Behavioral Finance – die verhaltensorientierte Kapitalmarktforschung

Inzwischen sind nicht nur die Gesellschaftswissenschaftler, sondern auch die Bankmanager zu der Überzeugung gelangt, dass das, was gelegentlich als irrationale Abweichung einzuordnen war, letztlich das Normale und in vieler Hinsicht das wirksamere Element bei Anlageentscheidungen ist: das emotionale und irrationale Verhalten vieler Anleger.

Die Kurse an den Börsen unterliegen eben der kollektiven Psyche der Marktteilnehmer viel stärker, als man es noch vor wenigen Jahren vermutete oder wahrhaben wollte. Deshalb wird das Verhalten der Anleger auch zu einem ständig wachsenden Forschungsgegenstand, und in der Deutschen Bank gibt es sogar schon eine eigene Abteilung für Technical Analysis and Behavioral Finance. In Amerika existieren bereits mehr als 20 Professuren für die verhaltensorientierte Kapitalmarktforschung, und auch in Deutschland wächst die Nachfrage nach solchen Forschungs- und Beratungsleistungen. Professor Rüdiger von Nitzsch an der RW TH Aachen gilt als einer der profiliertesten Vertreter dieser Forschungsrichtung in Deutschland.

Nach seiner Meinung ist zwar jeder Investor anders, aber alle, ob Profi oder Privatanleger, machen die gleichen Fehler. Zu diesen typischen Fehlern gehört, dass Verluste zu spät und Gewinne zu früh in tatsächliches Handeln umgesetzt werden. Bei den Verlusten spielt die Hoffnung eine Rolle, dass sich der Trend doch noch umkehren möge, ohne dass man selbst aktiv wird, und bei den Gewinnen ist man bereit, lieber den Spatz in der Hand mitzunehmen als auf die Taube auf dem Dach zu warten. Ein besonderes Problem ist, dass Verluste emotional viel schwerer wiegen als Gewinne. Die meisten Anleger, ob Profis oder Privatleute, überschätzen ihre

Fähigkeit, Kurse zu prognostizieren. Dabei sind die Profis sogar noch schlimmer dran als die Privatinvestoren.

Weil jeder Profi auf die gleichen professionellen Informationen zurückgreift wie alle anderen Profis auch, kommen sie alle auch in ihren Entscheidungen zu den gleichen Ergebnissen, zu den gleich falschen, kann man sogar sagen. Die Trefferquote der Vorhersagen professioneller Anleger liegt nach verschiedenen Studien so ungefähr bei 40 Prozent. Privatanleger, denen nicht so viele Informationen zur Verfügung stehen und die emotional an die Sache herangehen, haben eine Trefferquote von etwas über 50 Prozent. Gleich gute Ergebnisse lassen sich auch durch das Werfen einer Münze erreichen.

Aber da man seinen eigenen Fähigkeiten ja viel zutraut, ist man auch bereit, Risiken einzugehen, die in Wirklichkeit kaum zu kalkulieren sind. Außerdem neigt der Mensch dazu, seine eigenen Entscheidungen und Meinungen zu rechtfertigen und sie im Zweifelsfall auch schönzureden.

Erschwerend kommt hinzu, dass man, wenn man einmal eine Meinung gefasst hat, auch nur nach Informationen Ausschau hält, die genau diese Meinung bestätigen und untermauern, gegensätzliche Informationen jedoch ignoriert. Im Ergebnis sieht es dann oft so aus, dass die Verlierer sagen: Meine Prognose war richtig, nur der Markt hat sich falsch verhalten.

In diesem Zusammenhang weist Nitzsch auch darauf hin, dass die Mehrzahl der Menschen viel zu verliebt in die eigenen Entscheidungen ist, um diese aufzugeben, selbst wenn sie sich als falsch erwiesen haben. Man bleibt dabei und basta! Verluste nimmt man trotzig in Kauf und frägt sie stolz, wie Studenten der schlagenden Verbindungen in der Vergangenheit ihre Narben zur Schau trugen.

Ebenfalls eine menschliche Eigenschaft scheint es zu sein, dass man nach Verlustphasen ängstlich reagiert und vor lauter Vorsicht selbst offensichtliche Gewinnchancen in den Wind schlägt, während man nach einigen Gewinnen sofort übermütig wird, über die Stränge schlägt und noch größere Risiken eingeht, bis das Gewonnene wieder zerronnen ist.

Nach verschiedenen Untersuchungen schaffen es tatsächlich nur 5 Prozent der Investoren, auf Dauer besser abzuschneiden als die normale Marktentwicklung.

In den USA ist man zu der Erkenntnis gelangt, dass dort die durchschnittlichen Anleger ihre Aktien viel zu häufig kaufen und verkaufen. Der typische amerikanische Anleger schichtet sein Portfolio pro Jahr zu 70 Prozent um. Kostolany und seine Schlaftabletten sind dort bis heute wohl unbekannt geblieben. Es ist eigentlich erstaunlich, dass Verluste viel mehr schmerzen, als Gewinne glücklich machen. Um die Verluste nicht sichtbar werden zu lassen, behält man eben einfach die Verliereraktien und verkauft die Gewinner mit kleinem Profit.

Und was macht man dann mit dem Geld? Man kauft erneut Aktien, bloß, wie die Statistiken zeigen, bringen die im Schnitt noch 6 Prozent weniger als die, die man verkauft hat, um die neuen kaufen zu können. Wohin geht dabei der Trend? Ganz klar nach unten! Die Portfolios der Anleger füllen sich mit Verliereraktien, aber irgendwo müssen natürlich auch die Gewinner bleiben. Und wo? Bei den Leuten, die mit kühlem Sachverstand und möglichst noch einer Checkliste an die Aktien heran- gehen.

Wie heißt es doch so schön unter den Börsianern: Hin und her macht Taschen leer. Ob long, ob short, das Geld ist fort! Auch dieser Spruch hat sich in der Praxis bestätigt. Frauen sind für dieses Hin und Her nicht so anfällig wie Männer und erst recht nicht so anfällig wie männliche Singles, die zu 67 Prozent häufiger ihre Aktien kaufen und verkaufen als die weiblichen Pendants.

Besonders riskant ist es, die Aktiengeschäffe übers Internet abzuwickeln, denn das animiert geradezu zum schnellen Kaufen und Verkaufen. Vergleicht man Onlinedepots mit traditionell geführten Aktiendepots, dann lässt sich sehr schnell beweisen, dass die Umschlaghäufigkeit im Internet auf bis zu 120 Prozent pro Jahr steigen kann. Dazu trägt nicht zuletzt auch die Informationsflut bei, die uns per Internet ins Haus kommt.

Die meisten Menschen glauben, je mehr Informationen sie hätten, desto besser wären sie in der Lage, Voraussagen zu treffen. Das ist jedoch nicht der Fall. Die meisten Informationen vernebeln nur das Gehirn. Die Börse funktioniert eben nur zu einem kleinen Teil aufgrund von Informationen und zu einem großen Teil aufgrund von Gefühlen.

Auch Rüdiger von Nitzsch hat fünf verschiedene Anlegertypen definiert und zudem entsprechende Tests entwickelt, mit denen jeder Anleger feststellen kann, zu welcher Kategorie er gehört. Ziel dieses Tests ist es aber nicht, nur die Selbsterkenntnis zu fördern, sondern auch die typbezogenen Fehler zu vermeiden und nach Möglichkeit sein Verhalten sogar zu ändern.

Der erste Typ ist der Einstandspreisorientierte. Er weiß immer genau, zu welchem Preis er eine bestimmte Aktie gekauft hat, und sein Ziel ist es, mit jeder Aktie Gewinn zu machen. Mit dieser Methode verliert er natürlich die Risikostreuung aus dem Auge und ist blind für die Erkenntnis, dass fast 50 Prozent aller Geschäfte nicht von Erfolg gekrönt werden.

Eine besonders originelle Idee ist die häufig gegebene Empfehlung, dass man weitere Aktien des gleichen Unternehmens kaufen sollte, wenn der Aktienkurs unter den gezahlten Einstandspreis fällt. So würde man rein statistisch die Verluste pro Aktie minimieren, da man ja die sinkenden Preise mit den höheren verrechnen könne. In der Konsequenz bedeutet dieser Ratschlag, der wirklich gar nicht so selten ist und in der Literatur immer wieder auftaucht, dass man bei fallenden Kursen immer mehr Verlustaktien kaufen soll, bis zum Schluss das ganze Portfolio nur noch aus Verlustbringern besteht, die nichts mehr wert sind. Aber wenigstens sind sie alle gleichmäßig nichts mehr wert.

Rüdiger von Nitzsch gibt den einstandspreisorientierten Anlegern den Tipp, sich immer wieder daran zu erinnern, dass es nicht wichtig ist, zu welchem Kurs man eine Aktie gekauft hat, sondern nur, welche Zukunftsaussichten sie hat.

Der nächste Anlegertyp ist derjenige, der vorschnell handelt. Er ist mit den Informationen zufrieden, die ihm gerade zur Hand sind, und macht sie zur Grundlage seiner Entscheidungen. Der Tipp für diesen Anleger lautet: Auch wenn etwas sehr plausibel ist, muss es noch lange nicht stimmen. Diesem Typ sehr ähnlich sind die Anleger, die an ihren Entscheidungen hängen und sich nicht eingestehen mögen, etwas falsch gemacht zu haben.

Hier lautet ein weiterer Tipp: Wer keine Fehler zugeben kann, macht damit zwei neue. Erstens verpasst er die Chance, aus der Vergangenheit zu lernen, und zweitens läuft er Gefahr, dass auch die zukünftigen Entscheidungen ebenso unvernünftig ausfallen wie die vergangenen. Es geht nicht darum, die eigene Vergangenheit schönzureden, sondern für die Zukunft tragfähige Grundlagen zu schaffen.

Der zu vorsichtige Anleger möchte jedes Risiko vermeiden und alles unter Kontrolle haben. Deshalb verpasst er viele Chancen. Hier ist der Tipp: Wenn man nur deshalb so vorsichtig ist, weil man glaubt, zu wenig über die Börse zu wissen, dann sollte man sich auf den Hosenboden setzen und dazulernen.

Der unvorsichtige Anlegertyp neigt dazu, seine Fähigkeiten zu überschätzen und deshalb waghalsig zu agieren. Er setzt viel zu viel auf eine Karte, konzentriert sich auf nur wenige Unternehmen und versucht so, schnell reich zu werden. Wenn er es tatsächlich wird, hat das mehr mit Glück als mit Können zu tun.

Der Tipp für diesen Anleger lautet: Sich bewusst machen, dass es immer, wenn man eine Aktie zu einem bestimmten Preis kaufen möchte, auch jemanden geben muss, der diese Aktie für diesen Preis verkauft. Man sollte deshalb immer genau überlegen, ob man selbst wirklich über so viel bessere Informationen verfügt als derjenige, der zum Verkauf dieser Aktie bereit ist.

Börse für Anfänger – Optimisten auf der Sonnenseite der Börse

Peter Lynch (Jahrgang 1944) gilt als einer der erfolgreichsten amerikanischen Fondsmanager aller Zeiten. Nach seinem Studium an der Wharton School of Finance und seinem Abschluss als Master of Business Administration (MBA) 1968 absolvierte er zunächst seinen Militärdienst und ging dann als Analyst zu Fidelity.

Peter Lynch managte von 1977 bis 1990 den Fidelity Magellan Fonds, und er machte ihn zum weltweit größten Aktienfonds. Rund eine Million Aktionäre haben in diesen Fonds investiert. Und wer 1977 bei ihm 10 000 Dollar angelegt hatte, besaß 1990 satte 280 000 Dollar.

Lynch hörte 1990 im Alter von 46 Jahren auf, um mehr Zeit für seine Familie zu haben. Er legt heute für 16 Wohltätigkeitsorganisationen deren Geld an, und zwar ehrenamtlich. Lynch geht nach der so genannten Eyes- and-Ears-Investing-Methode vor (Investieren mit Augen und Ohren). Anders ausgedrückt, er setzt auf den gesunden Menschenverstand.

Seine Erfolgstipps: Kaufen Sie nur Aktien von Wachstumsunternehmen. Kaufen Sie nur Aktien von Unternehmen, die Sie kennen. Man muss eigenverantwortlich investieren, das heißt Entscheidungen nicht delegieren, den Aktienhandel verstehen und das Unternehmen, dessen Aktien man gekauft hat, im Auge behalten. Langfristig bringen kleinere Werte mehr Gewinn als Aktien großer Unternehmen.

