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Privatkunde als Anleger werden

Was interessiert uns der kleine Mann, war lange die Devise. Das große Geld sollten Fusionen, das so genannte Investmentbanking bringen. Alle Banken der Welt, ob groß, ob klein, waren auf Globalisierungskurs und damit auf den Spuren der Wirtschaft. Die große Welt, das war ihr Feld. Der Kleine hatte (fast) keinen Platz mehr im Kerngeschäft.

Doch jetzt reißen sich wieder alle um den Privatkunden. Die ganz Großen der Finanzbranche stellen sich (zum wiederholten Male) ganz neu auf, von Deutscher bis Commerzbank. Es gibt nur noch zwei Säulen: Firmen und – man wird’s nicht glauben – Privatkunden. Die sind keine Peanuts mehr, die sollen’s jetzt bringen, wenn den bisherigen Paradepferden (Investmentbank, Merger & Acquisitions) die Puste ausgeht.

Die Deutsche Bank will den Bereich Retailbanking, auf Deutsch Mengenkundengeschäft, ausbauen. Die Zahl der Privatkunden soll bei der Tochter Deutsche Bank 24 von heute 10,5 Millionen bis 2004 auf mindestens 13,5 Millionen steigen. Finanzdienstleistungen sind das große Geschäft. Die verschiedenen Dienstleistungen und Produkte geschickt miteinander zu vernetzen, aus einer Hand dem Kunden zu präsentieren (und zu verkaufen) – das ist die neue Masche.

Von der Lebensversicherung über die Altersvorsorge bis zur Planung der Erbschaft: Connectivity, sagt der Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer dazu, also die Produktbereiche einer Bank oder eines Finanzdienstleisters mit dem Vertrieb so zu verkuppeln, dass alles eins ist. Das soll dem Kunden jetzt als großartiger Fortschritt verkauft werden.

Früher haben die Kunden klaglos und stets respektvoll alles hingenommen, was ihnen von der Geldwirtschaft so zugemutet wurde. Ein Prozent vom Kurswert mussten sie zahlen, wenn sie Aktien kaufen oder verkaufen wollten. Beratung? Bewahre, eher noch kleine Zusatzabzockereien. Wer sagte denn, dass die Bank innerhalb ihrer Organisation die Geschäfte sofort und zu einem für den Kunden günstigen Kurs ausführen sollte? Limits setzen bei Aktiengeschäften – unbekannt!

Man staunt, was alles möglich wird, wenn Bankbeamte“ endlich auf- wachen. So schaffte die Dresdner Bank 1999 im Privatkundengeschäft eine Vor-Steuer-Rendite von 10 Prozent. Das war schon was. Im Jahr 2000 lag sie bereits bei fast 20 Prozent. Und im Jahr 2003 wird sie 30 Prozent verdienen. Dafür soll die Zahl der Geschäftsstellen um 300 auf 850 reduziert werden, wobei 10 Prozent der bestehenden 50 000 Arbeitsplätze wegfallen. Bei der Dresdner darf sich der Kunde dann selbst aussuchen, welche Dienstleistung er wünscht, ob er sich mit den billigeren Leistungen für die weniger vermögenden Kunden zufrieden gibt oder ob er mehr Service will – der dann auch mehr kostet. Bei den Blauen (Deutsche Bank) läuft es ähnlich.

Die Analysten der Investmentbank Morgan Stanley Dean Witter (MSDW) haben den Markt der Privatkunden detailliert analysiert. Fazit: Das Geschäft mit den vermögenden Privatkunden wird durch die Aktienmärkte und die wachsende Zahl der Erben immer mehr an Bedeutung gewinnen. Und es ist lukrativ.

An der Spitze die Schweizer Bank Crédit Suisse. Sie erwirtschaftet einen Gewinn vor Steuern von 0,75 Prozent des verwalteten Vermögens. Das heißt, von jeder Million, die man in die Hände der Bank gibt, damit sie daraus ein bisschen mehr macht, bleiben 7500 Euro bei ihr als Gewinn hängen. Entweder sind die Schweizer besonders tüchtig oder sie haben sich besonders gut und wirtschaftlich organisiert. Wahrscheinlich beides. Die Deutsche Bank bringt es nur auf 0,36 Prozent. Aber sie will bis 2004 weltweit unter die Top 3 gelangen, ein begehrter Platz, um den sich auch J. P. Morgan Chase, Merrill Lynch und die City Group bemühen.

Die großen Gewinne machen alle, ob Sparkasse, Volksbanken oder Privatbanken, nicht bei Giro- oder Sparkonten, obwohl diese die eigentliche Masse des Geschäfts darstellen. Interessant wird es erst bei den Wohlhabenden. Wer bei der Deutschen Bank nur 50 000 Euro mitbringt, muss jährlich 1 Prozent vom Vermögen als Basispreis zahlen, wenn er eine Beratung haben will, und er zahlt auch für so genannte Strategiegespräche, Finanzanalysen und Depotverwaltung. Billiger wird der Service für den, der schon mehr hat, bevor er sich mit der Bank einlässt. Ab

100 000 Euro liegen die Gebühren nur noch bei 0,2 Prozent, die Provisionen für Wertpapiergeschäfte fallen zusätzlich an – zwischen 0,1 und 0,3 Prozent, je nach Auftragshöhe. Obwohl es in der Bankenbranche keine allgemein gültigen Abgrenzungen gibt, sieht es so aus, dass man Anlagebeträge zwischen 25 000 und 250 000 Euro dem so genannten Massengeschäft mit Wohlhabenden zuschlägt. Die eigentlich Reichen beginnen für viele Banken erst bei einer Mindestanlage von 250 000 Euro.

