Testfragen Zum Verständnis – Gillette Company – Warren Buffett

Verstehen Sie, warum das Produkt gekauft wird?
„Es ist erfreulich, jeden Abend ins Bett zu gehen und zu wissen, dass es auf der Welt 2,5 Milliarden Männer gibt, die sich am nächsten Morgen rasieren müssen. “

Warnen Buffett, Forbes, 1993
Die Menschen kauften Rasierer und Klingen von Gillette, um Gesichts und sonstige Körperbehaarung zu entfernen. Das Rasieren ist zwar noch nicht so alt wie die Menschheit, doch hat sich die tägliche Rasur in diesem Jahrhundert besonders schnell durchgesetzt – wie auch die Begriffe Hygiene und Körperpflege. Dieselben Trends heizten und heizen immer noch die Nachfrage nach anderen Gillette-Produkte an wie Deodorants, Haarsprays, Zahnbürsten, ja, selbst nach hochwertigen Schreibgeräten. Die Menschen werden sich auch weiterhin rasieren, und – so scheint es – Gillette hat den richtigen Riecher für die Richtung der Produktentwicklung – ob nun hin zu sicherheitstechnischen Verbesserungen der Rasur oder elektrischem Ersatz

Wie würde sich die Branche in den kommenden zehn Jahren entwickeln?
Die Rasur ist etwas sehr Persönliches, und die Konsumenten werden stets das beste und sicherste Produkt erwerben, das zu einem konkurrenzfähigen Preis zu haben ist. Wie bereits erwähnt, reichte es nicht, ein gutes Produkt zu entwickeln und sich jahrzehntelang darauf zu verlassen. Offensichtlich ist es dem Management gelungen, den Kundenbedürfnissen mit entsprechenden Innovationen entgegenzukommen oder Konkurrenten durch Imitation ihrer Neuentwicklungen abzudrängen. Gillette verfügte weltweit über das beste Vertriebssystem der Branche, würde es aber zweifelsohne ausweiten, um die rasch wachsenden Exportmärkte zu versorgen.

Haben Sie Vertrauen ins Management?
Mockler und sein Top-Management hatten gezeigt, dass sie die Dynamik ihres Kerngeschäftes verstanden. Sie hatten auf innovative Produkte, Verbesserungen in Vertrieb und Marketing und Kostenkontrolle gesetzt. Sie hatten in geringem Umfang relevante Beteiligungen erworben und branchenfremde, unrentable Geschäftsfelder abgestoßen. Der Härtetest für ihre Einstellung gegenüber den Aktionären waren die Proxy-Auseinandersetzungen Ende der 80er Jahre.

Das Rasierer ist fast so alt wie die Menschheit, doch hat sich die tägliche Rasur in diesem Jahrhundert besonders schnell durchgesetzt – wie auch die Begriffe Hygiene und Körperpflege. Dieselben Trends heizten und heizen immer noch die Nachfrage nach anderen Gillette-Produkte an wie Deodorants, Haarsprays, Zahnbürsten, ja, selbst nach hochwertigen Schreibgeräten.

„Grüne“ und „weiße Ritter“
Obwohl die Rahmenbedingungen für Gillette so günstig waren wie nie zuvor, zeigten die Aktien verhältnismäßig wenig Dynamik. Das KGV hatte zwischen 10 und 20 geschwankt und sich meist so um die 15 eingependelt. Gillette hatte kaum Schulden und war so das ideale Ziel für die typischen „Übernahmegeier“ der späten 80er Jahre. Unternehmen wie Revlon und Fonds wie KKR, die ihr Kapital aus hochverzinslichen Bonds und Bankverbindlichkeiten bezogen, versuchten, zu günstigen Preisen Firmen aufzukaufen, die ohne Fremdmittel auskamen. Sie erwarteten, dass der starke, frei verfügbare Cashflow eines Unternehmens wie Gillette rasch die für die Übernahme eingegangenen Verbindlichkeiten tilgen würde – besonders, wenn man die Kosten senkte und Forschungsgelder aussetzte. Nicht alle zielten dabei auf eine vollständige Übernahme ab. Manchmal genügte schon die Drohung mit Übernahme, damit das bestehende Management den Wünschen des Bieters entsprach. Manchmal ließ sich ein solcher „Geier“ abfinden oder verkaufte seine Aktien an das Unternehmen zurück (sogenannte „grüne Ritter“ mit Erpressermentalität) oder aber an einen freundlicher gesinnten Investor (einen „weißen Ritter“).

Bis 1988 war Gillettes Management viermal auf diese Weise herausgefordert worden. Die beiden letzten Male hatte das Unternehmen Aktien im Wert von knapp $1,3 Milliarden zurückgekauft, um die „Geier“ zu verscheuchen und durch Kreditaufnahme die Bilanz so zu gestalten, dass sie für fremdfinanzierte Bieter jede Attraktivität verlor. Andere Unternehmen hatten sich ähnlich verhalten, um die Jobs in ihrer Führungsetage zu sichern. Nach Buffetts Dafürhalten hatten die „Geier“ im Fall von Gillette – und auch bei Salomon, USAir, Champion und anderen mehr – versucht,
billig an die Aktienmehrheit zu kommen. Der Durchschnittsaktionär war am besten damit beraten, seine Position zu halten und in Ruhe abzuwarten, bis der Markt wieder anzog. (Sie wissen ja, Mr. Market!). Buffett gefiel, wie sich Gillettes Spitze gegen niedrige Angebote und erpresserische Käufer behauptet hatte. Doch leider wurden durch das Kreditengagement nicht nur die „Geier“ erfolgreich abgeschreckt, sondern auch der eine oder andere konventionelle Investor: Der Kurs gab 1988 stetig nach. Für Buffett war das zweifellos ein weiterer Anreiz.

Ist das Produkt leicht zu ersetzen?
Für die Rasur als solche gab es keinen Ersatz. Bartträger wurden immer seltener. Es gab aber direkte Konkurrenten wie Schick (das Warner-Lambert gehörte), Bic und Wilkinson.Sword (Swedish Match). Sie alle hatten bei bestimmten Produkten oder in einzelnen Ländern einen Vorsprung. Außerdem gab es viele Hersteller, die für Supermärkte und Drogerien unter deren Namen produzierten. Im Hinblick auf den gesamten Marktanteil, der wohl mehr als 60 Prozent betrug, auf die Reichweite des Vertriebs, auf die Stärke des Markennamens und auf die Aufwendungen für die Produktentwicklung kam jedoch keiner der Konkurrenten auch nur annähernd an Gillette heran.