Heiko Thieme (Jahrgang 1943) ist Deutschlands bekanntester Börsenexperte an der Wall Street. Nach seinem Jurastudium in Tübingen, Hamburg, Schottland und den USA begann er seine Börsenkarriere bei einer britischen Brokerfirma in Edinburgh und London. 1976 wechselte er in London zur amerikanischen Investmentbank White Weid und ging dann 1979 für die Deutsche Bank Capital Corporation nach New York. Dort war er verantwortlich für den US-Aktienmarkt.

1990 machte sich Thieme als Fondsmanager selbstständig, er gründete die Thieme Associates. Dann übernahm er das Management des American Heritage Fund und wurde Vorsitzender der American Heritage Management Corporation. Inzwischen hat Thieme noch einige andere Fondsgesellschaften gegründet. Er managt derzeit unter anderem drei Fonds: den Thieme Fonds International, den American Heritage Fund, den American Heritage Growth Fund sowie einen Offshore-Hedge-Fund. Daneben betreute er Depots vermögender Privatkunden.

Thieme schreibt gern und viel. Seine Veröffentlichungen erscheinen unter anderem in einer wöchentlichen ZvlZ-Kolumne, in Tageszeitungen und der Wirtschaftspresse. Außerdem tritt er oft im Fernsehen auf, sowohl in den USA als auch in Europa. Ein gesunder Börsenoptimismus ist für Heiko Thieme wichtig.

Und er bezeichnet sich selbst als sehr konservativ. Mit 95 Prozent meiner Prognosen liege ich schief, weil ich zu konservativ bin, hat Thieme einmal gesagt.

Seine Tipps für den Privatanleger sind unter anderem: Kaufen Sie nur dann Aktien, wenn Sie das Geld zur freien Verfügung haben, denn sie sollten diese dann mindestens zwei oder besser vier Jahre halten. In Ihrem Depot sollten 45 Prozent deutsche Aktien sein, 15 Prozent aus dem restlichen Europa, 25 Prozent aus den USA, 10 Prozent aus Asien und 5 Prozent aus dem Rest der Welt. Kaufen Sie die Aktie, die sie ausgewählt haben, bei allgemein schlechter Börsensituation, aber zunächst nur für etwa ein Viertel des Geldes, das Sie anlegen wollen. Fällt die Aktie um 5 bis 10 Prozent, kaufen Sie wieder 25 Prozent nach, bis alles Geld angelegt ist. Sollte der Kurs weiter fallen, hilft nur noch beten. Die Börse verhält sich meist absolut marktunüblich.

Trauern Sie Verlusten nicht nach, denn es gibt so viele Chancen, sie wollen nur entdeckt werden. Kaufen Sie nie eine Aktie, die Ihnen Ihr Freund, Nachbar oder sonst irgendjemand empfiehlt. Kaufen Sie nur Aktien von Unternehmen, die Sie kennen und verstehen. Wenn Sie keine Zeit haben, sich darüber zu informieren, fragen Sie lieber den Bankberater, als heißen Tipps zu folgen.

Ralph Acampora (Jahrgang 1942), Direktor der technischen Analyse bei der Investmentbank Prudential Securities, gilt als einer der treffsichersten charttechnisch orientierten Analysten der Welt. In seinen mehr als 30 Jahren Berufstätigkeit hat er mehrfach die Aktienwelt mit seinen Voraussagen überrascht, die immer wieder verlässlich eingetroffen waren. So Prophe-Fund, Julius Bär Special German Stock und Nestor Fonds Neue Märkte. Ochner hat als Erster das Potenzial des Neuen Marktes entdeckt und 50 Prozent der richtigen Neuer-Markt-Aktien ins Portfolio genommen, was einen Großteil seines Erfolgs ausgemacht hat. Zweimal war er bester Fondsmanager: 1991 kürte ihn die Zeitschrift Capital, 1998 Finanzen zum Manager des Jahres.

Ochner richtet sich hauptsächlich nach der fundamentalen Analyse. Er berücksichtigt er vor allem die Bilanz, die Gewinn-und-Verlust-Rechnung und die Unternehmensprognosen. Sein Ziel ist es, wachstumsstarke Unternehmen aufzuspüren. Es geht ihm darum, besser informiert zu sein als andere. Dazu führt er im Jahr rund 400 Gespräche mit den Managern der Unternehmen. Entscheidend für die Auswahl der Aktien ist seine Einschätzung der Marktposition, des technologischen Vorsprungs der Firmen und der Qualität der Vorstände. Nur wenn die Unternehmensstrategie überzeugt, kauft er.

Kurt Ochners Team besteht aus 30 Mitarbeitern, davon elf Fondsmanagern, die die tägliche Betreuung der Fonds übernehmen. Aber die Verantwortung für alles trägt allein Ochner, und er ist stets über alles informiert.

Ochner arbeitet bis zu 80 Stunden in der Woche. Als Fallschirmjäger- Offizier lernte er, schnelle Entscheidungen zu treffen und extremen Stress zu bewältigen. Ihm genügen vier Stunden Schlaf. Sein Tagesablauf ist voll durchorganisiert. Auf seinem zweistündigen Arbeitsweg wertet er die wichtigsten Tages- und Wirtschaftszeitungen aus und informiert sich, wie sich die Zinsen- und Rohstoffpreise entwickeln oder wie stabil der Euro ist. Ab und zu gönnt er sich etwas Besonderes. So hat er sich nach einem guten Geschäft mit Porsche-Aktien ein 911er-Cabriolet gekauft.

Pessimisten kann kein Crash überraschen
Wir leben in einem permanenten Crash. Das ist die zentrale These von Roland Leuschel (Jahrgang 1937), der als Börsenguru gilt, seitdem er den Kurssturz im Oktober 1987 prophezeite. Er war Chefstratege der Banque Bruxelles Lambert und lebt jetzt an der Algarve. Das Börsengeschehen analysiert er weiterhin und schreibt für das Wallstreet Journal oder Börse Online. Daneben hält er Vorträge, die mit bis zu 2500 Teilnehmern gut besucht sind.

Einer seiner Lieblingswitze steht in direktem Widerspruch zu Leuschels Tätigkeit: Was passiert, wenn der Weihnachtsmann, ein guter und ein

schlechter Guru gleichzeitig einen 10-Euro-Schein finden? – Der schlechte hebt den 10-Euro-Schein auf – denn die beiden anderen gibt es nicht.

Scharf kritisiert er den US-Notenbankchef Greenspan: Dem Notenbankchef ist die Kontrolle entglitten – rüsten Sie sich für den Crash. In Börse Online riet der Crashprophet Anfang Juli 1999: Der Investor hat jeden Grund, sein Wertpapiervermögen zu streuen, derzeit Aktien eher unter- und Liquidität überzugewichten. Damit wird er vielleicht nicht zu den Gewinnern gehören, aber auf keinen Fall zu den Verlierern.

Kapital ist scheu wie ein Reh, sagte er, als die Quellensteuer in Deutschland eingeführt wurde, die Milliarden von Geldern aus dem Land vertrieb. Den Markt hält er für die wahre Opposition der Regierung.

Leuschels eigenes antizyklisches Investment ist sein Weinkeller. Die 1 500 Flaschen besten Rotweins bescherte ihm 1974 der Ölschock. Der Wein, den sich japanische Kunden eines Weinlieferanten nicht mehr leisten konnten, wurde nach Antwerpen zurückgeschickt und landete auf einer Auktion. Leuschel ersteigerte die Flaschen zu 2 Euro je Stück. Kurs heute: 750 Euro pro Flasche. Zu einem Weinkeller rät er auch seinen Klienten für den Fall eines Crashs. Dazu ein Gewehr und einen Schäferhund.

Marc Faber gehört ebenfalls zu den Crash-Gurus. Er warnte vor dem Kursrutsch an der Wall Street 1987 und prophezeite frühzeitig die Asien- Krise. Der Investmentbanker lebt seit 1973 in Hongkong, wo er eine eigene Investmentfirma führt. Seine pessimistischen Vorhersagen haben ihm den Spitznamen Doctor Doom (Doktor Verhängnis) eingebracht. Aber nicht alles sieht er negativ. Die asiatischen Märkte haben für ihn noch einen langen Anstieg vor sich, und das Potenzial Chinas wird aus seiner Sicht noch stark unterschätzt.

Dr. Edward Yardeni ist der Chefökonom der deutschen Morgan Green- fell, eines Tochterunternehmens der Deutschen Bank in New York. Besonders stolz ist er offensichtlich auf seinen Doktortitel. Wir gönnen es ihm, denn er ist wirklich gut. Schließlich schreibt er monatlich Kolumnen für Zeitschriften rund um die Welt und trat mit seinen Erkenntnissen auch schon in vielen Radio- und Fernsehsendungen auf. Yardeni macht auch sehr viel Eigenwerbung mit seiner Internetseite yardeni*com.

Von nichts kommt nichts. Inzwischen wurde er für diesen Internetauftritt auch schon mehrfach ausgezeichnet, denn er bietet wirklich viele nützliche Informationen und Verknüpfungen. Auch wenn Yardeni lange Zeit optimistisch war, gehört er inzwischen ebenfalls zur Riege der Crash- Gurus, denn er sagt eine langfristig ablaufende Rezession voraus, die 1997 begonnen hat und sich ganz sukzessive rund um die Welt bewegen wird.

Börse für Anfänger – Börsenweisheiten damals und heute

In den vergangenen fünf Jahren hat sich an den Börsen der Welt mehr verändert als in den 100 Jahren zuvor. Da frage ich mich natürlich, welche

der vielen Börsenweisheiten haben heute noch Bestand, welche kann man guten Gewissens in die geschichtliche Ablage legen, und welche gehören in den Papierkorb – deshalb weil sie schon immer Blödsinn waren und es bleiben?

John Kenneth Galbraith sagte einmal: Die Börse ist wie ein Paternoster. Es ist ungefährlich, durch den Keller zu fahren. Man muss nur die Nerven behalten.“ Das mag vielleicht früher so gewesen sein. Heute ist die Börse oftmals wie ein Expressaufzug. Sie schießt nach oben oder nach unten. Wer nicht im Fahrstuhl sitzt, fährt nicht mit. Die Zeiten der gemütlichen Paternoster sind endgültig vorbei. Also, ein schöner Spruch, aber leider Geschichte.

Von John Templeton stammt der Spruch: Die Zeit des größten Pessimismus ist die beste Zeit des Kaufens, die Zeit des größten Optimismus die beste Zeit zu verkaufen. Zu dieser Weisheit gibt es zahlreiche Variationen. Zum Beispiel: Buy on bad news, seil on good news. Kaufe, wenn die Stimmung schlecht ist, und verkaufe bei guter Stimmung. In die gleiche Richtung geht auch der Spruch: Kaufe, wenn die Kanonen donnern. Natürlich haben diese Weisheiten Recht. Man braucht jetzt bloß noch zu wissen, wann der niedrigste Kurs erreicht ist beziehungsweise wann der höchste Kurs bevorsteht. Und genau das verraten einem Weisheiten nicht.

Man sollte auch nie in ein fallendes Messer greifen, was so viel besagt wie: Bei fallenden Kursen nicht zu früh in Märkte einzusteigen, sondern zu warten, bis die Kursbewegung zum Ende gekommen ist. In die umgekehrte Richtung soll der Spruch The trend is your friend weisen, was nicht bedeutet: Mach das, was alle machen, sondern verkaufe bei steigenden Kursen nicht vorschnell. Solche Sprüche wie der oben schon erwähnte Seil in May and go away mögen vielleicht in Zeiten gegolten haben, als die Wirtschaftszyklen noch den Jahreszeiten angepasst waren. Aber wahrscheinlich dürfte die Regel mehr wegen des schönen Reims entstanden sein. Und wenn der Mai als Monat der hohen Kurse gilt, so halten viele den Oktober für den Krisenmonat des Jahres. Beides lässt sich statistisch aber nicht beweisen.