Wer mindestens 750 000 Euro zur Bank trägt, gehört zu den vermögenden Privatkunden (High Net Worth Individuals HNWI). Sehr vermögend (Ultra High Net Worth Individuals UHNWI) sind Private mit einem Geldvermögen von mindestens 30 Millionen Euro, so eine Studie von Merrill Lynch und der Beratungsgesellschaft Cap Gemini Ernst & Young. Diesen Gruppen lässt man dann nicht nur eine Beratung angedeihen, sondern stellt ihnen auch ein spezielles Wealth Management (so was gibt’s!) zur Seite. Umfang und Beratung sind nach oben offen, die zu kassierenden Honorare ebenfalls, aber bei einigen Banken gelten rund 18 000 Euro für Gebühren als unterer Richtwert. Das wissen besonders die Privatbanken zu schätzen, die sich zum Teil schon seit ein paar hundert Jahren um die wirklich Reichen kümmern.

Besonders gern gesehen sind Unternehmerfamilien, die nicht nur das Unternehmens-, sondern auch das private Vermögen verwalten lassen und die sich mit Nachfolgeregelungen und Erbschaftsfragen hemmzuschlagen haben, an denen ganze Scharen von Beratern verdienen. Aber durch die lange Phase der wirtschaftlichen Stabilität sind die Privatvermögen auch in Deutschland stark gewachsen. Nicht mitgewachsen ist die Dienstleistungsbereitschaft der Banken. Deshalb ist das Geschäft mit den Privatkunden zurzeit noch unterentwickelt.

Um diesen Mangel zu beheben, hat die Deutsche Bank schon 1999 den Studiengang zum Financial Consultant in Zusammenarbeit mit der Ruhruniversität Bochum eingerichtet. Normale Bankangestellte, die zwar befähigt sind, aber nicht immer über viel Wissen und Fingerspitzengefühl verfügen, werden zu hoch qualifizierten Generalisten trainiert. Nicht nur durch Fachwissen, sondern auch durch eine ordentliche Portion Psychologie. Die wird gebraucht, um den Privatkunden über die Hürden der Gebühren zu helfen und ihnen die Produkte des Hauses schmackhaft zu machen. Egal, zu welchem Geldtyp Sie zählen: Sie sollten immer selbst nachrechnen, was versprochen wird, nachfragen, bis Sie verstehen, worum es geht, und nicht nur aufs Ergebnis starren. Ganz wichtig auch: das Klein gedruckte lesen. Wer sich dann die Zeit nimmt, um auch noch bei der Konkurrenz der Bank seines Vertrauens vorbeizuschauen, wird manche Entscheidung vielleicht doch noch einmal überdenken.

Vertrauen ist gut, Kontrolle besser
Wer sich nicht selbst um die Anlage seines Vermögens kümmern kann oder will, musste in der Vergangenheit viel Vertrauen mitbringen und war vor bösen Überraschungen nie ganz gefeit. Jede Aktion der Banken kostet Geld, und je schneller und heftiger die Vermögensverwalter die Anlagen umschichteten, desto größer wurden die Gebühreneinnahmen, bis von manchen Vermögen überhaupt nichts mehr übrig blieb. Ein Finanzdienstleister (Firstfive Deutschland AG) hat die Marktlücke entdeckt, indem er vermögenden Privatkunden und professionellen Vermögensverwaltern einen Portfoliovergleich anbietet. Damit kann ein Anleger die Leistungen seiner Bank mit denen der Konkurrenz vergleichen. Kein Herrschaftswissen mehr, Einblicke in die Strategien der ganz Großen nehmen – prima. Bislang streng gehütete Geschäftsgeheimnisse werden nachvollziehbar: wann und zu welchem Preis wie viele Aktien eines Unternehmens für das jeweilige Kundenportfolio gekauft worden sind – oder auch nicht. Um die Dienste in Anspruch nehmen zu können, muss man ein Mindestdepotvolumen von einer Million Euro verwalten lassen und Firstfive für die < Informationen 2300 Euro pro Jahr zahlen.

Ein halbes Jahr nach dem Start im Jahre 2000 konnten die Hessen bereits die Bewegung von 120 Depots verfolgen, die immerhin ein Vermögensvolumen von min. 500 Millionen Euro repräsentierten. Natürlich nur ein winziger Ausschnitt der gesamten Anlagesumme der Deutschen. Aber als Firstfive im Dezember 2000 zum ersten Mal die Ergebnisse der Untersuchungen präsentierte, zeigte sich überraschenderweise, dass unabhängige Institute besser abschnitten als große, prominente Adressen. Die Vermögensverwaltung Franzen & Gerber schaffte innerhalb von zwölf Monaten eine positive Wertentwicklung von 38,3 Prozent, die Schweizer Rothschild Bank von 32 Prozent und eine kleine Raiffeisen-Volksbank in der Rhön immerhin 24,9 Prozent. Wer sein Geld allerdings an der falschen Stelle deponiert hatte, musste auch mit einem Minus von 20 Prozent leben. Um allerdings zum Beispiel mit der Raiffeisen-Volksbank Rhön-Grabfeld ins Geschält zu kommen und die Rendite von fast 25 Prozent kassieren zu können, muss man mindestens 250 000 Euro mitbringen. Die Rendite in Höhe von fast 62 500 Euro jährlich ist kein Pappenstiel. Ob Privatleute, die nebenher ihr Vermögen selbst verwalten, auch auf solche Zahlen kommen?