Gewinn Ist nicht gleich Gewinn – Warren Buffett

Woran lag es nun genau, dass Heavy bei der Wertschöpfung so katastrophal versagt hat? Zum einen ist dem Unternehmen das Geld ausgegangen. Es konnte nicht mehr genug Mittel bereitstellen, und das trotz des geringen Wachstums. Ein durchschnittliches Unternehmen ist nicht in so desolatem Zustand wie Heavy, doch bei den beneidenswerten betriebswirtschaftlichen Erfolgen von Light kann es auf Dauer auch nicht mithalten. Tatsache ist, dass viele Unternehmen auch geringfügige Wachstumsraten nur erzielen können, wenn ein Großteil der Gewinne einbehalten wird. Wie unsere beiden Beispiele zeigen, ist die Frage gar nicht, ob Gewinne einbehalten werden, denn das ist bei fast allen expandierenden Unternehmen der Fall, sondern wie gut sie reinvestiert werden. Heavy musste jeden Pfennig Gewinn und noch mehr reinvestieren und hat dabei noch an Wert verloren. Light dagegen musste einen Teil seiner Gewinne reinvestieren, konnte jedoch sowohl durch die Investition Wert schöpfen als auch liquide Mittel generieren.

Fast alle Kapitalbeteiligungen Buffetts kann man wie folgt beschreiben: Es sind expandierende Unternehmen, denen es gelingt, Kapital zu äußerst attraktiven Renditen zu reinvestieren.

Woran ist zu erkennen, ob ein bestimmtes Unternehmen das kann oder nicht?
Nun, für jedes Unternehmen gibt es statistische Daten zu Reinvestition und Rendite. Diese werden normalerweise in einer Kennzahl zusammengefasst, nämlich der Eigenkapitalrentabilität (EKR).
Die EKR ist definiert als Gewinn nach Steuern oder Kapitalgewinn, geteilt durch das durchschnittlich während des Jahres eingesetzte Eigenkapital. Diese Definition und ihre Bedeutung soll in den folgenden Finanzportal noch näher erläutert werden. Generell gilt jedoch, dass das gesamte Eigenkapital, auch als Nettovermögen, Buchwert oder Buchwert zu Eigenkapital bezeichnet, die Gesamtsumme aller Anteile der Aktionäre am Geschäft darstellt, sowohl den ursprünglichen Kapitaleinsatz als auch die nachfolgend einbehaltenen Gewinne. Mit Kapitalgewinn ist der Ertrag gemeint, den die Aktionäre aus ihrer Investition beziehen.

Anhand der EKR kann man problemlos feststellen, ob ein Unternehmen zum Typ Light oder zum Typ Heavy gehört. Um Bilanzgewinn bzw. -verlust bereinigt erreichen die wenigsten Unternehmen langfristig eine EKR von mehr als 10 bis 12 Prozent. Der Grund dafür ist offensichtlich. Hat ein Unternehmen eine EKR von, sagen wir, 15 Prozent, werden Konkurrenten auf den Plan gelockt, die ebenfalls eine solche Rendite anstreben – eine Rendite, die höher ist als die von Bareinlagen oder Investitionen in durchschnittliche Unternehmen. Nur Unternehmen, die Buffetts Kriterien erfüllen, können die Konkurrenz in Schach halten und eine hohe EKR beibehalten. Vergessen Sie dabei aber nicht, dass eine hohe EKR nur insofern interessant ist als sie für eine dauerhaft hohe Kapitalrentabilität spricht.

Ein Fazit dieser Analyse ist, dass Gewinn nicht gleich Gewinn ist. Ein Unternehmen wie Heavy muss seinen gesamten Gewinn reinvestieren, um Wachstum zu ermöglichen. Auch ein durchschnittliches Unternehmen mit einer Eigenkapitalrendite von 10 Prozent ist gezwungen, den Löwenanteil der generierten Mittel zu reinvestieren – ob es will oder nicht. Eine Erkenntnis Buffetts besagt, dass ein Geschäft zwei Seiten hat – Gewinnerzielung einerseits, Gewinnverwendung andererseits. Unternehmen vom Typ Heavy müssen einfach reinvestieren. Durchschnittliche Unternehmen können reinvestieren – bei durchschnittlicher Rentabilität -, oder müssen auf Wachstum verzichten. Unternehmen wie Light müssen auch reinvestieren, doch bei außergewöhnlicher Rentabilität und unter Generierung überschüssiger Liquidität.

Fremdmittel und Kapitalquellen – Berkshire Hathaway

Um Geschäfte zu machen, braucht ein Unternehmen Betriebsgebäude und Vorräte. Das Geld dafür kann es sich aus verschiedenen Quellen beschaffen, in erster Linie von Aktionären, Kreditgebern und Lieferanten.
Wenige glückliche Firmen werden von ihren Kunden finanziert – Zeitschriften etwa durch ihre Abonnenten. Im vergangenen Jahrhundert waren lange Zeit diejenigen Unternehmen an der Börse besonders gefragt, die im Vergleich zum Ertrag über besonders hohe Vermögenswerte verfügten – Insbesondere Eisenbahngesellschaften, Banken, Automobilhersteller, Unternehmen der Stahlindustrie und Textilfabriken. Quasi als Kehrseite der Graham-Medaille galten Firmen, die über große Vermögenswerte verfügten, als solide. Der Aktienkurs wurde sozusagen materiell gestützt. Buffetts Dachgesellschaft Berkshire Hathaway hatte ebenfalls als solches Unternehmen angefangen – mit großen materiellen Werten wie Fabrikgebäuden und Betriebsanlagen, doch wenig Ertrag oder Verlust.
Was passiert nun, wenn so ein Unternehmen expandieren will? Konstruieren wir einmal ein Fallbeispiel:

Heavy Holdings

Bilanz
Barmittel 0 Verbindlichkeit 0
Vorräte 5 Verbindlichkeiten aus Lieferungen u. Leistungen 12
Forderungen aus Lieferungen u. Leistungen 7
Anlagen u. Maschinen 100 Eigenkapital 100
Aktiva 112 Passiva 112
Gewinn und Verlust
Umsatzerlös 70
Ergebnis nach Steuern 5