André Kostolany hat im Laufe seines langen Lebens viele Börsenweisheiten zusammengetragen und sie auch noch mit eigenen Erfahrungen und Erkenntnissen ergänzt und erweitert. So stammt von ihm unter anderem der Satz: Viele wundern sich darüber, was an der Börse geschieht. Sie tun es nur, weil sie die Börse nicht kennen. Zum aktuellen Börsengeschehen sagte Kostolany noch kurz vor seinem Tode im Jahre 1999: Die große Gefahr auf den Finanzmärkten ist heute, dass zu viel heißes Geld in Händen ist, die damit nicht umgehen können. Eine alte Börsenweisheit, die Kostolany gern zitierte, ist: Können die Kurse nicht weiter steigen, müssen sie fallen. Das Wichtigste: ein Gespür dafür zu entwickeln, wann der Wendepunkt sein wird. Aber was wäre die Börse ohne Narren! Und was wäre die Börse, wenn ein Supercomputer alles wüsste? Die Antwort von Kostolany auf beide Fragen lautet: Es wäre keine Börse.

In alten Zeiten sagte man, ein Mann verliere seinen Verstand mit seinen letzten 10 000 Gulden. Kostolany behauptet, der deutsche Anleger verliert heute seinen Verstand mit den ersten 5 000 Euro. Man soll nicht glauben, dass die anderen, nur weil sie massiv eine Aktie kaufen, mehr wissen oder besser informiert sind. Ihre Gründe können so unterschiedlich sein, dass es unmöglich ist, daraus Folgen zu ziehen. Und noch zwei griffige Wahrheiten: Die beiden schwersten Sachen an der Börse sind, einen Verlust hinzunehmen und einen kleinen Profit nicht zu realisieren. Am schwersten aber ist es, eine eigene Meinung zu haben, das Gegenteil von dem zu machen, was die Mehrheit tut. Und: Die Börse hängt nur davon ab, ob es mehr Aktien als Idioten oder mehr Idioten als Aktien gibt.

Die folgenden Börsenweisheiten sind ausnahmsweise nicht von Kostolany:

An der Börse wird die Zukunft gehandelt und nicht die Gegenwart. In den täglichen Börsenkursen ist die Erwartung der nächsten Tage bereits enthalten. Die Börse ist schneller als Radio, TV oder die Printmedien. Die New Yorker Börse zum Beispiel verarbeitet Unternehmensinformationen innerhalb von 6 Sekunden in den Börsenkursen. Europa reagiert erst innerhalb von 30 Sekunden. Das sollte man auch bei dem Orderweg beachten. Aktien können Sie am schnellsten online übers Internet oder bei Direktbanken ordern. Bei Banken und kleineren Filialen dauert dies bis zu eineinhalb Tagen. Bedenken Sie: Wenn Banken für Aktien die Werbetrommel rühren, steht nicht der Anleger im Vordergrund.

Tolle Börsengewinne haben Sie nur dann in der Tasche, wenn Sie Ihre Aktien auch wieder verkaufen!

Das Geheimnis jeder richtigen Anlagestrategie liegt darin, den richtigen Zeitpunkt zum Ein- und Ausstieg nicht zu verpassen! Das ist alles. Wenn Sie sich um Ihre Anleihen nicht kümmern, verlieren Sie ein paar Prozent Rendite. Wenn Sie sich um Ihre Aktien nicht kümmern, können Sie alles verlieren.

Für jeden Käufer muss auch ein Verkäufer parat stehen, ansonsten kommt kein Handel zustande. Hin und her – Taschen leer. Handeln Sie nicht zu viel, und üben Sie sich in Geduld. Manche Aktien brauchen einfach Zeit. Aber: Schlechtes Timing lässt sich durch Aussitzen allein selten korrigieren!

Finanzprodukte an der Börse im Überblick

Bisher war im Zusammenhang mit Privatanlegern hauptsächlich von Investitionen in Aktien die Rede. Die Aktie hat so was Althergebrachtes, Solides; sie flößt selbst dem Börsenneuling ein Gefühl von Sicherheit ein. Wem das auf die Dauer zu langweilig wird, für den gibt es noch eine Reihe weiterer Finanzprodukte, von denen manche sicher ausreichend Nervenkitzel bieten. Das muss jedoch nicht sein. Hat man sich erst einmal mit den verschiedenen Möglichkeiten der Geldanlage an der Börse vertraut gemacht, so erkennt man bald, dass hier nicht nur Zocker und Spielsüchtige um das ganz große Ding pokern. Wer Optionsscheine und Derivate lieber in das Reich der Kristallkugeln und Handlinien verbannt sehen möchte, sollte sich doch wenigstens mal ein paar Gedanken über Anleihen oder Fonds machen.

Die Stückaktie: nennwert-, aber nicht wertlos
Für einen Kleinanleger kann es zum Beispiel zur Risikostreuung durchaus wichtig sein, dass er jede Aktie einzeln kaufen kann, um sich so zumindest ein kleines Portfolio aus verschiedenen Werten anzulegen. Das ist dank der Regionalbörsen als Vörreiter inzwischen möglich. Ein Stück zu kaufen, das war früher nicht drin, da mussten es gleich 50 sein, und das ging für manchen allzu sehr ins Geld. Die Ursache für diese Mengenregelung lag im Verwaltungs- und Kontrollaufwand, der durch immer modernere elektronische Handelssysteme so weit verbilligt werden konnte, dass jetzt auch Minitransaktionen kostengünstig auszuführen sind.

Und noch etwas hat sich, für viele Aktionäre unbemerkt, geändert. Heute haben viele Aktien keinen Nennwert mehr. Früher gab es eine 50- Euro-Aktie, eine 5-Euro-Aktie – das ist alles vorbei. Heute kaufen Sie eine Aktie für 20 Euro, und die kostet eben 20 Euro an der Börse, aber es steht kein Nennwert darauf, der Ihnen genau sagt: Mit diesem Wert bist du am Unternehmen beteiligt, und was darüber hinausgeht, ist Kursgewinn. Dennoch erwerben Sie mit dem Kauf einer Aktie nach wie vor eine Unternehmensbeteiligung, und diese richtet sich immer noch nach dem Grundkapital des Unternehmens.

Bis 1998 war es eine zwingende Vorschrift, dass an den deutschen Börsen gehandelte Aktien einen Nennwert haben mussten, der auch auf der Urkunde aufgedruckt war. Eine Aktie im Nennwert von 50 Euro zum Beispiel verbriefte dem Aktionär eine Beteiligung in genau dieser Höhe am Grundkapital der Gesellschaft. Der Kurswert liegt natürlich in der Regel deutlich höher als der Nennwert. Bis zum Jahre 1994 betrug der Mindestnennwert einer deutschen Aktie 50 Euro oder einen höheren Wert, der sich durch 50 teilen lässt, sodass die Aktien vergleichbar blieben. Dann wurde der Mindestbetrag auf 5 Euro herabgesetzt. Seit 1998 ist der Nennwert der Aktien auf einen Euro oder ein Vielfaches davon reduziert, und es wurden erstmals auch in Deutschland nennwertlose Aktien erlaubt.

Der Wert der nennwertlosen Aktie bezieht sich nicht auf einen festen Betrag, sondern auf einen bestimmten Anteil am Grundkapital des Unternehmens. Es existieren zwei Formen: die unechten nennwertlosen Aktien ‚ oder Quotenaktien und die echten nennwertlosen Aktien. Auf echten nennwertlosen steht nur Stück“ auf der Urkunde, deshalb werden sie auch Stückaktien genannt. Es wird weder ein absoluter noch ein prozentualer Anteil am Grundkapital des Unternehmens auf der Aktie angegeben. Die Höhe des Grundkapitals ist variabel und hängt davon ab, wie viel Kapital die Aktionäre eingezahlt haben. In diesem Fall errechnet sich der Anteil, den die einzelne Aktie verbrieft, wie folgt: Man teilt das vorhandene Grundkapital von dem Tag, als die Aktie ausgegeben wurde, durch die Anzahl der ausgegebenen Aktien.

Auf unechten nennwertlosen Aktien steht ebenfalls Stück, zusätzlich wird aber ein fester Quotient angegeben, der den prozentualen Anteil am Grundkapital bezeichnet. Solche Wertpapiere werden deshalb auch Quotenaktien genannt. Bei dieser Form der nennwertlosen Aktie ist die Höhe des Grundkapitals festgelegt. Der Anteil, den die Aktie verbrieft, ergibt sich durch Multiplikation des angegebenen Quotienten mit dem Grundkapital der Aktiengesellschaft.

In Deutschland und anderen europäischen Ländern wurde die bis dahin verbotene nennwertlose Aktie eingeführt, weil vor Beginn der europäischen Währungsunion und vor der Umstellung der Währungen auf den Euro die Aktien im Euroland vergleichbar gemacht werden sollten. Hätte man jeweils die Nennwerte nur in Euro umgerechnet, wären überall krumme Beträge entstanden – nicht nur unpraktisch, sondern auch verboten. Aus einer 50-Euro-Aktie wäre dann eine 25,5646-Euro-Aktie geworden. Viele Aktiengesellschaften haben inzwischen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Stückaktien zu begeben. Und man geht davon aus, dass diese die alten Nennwertaktien früher oder später ganz ablösen werden.

Aktionäre, nutzt eure Rechte!
Ob Nennwert- oder nennwertlose Aktien – für den Aktionär ändert sich eigentlich nichts, denn nach wie vor richtet sich die Zahlung der Dividende nach dem Anteil am Grundkapital, das die Aktie verbrieft, egal, ob dieses nun variabel ist oder fest. Der Aktionär behält die gleichen Rechte, die er vorher auch schon hatte.

Diese sind im Einzelnen:

  • Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung,
  • Auskunfts- und Stimmrecht,
  • Dividendenrecht,
  • Bezugsrecht sowie
  • Recht auf Anteil am Liquidationserlös.

Die in der Regel einmal jährlich stattfindende Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft beschließt über die Verwendung des Bilanzgewinns, also auch darüber, ob und in welcher Höhe eine Dividende gezahlt wird, über die Entlastung des Vorstands und über eventuelle Kapitalerhöhungen beziehungsweise eine Kapitalherabsetzung. Hier hat der Aktionär das Recht auf Auskünfte über die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens. Er darf sich auch an den Abstimmungen zu den Beschlüssen der Hauptversammlung beteiligen, persönlich oder über eine Vollmacht, die er einer anderen Person oder einer Aktionärsvereinigung oder seiner Bank gibt. Macht es euch aber nicht zu bequem, indem ihr anderen das Sagen überlasst! Vergesst, dass ihr auf Hauptversammlungen mehr mit belegten Brötchen als Realdividende statt mit handfesten Daten aus euren Unternehmen zufrieden gestellt wurdet. Alles Vergangenheit. Das Würstchen Aktionär ist heute wer, wie es auch Rolf-E. Breuer vom Primus Deutsche Bank gemerkt hat: Der private Kunde bestimmt das Geschehen. Donnerwetter, was für eine Wende! Aber nun macht auch was draus.

Eine Ausnahmestellung nehmen auf Hauptversammlungen Inhaber von Vorzugsaktien ein. Vorzugsaktien haben in der Regel kein Stimmrecht. Als Ausgleich erhält der Vorzugsaktionär meist Anspruch auf eine höhere Dividende als die der Stammaktien, und er wird bei einer eventuellen Liquidation seines Unternehmens bevorzugt, was in einer solchen Situation sicher nur ein kleiner Trost sein kann. Die Dividende wird normalerweise einmal jährlich nach der Hauptversammlung an alle Aktionäre ausgezahlt, das heißt, wenn genügend Gewinn erwirtschaftet worden ist. Denn sie wird aus dem Bilanzgewinn ausgeschüttet. Und wenn kein oder ein zu kleiner Gewinn erzielt wurde, gibt es auch keine Dividende für die Aktionäre.

Bei einer Kapitalerhöhung wird das Grundkapital einer Aktiengesellschaft durch die Ausgabe neuer Aktien erhöht. Die Aktionäre erhalten entsprechend der Anzahl ihrer alten Aktien ein Bezugsrecht für neue Aktien. Das Bezugsverhältnis wird vorher festgelegt. Bei einem Bezugsverhältnis von beispielsweise 2:1 kann der Aktionär für jeweils zwei alte Aktien eine neue beziehen. Wenn er dazu keine Lust hat, kann er auch seine Bezugsrechte an der Börse verkaufen. Natürlich kann er sich auch weitere Bezugsrechte dazukaufen.

