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Die Startsituation des Bewerbers und die eigene Profilierung und Einschätzung

Der Erfolg einer Bewerbung hängt in hohem Maße davon ab, dass die Bewerberin oder der Bewerber genau weiß, was sie oder er beruflich eigentlich will. Natürlich kommt es vor, dass man an einem Wochenende im Stellenmarkt einer großen Zeitung plötzlich genau die Tätigkeit ausgeschrieben sieht, für die man sich immer schon interessiert hat, und sich dann – obwohl es eigentlich gar nicht geplant und gewollt war – darauf bewirbt. Ähnlich liegen die Umstände, wenn Sie von Bekannten oder Freunden hören, dass in deren Firmen eine Position vakant geworden ist, und nun – vielleicht durch die positive Schilderung Ihrer Bekannten neugierig geworden – flugs eine Bewerbung losschicken. In wenigen Fällen haben solche spontanen Bewerbungen jedoch den gewünschten Erfolg, es sei denn, Sie sind wirklich zu einem beruflichen Wechsel bereit und suchen deshalb bereits seit geraumer Zeit mehr oder weniger intensiv nach Alternativen.

Voraussetzung hierfür ist, dass Sie Ihre eigene, jetzige Position kritisch beleuchtet und sich auch Gedanken darüber gemacht haben, was sich an anderen Möglichkeiten für Sie generell oder in Ihrer Branche ergibt. Es gibt – wie im vorherigen Bewerbung-Artikel dar- gestellt wurde – eine ganze Reihe von Gründen für einen Wechsel. Nur unterbleibt leider bei vielen Bewerbern eine umfassende Auseinandersetzung mit der derzeitigen beruflichen Situation und damit auch eine gründliche Vor-bereitung auf eine neue Tätigkeit. Für die meisten Arbeitgeber ist es sehr wichtig zu wissen, warum man sich auf eine ausgeschriebene Position bewirbt, und zu irgendeinem Zeitpunkt des Bewerbungsgespräches wird dieses Thema auf jeden Fall angesprochen. Anders gesagt: Der neue Arbeitgeber macht sich anhand der eingesandten Unterlagen schon Gedanken darüber, was den Bewerber ausgerechnet zu seinem Unternehmen führt, und erwartet demzufolge plausible Begründungen.

Klar ist, dass jeder Arbeitgeber die (optimal) zu besetzende Position im Auge hat, andererseits will er sich natürlich auch über die Vorstellungen des Bewerbers informieren. Vom Bewerber erfordert dies wiederum nicht nur eine klare Einstellung, sondern auch eine sorgfältige Vorbereitung; Punkte, die leider sehr oft übersehen werden. So mancher gute Bewerber ist schon gescheitert, weil er einfach seine eigene Situation nicht definieren konnte oder mit seiner Einschätzung der Dinge neben der Sache lag. Dazu gehören leider sehr häufig maßlose Selbstüberschätzung und mangelnde Auseinandersetzung mit dem eigenen Werdegang, den Fähigkeiten und Grenzen. Nachfolgend sollen die wichtigsten Punkte dargestellt werden, die für Ihre Ausgangsposition als Bewerber wichtig sind und mit denen Sie sich mehr oder weniger (selbst-)kritisch auseinander setzen sollten. Ohne klare Einschätzung Ihrer beruflichen Situation wird eine Bewerbung kaum Erfolg haben.

Eigene Profilierung und Einschätzung
Bevor Sie sich irgendwo bewerben, sollten Sie versuchen, eine realistische, aber auch selbstkritische Analyse Ihres bisherigen beruflichen Werdegangs vorzunehmen. Und so einfach geht das: Zunächst lassen Sie alle Ihre bisherigen Tätigkeiten Revue passieren; wo hat es Ihnen gefallen, wo nicht? Lesen Sie Ihre Zeugnisse noch einmal in Ruhe durch und seien Sie ehrlich: Wo mussten Sie gehen, wo hat vielleicht Ihr Verhalten Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben, in welchen Gebieten liegen Ihre Stärken und Schwächen? Prüfen Sie für sich auch, welcher Natur Sie sind: Arbeiten Sie lieber als „Einzelkämpfer“ oder lieber im Team? Wollen Sie durch Leistung beeindrucken und Karriere machen oder lediglich gute Arbeit leisten und/oder gutes Geld verdienen? Das alles sind Fragen, die Ihnen auch in einem Vorstellungsgespräch begegnen können; man sollte also schon darauf vorbereitet und in der Lage sein, sich und seine Fähigkeiten selbst einzuschätzen und auf Befragen auch artikulieren zu können. Prüfen Sie für sich genau, was Sie eigentlich wollen, und beziehen Sie dabei alle erdenklichen Faktoren wie Familie, Ihr Alter, Ihren Werdegang, Ihr Können usw. mit ein, und setzen Sie sich auch mit den bisherigen Tätigkeiten auseinander.