Heavy Holdings hält sich wacker und kann in zehn Jahren seinen Ertrag verdoppeln, was eine wenig imposante Steigerungsrate von 7 Prozent per annum ergibt. Es spricht jedoch vieles dafür, dass sich selbst bei dieser bescheidenen Steigerungsrate auch der Umsatz verdoppelt haben wird. Die Verdoppelung des Umsatzes wiederum wird vermutlich die Verdoppelung des Nennwerts der Aktien, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie des Anlagevermögens mit sich gebracht haben.
Zu Beginn des Jahrzehnts betrugen die betrieblichen Vermögenswerte (Vorräte, Forderungen aus Lieferungen u. Leistungen, Anlagevermögen abzüglich der für die Geschäftstätigkeit erforderlichen Lieferantenkredite) 100 (5 + 7 + 100-12). Am Ende des Jahrzehnts stehen dem betriebliche Vermögenswerte von 200 gegenüber (sagen wir, Vorräte 10, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 14, Anlagevermögen 200 und Lieferantenkredite 24). Selbst wenn auf die Ausschüttung von Dividenden verzichtet worden wäre, betrügen die über zehn Jahre hinweg einbehaltenen Gewinne kaum 75. Die betrieblichen Vermögensgegenstande haben dagegen um 100 zugenommen. Um zu überleben, muss unser Unternehmen 25 aufnehmen oder Neuemissionen im Wert von 25 tätigen. Das ist der Anfang vom Ende, denn es ist absehbar, wann die Kreditlinie ausgeschöpft bzw. das ursprüngliche Eigenkapital bis zur Wertlosigkeit verwässert sein wird. Dass Heavy Wert vernichtet, lässt sich auch auf andere Weise zeigen. Gehen wir einmal davon aus, Sie glaubten, der Wert aller Unternehmen ließe sich gleichermaßen errechnen aus Ertrag mal, sagen wir, zehn. Folglich würden Sie den Ausgangswert für Heavy – Gewinn mal zehn – mit 50, den Wert zum Ende des Betrachtungszeitraums mit 100 ansetzen. Der Wert des Unternehmens hat sich damit um 50 gesteigert, doch Sie als Aktionär mussten 100 neu investieren. Also hat das Unternehmen für je 2 Einheiten Ihres Geldes, die es einbehalten hat, nur 1 Einheit an Wert geschaffen.

Man könnte Heavy als Beispiel für ein Unternehmen von originärem Unwert bezeichnen. Der Liquidationswert übersteigt den Unternehmenswert, der innere Wert ist also geringer als der in der Bilanz ausgewiesene Buchwert. Natürlich könnte sich ein Käufer bereit finden, den Buchwert zu zahlen, natürlich könnte das Unternehmen unrentable Teilbereiche abstoßen, doch in der Praxis ist das selten.

BilanzBarmittel 0 Verbindlichkeiten 0
Vorräte 5 Verbindlichkeiten aus Lieferungen u. Leistungen 12
Forderungen aus Lieferungen u. Leistungen 7
Anlagen u. Maschinen 20 Eigenkapital 20
Aktiva 32 Passiva 32
Gewinn und Verlust
Umsatzerlös 70
Ergebnis nach Steuern 5

Light hat dieselben Handelsspannen wie Heavy, kommt jedoch mit deutlich weniger Vermögenswerten aus. Wenn wir vom gleichen Betrachtungszeitraum und der gleichen Wachstumsrate wie bei Heavy ausgehen, werden sich auch hier Umsatz und Gewinn verdoppeln. Vermutlich werden auch die betrieblichen Vermögensgegenstände aufs Doppelte gewachsen sein. Ursprünglich lag ihr Wert bei 20, am Ende sind es 40, also wurden netto 20 reinvestiert. Der in diesem Zeitraum generierte Gewinn übersteigt 75, und nur 20 davon müssen einbehalten werden. Daher finden sich Barmittel in Höhe von 55 (zuzüglich aufgelaufener Zinsen für diese 55) in der Bilanz oder wurden in Form von Dividenden ausgeschüttet. Wenn wir auch hier davon ausgehen, dass der Unternehmenswert zu Anfang 50 betrug und am Ende 100 plus die Barmittel von 55, so wurde mit einer Investition von 20 ein Wert von 105 geschaffen, also rund 5 Geldeinheiten für jede einbehaltene.

Das Unternehmen Gieco in 1996 – Warren Buffett

GEICO entwickelte sich mehr oder weniger nach diesem Schema weiter. Man machte Abstecher-in den privaten Finanzdienst-Leistungssektor, ins Rückversicherungsgeschäft und andere Bereiche, doch der Schwerpunkt lag auf der KFZ-Versicherung. Das Prämienaufkommen betrug 1995 $2787 Millionen, was ein Wachstum von durchschnittlich 9,1 Prozent im Jahr seit 1979 ergab. GEICO hatte sich zum siebtgrößten Autoversicherer der Vereinigten Staaten gemausert und hatte nach wie vor eine erstklassige technische Bilanz. Die kombinierte Kennzahl lag für 1995 bei 96,7. Sie hatte sich bereits die ganzen 80er und die 90er Jahre hindurch um 97 herum bewegt.
Der Float-Profit machte mittlerweile $3 Milliarden aus. Das Eigenkapital eingerechnet betrugen die Beteiligungen insgesamt $5 Milliarden. Die wichtigsten Veränderungen hatten sich im „dritten Geschäftsbereich“ niedergeschlagen, bei der Kapitalanlage. Wie viele andere der Branche hatte GEICO in den 70er Jahren mehr oder weniger unreflektiert einen größeren Bestand an mittel- und langfristigen Bonds gehalten. Diese waren jedoch inflationsreagibel, und der Zinssprung im entsprechenden Jahrzehnt – auf das Doppelte – hatte vielen Portfolios Verluste beschert .Hätte man die Papiere bis zur Fälligkeit gehalten, wären diese Verluste möglicherweise ausgeglichen worden, doch in der Praxis mussten Positionen abgestoßen werden, um Versicherungsleistungen auszuzahlen, und so kam es unterm Strich zu Verlusten.

GEICO entwickelte sich mehr oder weniger nach diesem Schema weiter. Man machte Abstecher in den privaten Finanzdienst-Leistungssektor, ins Rückversicherungsgeschäft und andere Bereiche, doch der Schwerpunkt lag auf der KFZ-Versicherung.

Ein solches Portfolio konnte bestenfalls seinen ursprünglichen Wert beibehalten. GEICO sah da eine bessere Alternative. Wenn die kombinierte Kennzahl unter 100 gehalten werden konnte, konnte ein Teil des Float- Profits langfristig zurückgelegt und ansonsten wertorientiert investiert werden.
Buffett bemühte sich, das Management zur Graham-Methode zu bekehren. Er half Jack Byrne 1979 bei der Wahl eines neuen Investment-Managers namens Lou Simpson. Bald darauf machte er Simpson und andere GEICO-Mitarbeiter mit den Wertprinzipien vertraut. Grundtenor: Wie kann man aus 50 Investierten Cent einen Dollar herausholen? Das sprach Simpson an. GEICO hatte auch weiterhin einen beträchtlichen Prozentsatz an Papieren mit fester Laufzeit im Portfolio – weil es Vorschrift war und aus praktischen Gründen – doch die durchschnittliche Laufzeit wurde stark gekürzt. 1980 hatten 59 Prozent der Papiere eine Laufzeit von zehn Jahren, 1995 nur noch acht Prozent. Lou Simpson, der in erster Linie für Kapitalbeteiligungen zuständig war, wurde von Buffett als bester Investor im Immobilien- und Haftpflichtsektor bezeichnet. Buffett hat Simpson inzwischen als seinen Nachfolger im Management von Berkshlres Beteiligungen an börsennotierten Unternehmen verpflichtet.