Die Rechte der Aktionäre bestehen so lange, wie es die Aktiengesellschaft gibt. Im Falle ihrer Auflösung kann der Aktieninhaber dann immer noch sein Recht auf Anteil am Liquidationserlös wahrnehmen. Immer mehr Unternehmerfamilien, die sich vor einigen Jahren zum Börsengang entschlossen, haben jetzt die Nase voll von den vielen Berichten, die sie abgeben müssen, von den Analysten, denen sie Rede und Antwort stehen sollen, und von dem Kampf um den Börsenkurs, genannt Kurspflege. Sie wollen sich wieder um ihr Unternehmen kümmern und machen deshalb ein Going private. Dazu gehört im Zweifelsfall auch die Liquidierung der AG. Also kein Thema, das man links liegen lassen sollte.

Alte und neue Finanzprodukte – Chancen und Risiken

Der Markt für Finanzprodukte ist riesig geworden. Das überrollt einen. Da kommt man nicht mehr mit. Es ist unglaublich, was es an Produkten mittlerweile gibt, und alle haben diese unverständlichen Fachbezeichnungen. Aber die Banker sagen: Das wird verlangt, es werden zur Feinsteuerung des Vermögens Produkte, auch Nischenprodukte, benötigt, und zwar in einer Differenzierung, die wir in Deutschland noch nie gehabt haben, die sogar teilweise die amerikanischen Verhältnisse übertrifft.

Möglichst für jede Nische wird ein spezielles Angebot gewünscht, zur Risikoabdeckung oder zur Risikominimierung. Ich beschränke das eine Risiko, indem ich ein anderes aufbaue. So etwas verlangen natürlich vor allem vermögende Kunden, nicht die klassischen Kleinanleger. Von neuen Finanzprodukten haben die meisten Leute ja nur eine sehr unpräzise Vorstellung. Sie haben was gehört oder bekommen was erzählt und glauben schon Bescheid zu wissen. Außerdem frisst Gier den Verstand. Mit tollen Gewinnen kann man fast jeden locken. Es kommt immer wieder vor, dass Leute irgendwelchen Figuren auf dem grauen Kapitalmarkt bares Geld in die Hand drücken: Danke für Ihren Anruf wegen der Warentermine. Ich wüsste nie, wie ich an die Sachen rankomme. Machen Sie doch mal was für mich in Schweinebäuchen und Soja. Hier haben Sie 150 000 Euro. Man ist froh, dass man eine verschwiegene und rentable Anlage für sein Schwarzgeld gefunden hat. Anschließend ist das Geld weg und man traut sich nicht, zur Polizei zu gehen, weil man dann erklären müsste, woher das Geld stammt. – Die Dummen sterben eben nicht aus. Damit Sie nicht auf diese Finanzhaie reinfallen, möchte ich Ihnen einige wichtige Finanzprodukte erklären.

Indexzertifikate: Papiere im Trend
Indexzertifikate sind zurzeit ganz groß im Kommen. Sie gehören bereits zu den Standardprodukten vieler Banken. Wie der Name schon sagt, beziehen sich diese Papiere auf einen Index, wie den DAX, Nemax oder auch andere. Der Anleger kauft aber keine Aktien und auch keinen Anteil an einem Aktienfonds, sondern eine Art Schuldverschreibung der Bank, deren Wertentwicklung von der Entwicklung des Marktes abhängig ist, auf den sich das Papier bezieht. Man kann täglich verfolgen, ob man etwas gewonnen oder verloren hat.

Nur mit Aktien allein könnte man den DAX nicht so genau nachbauen. Durch die unterschiedliche Gewichtung einzelner Unternehmen innerhalb des DAX müsste man im Zweifelsfall auch Bruchteile von Aktien kaufen, was nicht möglich ist. Der Vorteil von Indexzertifikaten besteht für den Investor auch darin, durch die breite Streuung des jeweiligen Index auch mögliche Schwächen einzelner Werte ausgleichen zu können. Indexzertifikate werden schon für 50 Euro pro Stück angeboten und können auch einzeln gekauft werden. Der Anleger sollte sich aber genau die Gebühren seiner Bank anschauen, damit sie in einem vernünftigen Verhältnis zu seiner Anlage stehen. Mit monatlichen Sparraten kann man kontinuierlich in Indexzertifikate investieren, was auch für Börsenneulinge eine praktikable Anlageform darstellt.

Besonders seit der Halbierung des Sparerfreibetrags ist das Interesse an Indexzertifikaten weiter gewachsen, berichtet die Bankgesellschaft Berlin AG. Das Institut bietet zurzeit 26 verschiedene Indexzertifikate, womit es zu den führenden Anbietern in diesem Bereich zählt. Nicht alle Banken geben eigene Indexzertifikate heraus, sie können aber bei jeder Bank gekauft werden. Die Zertifikate werden an der Börse gehandelt und lassen sich wie Aktien jederzeit verkaufen. Gegenüber Aktienfonds haben Indexzertifikate einen deutlichen Vorteil: Sie sind wesentlich billiger. Ausgabeaufschläge entfallen ebenso wie die Kosten des Fondmanagements (nicht nur erfolgreiche Fondmanager beziehen ein üppiges Gehalt!). Für Kauf und Verkauf verlangen die Banken Spesen zwischen 0,2 und 0,5 Prozent und damit bis zu 6 Prozent weniger, als bei Fonds anfallen. Bis vor kurzem hatten die Indexpapiere einen Nachteil: ihre begrenzte Laufzeit. Wenn diese endete und das Geld erneut in ein Zertifikat investiert werden sollte, fielen auch erneut Erwerbskosten an. Inzwischen gibt es jedoch auch Zertifikate ohne feste Laufzeit, Endlos- oder Open-End-Zertifikate genannt. Die ABN Amro Bank war die erste, die solche unbefristeten Zertifikate anbot. Inzwischen werden sie auch von anderen Banken herausgegeben, so von der Bankgesellschaft Berlin, der Commerzbank und UBS Warburg. Wie bei Aktien oder Fonds sind bei Indexzertifikaten die Kursgewinne steuerfrei, wenn man die Spekulationsfrist von einem Jahr einhält. Während bei Aktien und Fonds die Erträge aus ausgeschütteten Dividenden jedoch versteuert werden müssen, sind diese Gewinne bei Zertifikaten ebenfalls steuerfrei.

Anleihen — die Berechenbaren
Wer Aktien hält, ist im Prinzip Unternehmer, nur dass er nicht an den täglichen Entscheidungen mitwirkt. Die überlässt er seinem Vorstand. Er profitiert von den Erträgen des Unternehmens (Dividende), die aber keinesfalls garantiert sind, und von den Erfolgen (Kursgewinne). Wer eine Anleihe kauft, wird dagegen zum Geldverleiher, also zum Gläubiger. Die Anleihe verbrieft das Recht auf Rückzahlung der Geldforderung zuzüglich einer Verzinsung. Anleihen werden von Kreditinstituten, der öffentlichen Hand und von Unternehmen begeben. Sie dienen der langfristigen Kreditfinanzierung. Anleihen werden auch als Renten, fest verzinsliche Wertpapiere, Bonds, Schuldverschreibungen oder Obligationen bezeichnet. Sie haben einen Nennwert, der die Höhe der Geldforderung angibt und die Grundlage der Verzinsung bildet. Außerdem ist die Laufzeit von vornherein festgelegt, der Schuldner nimmt nach deren Ende die Anleihe zum Nennwert zurück. Anleihen werden aber an der Börse gehandelt, und man kann sie vor dem Ende der Laufzeit über die Börse verkaufen.

Anleihen können zu pari, das heißt zum Nennwert, unter pari, das heißt unter dem Nennwert, oder über pari begeben werden. Der Ausgabekurs liegt umso näher am Nennwert, je mehr der Anleihezins dem aktuellen Marktzins entspricht. Der Kurs einer Anleihe ergibt sich aus Angebot und Nachfrage am Markt, er kann über oder unter dem Nennwert liegen. Somit hat der Inhaber die Chance, neben der Verzinsung auch noch Kursgewinne zu erzielen.

Entscheidend für die Geldanlage in einer Anleihe ist also nicht nur die vorher vereinbarte Verzinsung auf den Nominalbetrag, sondern die so genannte effektive Verzinsung. Sie errechnet sich aus der Restlaufzeit, dem Kaufkurs und dem Rückzahlungskurs. Hauptunterscheidungsmerkmal bei verschiedenen Anleihen ist ihre Verzinsung. Bei Nullkupon-Anleihen beispielsweise erhält der Anleger keine Zinsen, dafür werden sie deutlich unter ihrem Nennwert ausgegeben und, wenn sie fällig sind, zum Nennwert zurückgenommen. Der Gewinn des Anlegers ergibt sich aus der Differenz zwischen Ausgabekurs und Nennwert und fällt also erst am Ende der Laufzeit an. Bei anderen Anleihen ist von vornherein eine feste Verzinsung in bestimmter Höhe vereinbart. Sie werden Anleihen mit festem Zinskupon genannt, weil die gleich bleibenden Zinsen als so genannte Zinskupons der Anleihe beigelegt werden. Als dritte Anleiheart gibt es die so genannten Floater mit variablen Zinsen, wobei Ober- und Untergrenzen angegeben werden können oder eine Anlehnung an andere Zinssätze vorgenommen wird.

Anleihen sind eine vergleichsweise risikoarme Geldanlage. Der Inhaber kann sein Forderungsrecht auf Rückzahlung auch im Falle eines Konkurses des Schuldners geltend machen. Das Risiko eines Totalverlusts ist bei Schuldnern mit guter Bonität gering. Das trifft aber nicht auf alle Schuldner zu. Es gibt spezielle Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Rating-Agenturen, die im Auftrag der Institutionen oder Unternehmen, die am Anleihemarkt Anleihen auflegen wollen, deren Bonität prüfen. Sie untersuchen, ob diese in der Lage sind, ihren Zahlungsverpflichtungen vereinbarungsgemäß nachzukommen oder ob in dieser Hinsicht ein Risiko besteht, und klassifizieren die Anleihen entsprechend. Die bekanntesten Rating-Agenturen sind Moody’s und Standard & Poor’s.

Die höchste Stufe der Bonität wird bei Moody’s mit Aaa bezeichnet, bei S&P mit AAA,. Mittlere Bonität trägt bei Moody’s die Bezeichnungen Al bis Baa3, bei S&P A+ bis BBB-. Wenn Sie bei Moody’s Caa, Ca, C lesen oder bei S&P CCC+, CCC, CCC-, D, dann sollten sie die Finger von den Anleihen lassen, denn das sind die Bezeichnungen für geringe Bonität.

Bei den Anleihen gilt die Faustregel: Je höher die Bonität, desto geringer die Rendite, je niedriger die Bonität, desto höher die versprochene Rendite. Sonst würde ja keiner die risikoreichen Papiere kaufen. An der Spitze der hoch spekulativen Anleihen stehen die Junkbonds. Sie werden von Unternehmen ausgegeben, die aufgrund ihrer bereits bestehenden hohen Verschuldung keine weiteren Bankdarlehen aufnehmen können beziehungsweise denen auch keine Emission von normalen Anleihen mehr möglich ist. Nicht umsonst heißen Junkbonds übersetzt Ramsch-, Schrottoder Abfallanleihem. Wer die kauft, geht ein Totalrisiko ein. Vorsicht ist immer angesagt, wenn Ihnen jemand als Geheimtipp Anleihen mit Superzinsen anbietet. Wenn man sich auf Schuldner mit guter Bonität beschränkt, das sind natürlich vor allem die öffentliche Hand, Banken und solide Unternehmen, dann eignen sich Anleihen gut für weniger risikofreudige Anleger. Sie lassen sich ziemlich exakt auf die eigenen Wünsche zuschneiden und besser kalkulieren als zum Beispiel Aktien. Denn man weiß im Voraus, wann man sein Geld zurückbekommt und welche Zinsen anfallen. Anleihen bringen in der Regel eine höhere Rendite als Spareinlagen, Sparverträge, Festgeld, Sparbriefe, aber kurzfristig in den meisten Fällen eine geringere als Aktien.

