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Zur Berechnung der Eigenkapitalrentabilität – Warren Buffett

Die EKR besteht aus zwei Komponenten: Gewinn und Eigenkapital. Vom Gewinn müssen unbedingt alle Anteile abgezogen werden, die anderen Parteien zufließen: Dazu gehören natürlich die Steuern, doch auch Vorzugsdividenden, die aktuellen, durch Gewinnbeteiligungen von aufgekauften Unternehmen verursachten Aufwendungen, der Aufwand für Aktienoptionsprogramme fürs Management. Außerordentliche Aufwendungen und Erträge dürfen mit wenigen Ausnahmen vernachlässigt werden. Denken Sie aber daran, dass Unternehmen, die „außerordentliche“ Rückstellungen für Kostensenkungsprogramme machen, vermutlich besser geführte Konkurrenten haben, die ihre Kosten laufend kontrollieren. Hinzu kommt die Abschreibung auf den derivativen Firmenwert, die an sich nicht zu den Betriebskosten zählt, sondern eine willkürliche Berichtigung in der Buchführung darstellt. Ansonsten machen sich Abschreibungen auch nicht in klingender Münze bemerkbar, sind aber dennoch reale, „harte“ Kosten. Sie sind stets anzusetzen, wenn sie bei den Investitionsausgaben nicht entsprechend berücksichtigt wurden.
Buffett hat eigene Termini geprägt wie „owner earnings“ (Gewinne der Anteilseigner) und „gläserne“ Erträge. Neben dem Reingewinn werden hier zwei weitere Faktoren berücksichtigt. Besitzt ein Unternehmen Anteile an
einem anderen, kann es die Dividenden nur pro forma in seine Bücher aufnehmen. Die zu Grunde liegenden Gewinne aus dieser Minderheitsbeteiligung könnten höher ausfallen. Berkshires 10,5 Prozent an American Express (Amex)-Stammaktien verschafften dem Unternehmen für 1996 das Anrecht auf 10,5 Prozent des Nettogewinns von $190 Millionen. $44 Millionen davon wurden in Form von Dividenden ausgeschüttet, der Rest reinvestiert. In Berkshires Büchern tauchte nur die ausbezahlte Dividende auf. Zu den „gläsernen“ Erträgen gehört etwa der zu Grunde liegende Gesamtbetrag.

Der Begriff „owner earnings“ bezieht sich auf alle konventionellen Unternehmen. Er stellt den Versuch dar, den Reingewinn um andere übliche Cashflow-Effekte zu bereinigen. Wie wir festgestellt haben, müssen die meisten Unternehmen, um wenigstens die Inflationsrate auszugleichen – also ohne effektives Wachstum – Gewinne in Umlauf- und Anlagevermögen reinvestieren. Indem man Abschreibungen wieder dem Reingewinn zurechnet und Investitionsausgaben abzieht, die zum Erhalt des Status quo erforderlich waren, ermittelt man die „owner earniings“, die in etwa wiedergeben, wie viel Geld die Geschäftstätigkeit tatsächlich unterm Strich eingebracht hat. In der Praxis ist es gar nicht einfach, die erforderlichen Investitionen von den Wachstumsinvestitionen abzugrenzen. Wir haben aber gesehen, dass Unternehmen mit einer hohen EKR, die nicht auf Verschuldung beruht, Wachstum durch Reinvestition in hochproduktives neues Kapital erreichen. Ein Unternehmen mit niedriger EKR wie Heavy steckt seinen gesamten Gewinn in neues, doch trotzdem unproduktives Kapital. Die „owner earnings“ sind hier gering oder sogar negativ.
Für unsere Zwecke und angesichts der Tatsache, dass auch Unternehmen mit hoher EKR einen Teil Ihres Gewinns reinvestieren müssen, werden wir in unseren Berechnungen den Nettogewinn ansetzen, und nicht die „owner earnings“.
Die Eigenkapitalseite der Gleichung ist nicht so eindeutig. Hier stellt sich die eine oder andere Definitionsfrage, etwa, ob Vorzugsaktien, Minderheitsbeteiligungen und Aktienpakete/Bestand an festverzinslichen Wertpapieren abgezogen werden. Falls es nicht im Betrachtungsjahr eine deutliche Kapitalerhöhung gegeben hat, ist das durchschnittliche gesamte Eigenkapital heranzuziehen. Zu den großen Posten gehören hier immaterielle Anlagewerte wie derivativer Firmenwert, Patente und Medienrechte. Der derivative Firmenwert ist ein besonders heikler Punkt, dem kein Ansatz so richtig gerecht wird. Rechnet man ihn ein, könnte das zu einer
Überbewertung des laufenden Kapitalbedarfs zur Aufrechterhaltung des Umlaufvermögens führen und Infolgedessen zu einer Unterbewertung der tatsächlichen Rendite. Bleibt er dagegen unberücksichtigt, wird unter Umständen die Möglichkeit ignoriert, dass hier eine Menge Geld geflossen ist, um eine magere Rendite zu erwirtschaften. Die EKR wird dann unverhältnismäßig hoch ausfallen. Wells Fargo ist ein gutes Beispiel dafür. In der Vergangenheit konnte das Unternehmen eine EKR in der Größenordnung von 30 Prozent verbuchen. 1996 hat Wells Fargo für $11,3 Milliarden eine andere große Bankengruppe aufgekauft, wobei $9,4 Milliarden des Kaufpreises für Firmenwert und andere immaterielle Vermögenswerte angesetzt worden waren. Die EKR für 1996 fiel prompt auf 9 Prozent. Rechnet man die Abschreibung auf den Firmenwert dem Reingewinn zu, belässt jedoch den Buchwert des Eigenkapitals, so steigt die EKR auf 13 Prozent. Werden die immateriellen Vermögenswerte bei der Eigenkapitalbasis ausgeklammert, schnellt die EKR empor bis auf 38 Prozent, doch das ist sicher nicht im Sinne des Erfinders. Plätte Wells noch eine Milliarde Dollar mehr bezahlt, so wäre die Eigenkapitalbasis ohne Berücksichtigung der immateriellen Werte noch niedriger anzusetzen und die EKR sogar noch höher – ohne dass sich bei den zu Grunde liegenden Unternehmen irgendetwas geändert hätte.

Es gibt eine Lösung für dieses Dilemma: Man betrachtet ausschließlich die durch Neuinvestition generierten Ertragszuwächse. Damit wollen wir uns in dieser Geldanlage-Webseite befassen.