Was war GEICO 1995 wert?
Der technische Gewinn lag 1995 bei $92 Millionen. Das Unternehmen zog sich systematisch aus bestimmten Geschäftsbereichen zurück, insbesondere aus der Sparte Gebäudeversicherungen. Wie gehabt konzentrierte sich GEICO mit ganzer Kraft auf das Kerngeschäft. Es ist daher nicht auszuschließen, dass das technische Ergebnis zwar immer noch weit überdurchschnittlich, doch schlechter ausgefallen ist, als in der KFZ-Sparte allein zu erwarten war. Die Erträge aus Beteiligungen betrugen netto $227 Millionen. Der Gewinn nach Abzug der Zinsaufwendungen in Höhe von $34 Millionen und nach Steuern betrug $235 Millionen – zuzüglich Kapitalgewinn. Die Bilanz wies Beteiligungen in Höhe von $5 Milliarden aus und sonstige Vermögensgegenstände in Höhe von $1 Milliarde. Dem gegenüber standen Verbindlichkeiten von $4 Milliarden, insbesondere Rückstellungen aus dem Versicherungsgeschäft und eine geringe Verschuldung. Das Eigenkapital lag bei $1,9 Milliarden, hatte es doch 1995 durch umfangreiche nicht realisierte Kapitalgewinne Auftrieb erhalten. Das eigentliche Eigenkapital lag eher in der Größenordnung von $1,5 Milliarden. Selbst auf diesem niedrigeren Niveau betrug die EKR nur 16 Prozent – nicht schlecht, doch auch nicht überwältigend. Der Grund dafür wurde bereits in Zusammenhang mit der Bewertung Berkshires in Kapital 2 erläutert. Weil ein maßgeblicher Anteil des Portfolios in Renten mit relativ geringer Rendite angelegt war, war der Kapitalertrag gering. Gleichzeitig wurden für den Aktienanteil nur die Dividenden ausgewiesen. Wie bei Berkshire schlugen sich die einbehaltenen Gewinne der Unternehmen, in die investiert worden war, nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung nieder, obwohl sie im Grunde Kapitalgewinne darstellen. Diese Art von Gewinn ist periodisch und ihr Effekt nur schwer darzustellen.

Buffett bemühte sich, das Management zur Graham-Methode zu bekehren. E half Jack Byrne 1979 bei der Wahl eines neuen Investment-Managers namens Lou Simpson. Bald darauf machte er Simpson und andere GEICO-Mitarbeiter mit den Wertprinzipien vertraut. Grundtenor: Wie kann man aus 50 investierten Cent einen Dollar herausholen?

Für die Bewertung gibt es einen alternativen Ansatz. GEICOs technischer Gewinn betrug $92 Millionen – sagen wir, $69 Millionen nach Steuern. Nehmen wir einmal an, dieser Teil des Geschäfts sei 15 mal den Ertrag aus $1,035 Milliarden wert. Da die kombinierte Kennzahl traditionell unter 100 lag, standen die im Investmentbereich generierten Mittel – einschließlich des Float-Profits – ohne Abzüge zur Verfügung. $5 Milliarden kann man verschieden bewerten, doch man darf sicher davon ausgehen, dass sie $5 Milliarden wert sind (wobei das von der steuerlichen Situation des Eigentümers abhängt).
Der innere Wert könnte aber zum Beispiel auf $6 Milliarden geschätzt werden. Es ist auch möglich, einen Schätzwert für die EKR zu ermitteln. Würden die $5 Milliarden restlos zum nominalen Diskontsatz von 10 Prozent angelegt, würde folgender Ertrag erzielt:

Das Unternehmen Gieco in 1996 - Warren Buffett9

Für ein Unternehmen, das einen so großen Teil seines Reinvermögens in börsengängige Wertpapiere gesteckt hat, ist das ziemlich viel. Sicher wären $6 Milliarden eher angemessen? Dazu müssen wir uns vor Augen führen, was die Berechnung der EKR aussagt. GEICO hatte möglicherweise als Summe aller Bestandteile den Wert von $6 Milliarden, doch bei den Möglichkeiten zur Reinvestition von generierten Erträgen und Float- Profit war das Unternehmen in der Branche immer noch ungeschlagen. Würde das Wachstum auch weiterhin Gewinn bringende 10 Prozent im Jahr ausmachen, würden sowohl technischer Gewinn als auch Float kontinuierlich steigen. Ein Wert von $13,3 Milliarden ist also durchaus realistisch.
GEICO kaufte weiter eigene Aktien zurück, so dass Berkshires Anteil 1996 etwas mehr als 50% betrug. Anfang 1996 investierte Berkshire $2,3 Milliarden in die andere Hälfte von GEICO.

Sicherheitsmarge = ($ 13,3 Milliarden – $4,6 Milliarden) / 13,3 Milliarden = 65%

Dafür zahlte Berkshire weniger, als das $5 Milliarden Investment-Portfolio allein wert war – eine Transaktion ganz im Sinne Benjamin Grahams.

Übungen für Geico
1 Nennen Sie drei Gründe dafür, warum eine kombinierte Kennzahl von unter 100 für ein Unternehmen der Immobilien- und Sachversicherungsbranche wirtschaftlich von Vorteil ist.

Weitere Fragen zur Diskussion
2 Wird sich die Wettbewerbssituation von GEICO durch das Internet verändern?

3 Was wäre das Schlimmste, was GEICO zustoßen könnte?

1989 kaufte Berkshire Hathaway wandelbare Vorzugsaktien der Gillette Company für $600 Millionen. Diese wurden 1991 in Stammaktien umgewandelt.

Testfragen zum Verständnis für Washington Post und Warren Buffett

Verstehen Sie, warum das Produkt gekauft wird?
Die Zeitung wurde gekauft, weil sie für die Einwohner Washingtons die Quelle für Informationen über ihre Stadt und die Welt war. Die Werbefläche war begehrt, da es kaum eine andere Möglichkeit gab, so viele Einheimische zu erreichen. Die Fernsehsender konnten Werbeminuten verkaufen, da die Unternehmen wenig Alternativen hatten, wenn sie ganz Amerika abdecken wollten. Und im Nachrichtenmagazin wurden Anzeigen geschaltet, weil damit erfolgreich ganz bestimmte Lesergruppen angesprochen werden konnten, die die Werbekunden erreichen wollten. Und die Leser bekamen Nachrichten aus aller Welt bequem und zuverlässig aufbereitet.

Möglicherweise ist nun der Eindruck entstanden, alle Medienunternehmen hätten goldene Eier gelegt. Das traf jedoch nur auf marktführende Unternehmen zu.