Optionsscheine – nur was für Zocker

Optionsscheine oder Warrants finden vor allem bei jüngeren Leuten wachsendes Interesse. Der Reiz liegt darin, dass man mit relativ geringem Einsatz sehr hohe Gewinne erzielen kann und die Verluste trotzdem auf den Wert dieses Scheines begrenzt sind. Optionsscheine sind rechtlich Wertpapiere, die an den Wertpapierbörsen gehandelt werden, und dürfen nicht verwechselt werden mit Optionen (Trade-Options), die Finanzierungsinstrumente sind und deren Handel an den Terminbörsen stattfindet. Ein Optionsschein ist ein Wertpapier, das Ihnen das Recht einräumt, eine bestimmte Zahl von Aktien oder anderen Wertpapieren zu einem festen Preis innerhalb einer bestimmten Frist (amerikanische Version) oder zu einem bestimmten Zeitpunkt (europäische Version) zu kaufen. Sie haben das Recht, aber nicht die Pflicht, von Ihrem Recht Gebrauch zu machen. Wird das Recht bis zur Fälligkeit nicht ausgeübt, erlischt es. Der Optionsschein ist dann wertlos und der Einsatz futsch.

Optionsscheine sind entweder Bestandteil einer Optionsanleihe, dann heißen sie Issue linked Warrants, oder sie werden als eigenständige Emission platziert, als so genannte nackte Optionsscheine. Bei Covered Warrants oder gedeckten Optionsscheinen stammen die zugrunde liegenden Aktien nicht aus einer Kapitalerhöhung, sondern aus eigenen oder fremden Kundenbeständen von Banken und Wertpapierhandelshäusern. Die Laufzeiten der gedeckten Optionsscheine sind relativ kurz und liegen meist zwischen zwölf und achtzehn Monaten. Issued linked Warrants stehen immer im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft.

Optionsscheine sind etwas für spekulative Anleger, die auf Kursveränderungen setzen. Das Interessante daran ist die so genannte Hebelwirkung. Damit bezeichnet man die im Verhältnis zum Kaufpreis des Optionsscheins außerordentlich hohe Rendite, die dann möglich wird, wenn sich der Kurs stark in die mit dem Optionsschein vorgegebene Richtung entwickelt. Der Wert des Optionsscheins verändert sich nämlich nicht parallel zum Wert der Aktie, auf den er sich bezieht, sondern seine Wertsteigerung nimmt im Verhältnis zu seinem Preis einen progressiven Verlauf, wenn die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das Optionsrecht tatsächlich ausgeübt wird. Das ist dann der Fall, wenn die Differenz zwischen dem im Schein vereinbarten Preis und dem Aktienkurs zunimmt. Die Einflussfaktoren und Mechanismen, die auf den Wert von Optionsscheinen einwirken, bis sie eingelöst werden dürfen, sind meist noch komplexer als bei der Aktie selbst und in der Regel nicht vorherzusagen.

Fonds: die Renner
Immer mehr Deutsche kaufen Fondsanteile. Privatanleger zahlten im Jahr 2000 58,2 Milliarden Euro in die Kassen der deutschen Fondsgesellschaften ein. Ein Jahr zuvor waren es nur 45,6 Milliarden Euro gewesen. Insgesamt verwaltete die deutsche Investmentbranche nach Angaben des BVI – Bundesverband Deutscher Investment-Gesellschaften – Ende 2000 immerhin 423,6 Milliarden Euro in Publikumsfonds. Damit hat sich das Fondsvermögen aller Publikumsfonds innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppelt. Kein Wunder, dass in dieser Branche die Champagnerkorken knallten. Immerhin war das Jahr 2000 trotz der heftigen Börsenturbulenzen für die deutschen Fondsgesellschaften ein Rekordjahr.

Das beste Neugeschäft mit den Privatanlegern machte die Deka Investment Management GmbH, ein Unternehmen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands und der Landesbanken. Sie nahm 18,9 Milliarden Euro ein. Das überrascht nicht, wenn man bedenkt, wer sich alles um den Vertrieb bemüht. An zweiter Stelle stand die Union Investment, die Investmentgesellschaft der Genossenschaftsbanken, mit 15,1 Milliarden Euro Neugeschäft. Die Deutsche-Bank-Tochter DWS Investment GmbH kam mit 10,3 Milliarden Euro auf Platz drei. Das deutsche Geschäft mit Publikumsfonds liegt fest in den Händen von vier großen Instituten. Die DWS verwaltet ein Vermögen von 90,2 Milliarden Euro und hat einen Marktanteil von 22 Prozent. Dicht folgt ihr die Deka, die ein Vermögen von 75,7 Milliarden Euro verwaltet und damit einen Marktanteil von 20,2 Prozent auf sich vereinigt. Auf Platz drei steht die Union Investment. Sie hat 59,5 Milliarden Euro unter Verwaltung und einen Marktanteil von 15,8 Prozent. Die zur Dresdner Bank gehörende DIT (Dresdner Investment Trust) waltet über ein Vermögen von 50,9 Milliarden Euro, das entspricht einem Marktanteil von 12 Prozent.

In Deutschland boomte aber auch der Börsenhandel von Fonds. Während im April 2000 noch ein Umsatz von 82,6 Millionen Euro gemacht wurde, lag er im Januar 2001 schon bei 2,622 Milliarden Euro. Der beliebteste Titel war der DAX Ex, der den DAX abbildet, mit einem Umsatz von allein 1,268 Milliarden Euro. Der Dow Jones Euro Stoxx 50 Ex brachte es immerhin auf 470,8 Millionen Euro, gefolgt vom LDRS Dow Jones Euro Stoxx 50 mit 264,9 Milliarden Euro. Die im BVI zusammengeschlossenen Fondsgesellschaften verwalteten Ende 2000 1873 Publikumfonds. 357 wurden davon im Jahr 2000 neu aufgelegt, so viele wie nie zuvor. Unter all diesen Fonds sind die Aktienfonds die absoluten Renner.

Während noch vor fünf Jahren 56 Prozent des Fondsvermögens aller Publikumsfonds auf Rentenfonds entfielen und nur 13 Prozent auf Aktienfonds, machen jene nunmehr 50,2 Prozent des gesamten Fondsvermögens von 423,6 Milliarden Euro aus. Im Mittelpunkt des Interesses der Privatanleger standen international anlegende Fonds und bestimmte Branchenfonds, wie zum Beispiel Biotechnologie, Technologie und Internetwerte. Aber Achtung, nicht alle Branchen haben sich gleich gut entwickelt und daran wird sich wohl auch in Zukunft nichts ändern.

Best-Price-Prinzip an der Börse – sparsam und effektiv

Mit dem Best-Price-Prinzip waren die Stuttgarter die Ersten, die den Anlegern einen Aktienpreis garantierten, der mindestens so günstig ist wie der Xetra-Preis. Inzwischen haben das alle nachgemacht – zum Vorteil der Anleger und um den Umsatz zu fördern. Stuttgart hat in der Vergangenheit unter anderem dafür den Titel -beste Börse Deutschlands- erhalten und möchte diese Auszeichnung auch in Zukunft behalten. Deshalb wurden Ende 2000 neue Dienstleistungen für Privatanleger angeboten. Im Zentrum der neuen Offensive steht das Intelligent Quote System. Es soll dem Anleger die exklusive, bestmögliche Ausführung seiner Wertpapieraufträge ermöglichen.

Wesentliche Bausteine sind vollautomatische Limitkontrollsysteme und die Erweiterung des Best-Price-Prinzips auch auf ausländische Börsen, und zwar zunächst für die Eurostoxx-50-Werte, das sind die 50 führenden europäischen Aktien. Wenn zum Beispiel ein Anleger Nokia- oder Unilever-Aktien kaufen will, erhält er sie an der Stuttgarter Börse mindestens zu dem Preis, den er an den so genannten Heimatmärkten, hier in Helsinki oder Amsterdam, hätte zahlen müssen. In der Regel sind nämlich die Aktien am Heimatmarkt billiger als an anderen Börsen, ganz einfach weil dort mehr davon vorhanden sind. Das bedeutet, die Anleger müssen sich nicht mehr um unterschiedliche Handels- und Abwicklungsmodalitäten sowie Abwicklungskosten auf verschiedenen, auch ausländischen, Märkten kümmern. In Stuttgart suchen so genannte Personal Order Guides auf den wichtigen Märkten für das jeweilige Wertpapier den jeweils günstigsten Preis und führen die Order zu diesem Preis aus. Die Personal Order Guides werden mit Eintreffen einer Order aktiv. Jeder Auftrag wird sofort unter Mithilfe vollelektronischer Limitkontrollsysteme auf seine Ausführbarkeit untersucht. Besteht bei Auftragseingang keine Möglichkeit zum An- und Verkauf, wird die Order während der gesamten Handelszeit permanent elektronisch auf Ausführung überprüft.

Alle im Zuge einer Auftragsausführung angesammelten Daten stehen der Handelsüberwachung beziehungsweise der Börsenaufsicht zur Verfügung. Darüber hinaus können die Anleger selbst die Arbeit der Personal Order Guides überprüfen. Die entsprechenden Daten sind im Internet abrufbar. Ende 2000 hat die Börse Stuttgart ihr Internetangebot boerse-stuttgart*de weiter verbessert. Als erste Börse in Deutschland bietet sie über ihre Website eigene Echtzeitkurse an. Anleger können kostenlos in Realtime darauf zugreifen. Sie müssen sich lediglich registrieren lassen. Die Kursentwicklungen anderer Börsen werden allerdings noch zeitverzögert dargestellt – ein technisches Problem oder Absicht? Kursgrafiken und Nachrichten zu den jeweiligen Aktienkursen gibt es ebenfalls in ausreichender Zahl.

Darüber hinaus können die Anleger ihr persönliches Portfolio zusammenstellen und über eine Watch-Liste permanent im Auge behalten. Aktuelle Nachrichten über das Geschehen an den Märkten sowie ein Kurslaufband runden das Angebot ab. Für Börsenvorstand Dr. Peter Ladwig ist dieses nur ein erster Schritt. Da das Bedürfnis des Privatanlegers nach umfassender und neutraler Information ständig zunimmt, will er sein Internetangebot noch wesentlich verbessern und erweitern.

Frankfurter Börse: die Macht am Main
Wer hätte das gedacht: Auch der Marktführer am Main, lange mit großen Plänen für internationale Allianzen und sogar Fusionen beschäftigt, hat den Kleinanleger entdeckt. Als Kunden und sogar als Aktionär, denn die Frankfurter Börse ist jetzt selbst an der Börse und kann ge- und verkauft werden. Das war noch vor einigen Jahren undenkbar. Aber: Immer noch 80 Prozent aller Transaktionen im traditionellen Parketthandel (außer Xetra) entfallen auf Privatleute, und die will man halten und nicht an die Regionalbörsen abwandern lassen. Seit Februar 2001 bietet deshalb auch die Frankfurter Börse wie die Regionalbörsen in Berlin, Düsseldorf und Stuttgart ein spezielles Internetportal für den Privatanleger, und zwar unter neuermarkt*com. Abzurufen sind in Echtzeit die Kurse der deutschen Börsen und zumindest zeitnahe Kurse von den wichtigsten internationalen Märkten sowie aktuelle Nachrichten, daneben gibt es Links zu ausgewählten Onlinebrokern. Bisher gehören dazu Comdirect, Entrium Direct Bankers, Eqonline und die 1822direkt. Diese Dienstleistungen sind kostenlos. Demnächst soll der Kleinanleger auch die Möglichkeit erhalten, Analystenreports herunterzuladen, was aber kostenpflichtig sein wird.

Ein Blick ins Orderbuch gefällig?
Über Xetra Life kann nun der Kleinanleger in das Xetra-Orderbuch schauen, muss dafür allerdings eine Anmeldegebühr von 25 Euro und außerdem 46,50 Euro monatlich für die Nutzung zahlen. Hier kann man verfolgen, mit welchen Stückzahlen und zu welchen Preisen ein Wertpapier aktuell nachgefragt oder zum Verkauf angeboten wird. Damit ist man fast dem Profi gleichgestellt – aber nur fast. Denn für den Privatmann oder die Privatfrau gibt es für jede Aktie nur jeweils die fünf besten Verkaufs- und Kaufangebote, der Profi kann alle vorhandenen Orders sehen. Aber der Kleinanleger kann ja zusätzlich noch die Zahl der gehandelten Aktien eines Unternehmens abrufen, den aktuellen Kurs sowie Tageshöchst- und -tiefststände.