Je sicherer Sie in Ihrem Urteil werden, umso mehr Erfolg wird Ihre Bewerbung bei einem neuen Arbeitgeber haben. Bevor man objektive Kriterien wie Können, Mobilität, Sprachkenntnisse u.a. beleuchtet, sollte man den Mut und auch den Willen haben, seine subjektiven Merkmale in Bezug auf berufliche Tätigkeiten zu überdenken. Sind Sie z. B. ein Mensch, den es drängt, andere zu führen und zu leiten, oder fühlen Sie sich wohler, wenn man Ihnen sagt, was Sie tun sollen? Sind Sie lieber ordnend-administrativ tätig oder haben Sie eine ausgeprägte kreative Ader? Sind Sie konfliktfähig oder gehen Sie Problemen lieber aus dem Weg? Anhand Ihrer bisherigen beruflichen, aber auch ganz privaten Erfahrungswerte sollten Sie versuchen, ein realistisches Bild von sich selbst zu bekommen, eine gesicherte Basis für die Beurteilung Ihrer eigenen Persönlichkeit. Die Kenntnis eigener Stärken und Schwächen ist für Sie (nicht nur, aber hier besonders auch als Bewerber) enorm wichtig, um Ihnen in Ihrem Bewerbungsvorhaben Sicherheit und Selbstvertrauen zu geben.

Fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten
Am wichtigsten ist es wohl, seine beruflichen Fachkenntnisse und Fähigkeiten genauestens zu kennen und sie auch beschreiben zu können. Ein Beispiel, wie man es im Bewerbungsgespräch nicht machen sollte, mag die Bedeutung untermauern:

Eine Buchhalterin mit einigen Jahren Berufserfahrung hatte sich in einem größeren Unternehmen als Bilanzbuchhalterin beworben, obwohl der Abschluss ihres Fortbildungslehrgangs erst kurz bevorstand. Dass man sie dennoch eingeladen hatte, lag an der ansonsten sehr guten Bewerbung; sie war deshalb mehr oder weniger in der Situation, ihre noch nicht per Zeugnis dokumentierten Kenntnisse mündlich vorzutragen. Es zeigte sich dabei jedoch rasch, dass die Frau eine (völlig berechtigte) Chance suchte, ihr erlerntes Wissen in der Praxis einzusetzen. Das Unternehmen hingegen erwartete Berufserfahrung, zumindest aber fundierte Kenntnisse. Die Bewerberin hatte sich mit den praxisbezogenen Problemen ihres angestrebten Aufgabengebietes noch gar nicht auseinander gesetzt und auch sonst nicht berichtet, dass sie durch diverse weitere Lehrgänge qualifiziert sei, sodass ihr im Ergebnis abgesagt wurde.

Ähnlich gelagert sind die in der Praxis wirklich zahlreichen Bewerbungsschreiben, die wie folgt beginnen:

„Obwohl ich die Voraussetzungen der ausgeschriebenen Position nicht erfülle, bewerbe ich mich bei Ihnen, weil ich glaube, mich rasch einarbeiten zu können.“

Solche Bewerbungen landen in aller Regel sofort bei den Absagen. Man kann solche Enttäuschungen vermeiden, wenn man realistisch an die Sache herangeht und sich und seine Fähigkeiten kritisch einschätzt. Vergleichen Sie deshalb stets genau den Anforderungskatalog einer Anzeige mit Ihren Fähigkeiten und beruflichen Kenntnissen und bewerben Sie sich nur, wenn hier Übereinstimmung besteht oder wenn Sie durch bessere Qualifikationen und/oder Erfahrungen Know-how in die neue Firma einbringen können. Wichtig ist es auch, sich Fortbildungsmaßnahmen oder Seminare zu vergegenwärtigen, die man schon einmal besucht hat. Es reicht nicht aus, dies z. B. in eindrucksvoller Form in einer Bewerbung aufzulisten, wenn ein Großteil der besuchten Lehrgänge länger zurückliegt und demzufolge das Wissen eventuell längst überholt ist. Am besten ist es, wenn Sie sich eine kleine Checkliste machen, in der Sie so etwas wie eine vollständige Bestandsaufnahme Ihres Könnens skizzieren. Es wurde schon angesprochen, dass leider viele Bewerber sich selbst überschätzen; umso wichtiger ist die kritische Selbstanalyse. Wenn z.B. jemand gesucht wird, der ein bestimmtes Arbeitsgebiet in eigener Verantwortung bearbeitet hat, dann sollte dies aus Ihrem bisherigen beruflichen Werdegang auch so hervorgehen.