Wie würde sich die Branche in den kommenden zehn Jahren entwickeln?
Bei gleichbleibender Qualität würde die Post ihre dominante Position in Washington noch ausbauen, ihre Auflage erhöhen und die Werbeumsätze steigern können. Die Drohung Nixons, die Sendelizenzen zu widerrufen, hatte bereits 1973 ihren Schrecken verloren, und bei Verlängerung der Lizenzen – normalerweise reine Formalität – würden mit geringem Kapitalaufwand wachsende Anteile des nationalen Werbemarktes gesichert werden können. Die ersten Kabelkanäle erschienen auf der Bildfläche, doch sie waren mit hohen Entwicklungskosten verbunden und konnten nur geringe Marktanteile für sich beanspruchen. Sie stellten eine potenzielle Gefahr da, die beobachtet werden musste. Newsweek konnte sich auf einem wettbewerbsintensiven Markt gut behaupten. Die Konkurrenz würde auch weiterhin groß sein im Markt für Wochenmagazine, doch gut geführte Blätter hatten alle Chancen.

Haben Sie Vertrauen ins Management?
Kay Graham zeigte sich integer und hatte offensichtlich ein kompetentes Team um sich geschart. Sie hatte fragwürdige operative und finanzielle Entscheidungen getroffen, doch die Medienunternehmen, die sie
kontrollierte, hatten eine solide Position und befanden sich auf Expansionskurs.

Sind die Produkte leicht zu ersetzen?
Sicher konnten die Leute ihre Zeitung abbestellen und den Fernseher ausschalten, doch die Wahrscheinlichkeit war nicht sehr groß. Werbekunden konnten versuchen, ihre Zielgruppen anderweitig zu erreichen (Kabelfernsehen, Direktwerbung per Post, Himmelsschrift), doch eine marktführende Tageszeitung oder lokal vernetzte Fernsehsender waren vermutlich erste Wahl. Newsweek war durch verschiedene Konkurrenzmagazine zu ersetzen, doch die wachsende Zahl treuer Leser sprach dagegen – sie konnten andere Blätter kaufen, jedoch bevorzugten offensichtlich das gewohnte Magazin.

Psychologie von Warren Buffett

Buffets Rückkehr zu seinen Wurzeln zieht sich wie ein roter Faden durch seine Karriere – von der Firmengründung in seiner Heimatstadt bis hin zu seinen Investments. Bei sechs der sieben Fallstudien in Teil 4 gibt es eine oft Jahrzehnte währende persönliche und geschäftliche Beziehung zu den Gesellschaften, an denen er Anteile erwarb. Er Ist konservativ orientiert und versteht es, daraus Vorteile zu ziehen. Er investiert nie aus sentimentalen Gründen, doch er nutzt Vertrautheit und Vorwissen aus der Vergangenheit, um Investment-Gelegenheiten zu ergreifen. Sein wichtigster Charakterzug als Investor ist ohne Zweifel seine Selbstdisziplin: Kennt er sich nicht aus – wie etwa bei Technologie-Aktien so steht er dazu. Um so gründlicher befasst er sich mit den Unternehmen, von denen er etwas versteht. Er investiert sein Geld erst, wenn er sicher sein kann, dass der Angebotspreis deutlich unter dem inneren Wert liegt. Die meisten Anleger versagen aus Gründen ihrer Persönlichkeitsstruktur in einem dieser drei Bereiche – etwa, weil sie auf einen Tipp hin investieren oder mit Panikverkäufen auf Kursverluste reagieren. Wer die Geldanlage als Beruf auf Lebenszeit betrachtet, wo jede Entscheidung auf Jahre hinaus Konsequenzen haben kann, sollte bei der Entscheidungsfindung bedächtiger und verantwortungsbewusster Vorgehen. Dies alles führt uns zu einer Grundsatzfrage.

Vom Sinn des Geldes
Obwohl Buffets einer der reichsten Männer der Welt ist, lebt er bescheiden. Er bewohnt noch dasselbe Haus, das er vor 40 Jahren gekauft hat, und Isst noch in denselben Restaurants. Da Berkshire seit 30 Jahren keine Dividenden ausbezahlt und Buffets keine Aktien veräußert hat (und dies auch in Zukunft nicht beabsichtigt), besteht sein Vermögen zu 99 Prozent aus Werten, die er nicht ausgeben kann. (Auf Mungers Drängen fließt ein kleiner Prozentsatz des Gewinns von Berkshire wohltätigen Zwecken zu.) Buffets lebt von einem bescheidenen Gehalt und privaten Ersparnissen. Für den Fall seines Todes hat er seine Familie mit einer kleinen Erbschaft bedacht, der Löwenanteil seines Vermögens geht an gemeinnützige Trusts. Damit will er in erster Linie den Fortbestand von Berkshire in gewohnter Form sichern.
Persönlich glaube ich, Buffets wurde von dem Ehrgeiz getrieben, es aus eigener Kraft zum reichsten Mann der Welt zu bringen. Dass dazu persönlicher Verzicht und die Besinnung auf Vertrautes erforderlich war, kam ihm durchaus entgegen.
Die meisten Menschen haben andere, weniger materialistische Träume. Ich wünsche Ihnen, dass Sie durch die Erträge Ihrer Investitionen Ihren Träumen ein wenig näher kommen, statt im Geld selbst Erfüllung zu finden.
Er investiert nie aus sentimentalen Gründen, doch er nutzt Vertrautheit und Vorwissen aus der Vergangenheit, um Investment-Gelegenheiten zu ergreifen. Sein wichtigster Charakterzug als Investor ist ohne Zweifel seine Selbstdisziplin:
Kennt er sich nicht aus – wie etwa bei Technologie-Aktien so steht er dazu. Um so gründlicher befasst er sich mit den Unternehmen, von denen er etwas versteht. Er investiert sein Geld erst, wenn er sicher sein kann, dass der Angebotspreis deutlich unter dem inneren Wert liegt.

Die persönliche Verbindung von Warren Buffett bei Amex

Eines der von Robinson aufgekauften Maklerhäusern war IDS, eines der ersten Unternehmen, in das Warren Buffett investiert hatte. Er hatte sich 1953 eingekauft, als das KGV bei 3 lag. Er hatte einen ausführlichen Bericht über das Unternehmen verfasst und Kopien davon für $1 über eine im Wall Street Journal geschaltete Anzeige vertrieben.

Mitte der 60er Jahre wurde Amex vom sogenannten „Salatölskandal“ getroffen. Das Unternehmen hatte Behälter mit Salatöl gelagert und Quittungen ausgestellt, die kraft seines Namens als Finanzierungsinstrumente gehandelt werden konnten. Leider enthielten manche der Behälter gar kein öl. Amex war Betrügern aufgesessen. Das Unternehmen sorgte unter erheblichen Kosten dafür, dass kein unbeteiligter Dritter Verluste erlitt. Die Amex-Aktie geriet an der Wall Street in arge Bedrängnis. Die Buffett Partners hip sprang ein und kaufte 5 Prozent der Aktien für $13 Millionen – 40 Prozent des gesamten Kapitals der Partners hip. Das war einer der ersten Versuche Buffetts, Immateriellen Vermögensgegenständen Wert beizumessen. Durch persönliche Recherchen an den Kassen örtlicher Restaurants und Banken stellte er fest, dass die Leute ihre American Express-Karten und -Schecks auch nach dem „Skandal“ weiter nutzten wie zuvor. Er setzte die von dem Vorfall verursachten Kosten mit einer Dividende gleich, die das Unternehmen ausbezahlt hatte, die jedoch den Aktionären nie gutgeschrieben wurde. Er behandelte sie sozusagen als einmalige Ausgabe, die den zu erwartenden Wert zukünftiger Erträge nicht beeinträchtigen würde. Seit dieser ersten Beteiligung an Amex ist der Einkauf in krisengeschüttelte Großunternehmen wie GEICO oder Wells Fargo ein wiederkehrendes Muster.