Durch solche Informationen wird er in die Lage versetzt, seinen eigenen Auftrag besser zu limitieren, und er kann einschätzen, welche Limits überhaupt realistisch sind. Und weil er auch sieht, wie viel Stück einer bestimmten Aktie zum Verkauf angeboten werden, kann er bis zu einem gewissen Grade einen Trend erkennen. Eine große Anzahl auf der Briefseite, also der Verkaufsseite, kann auf einen Abgabedruck und fallende Kurse hinweisen. Direkt handeln kann der Privatanleger über Xetra Life aber noch nicht, der Auftrag selbst läuft weiter über einen Broker oder eine Bank. Auch eine Best-Price-Garantie, wie sie die Regionalbörsen bieten, gibt es in Frankfurt nicht.

Als weiterer Service für Privatanleger soll Mitte 2002 auch in Frankfurt die Mindestauftragsgröße für Xetra-Orders im Bereich der DAX- und MDax- Werte von derzeit in der Regel 100 Stück auf eine Aktie gesenkt werden. Für den Parketthandel soll als Erwiderung der von Berlin angekündigten Halbierung der Maklercourtage eine Servicegebühr eingeführt werden, die die Maklercourtage ersetzt, über deren Höhe aber noch nichts bekannt ist. Beim Xetra-Handel entfällt diese Gebühr ja sowieso. Wenn es schon die Deutsche Börse AG in Frankfurt nicht tut, so werden die Frankfurter Kursmakler demnächst auf eigene Faust ein System anbieten, das eine Best-Price-Garantie gibt. ICF, der Zusammenschluss aus neun amtlichen Kursmaklern in Frankfurt, baut als Erster in seiner Branche ein eigenes elektronisches außerbörsliches Handelssystem (Electronic Communications Network = ECN) auf. Ab April 2001 wollen sie über das ICF German Trading System den besten Preis für rund 500 Aktien an allen deutschen Parkettbörsen und Xetra garantieren, und zwar für Orders in Höhe von bis zu 50 000 Euro. Dabei soll keine Maklercourtage anfallen. Privatanleger können diesen Service ebenfalls nur über ihre Bank oder einen Broker in Anspruch nehmen.

Börsen an der Börse
In der Branche gab es bisher weltweit nur zwei börsennotierte Unternehmen, die schwedische Börsengesellschaft OM Gruppen und die australische Börse. Als die Deutsche Börse Ende Januar 2001 ihre Aktien an den Mann bringen wollte, bemühte sie sich auch um den Kleinaktionär, obwohl der Ausgabepreis mit 335 Euro eigentlich ziemlich hoch war. So stand zum Beispiel tagelang ein Truck vor dem Börsengebäude in Frankfurt, und man konnte nicht daran vorbeikommen, ohne aufgefordert zu werden, doch auf den DAX zu wetten. Und es waren keine seriös auftretenden Herren im dunklen Anzug, welche die Vörbeigehenden ansprachen, sondern smarte Youngsters in Sweatshirt und kurzem Blouson, wie sie sonst in Promotiontruppen für Lifestyleprodukte auftreten. Insgesamt wurden 3,2 Millionen Aktien verkauft, und das Orderbuch war 23fach überzeichnet. Nach Abzug der Aktien, die die Altaktionäre bezogen haben, und derjenigen, die für Mitarbeiter der Deutsche Börse AG reserviert waren, verblieben 2,75 Millionen Aktien, die zu 80 Prozent an institutionelle und zu 20 Prozent an private Kleinanleger gingen.

Obwohl man sich nach außen sehr demonstrativ um den Kleinanleger bemühte, war die wichtigste Zielgruppe aber nicht das breite Publikum, wie Börsenchef Seifert schließlich zugab. Er würde vor allem gern große amerikanische Brokergesellschaften, Fonds und Versicherungen als neue Anteilseigner begrüßen sowie Technologie- und Medienunternehmen, insbesondere die, welche Börseninformationen verbreiten. Also nach Möglichkeit nur solche Investoren, die selbst mit der Börse als Kunde ihr Geld verdienen. Warum? Weil die nicht an einer Dividende interessiert sind wie viele Kleinaktionäre. Seifert sagte wörtlich: Mein Ziel ist ganz klar, dass die Aktionäre keine Dividende haben wollen, sondern alles Geld in der Company lassen, weil es einfach besser angelegt ist. Apropos Dividende, früher wurde darüber noch anders gedacht. Nur zur Erinnerung, die Deutsche Börse AG wurde bereits 1992 gegründet. Da gab es aber keine Kleinaktionäre, die Anteile lagen zu 85 Prozent bei Banken, Sparkassen und anderen Finanzdienstleistungsinstituten, zu 10 Prozent bei den Regionalbörsen und zu 5 Prozent bei den Kursmaklern. Und es war üblich, die Gewinne immer ganz an die Aktionäre zu verteilen. Diese Zeiten sind vorbei, erklärte der Börsenfinanzchef Mathias Hlubek. Man werde sich bei künftigen Dividenden an Unternehmen orientieren, die bei Größe, Entwicklung, Wachstums- und Gewinnperspektiven mit der Frankfurter Börse vergleichbar sind. Nachtigall, ick hör dir trapsen!

Die Fondsmanager – Vollstrecker des Shareholder-Value

Die Fondsmanager sind Volkswirte, Betriebswirte, Mediziner, Mathematiker oder Physiker; sie bewegen täglich mehrere Millionen, arbeiten als Fondsmanager weitgehend frei von interner Einflussnahme; sie sind manchmal Einzelkämpfer und fast immer die unumschränkten Herrscher über die von ihnen zu verwaltenden Branchen- oder Länderfonds; sie sind zum Erfolg (Performance) verdammt und im Schnitt 35 Jahre alt – so jedenfalls bei der Nummer drei (nach DWS und Deka) der deutschen Investmentfondsgesellschaften, der zum Genossenschaffsverbund gehörenden Union Investment.

Einmal am Tag trifft sich dort der Fonds-Stab der rund 20 Experten zum Strategiegespräch. Wer am Vortag wichtige Besuche absolvierte (Hauptversammlungen oder Interview mit dem Finanzvorstand einer Aktiengesellschaft), muss Bericht erstatten: Honigsaugen aus allem für alle. Nach rund einer Stunde geht’s ans Tagesgeschäft – Managen der Fonds von Chemie, Konsum, Pharma, Osteuropa, Japan, Bau/Transport/Verkehr bis Technologie, Telekommunikation oder Software/Internet.

Wie viel am Tag an der Börse bewegt wird, hängt von der Marktsituation, den Zu- und Abflüssen von Anlegergeldern (Netto-Zufluss pro Tag von 2 Millionen Euro bis über 20 Millionen als Spitzenwert) und auch davon ab, ob ein Einzelwert in einem Fonds die Marke von 10 Prozent am Gesamtvolumen überschritten hat. Ein Unternehmen darf pro Fonds maximal 10 Prozent einnehmen, das ist die vorgeschriebene Regel, um die Risiken breit zu streuen.

Das Einstiegsgehalt für die Garde der Fondsmanager liegt bei rund 50 000 Euro im Jahr und geht bis 100 000 Euro. Was der in einschlägigen Medien als Börsengum für den Neuen Markt gefeierte, 1970 in Griechenland geborene Wassili Papas als Manager der Dynamic-Fondsflotte (inklusive Neuer Markt) im Jahr mitnimmt, ist Union-Geheimnis.

Immerhin bewegt der in den USA in Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und auch Philosophie Ausgebildete (mit MBA-Zusatz) pro Tag bis zu 20 Millionen Euro an Anlegergeldern. Und das ohne einen Stab an Mitarbeitern, ganz solo und nur der Zielerreichung verpflichtet, die einmal im Jahr mit der Führung der Union definiert wird. Wer sie schafft, kriegt außer Schulterklopfen noch die Prämie, die aus dem Topf aller Fondsmanager gespeist wird. Jeder muss dafür aus seinem Monatsentgelt einen Teil abzweigen.

In anderen Fondsgesellschaften ist es ähnlich. Fondsmanager sind die Vollstrecker des Shareholder-Value. Deshalb treten sie auf den Hauptversammlungen auch so massiv auf. Schließlich müssen sie sich für die Interessen ihrer Fonds-Anteilseigner stark machen und damit auch für die der anderen Anleger. Shareholder-Value, mehr Wert für den einzelnen Anteilseigner, ist das Zauberwort, obgleich Fondsmanager ja eigentlich Stackholder sind, also die Vertreter der großen Unternehmensanteile.

Das führte so weit, dass eine große Bank einen ihrer führenden Fondsmanager klammheimlich aus dem Verkehr gezogen hat, indem man ihm eine andere Position anbot. Der war nämlich auch gegenüber Unternehmen, an denen die Bank beteiligt war und im Aufsichtsrat saß, massiv aufgetreten. Das war denen dann doch ein bisschen zu viel an Interessenkollision.

Aber es zeigt, dass die Fondsmanager auch in einem brutalen Wettbewerb untereinander stehen und deswegen gnadenlos ihre Interessen vertreten müssen. Ihre Kunden können ja aufgrund von Performance-Listen, die überall verfügbar sind, jederzeit bequem ablesen, wer vorn liegt. Also müssen die Fondsmanager logischerweise massiv die Interessen der Anleger vertreten, um denen ihre Fondsanteile zu verkaufen.

Dazu passt die Aussage eines Fondsmanagers: Ich verlasse mich doch bei einem Unternehmen nicht nur auf das Urteil von fremden Analysten. Wir gehen da selbst hin. Und dann fordern wir den Finanzvorstand auf, uns das Gleiche, was er einem Analysten vielleicht gesagt hat, noch mal genau zu erklären. Schließlich sind wir Großinvestoren. Wir vertreten bei manchen Unternehmen Beteiligungen in einer Größenordnung, die uns schon sehr selbstbewusst macht, und dann erscheinen wir da auch mit drei Mann. Wenn man uns nicht empfängt, ist das Unternehmen fast weg vom Fenster!

Also kann sich kein börsennotiertes Unternehmen heute leisten, sich mit einem großen Investmentfonds wie auch immer anzulegen. Harte Fragen sind mit harten Fakten zu beantworten, und das in äußerst knapper Zeit.

Das ist neu für viele Unternehmen und ihren Finanzvorstand. Mancher muss von seinem Zehn- oder Zwölfstundentag fast acht Stunden für Investor Relations aufbringen. Neben Fondsmanagern ruft Analyst X von der Bank Y an, alles im Sinne von: Ich will’s aber jetzt von Ihnen genau wissen. Die Anleger haben ein Recht darauf.

Das neue Selbstverständnis der Fondsmanager: Sie sind nicht nur Verwalter, sondern Kämpfer für den Anleger. Das hat es früher in dieser Form nicht gegeben. Da wurden die Millionen verwaltet und irgendwo angelegt. Jetzt dagegen sind sie knallhart gefordert. Ein Fondsmanager, der pro Jahr 300 Unternehmensgspräche führt, ist keine Ausnahme. Das schafft kein Einzelkämpfer mehr. Also wird ein eingespieltes Team immer wichtiger.

Und worum geht’s bei den Unternehmensgesprächen? Man möchte nicht nur schicke Charts präsentiert bekommen. Der Markt ist wichtig, in dem sich das Unternehmen bewegt. Wie steht es in diesem Umfeld? Klare Aussagen dazu. Und: Die Erfahrung des Managements zählt, die persönliche Chemie untereinander. Wenn der Vorstandsvorsitzende und sein Finanzvorstand nicht miteinander können, lassen viele Fondsmanager gleich die Finger von den Aktien. Es werden also Eindrücke und Fakten gesammelt, die dem privaten Anleger nicht zugänglich sind. Erst dann wird entschieden, ob man die Aktien ins Portfolio nimmt.

Weltweit kontrollieren die Aktien-, Renten- und Geldmarkt-Fondsmanager 12 Billionen Euro. Bei den hohen Anlagesummen können sie durch massive Verkäufe oder Käufe bestimmter Aktien die Börsenkurse in die eine oder andere Richtung in Bewegung setzen. Und dies vor allem bei Aktien von kleineren Unternehmen. So konnte man 2000 am Neuen Markt deutliche Kurssenkungen erkennen, als sich die größeren Fonds von dort zurückgezogen haben.

Früh raus, rechtzeitig rein, so ist die alte Regel. Das ist die Formel, nach der die erfolgreichen Fonds im Jahr 2000 handelten. Die Formel billig einkaufen, teuer verkaufen ist eine Binsenweisheit, aber die haben viele mit Stock Picking befolgt. Das Hauptinteresse der Fondsmanager besteht eben darin, die Wertentwicklung ihres Portfolios voranzutreiben.