Wenn Sie nur unter Anleitung eines Gruppenleiters tätig waren, könnte Eigenverantwortlichkeit schon nicht mehr gegeben sein. Auch ein Arbeitszeugnis mit noch so guten Formulierungen ist nicht immer eine Garantie (für den neuen Arbeitgeber) dafür, dass die beschriebenen Kenntnisse wirklich so umfassend waren und erfolgreich eingesetzt wurden. Wenn man weiß, auf welche Weise viele Zeugnisse zustande kommen, und bedenkt, dass nicht jeder Personalchef gute Zeugnisse formulieren kann, dann sollte das Anlass für die selbstkritische Frage sein, ob die beschriebenen Fähigkeiten auch wirklich zutreffen. Auch wenn die Zeugnisse unter dem arbeitsrechtlichen Gebot der Wahrheit stehen, werden sie manchmal sehr entgegenkommend formuliert; entweder, weil der Arbeitgeber keinen Ärger mit dem ausscheidenden Mitarbeiter haben will, oder, weil er über den Weggang erleichtert ist und ihm ein gutes Zeugnis versprochen hat. Das wissen natürlich viele Personalleiter und stellen die entsprechenden Fragen. Gewinnen Sie deshalb die nötige Selbstsicherheit als Bewerber durch eine klare Selbstanalyse und kritische Einschätzung Ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten.

Sprachliche Kenntnisse
Auch über seine sprachlichen Kenntnisse sollte man sich differenzierende Gedanken machen.
Wer kennt nicht den saloppen Satz „I speak English very well, bloß ich kann das nicht so schnell“?
In vielen Personalfragebogen und auch in dem Bewerbungsvordruck der Arbeitsämter wird erfreulicherweise bei den Sprachkenntnissen unterschieden, z. B. folgendermaßen:
sehr gute Kenntnisse in Wort und Schrift
zur Verständigung ausreichende Kenntnisse m
Schulkenntnisse m
Grundkenntnisse

Auf diese Weise hat der Bewerber einen klaren Ansatzpunkt, seine Kenntnisse einzuordnen. Wenn deshalb in einer Stellenanzeige steht, dass perfekte Englischkenntnisse Voraussetzung sind, brauchen Sie sich nicht zu bewerben, wenn Sie nur Schulkenntnisse haben. Sehr oft wird auch übersehen, dass praktische sprachliche Kenntnisse erwartet werden, das heißt, sie müssen auch bisher in den vorangegangenen Tätigkeiten zum Einsatz gekommen sein. Hinzu kommt, dass nicht selten spezifische Sprachkenntnisse notwendig sind; von jemandem, der sich beispielsweise für den Bereich „Foreign Rights“ in einem Medienunternehmen bewirbt, wird in aller Regel die Beherrschung der einschlägigen juristischen Terminologie ebenso vorausgesetzt wie absolute Sicherheit beim Aufsetzen von Verträgen.

Wenn es in einer Position entscheidend auf Sprachkenntnisse ankommt, sind viele Unternehmen vorübergehend dazu übergegangen, diese bereits in einem fremdsprachlich gehaltenen Bewerbungsgespräch unter Beweis stellen zu lassen. Prüfen Sie deshalb für sich vor einer Bewerbung genau, welche Sprachen Sie in welchem Umfang beherrschen. Wenn Sie z.B. Französisch perfekt können und Kenntnisse einer weiteren Sprache laut Anzeige wünschenswert erscheinen, dann können Sie durchaus angehen, dass Sie Grundkenntnisse – beispielsweise – in Spanisch haben und diese kurzfristig (durch Schulung) ausbaufähig sind. Von einer Bewerbung sollten Sie aber Abstand nehmen, wenn diese beiden Sprachen beherrscht werden müssen. Als Grundsatz bei der Einschätzung von sprachlichen Fähigkeiten gilt auch hier: selbstkritisch und realistisch bleiben.

Mobilität
Europa ist zusammengerückt, die Europäische Union erweitert worden. Nicht nur deshalb kommt der eigenen Bereitschaft zu Mobilität hohe Bedeutung zu. Denn auch im Inland gibt es sehr viele Arbeitgeber, die mehrere Niederlassungen haben und demzufolge Mobilität erwarten. Über diese nicht unwichtige Problemstellung machen sich nicht alle Bewerber ausreichend Gedanken. Um es wieder an einem Beispiel auszudrücken: Wenn Sie jahre-, wenn nicht jahrzehntelang an nur einem Ort gelebt haben, dort Ihre Freunde und Bekannten und vielleicht durch Sport und andere private Aktivitäten auch Ihre festen Termine haben, werden Sie sich mit Sicherheit schwer tun, umzuziehen. Da mag die neue Tätigkeit noch so verlockend sein. Es gibt sehr viele hoch qualifizierte Bewerber, die in ihrem ganzen Leben noch nie aus dem Umfeld ihrer Stadt herausgekommen sind. Andererseits erfordern viele Berufszweige oder Unternehmen eine mehr oder weniger uneingeschränkte Mobilität oder Versetzbarkeit.