Finanzanalyse bei Washington Post – Warren Buffett

Nach dem Verkauf von Aktien der Klasse „B“ wies die WPC folgende Ergebnisse aus:

$ Millionen 1973 1972
Werbung 188,5 166,1
Auflage 54,6 47,4
Sonstige 3,9 4,3
Gesamtumsatz 246,9 217,8
betriebsbedingter Aufwand (164,7) (146,6)
Vertrieb und Verwaltung (53,0) (46,3)
Abschreibungen (3,6) (3,1)
Gesamtaufwand (221,3) (196,0)
Betriebsergebnis 25,7 21,8
Zinserträge/-a Aufwendungen 0,1 (1.7)
verbundene Unternehmen 1,0 0,5
Sonstige (0,2) (0,4)
Gewinn vor Steuern 26,6 20,2
fällige Steuerzahlungen (10,6) (7,5)
aufgeschobene Steuerzahlungen (2,7) (2,7)
Steuerrückstellungen insgesamt (13,2) (10,2)
Jahresüberschuss 13,3 10,0

Anmerkung: Für 1972 wurde ein kleinerer Sonderposten ausgeklammert.
Es ist schwer, nach 25 Jahren Bilanzzahlen zu bekommen, doch grob kann man die Bilanz für 1972 folgendermaßen rekonstruieren:

Rekonstruierte Bilanz für 1972
Der Firmenwert wurde nicht abgeschrieben, da dies damals noch nicht von den Bilanzierungsvorschriften verlangt wurde. Außer Maschinen und maschinellen Anlagen gab es kaum Sachanlagen. Das betriebsnotwendige Kapital war dank der im Voraus erfolgten Abonnementbezahlungen negativ. Unterm Strich war der Verschuldungsgrad gering. Doch der Geschäftswert von WPC konnte nicht nur der geringen Vermögensbasis oder den Abonnementeinnahmen zugeschrieben werden, obgleich beides unbestrittene Pluspunkte waren. Hauptquelle des originären Firmenwerts war die Bedeutung der Produkte für Leser, Zuschauer und Werbekunden. Dies schlug sich nieder in den Zahlen, im Potenzial und in der EKR.

Doch der Geschäftswert von WPC konnte nicht nur der geringen Vermögensbasis oder den Abonnementeinnahmen zugeschrieben werden, obgleich beides unbestrittene Pluspunkte waren. Hauptquelle des originären Firmenwerts war die Bedeutung der Produkte für Leser, Zuschauer und Werbekunden. Dies schlug sich nieder in den Zahlen, im Potential und in der EKR.

Kapitalquellen

$ Millionen
Barmittel und Beteiligungen 10 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 20
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 23 Abonnements 15
BeständeGrundstücke, Gebäude, Betriebs- 4 aufgeschobene
u. Geschäftsausstattung 60 Steuerverbindlichkeiten 12
Firmenwert 67 langfristige Verbindlichkeiten 32
Eigenkapital 85

Eigenkapitalrentabilität
Die EKR des Unternehmens können wir anhand der rekonstruierten Bilanz und des Gewinns von 1973 schätzen. Zwei Berichtigungen sind dabei allerdings zu berücksichtigen. Zum einen der Firmenwert, der zum Großteil derivativ mit dem Kauf der Fernsehsender und Newsweek erworben wurde. Das IP lässt sich nur aus den Bilanzen von mehreren Jahren in Folge ermitteln, so dass wir die normalen Schwierigkeiten im Umgang mit dem Firmenwert hier nicht umschiffen können. Konservativ geschätzt kann der Firmenwert als gleichbleibend angesehen werden. Da er aber nicht abgeschrieben wurde, sind keine weiteren Berichtigungen nötig. Der zweite Faktor sind die Steuern. Neben den fälligen Steuerverbindlichkeiten finden sich in der Gewinn- und Verlustrechnung der WPC auch Rückstellungen für aufgeschobene Steuerzahlungen. Die Erläuterungen zum Abschluss zeigen, dass die aufgeschobenen Posten, die hauptsächlich aus den steuerlich als Kosten ausgewiesenen Abonnementaktivitäten heraus entstanden sind, in der Gewinn- und Verlustrechnung für das entsprechende Jahr nicht auftauchen. Für den Fall, dass diese Kosten geringer ausfielen, würden die Rückstellungen für aufgeschobene Steuerzahlungen dann zu Verbindlichkeiten. Doch da die Abonnentenzahlen stiegen, war eher anzunehmen, dass der diesbezügliche Aufwand steigen würde. Wenn die Steuern für die Maßnahmen des Jahres 1973 in ferner Zukunft doch fällig würden, hätte die Inflation die Beträge längst aufgefressen. Die Cashflows bestätigten, dass die tatsächlich gezahlten Steuern die aktuellen Steuerrückstellungen in den zurückliegenden Jahren nie überstiegen haben. Daher ist es sinnvoll, einen Gewinn zu Grunde zu legen, der um fällige, doch nicht um aufgeschobene Steuerzahlungen bereinigt wurde. Für die EKR ergibt sich grob folgender Wert:

EKR = [$16 Millionen (Gewinn für 1973 nach fälligen Steuern)] / [$83 Millionen (Eigenkapital 1972)] x = 19%

Was war die WPC wert?
Auf Basis dieser Berechnungen stellte sich der innere Wert der WPC so dar:

$16 Millionen / (10%sqr) x 19% = $304 Millionen

Als Trostpflaster für die unvermeidliche Ungenauigkeit dieser Werte: Wir wissen, dass Buffett bei der Beteiligung 1973 nicht nach der EKR-Methode vorging. Es handelt sich dabei vielmehr um eines der wenigen Beispiele, wo er sich zur Bestätigung seiner Schätzungen auf die Meinung Dritter berief. Er hat diese Investmententscheidung als besonders leicht bezeichnet -jeder Banker, Analyst, Broker im Mediengeschäft und Investor wusste damals, dass die WPC mindestens $400 Millionen wert war. Für alle, die sich mit der Bewertung von Medienunternehmen nicht auskennen, ist dies keine große Hilfe, doch er hat seine Entscheidung im Nachhinein noch mathematisch untermauert.
Nach allgemein verbreiteter Ansicht konnte ein erstklassiges Medienunternehmen damals mit einer Gewinnsteigerung um 6 Prozent Im Jahr rechnen – und zwar kontinuierlich, ohne zusätzlichen Kapitalbedarf. Das hieß, der gesamte Gewinn war frei verfügbarer Cashflow. Die Bewertung eines unbefristeten Stroms von Gewinnen mit einer jährlichen Steigerungsrate von 6 Prozent basiert auf einer handfesten Formel:

Finanzanalyse bei Washington Post - Warren Buffett12

Der WPC-Gewinn von $16 Millionen ergibt nach dieser Berechnung einen Unternehmenswert von $400 Millionen.

