Doch nicht nur bei den feinen Privatbanken können die Kunden den Beratern nicht trauen. Auch bei den normalen Geldinstituten herrscht mitunter ein merkwürdiges Gebaren, wie folgendes Beispiel zeigt.
Vor allem jüngeren Kunden mit guten Jobs und Karrierechancen rollen die Banken und Sparkassen gerne den roten Teppich aus. Wer monatlich feste Einkünfte hat, kann mit kleinen Zugaben rechnen: Da wird das Girokonto kostenlos geführt, und manches Institut zahlt auch eine kleine Anerkennung in Form eines Guthabenzinses auf dem Girokonto. Die Rechnung für die Banken geht aber erst auf, wenn der Kontoinhaber oder die Bankkundin auch die anderen Dienstleistungen des Instituts in Anspruch nimmt: also kräftig an der Börse spekuliert und alsbald ein stattliches Eigenheim oder eine luxuriöse Wohnung begehrt. Das lohnt sich für die Bank.
Für die Transaktionen im Wertpapierdepot des Kunden fällt immer ein gewisser Prozentsatz oder eine Gebühr für die Bank ab. Je mehr sich da bewegt, desto besser fürs Geschäft. Die Rendite des Kunden, ob sich die Schiebereien in seinem Portfolio wirklich lohnen, ist weniger interessant.
Da auch bei festangestellten Bankberatern im Private Banking ein Teil ihres Gehaltes vom Umsatz abhängig ist, den sie für die Bank erzielen, sind Kunden, die gerne an den Börse zocken, besser fürs Geschäft und fürs eigene Ein- und Fortkommen als konservative Anleger, die lieber an den Werten festhalten, die sie einmal gekauft haben.
Notfalls wird auch nachgeholfen. So wie im Fall einer Hamburgerin, die ihr Vermögen von der Dresdner Bank verwalten ließ. Eines Montagmorgens erhielt sie einen Anruf ihres Anlageberaters. Nach dem Austausch der üblichen Höflichkeiten kam der junge Mann zügig zur Sache. Er habe da zwei fabelhafte Investments, die er seinen besten Kunden vorschlagen wolle. Es gäbe in nächster Zeit zwei Börsendebüts von jungen Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien und Internetdienstleistungen. Das wäre doch gerade für sie eine gute Gelegenheit, eine stattliche Rendite zu erzielen und ihr Depot aufzufrischen.
Eigentlich wollte die Kundin keines ihrer Papiere veräußern. Doch sie ließ sich von dem Fachmann überreden, die Aktien eines Sportmodeherstellers zu verkaufen. Die hätten, wie der Mann der Dresdner erzählte, ohnehin den Höhepunkt erreicht und wenig Potenzial für weitere Kursgewinne. Also gut, die Frau nahm den Vorschlag ihres Beraters an, gab die Verkaufsorder für die Sportmodeaktien und zeichnete die neuen Aktien der Unternehmen, die in den nächsten Tagen auf den Markt gebracht werden sollten.
Eine Woche später rief sie bei ihrem Bankberater an, um sich nach dem Stand der Transaktionen zu erkundigen. Das Ergebnis war blamabel: Von den Aktien des Energieunternehmens hatte sie keine einzige bekommen, die Emission sei leider überzeichnet gewesen, wie ihr der Fachberater ohne ein Wort des Bedauerns mitteilte. Dafür saß sie nun auf den Papieren der Internetfirma, die nach der Börseneinführung sofort auf Talfahrt gegangen und auf einen Wert gefallen waren, der deutlich unter dem Ausgabekurs lag.
Als sie ihren Berater auf seine Fehlleistung ansprach, fand sie kein Entgegenkommen, nicht einmal den Hauch einer Entschuldigung, obwohl er sich grob verschätzt hatte. Dieser machte sie vielmehr darauf aufmerksam, dass ihr bekannt sein müsse, dass Aktiengeschäften immer auch ein gewisses Risiko anhinge. Besonders ärgerlich war, dass der Berater auch mit seiner dritten Prognose, zum Kurspotenzial der Sportmodeaktien, deutlich danebenlag. Die waren nämlich munter weiter geklettert.
Die Kundin hatte jedenfalls genug von der Vermögensberatung der Dresdner Bank und suchte sich ein anderes Institut.