Deshalb sollte bei Ihrer Selbsteinschätzung als Bewerber oder Bewerberin dieser sehr wichtige Aspekt nicht fehlen. Prüfen Sie für sich unter Berücksichtigung aller persönlichen Umstände sehr genau, ob Sie gewillt sind, von Ihrem bisherigen Wohnort wegzuziehen oder auch nur eine mit längeren Reisen verbundene Tätigkeit anzunehmen. Spätestens beim Bewerbungsgespräch werden Sie mit diesem Thema konfrontiert werden, und dann heißt es, klare Aussagen zu treffen. Wenn Ihnen Ihr privates Umfeld wichtiger ist und Sie deshalb an Ihren jetzigen Wohnort mehr oder weniger gebunden sind, sollten Sie von Bewerbungen dieser An absehen. Wenn Sie eine solche Position haben wollen, aus welchen Gründen auch immer, müssen (!!) Sie zum Umzug oder zu Reisen bereit sein. Wenn das nur als Kompromiss, befristete Lösung oder gar halbherzig angesehen wird, ist die Bewerbung in aller Regel vergebens.

Familiäre Situation
Schließlich ist – wie im vorangegangenen Abschnitt schon kurz angedeutet – auf die ebenso wichtige familiäre Situation einzugehen. Dieses Problem hängt eng mit dem der Mobilität zusammen, weil ein Umzug ja auch familiäre Belastungen mit sich bringen kann. Es ist daran zu denken, dass der Partner oder die Partnerin, soweit sie selbst berufstätig sind, ebenfalls eine neue Position finden müssen. Eltern haben auch an ihre Kinder zu denken, besonders, wenn sie im schulpflichtigen Alter sind.
In Bewerbungsgesprächen wird deshalb bei solchen Voraussetzungen die Frage gestellt, ob man sich mit seiner Familie abgesprochen habe und ob diese z.B. mit einem Umzug einverstanden sei. Die Antworten auf solche Fragen sollten Ihrem Gesprächspartner signalisieren, dass Sie sich mit diesem Thema ernsthaft auseinander gesetzt haben und zu einer tragfähigen gemeinsamen Entscheidung gekommen sind. Deshalb ist es ganz wichtig und eigentlich auch selbstverständlich, dass Sie sich vor einer Bewerbung mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin abstimmen und – je nach Alter – auch Ihre Kinder in die Überlegungen zu einem beruflichen oder gar örtlichen Wechsel miteinbeziehen. Zu bedenken sind, wie erwähnt, der Beruf des Partners, die Schulpflicht der Kinder und natürlich auch andere Kontakte und Verpflichtungen, die eine Rolle spielen könnten (z. B. Pflege der am Ort lebenden kranken Mutter usw.).

Solche Erörterungen müssen auch dann angestellt werden, wenn die neue Position in derselben Stadt oder auch in der näheren, „fahrbaren“ Umgebung angesiedelt ist, denn es kann ja immerhin sein, dass sich durch Ihre neue Tätigkeit zusätzliche zeitliche und andere Belastungen ergeben, unter denen Ihre Familie nicht leiden sollte. Wenn Sie z. B. bislang eine geregelte Arbeitszeit hatten und um 17.00 Uhr im Haus sein konnten, könnte sich durch eine qualifiziertere Aufgabe durchaus mehr Verantwortung und auch mehr Arbeit ergeben, mit der Folge, dass Sie regelmäßig erst gegen 19.00 Uhr zu Hause sind und von Ihren kleinen Kindern kaum noch etwas haben. Dies alles will sorgfältig durchdacht sein. Behalten Sie deshalb bei einer Bewerbung, die mit einem Umzug oder mit Reisetätigkeit verbunden ist, immer Ihre persönlichen und familiären Belange im Auge und versuchen Sie, neben der beruflichen Verbesserung auch eine Balance Ihrer privaten Situation herzustellen. Ziehen Sie erst nach der Probezeit oder ausreichender Einarbeitungszeit um und prüfen Sie im Vorfeld mögliche Hilfen durch Ihren neuen Arbeitgeber. Nichts wäre fataler, als mit Frau und Kindern umzuziehen, um dann nach kurzer Zeit feststellen zu müssen, dass der neue Job doch nichts für Sie ist und Sie sich kreuzunglücklich fühlen.