Ben Graham – 50 Cent für einen Dollar

Zwar war auch Buffetts Vater, der ihn sicher nahestand, im Aktiengeschäft, doch es war in erster Linie Ben Graham, der die intellektuelle Entwicklung des jungen Investment-Talents am stärksten geprägt hat. Graham, 1894 in London geboren, war in New York aufgewachsen. Wie Buffett zeigte auch Graham zeitig große Begabung, hatte einen angeborenen Sinn fürs Finanzielle und war ein guter Pädagoge. Graham ging Buffett in vielem voran. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg arbeitete er an der Wall Street. Damals steckte die Börse noch in ihren Kinderschuhen, und der Aktienmarkt bestand hauptsächlich aus den Emissionen von Eisenbahngesellschaften und anderen Versorgungsunternehmen. Anleihen beherrschten die Märkte, und Stammaktien galten als zu spekulativ, um sie ins Portefeuille aufzunehmen. Die an der Börse gehandelten Unternehmen veröffentlichten nur wenige Informationen, doch Graham hatte eine natürliche Begabung für die Beschaffung von Daten, insbesondere aus den wenig beachteten Papieren, die den Aufsichtsbehörden vorgelegt wurden. Er war einer der Pioniere der heutigen Wertpapieranalyse, wobei er sich hauptsächlich auf die Bilanzdaten stützte. Ein typisches Beispiel wäre ein Versorgungsunternehmen, das einen bescheidenen Gewinn abwirft und wenig oder keine Dividenden ausschüttet, dabei aber über umfangreiche Wertpapier- und Bargeldbestände verfügt. Durch die geringe Rendite und den Mangel an Informationen wurden die Aktien oft zu Kursen gehandelt, die weit unter dem Wert des Portfolios lagen. Graham fuhr zweigleisig. Zunächst machte er diese Unternehmen auf der Basis einer sorgfältigen Analyse ausfindig und bestimmte ihren inneren Wert. Aktien kaufte er nur zu einem Kurs, der unterhalb dieses Wertes lag, wobei er eine Sicherheitsmarge einhielt. Dann – als zweiten Schritt – wartete er, bis die Börse den inneren Wert erkannte, oder er drängte das Management zu
Maßnahmen zur Steigerung des Shareholder Value – etwa durch Verkauf des angesammelter Portfolios oder durch Anhebung der Dividende. Stieg der Kurs dann auf oder über den Inneren Wert der Aktie, stieß er sie ab. 1923 hatte Graham bereits einen so guten Ruf, dass Ihm Freunde, Bekannte und Verwandte Investitionskapital anvertrauten. Mit einem Partner gründete er die Graham-Newman Corporation. Diese Investment-Partnerschaft war in verschiedener Hinsicht sein Lebensinhalt, bis er sich 1956 aus dem Geschäftsleben zurückzog. Er hat den Crash von 1929 miterlebt und die Börse in jeder Stimmung gesehen. Graham-Newman investierte in nach den eben beschriebenen Kriterien eindeutig unterbewertete Papiere, aber auch in Arbitrage, Konkurs-Aktien (nach Chapter 8 des US-Konkurs- rechtes), Hedge-Geschäfte und andere außergewöhnliche Transaktionen. Grahams Spezialität war es, Unternehmen zu finden, die unter dem Wert ihres Netto-Umlaufvermögens gehandelt wurden – Umlaufvermögen (Barmittel und Wertpapiere plus Lagerbestände und Forderungen) abzüglich aller Verbindlichkeiten.

Besonders hervorgetan hat sich Graham allerdings als Lehrer. Der Pionier der Wertpapieranalyse hat sein Wissen stets bereitwillig weitergegeben. So lehrte er lange Jahre an der Columbia-Universität (Buffett hatte sich dort eingeschrieben, nur um Graham zu hören) und war Ko-Autor zweier Investment-Klassiker: Security Analysis und The Intelligent Investor [dt. Intelligent Investieren, Finanzbuch, 1998 – A.d.Ü.]. Buffett hielt sich anfangs – verständlicherweise, denn er arbeitete ja für Graham – akribisch an die mathematischen Vorgaben seines Mentors. Aktien bestanden entweder den Netto-Umlaufvermögens-Test und andere solche Tests, oder sie fielen durch, Als Buffett später seine eigenen Methoden entwickelte, ist er Grahams Prinzipien im Kern stets treu geblieben.

Die an der Börse gehandelten Unternehmen veröffentlichten nur wenige Informationen, doch Graham hatte eine natürliche Begabung für die Beschaffung von Daten, insbesondere aus den wenig beachteten Papieren, die den Aufsichtsbehörden vorgelegt wurden. Er war einer der Pioniere der heutigen Wertpapieranalyse, wobei er sich hauptsächlich auf die Bilanzdaten stützte.

Ben Grahams Leitsätze
Innerer Wert und Sicherheitsmarge
Es ist die Aufgabe eines Investors, den wahren, objektiven Wert eines Wertpapiers zu ermitteln und wesentlich weniger dafür zu bezahlen. Aus dieser einfachen Feststellung lassen sich mehrere Grundregeln ableiten:
•Investieren Sie nur, wenn ausreichend Informationen zu einer realistischen Beurteilung des inneren Wertes zur Verfügung stehen.
•Investieren Sie nur, wenn eine Sicherheitsmarge gegeben ist.
•Investieren Sie nur, wenn Sie so lange warten können, bis der Markt den inneren Wert anerkennt.

Erfolgreiche Geldanlage hat sehr viel zu tun mit klugem Urteilsvermögen, gepaart mit Geduld.