Und weil die Kleinanleger, die ja bevorzugt Fondsanteile kaufen, den anonymen Gesellschaften misstrauen, mussten die verantwortlichen Fondsmanager immer selbst in die Öffentlichkeit gehen. Menschen statt Institutionen. Der Erfolg war, dass sie plötzlich zu Gurus wurden, obgleich sie das gar nicht sein wollten.

Die Investmentbanker – Baumeister der Firmenlandschaft

Fusionen und Übernahmen werden auch in Zukunft das Wirtschaftsgeschehen ganz entscheidend bestimmen. Dabei agieren meist nur die Vorstände der beteiligten Firmen in der Öffentlichkeit. Die eigentlichen Akteure – das sind die Investmentbanken und ihre Fachleute – bleiben im Hintergrund. Auf deren Know-how und Verbindungen können die Konzernchefs nämlich nicht verzichten, wenn sie Zukäufe oder Fusionen planen oder Konzernteile abstoßen wollen.

Die Aufgaben einer Investmentbank sind breit gestreut: Sie führt Firmen an die Börse, berät Unternehmen bei Umstrukturierungen, bei Fusionen und beim Kauf oder Verkauf von Firmen und Firmenteilen und bietet ihnen verschiedenste Finanzierungsformen. Dafür erhält sie von den Unternehmen Provisionen, die sich am Wert des getätigten Geschäfts orientieren.

Auch im Jahr 2000, in dem die Anleger viele Milliarden verloren haben, konnten die drei führenden Investmenthäuser Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter und Merrill Lynch zusammen ein Spitzenergebnis von mehr als 12 Milliarden Dollar einfahren. Das waren gut 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Laut Manager Magazin  hat Morgan Stanley Dean Witter im Jahr 2000 5,5 Milliarden Dollar Gewinne gemacht, Goldman Sachs 3,1 Milliarden und Merrill Lynch 3,8 Milliarden Dollar.

Lohnende Geschäße
Die Geschäftsbereiche der Investmentbanken sind Mergers & Acquisitions (Fusionen und Zukäufe), Trading (Eigenhandel), Sales (Verkauf), Research und Corporate Finance (Unternehmensfinanzierung). Selbst die deutschen Banken benutzen nur noch die englischen Ausdrücke dafür.

Mit Mergers & Acquisitions (M&A) lässt sich am besten Geld verdienen, weil hier besonders große Werte bewegt werden, wonach sich auch der Verdienst der Banken richtet. Die Banker beraten Unternehmen bei Fusionen, Akquisitionen und Verkäufen. Aufgrund ihrer weltweiten Verbindungen können sie geeignete Übernahmekandidaten oder Käufer finden und die Kontakte zwischen den Unternehmen hersteilen. Die Investmentbanken führen dann die Vertragsverhandlungen, arbeiten entsprechende Verträge aus und sorgen schließlich auch für die Finanzierung.

Besonders gutes Geld haben die Investmentbanken in der jüngeren Vergangenheit bei den Großfusionen verdient, aber auch jeder Konzern, der eine Umstrukturierung plant, sowie mittelständische Unternehmen, die eine passende Firma zukaufen wollen, sind auf die internationalen Kontakte der Investmentbanker angewiesen.

Der Tradingbereich ist für den Handel von Aktien, Anleihen, Derivaten und Devisen zuständig, und zwar an den internationalen Kapitalmärkten. Im Salesbereich findet der Verkauf von Finanzprodukten an Unternehmen, andere institutioneile Investoren und vermögende Privatkunden statt.

Corporate Finance bezeichnet die Beratung der Unternehmen in allen Finanzierungsfragen. Dabei geht es von den Börsengängen über die Bereitstellung von Krediten bis zur Absicherung von Währungsrisiken.

Im Researchbereich sitzen die Finanzanalysten, welche die internationalen Finanzmärkte, die verschiedenen Branchen sowie einzelne Unternehmen beobachten und analysieren.

Unter den Investmentbankern herrscht weltweit ein gnadenloser Kampf um die Vorherrschaft im Geschäft mit Aktien, Anleihen und Fusionen. Denn es geht nicht nur um viel Geld, sondern um sehr viel Geld, das zu verdienen ist, und die Gelegenheiten findet man nicht an jeder Straßenecke.

Mergers & Acquisitions: die Königsklasse der Banken
Nur 46 M&A-Transaktionen hatten im Jahr 2000 weltweit einen Wert von mehr als 10 Milliarden Dollar, die Mehrzahl der Unternehmenszusammenschlüsse und Übernahmen lagen zwischen 1 und 10 Milliarden Dollar. Insgesamt waren lediglich 451 Transaktionen zu betreuen. Nach Ansicht der Investmentbanker nicht genug, um alle an dem Kuchen teilhaben und satt werden zu lassen. Insgesamt ging es allein bei diesen M&A- Geschäften um eine Summe von 3,5 Billionen Dollar, und der Trend geht wohl dahin, dass die Zahl der Fusionen abnimmt, dafür aber der Wert des einzelnen Geschäfts weiter steigt.

Immer mehr europäische Unternehmen, auch kleinere und mittlere, kaufen Firmen in den USA, ganz einfach deshalb, weil der amerikanische Markt so groß ist. Dabei versuchen die Investmentbanker die Unternehmen oder Konzerne so umzubauen, dass sie nach Möglichkeit schlagkräftiger und effizienter werden. Aber immer seltener geht die Rechnung auf. Fusionen sind schön, aber auch gefährlich.

Das weltweite M&A-Geschäft wird derzeit ganz eindeutig von den drei großen US-Investmentbanken Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter und Merrill Lynch dominiert. Allerdings versuchen auch die europäischen Investmentbanken immer stärker an die Spitze aufzusteigen, zum Beispiel Crédit Suisse First Boston und die Schweizer UBS Warburg. Gemessen an der Höhe der abgeschlossenen Transaktionen in einem Jahr lag UBS Warburg 1999 noch auf Platz zehn, damals noch unter dem Namen Warburg Dillon Read. Im Jahr 2000 ist sie auf den Platz sechs aufgestiegen.

Etwa 50 Prozent des Wertes aller Transaktionen im Bereich Mergers & Acquisitions entfallen auf die zehn größten Anbieter weltweit, schreibt Die Bank 1/2000. Im Bereich Trading/Sales liegt der Konzentrationsgrad sogar bei 82 Prozent, im Beratungsgeschäft bei 71 und im Emissionsgeschäft bei 84 Prozent. Nach einer anderen Quelle (Manager Magazin ) hat Goldman Sachs bei Fusionen und Übernahmen bereits einen Weltmarktanteil von 45,5 Prozent, Morgan Stanley Dean Witter kommt danach auf 38,2 Prozent und Merrill Lynch auf 32,3 Prozent. Wie auch immer, in die Karten lassen sich die Banker bei diesen Geschäften ohnehin nur ungern gucken. Verschleierungstaktiken sind gang und gäbe.

Früher hatten sich die Investmentbanken noch ganz auf Unternehmen und Institutionen als Kunden fixiert. Inzwischen setzt sich die Ansicht durch, dass auch der Privatkunde nicht vergessen werden darf, sagt Markus Granziol, Chef von UBS Warburg, der Financial Times Deutschland. Investmentbanken, die sich nicht an alle drei Kundengruppen richten, werden seiner Ansicht nach langfristig in eine Nische flüchten müssen.

Er geht von einer Konzentration der weltweit tätigen Investmentbanken auf nicht mehr als acht Institutionen aus. Für regionale Anbieter sieht Granziol keine Chancen. Nordamerika ist nach wie vor der weltweit wichtigste Markt für Investmentbanken, weil dort die meisten Fusionen und Börsengänge stattfinden. Daran verdienen die Investmentbanken bis zu 5 Prozent der Transaktionssumme. Außerhalb der USA verdient man nur die Hälfte.

Laut Granziol machen die Beratungen bei Fusionen und Übernahmen und das Kapitalmarktgeschäft bei UBS Warburg nur 15 Prozent der gesamten Erträge aus. Dieser Anteil dürfte bei den US-Banken höher sein, aber langfristig würden die Großen der Branche vom klassischen Investmentbanking allein nicht mehr leben können, sondern müssten sich zum universellen Finanzdienstleister entwickeln.

UBS Warburg hatte eigentlich für 2000 die Errichtung eines Finanzportals für vermögende Privatkunden geplant, dies dann aber wieder verschoben, denn inzwischen hat die Bank das US-Brokerhaus Paine Webber gekauft und hat damit Zugang zu einer Kundenbasis, die auf 30 Billionen Dollar taxiert wird, so Granziol. Also auch hier Fusionen und der Weg zur schieren Größe.

Alle großen Investmentbanken, zum Beispiel Goldman Sachs, auch Morgan Stanley, Merrill Lynch, Crédit Suisse First Boston und UBS Warburg, stocken derzeit in Deutschland ihre Mitarbeiter im Bereich Investmentbanking auf. Denn ab 2002 ist der Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensteilen in Deutschland steuerfrei. Die Investmentbanken erwarten eine große Restrukturierungswelle, welche die deutsche Industrielandschaft radikal verändern wird. Und da wollen sie rechtzeitig dabei sein, um ein Stück von dem großen Kuchen des sich abzeichnenden Investmentgeschäfts abzukriegen.

Das Geschäft mit den Neuemissionen
Selbst ist der Mann. Immer mehr Unternehmen umgehen die Banken und nutzen das Internet, um neue Aktien oder Privatplatzierungen direkt an die Investoren zu verkaufen.

Im Emissionsgeschäft ist den traditionellen Investmentbanken also durch das Internet eine ernst zu nehmende Konkurrenz erwachsen. Im Internet kostet eine Emission 50 000 Dollar, unabhängig von der Höhe des beschafften Kapitals, und bei einer Investmentbank muss man für eine kleine Emission bis zu einem Fünftel des Emissionsvolumens im Voraus zahlen. Branchenexperten rechnen damit, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre bis zu 60 Prozent der Börsengänge über das Internet platziert werden und dass in drei Jahren der Internethandel ungefähr 15 Prozent aller Erträge im Trading/Sales-Bereich und bei Aktienemissionen auf sich ziehen wird.

Die Deutsche Börse bezeichnet das Jahr 2000 als Jahr der Neuemissionen. Zwar ging die Anzahl der Börsengänge gegenüber 1999 von 168 auf 153 zurück, doch das Emissionsvolumen machte einen rasanten Sprung von 12,9 Milliarden Euro auf eine neue Rekordsumme von rund 26 Milliarden Euro. 133 der Neuemissionen entfielen auf den Neuen Markt.

In Deutschland stand bei den Neuemissionen im Jahre 2000, gemessen am Volumen, die Deutsche Bank mit knapp 8,8 Milliarden Euro auf dem ersten Platz, gefolgt von Goldman Sachs mit 4,8 Milliarden Euro, UBS Warburg mit 3,7 Milliarden Euro, Dresdner Bank mit 2,1 Milliarden Euro, Commerzbank mit 1,7 Milliarden Euro und ABN Amro Rothschild mit 1,4 Milliarden Euro. Doch diese Summen sagen noch lange nichts über die Qualität der Neuemissionen aus.

Wie eine Untersuchung der WirtschaftsWoche ergeben hat, waren die besten Emissionsbanken UBS Warburg, ABN Amro und die Landesbank

Rheinland Pfalz. Goldman Sachs bildete das Schlusslicht der Untersuchung auf Platz 32, die Plätze 27 bis 31 belegten Morgan Stanley Dean Witter, Dresdner Bank, DG Bank, Deutsche Bank und Commerzbank. Die Wirtschaftswoche hat in ihrem Ranking der Emissionen auf dem deutschen Markt neben der Größe der Emission die Zuteilungsquote an Privatanleger, Zeichnungsgewinne und Kursgewinne bis zum Ende des Jahres 2000 berechnet.

Bei den Emissionsbanken mit einem Emissionsvolumen von mehr als 40 Millionen Euro erreichten außer den drei Spitzenreitern UBS Warburg, ABN Amro Rotschild und Landesbank Rheinland-Pfalz nur noch drei Banken eine positive Gesamtpunktzahl: Die Norddeutsche Landesbank, die Berliner Effekten und die BNP Paribas. Alle übrigen Emissionsbanken lagen im Minus.

