschwankungen nicht exakt vorherbestimmen lassen. Denn wer könnte schon mit Sicherheit sagen, was in Zukunft passiert? Deswegen ist der Wert einer Option eigentlich gar nicht präzise berechenbar. Wenn man die zukünftige Volatilität nicht kennt, muss man den Wert schätzen. Dies kann auf vielerlei Art geschehen. Eine in der Praxis weit verbreitete Vorgehensweise ist die Orientierung an Vergangenheitsdaten. Man errechnet aus historischen Kursen eine Volatilität und verwendet die Zahl als Wert für die Zukunft. Diesem Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass sich die vergangene Entwicklung in der Zukunft wiederholt. Wird die Volatilität auf diese Weise berechnet, nennt man sie auch historische Volatilität. Doch es ist nicht ganz so einfach, aus Vergangenheitsdaten einen verlässlichen Schätzwert zu ermitteln. Die wichtigste Frage lautet, wie weit man in die Vergangenheit zurückgehen muss, damit die Schätzung gut genug ist. Unklar bleibt auch, ob man die historischen Kurse unter Umständen gewichten muss. Jüngere Daten könnten zum Beispiel ein höheres Gewicht erhalten als ältere mit der Begründung, dass Werte aus der jüngeren Vergangenheit die Zukunft besser beschreiben als ältere. Diese Argumentation klingt zwar einleuchtend, doch die Kurse entwickeln sich in der Realität nicht stringent nach diesem Muster. Es ist — zumindest bis zum heutigen Zeitpunkt – noch keine ideale Lösung gefunden worden, wie man die zukünftige Volatilität am sichersten schätzen kann. Trotz aller Kritik an Vergangenheitsdaten ist es aber nicht von der Hand zu weisen, dass diese ein Indikator für die Schwankungsintensität sind. Nehmen wir als Beispiel zwei Aktien X und Y. Die eine Aktie (X) hatte in der Vergangenheit heftige Kursschwankungen, bei Y dagegen verliefen die Bewegungen sehr ruhig. Es lässt sich kaum bestreiten, dass die Kurse von X – auch in Zukunft – heftiger schwanken werden als die von Y. Dass Optionshändler in der Praxis dennoch Werte verwenden, die von denen der Vergangenheit abweichen, hat oft ganz plausible Gründe. Werden zum Beispiel Neuigkeiten über ein Unternehmen verbreitet, die darauf schließen lassen, dass deren Aktienkurse in Zukunft stärker schwanken könnten, wird die historische Volatilität entsprechend nach oben korrigiert.
Volatilität unterliegt subjektiven Einflüssen
Man kann sich leicht vorstellen, wie sehr Annahmen über die zukünftige Volatilität von denjenigen Akteuren – und damit auch von deren Interessen – abhängen, die die Annahmen letztlich treffen. Die Volatilität ist der einzige Preiseinflussfaktor, der sich nahezu willkürlich festlegen lässt. Deshalb Ist es prinzipiell auch kein Problem, für eine Option fast jeden beliebigen Preis zu setzen. Denn rechtfertigen kann man hohe oder niedrige Preise dadurch, dass man die passende Annahme über die zukünftige Volatilität zugrunde legt. Wir werden später noch sehen, dass die Volatilität ein nützliches Instrument ist, wenn zum Beispiel ein Optionshändler gewisse Kurse erzwingen will oder Argumente benötigt, um eine bestimmt Preisstellung zu rechtfertigen. Ganz so willkürlich, wie oft behauptet wird, kann eine Volatilität jedoch nicht festgelegt werden. Die Annahmen der einzelnen Marktakteure liegen häufig ziemlich dicht beieinander. Entfernt man sich zu sehr von der Meinung der anderen, kann dies unangenehme Folgen haben. Ein Beispiel: Eine Bank, die DAX-Optionsscheine emittiert und in den Ausgabepreis eine Volatilität von 70 Prozent einrechnet, wird kaum Verkaufserfolge mit ihren Produkten haben, wenn andere Anbieter lediglich mit 30 Prozent rechnen und DAX-Optionen deswegen dort viel preiswerter sind.