Marktfluktuationen
Graham unterscheidet zwischen Anlegern und Spekulanten. Spekulanten versuchen, kurzfristige Bewegungen vorherzusagen und dementsprechend zu kaufen bzw. zu verkaufen. Heute zählen in diese Kategorie die technischen Analysten (die ausschließlich auf Grundlage von Charts historischer Kursdaten agieren), gewinndynamikorientierte Marktteilnehmer (die nach dem Grundsatz kaufen, dass sich ein gegenwärtiger Anstieg fortsetzen wird) und Hedge Fund Manager (die versuchen, vorwegzunehmen, was der Markt vorhat). Anleger dagegen kaufen, weil sie vom Wert des zu Grunde liegenden Objektes überzeugt sind, und halten ihre Anteile, bis der Markt diesen Wert honoriert.
Graham war der Überzeugung, dass Anleger wie er den Spekulanten haushoch überlegen seien. In der berühmten „Parabel“ in The Intelligent Investor macht er uns mit Mr. Market bekannt. Mr. Market ist unser Geschäftspartner. Er sagt uns jeden Tag, welchen Preis er für unsere Unternehmensanteile zu zahlen bereit ist und welchen Preis er für seine Anteile
fordert. Leider ist Mr. Market jedoch manisch-depressiv veranlagt. An manchen Tagen ist er in Hochstimmung und bereit, unsere Anteile weit über ihrem tatsächlichen Wert zu kaufen. An anderen Tagen bildet er sich ein, unser Unternehmen stünde vor dem Ruin, und legt eine Notierung weit unter seinem wirklichen Wert fest. Haben diese Kursschwankungen nun irgendeinen Einfluss auf den inneren Wert des betreffenden Unternehmens? Nein. Genauso wenig geben uns die Fluktuationen bei den Aktienkursen Informationen über den Wert der Unternehmen, in die wir investieren. Zwar kommt es vor, dass andere Anleger über wichtige Informationen verfügen, die uns nicht zugänglich sind. Meistenteils spiegeln die Kursveränderungen aber nur die sprunghaften Gemütsbewegungen von Mr. Market wider. Graham sieht in Mr. Market einen Freund, denn durch diese irrationalen Kursschwankungen haben wir regelmäßig Gelegenheit, Anteile unter ihrem inneren Wert zu kaufen und darüber zu verkaufen. Und wenn wir dabei eine ausreichend große Sicherheitsmarge zwischen Kurs und Wert einhalten, können wir es uns leisten, darauf zu warten, bis die Börse (bzw. Mr. Market) den wirklichen Wert erkennt und uns einen entsprechenden Kurs bietet.

Mr. Market ist unser Geschäftspartner. Er sagt uns jeden Tag, welchen Preis er für unsere Unternehmensanteile zu zahlen bereit ist und welchen Preis er für seine Anteile fordert.

American Express 1991 und Warren Buffett

Die Ära Robinson ging zu Ende. Das Betriebsergebnis für 1990 war desolat. Die Kosten der Umstrukturierung und die Verluste im Investment Banking- und im Maklergeschäft – jetzt unter dem Namen Shearson Lehman Brothers – beliefen sich auf $996 Millionen. Das Unternehmen als Ganzes wies einen Gewinn von $181 Millionen aus – im Vergleich zu $1,2 Milliarden im Jahr 1989. $890 Millionen wurden durch die Emission von Stammaktien aufgebracht, $200 Millionen durch Ausgabe wandelbarer Vorzugsaktien. Diesen Versuchen zur Bilanzverbesserung zum Trotz wurde die Kreditwürdigkeit von Amex 1991 heruntergestuft – ein schwerer
Schlag für ein Unternehmen, dessen größte Stärke seine Finanzkraft gewesen war.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für seine Kunden?
Die Geschäftstätigkeit von Amex für das Jahr 1990 splittet sich folgendermaßen auf:

$ Millionen Reingewinn EKR (%)
Reisedienstleistungen 956 28,1
American Express Bank 111 19,2
IDS 207 14,5
ISC 103 21,8
Shearson Lehman (966)

IDS hatte sich mittlerweile auf Finanz- und Anlageberatung von Privatkunden spezialisiert. Der Gewinn war seit der Übernahme im Jahr 1984 im Schnitt um 22 Prozent im Jahr gestiegen. Die im Besitz oder in der Verwaltung des Unternehmens befindlichen Aktiva beliefen sich immerhin auf $51,4 Milliarden. ISC war erfolgreich im Bereich der Datenverarbeitung, insbesondere für Kreditkartengesellschaften. Die American Express Bank zeigte im Kreditgeschäft ein gemischtes Bild, konzentrierte sich jedoch nun auf finanzkräftige Privatkunden. Reisedienstleistungen, zu denen Kreditkarten, Schecks und Reisebüros zählten, waren nach wie vor das Herz des Unternehmens. Es waren inzwischen 36,5 Millionen Karten im Umlauf, mit denen 1990 für den Gegenwert von $111 Milliarden bezahlt wurde. Der Umsatz bei Reiseschecks betrug im selben Jahr $25 Milliarden, der der Reisebüros $5 Milliarden. Neben einer hervorragenden EKR von 28 Prozent (vor Gemeinkostenumlage, wohlgemerkt) konnte dieser Geschäftsbereich mit einer Verfünffachung seiner Gewinne innerhalb von 10 Jahren aufwarten – was durchschnittlich 18 Prozent im Jahr entspricht.
Die Konkurrenz präsentierte sich allerdings stark wie nie zuvor. Visa und MasterCard hatten sich über Jahre hinweg Marktanteile erobert. Im Kreditkarten-Segment war Amex spät dran gewesen und konnte sich daher nur einen kleinen Marktanteil sichern, in der Sparte Reiseschecks und Reisevermittlung war der Wettbewerb scharf. Von anderer Warte betrachtet war Amex aber immer noch marktführend. Für finanzkräftige Privat- und Firmenkunden war Amex immer noch erste und oft einzige Wahl im Kreditkartenbereich. Amex stand für Stärke, Service und weltweite Präsenz. Der im Verhältnis geringe Marktanteil wurde – korrekt – mit Selektivität erklärt, was gleichbedeutend war mit Prestige. Für die Stammkundschaft – Touristen, Geschäftsleute, Gastronomen – war die American Express-Karte Reklame. American Express hatte etwas erreicht, was nur wenigen Finanzdienstleistern gelungen war: Der Kunde Identifizierte sich mit dem Firmennamen.
Steigert das Management den Unternehmenswert?
James Robinson hatte viele Fürsprecher, zu denen auch Buffett gehört haben soll. Durch Reinvestition und Produktentwicklung hatte er das Kerngeschäft ausgeweitet, dabei jedoch das Unternehmen überschuldet.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für die Aktionäre?
Der Aktienkurs stagnierte über fünf Jahre. Nicht nur wurde der Gewinn aus den traditionellen Unternehmensbereichen in weniger rentable Neuinvestitionen gesteckt, es kam auch zu einer unverständlichen Verwässerung des Eigenkapitals. 1990 wurde neues Kapital in Flöhe von $1,1 Milliarden beschafft; und zusätzlich wurden für $74 Millionen Stammaktien zurückgekauft und $413 Millionen an Stammdividenden ausbezahlt (gegenüber $359 Millionen im Jahr 1989). Schlimm genug, dass der vorhandene Shareholder Value durch die nötige Emission neuer Aktien zu niedrigeren Kursen verwässert wurde, doch geradezu absurd war, dass an dieselben Aktionäre gleichzeitig mit vollen Händen Bardividenden ausgeschüttet wurden.