Dass relativ kleine Emissionsbanken an der Spitze der Bewertung standen, hat wohl einen simplen Grund: Wer wenig Unternehmen an den Markt bringt, kann auch wenig falsch machen. Doch war es keineswegs umgekehrt so, dass alle Banken, die sehr viele Aktien platzierten, auch automatisch schlecht abschnitten. Andererseits hat unter den ganz kleinen Emissionshäusern mit weniger als 40 Millionen Euro Emissionsvolumen kein einziges eine positive Punktzahl erreicht.

UBS Warburg, der Sieger im Ranking der Wirtschaftswoche, war bei der größten Emission des Jahres, der Aktie Gelb der Deutschen Post, beteiligt, die ein großer Erfolg wurde. ABN Amro Rothschild hat seinen zweiten Platz in der Rankingliste wohl dem erfolgreichen Börsengang des Airbus-Herstellers EADS am Neuen Markt zu verdanken. Die gute Kursentwicklung und das sehr hohe Emissionsvolumen von über 2,75 Milliarden Dollar brachten EADS gleich nach der Deutschen Post auf den zweitbesten Platz unter den Neuemissionen. Die Landesbank Rheinland- Pfalz kam wegen der erfolgreichen Emission von Thiel Logistik auf den drittbesten Platz.

Es sei nicht leicht gewesen, die Gier so mancher Unternehmer zu bremsen, sagte Pim van der Velden, Direktor bei ABN Amro Rothschild in Frankfurt der Wirtschaftswoche. Er sieht es als einen nicht unwesentlichen Erfolgsfaktor, dass die Bank nicht jedes börsenwillige Unternehmen auch an die Börse gebracht hat. Außerdem habe man der Versuchung widerstehen müssen, möglichst viele Aktien in die Hände einiger weniger Fonds zu geben. Diese Abhängigkeit von wenigen Neuer-Markt-Fonds habe sich später oft als fatal erwiesen. Wenn sich nämlich größere Fonds plötzlich von den Aktien trennten, bewegten sich immer gleich die Kurse nach unten. Hier wird das Spannungsfeld für Universalbanken deutlich. Die

Interessen des Investmentbereichs sind nicht unbedingt kompatibel mit denen der Fondsmanager.

Börse für Anfänger – DAX Aktien

Ob die Börse rauf- (freundlich/fest) oder runtergeht (leichter/schwach), ob sie seitwärts tendiert (behauptet/uneinheitlich) – das ist immer schon eine Mischung aus Fakten, Stimmungen, Meinungen gewesen. Wer ein Unternehmensgeheimnis wusste, hatte echtes Herrschaftswissen und konnte es an der Börse nutzen. Meist mit sattem Profit, denn die Uneingeweihten schauten in die Röhre. Die Zeiten sind gottlob vorbei. Einmal durch die immer perfekter werdende Informationstechnik für jedermann, aber auch durch eingeführte Standards.

Um zumindest der Wirtschaft einen schnellen Überblick über die Kursentwicklung zu ermöglichen, ohne die einzelnen Aktien miteinander vergleichen zu müssen, wurden Indizes eingeführt. So kann mit der Veränderung einer einzigen Zahl, also dem Index, die Entwicklung eines ganzen Marktes gemessen und beurteilt werden. Man kann sich ohne große Schwierigkeiten ein Bild über die Marktlage oder Marktentwicklung verschaffen und auch längerfristige Trends ermitteln und in die Anlageentscheidung mit einbeziehen. Indizes sind inzwischen auch die Grundlage verschiedener Anlageobjekte geworden, zum Beispiel für Index-Zertifikate, Optionsscheine oder Futures. Und schließlich dienen sie als Messlatte für die Qualität der Kundenberatung bei der Bank des Vertrauens und für die Leistungen der Fondsmanager. Wer es schafft, dass sein Depotwert sich besser entwickelt als der jeweilige Index, kann stolz darauf sein, den Markt geschlagen zu haben.

DAX: Wissen ist Macht
Der Deutsche Aktienindex (DAX) wurde am 23. Juni 1988 an der Frankfurter Wertpapierbörse eingeführt. Als Vater des DAX gilt Frank Mella von der Börsenzeitung. Schon seit 1959 gab es in Deutschland den Hardy- Index. Im September 1961 wurde der erste Index der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eingeführt, seit 1994 gibt es den FAZ-Performance-Index, er berücksichtigt 167 Aktien. Schon seit 1981 wurde der Index der Börsenzeitung börsentäglich berechnet.

Die Berechnungsgrundlage für den DAX waren zunächst die Frankfurter Parkettkurse. Als Basis zum Jahresultimo 1987 wählte man einen Stand von 1000 Indexpunkten. Nach Einführung des computergestützten Handels im Dezember 1993 gab es den so genannten Ibis-DAX, der später durch den Xetra-DAX Ende 1997 abgelöst wurde. Aufgrund der sinkenden Umsätze im Parketthandel stellte die deutsche Börse zum 21. Juni 1999 die Ermittlung des Parkett-DAX ein. Heute wird der DAX während der Handelszeit von 9 bis 20 Uhr ständig (alle 15 Sekunden) aus den Kursen des Handelssystems Xetra ermittelt und aktualisiert.

Ein elitärer Kreis — die DAX-Untemehmen
Im DAX, der eigenüich genau DAX 30 heißt, sind die Aktien der 30 wichtigsten deutschen Unternehmen, die so genannten Blue Chips, vertreten. Das Unternehmen muss sowohl nach der Höhe des Börsenwerts als auch nach dem Umsatz unter den 35 größten Aktiengesellschaften sein. Alle drei Monate ermittelt die Deutsche Börse, ob alle DAX-Unternehmen noch diese Kriterien erfüllen. Falls nicht, fällt das entsprechende Unternehmen heraus, und ein anderes rückt nach. So ist im März 2001 Karstadt Quelle AG rausgefallen und stattdessen die Deutsche Post AG reingekommen. Weil die Mitgliedschaft im DAX als Gütesiegel gilt, fiel bei Bekanntgabe des Ausscheidens von Karstadt Quelle auch sofort der Aktienkurs. Dagegen verzeichnete die Adidas- Salomon-Aktie, die auch als Abstiegskandidat gegolten hatte, einen kräftigen Kurssprung, als bekannt wurde, dass sie weiterhin im DAX bleiben darf. Mit der geringen Auswahl von nur 30 Aktien hat man versucht, die Branchenstruktur der deutschen Wirtschaft möglichst gut widerzuspiegeln. Die DAX-Titel repräsentieren circa 60 Prozent des gesamten Grundkapitals der inländischen börsennotierten Unternehmen und machen über 70 Prozent der Börsenumsätze mit deutschen Aktien aus.

Der DAX ist ein gewichteter Index, wobei die Gewichtung recht kompliziert nach der jeweiligen Anzahl der zugelassenen Aktien erfolgt. Die meisten wichtigen Branchen sind im DAX vertreten. Das Hauptgewicht (fast 19 Prozent) liegt im Technologiebereich mit Aktien wie Epcos, Infineon, SAP und Siemens. Ungefähr gleich gewichtet (rund 17 Prozent) sind die Branchen Versorger/Telekommunikation mit Deutsche Telekom, RWE und E.ON (früher VEBA) und Versicherungen mit Allianz und Münchener Rück. Jeweils rund 15 Prozent Gewicht haben die Banken und die Branche Automobil und Verkehr, rund 10 Prozent Chemie und Pharma, 3,5 Prozent Handel und Konsum sowie 2,5 Prozent der Maschinenbau. Die umsatzstärkste Aktie im DAX war im Jahr 2000 die Deutsche Telekom mit einem Umsatz von rund 111 Milliarden Euro.

Wenn der Kleinanleger seine Aktienauswahl am DAX orientiert, wird die Anlage relativ risikoarm sein. Sicher gehören die DAX-Werte nicht unbedingt zu den Aktien mit rasanten Kurssteigerungen, man muss aber auch nicht derart dramatische Kursverluste von über 90 Prozent wie am Neuen Markt befürchten.

Leistungen lassen sich messen
Es gibt Kursindizes, auch Preisindizes genannt, und Performance-Indizes. Beim Kursindex werden ganz einfach die Kurse der Wertpapiere addiert. Der DAX ist aber ein Performance-Index, das heißt, er berücksichtigt neben der Kursentwicklung die Dividendenzahlung, die ausgegebenen Bezugsrechte und Berichtigungsaktien bei Kapitalveränderungen. Bei der Berechnung des Kurses wird unterstellt, dass dies alles wieder in die betreffende Aktie investiert wird. Man zieht also diese Beträge dann, wenn sie gezahlt oder ausgegeben werden, vom eigentlichen Kurs ab.

Ein Beispiel: Am Tag der Dividendenzahlung einer Aktiengesellschaft wird die Höhe der Dividende vom aktuellen Kurs abgezogen. Dieser Kursabschlag wirkt sich zunächst wie ein Kursrückgang aus. Er wird aber in den meisten Fällen schnell wieder eingeholt. Der Performance-Index spiegelt dann wirklich den Wert des Unternehmens wider. Damit kommt man zu einer realistischeren Berechnung des Anlageerfolgs als bei reinen Kursindizes. Durch den Zinseszinseffekt der Wiederanlage aller Ausschüttungen eignen sich Performance-Indizes besonders gut zum Vergleich der Kursentwicklung von Investmentfonds, da in den meisten Investmentfonds ausgeschüttete Dividenden und Kursgewinne wieder angelegt werden. Zu den Performance-Indizes gehören neben dem DAX der EuroStoxx 50 und der Standard & Poor’s 500.

Mehr Vielfalt — weniger Überblick
Aus dem DAX ist inzwischen eine ganze Familie geworden. Deshalb muss man genau darauf achten, wovon zum Beispiel ein Kundenberater spricht und auf welche Zahlen er verweist, wenn er einem etwas verkaufen will. Seit 1993 gibt es den C-DAX, den so genannten Composite-DAX. In ihm sind sämtliche zum amtlichen Handel an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassene Aktien enthalten, das sind inzwischen rund 400 an der Zahl. Daneben werden auch C-DAXe für die verschiedenen Branchen berechnet. Wenn man die Entwicklung des DAX mit der des C-DAX vergleicht, kann man feststellen, ob sich die gesamte Börse besser oder schlechter entwickelt hat als die Aktien der 30 größten Unternehmen. Und wenn man eine Aktie aus einer bestimmten Branche mit dem betreffenden Branchenindex vergleicht, sieht man sofort, ob sich diese Aktie besser als der Branchendurchschnitt entwickelt hat.

1994 kam der DAX 100 dazu, der die Aktien der 100 größten Unternehmen einbezieht, inklusive der DAX-Aktien. 1996 wurde der M-DAX eingeführt, der die Aktien der 70 größten Unternehmen nach den DAX- Aktien enthält, also die Ränge 31 bis 100. Der Name M-DAX kommt von Midcap-Index, das heißt, in ihm sind die mittelgroßen Unternehmen enthalten. Der DAX 100 ist also eine Kombination von DAX und M-DAX. Smax, small cap exchange, heißt das neue Qualitätsmerkmal für kleine Aktien, das am 26. April 1999 an der Frankfurter Börse eingeführt wurde. Die deutsche Sprache wird vom Englischen nur so überflutet, und besonders die Finanzwelt liebt es, für alles und jedes Abkürzungen zu verwenden. So steht cap hier als Abkürzung für Capital, also Kapital. Damit sollen etablierte, aber zukunftsträchtige mittelständische Unternehmen bekannter gemacht werden. Der neue Index im Smax ist der S-DAX, der die Wertentwicklung der 100 größten Smax-Werte abbildet.

Die Entwicklung des Neuen Marktes spiegelt der Nemax-All-Share wieder. Darin sind mehr als 340 Aktien des Neuen Marktes nach Größe gewichtet enthalten. Die Blue Chips des Neuen Marktes sind seit dem Juli 1999 im Nemax 50 zusammengefasst. Aufnahmeregel ist ein Ranking unter den ersten 60 Titeln nach Marktkapitalisierung und Umsatzliquidität. Auch hier findet vierteljährlich eine Überprüfung statt, wonach dann immer einige Aktien herausfallen und neue hinzukommen. Die Fluktuation ist hier größer als beim DAX. Der Nemax 50 vereinigt etwa 85 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung des Neuen Marktes und rund 80 Prozent des Gesamtumsatzes. Seit Mai 2000 gibt es auch zehn Branchenindizes, um dem Anleger direkte Vergleiche der Wettbewerber zu ermöglichen.