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Auswahlrichtlinien bei Outplacement

Mit dem wieder eingeführten Abs. 4 des § 1 KSchG wird die gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit der sozialen Auswahl eingeschränkt. Arbeitgeber und Betriebsrat können gemäß § 95 BetrVG Auswahlrichtlinien vereinbaren, in denen die vier Sozialauswahlkriterien im Verhältnis zueinander bewertet werden können. Auch den Tarifparteien steht dieses Regelungsrecht zu. Diese Bewertung kann durch die Gerichte nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

Eine weitergehende Billigkeitskontrolle dieser Auswahlrichtlinie wird ausgeschlossen. Die Tarifparteien wie auch die Betriebspartner können in Punktetabellen die vier im Gesetz genannten Sozialkriterien gewichten und diese Gewichtung in Punkten festlegen. Dabei muss aber ein ausgewogenes Verhältnis unter diesen Grunddaten beachtet werden. Grob fehlerhaft ist die Auswahlrichtlinie, wenn z.B. den Unterhaltspflichten ein höheres Gewicht beigemessen wird, als der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Ebenso wenig dürfen die Unterhaltspflichten wesentlich geringer bewertet werden, als das Lebensalter. Grundsätzlich darf auch das Lebensalter höchstens gleich stark gewichtet werden, wie die Betriebszugehörigkeit, eher geringer. Eine „Grundtabelle“ hat das BAG 1990, allerdings für die damals nur bestehenden drei Grunddaten Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltspflichten, wie folgt entwickelt:

Betriebszugehörigkeit
– bis 10 Dienstjahre je Jahr                                                                                 1 Punkt

– ab dem 11. Dienstjahr je Jahr                                                                           2 Punkte

– es werden nur Zeiten der Betriebszugehörigkeit bis

zum vollendeten 55. Lebensjahr berücksichtigt,

also maximal                                                                                                          70 Punkte

Lebensalter

– für jedes vollendete Lebensjahr                                                                       1 Punkt

– maximal möglich                                                                                                 55 Punkte

Unterhaltspflichten

– je unterhaltsberechtigtes Kind                                                                           4 Punkte

– verheiratet                                                                                                            8 Punkte

Diese Punktetabelle müsste nunmehr um das neue Kriterium „Schwerbehinderung“ ergänzt werden. Dies ist allerdings eine schwierige Aufgabe, denn das Gesetz enthält leider keinen praktikablen Hinweis, wie man die Schwerbehinderung in den Abwägungsprozess überhaupt einbeziehen kann, wo doch für Schwerbehinderte der besondere Kündigungsschutz nach §§85 ff. SGB IX besteht.

Stellt sich heraus, dass die in den Auswahlrichtlinien vorgenommene Bewertung der Sozialkriterien grob fehlerhaft war, führt dies nicht zwingend zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, denn auch unrichtige

Erwägungen können zufällig zu einer zutreffenden sozialen Auswahlentscheidung führen.

Interessenausgleich (Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer)
Sind in einem Interessenausgleich die von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer namentlich bezeichnet, so wird nach dem seit 01.2004 wieder eingeführten Abs. 5 des § 1 KSchG vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Diese Vermutung kann vom Arbeitnehmer widerlegt werden. Nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer trägt für das Fehlen der dringenden betrieblichen Gründe die Darlegungs- und Beweislast. Darüber hinaus kann die soziale Auswahl in einem Interessenausgleich – wie bei Auswahlrichtlinien – nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Für die Frage, ob eine für einen Interessenausgleich notwendige Betriebsänderung vorliegt, ist seit der Novellierung des BetrVG im Juli 2001 die Grenze von mehr als 20 Arbeitnehmern nicht mehr auf den Betrieb, sondern auf das Unternehmen zu beziehen. Ob die neue Regelung mit der Benennung von Arbeitnehmern auch für Änderungskündigungen gilt, ist – im Gegensatz zur klaren Regelung in § 125 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung – leider offen.