Wie bereits erwähnt, kann sowohl der Aufbau eines ganzheitlichen Chancen- und Risiko-Managements als auch die Etablierung einer offenen Risiko-Kommunikation und Risiko-Kultur nur gelingen, wenn möglichst alle Mitarbeiter eines Unternehmens in diesen Prozess eingebunden werden. Um sich aktiv an dieser Aufgabe zu beteiligen, benötigen die Mitarbeiter jedoch unbedingt das erforderliche Know-how sowie eine fundierte Informationsbasis. Neben adäquaten Trainings-Bausteinen im Rahmen der systematischen Mitarbeiter-Entwicklung spielt daher die interne Versorgung mit risikorelevanten Informationen eine überragende Rolle. In fast allen Unternehmen stehen die hierfür erforderlichen Kommunikationskanäle bzw. eine geeignete Infrastruktur bereits zur Verfügung (beispielsweise Mitarbeiterzeitungen oder entsprechende Info-Seiten bzw. vielleicht sogar ein Risiko-Management-Portal im Intranet). Ein sehr wirkungsvoller und vielfach bewährter Ansatz, das Risiko- Management auf eine möglichst breite Basis zu stellen und parallel in vielen unterschiedlichen Abteilungen Risiko-Bewusstsein zu schaffen, ist die Einrichtung eines so genannten „Risiko- Management-Komitees“ (häufig auch als „Risiko-Management- Zirkel“, „Risiko-Management-Task-Force“ oder „Risiko-Management-Ausschuss“ bezeichnet). In diesen Gesprächsrunden treffen sich in gleichmäßigen Abständen — wobei sich abhängig von der jeweiligen Hierarchieebene ein monatlicher, quartalsweiser oder (halb-)jährlicher Zyklus bewährt hat — die Risiko-Management- Beauftragten, Risk-Owner und/oder Fachspezialisten aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen. Diese Risiko-Management- Komitees haben sich in der Praxis insbesondere aus mehreren Gründen gut bewährt: Zunächst einmal ermöglichen sie eine Diskussion der Chancen und Risiken aus interdisziplinären Perspektiven.
Allein schon die Gespräche und der Informationsaustausch an sich führen in aller Regel zu gewissen „Aha-Effekten“ bei den Beteiligten und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zu einer ganzheitlichen und möglichst vollständigen Risiko-Identifikation und -Bewertung. So mag beispielsweise ein vergleichsweise geringfügiges Qualitätsproblem aus Sicht des Entwicklungsingenieurs noch vernachlässigbar sein, wohingegen der Syndikus des Unternehmens hierin unter Umständen bereits enorme Produkthaftungsrisiken auf den Betrieb zukommen sieht. Oder der Leiter der IT-Abteilung ist bestrebt, einen möglichst umfassenden und lückenlosen Schutz des Unternehmens gegen Hackerangriffe und Viren zu implementieren, während der Personalchef in diesem Zusammenhang auf Grund der hiermit verbundenen Überwachung der Mitarbeiter arbeitsrechtliche Komplikationen zu bedenken gibt. Der Arbeitsschutzverantwortliche beurteilt Risiken möglicherweise aus einer anderen Perspektive als der Leiter der Produktion oder der Brandschutzbeauftragte. Infolge der Tatsache, dass in einem Risiko-Management-Komitee Spezialisten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen vertreten sein sollten, dürfte auch die Beurteilung eventueller Schäden, die ein eventueller Risiko-Eintritt zur Folge hat, wesentlich fundierter und vollständiger zu leisten sein als bei der Schätzung durch einen einzelnen Mitarbeiter. Der in der Praxis häufig zu beobachtende Fehler, dass die Mitarbeiter die Auswirkungen eines Risikos auf ihren eigenen Arbeitsbereich in der Regel überbewerten, während die Folgewirkungen auf andere Unternehmens- funkdonen unterschätzt bzw. überhaupt nicht wahrgenommen werden, kann auf diese Art und Weise relativ einfach reduziert oder gar vollständig eliminiert werden. Neben den vielfältigen Impulsen, die von einem solchen Risiko- Management-Komitee im Hinblick auf eine Optimierung der Risiko-Identifikation und -Bewertung ausgehen, weist es außerdem den Vorteil auf, dass das Thema Risiko-Management insgesamt wesentlich stärker innerhalb des Unternehmens verbreitet und verankert wird. In aller Regel fungieren die Mitglieder dieser Zirkel nämlich als wertvolle Multiplikatoren, die durch ihre Vorbildfunktion auch weitere Mitarbeiter in ihren Abteilungen zur Auseinandersetzung mit Risiken motivieren und so substanziell zu einer Verbesserung des Risiko-Bewusstseins beitragen können. Schließlich haben regelmäßige Treffen im Rahmen eines Risiko- Management-Komitees auch den Vorteil, dass die Koordination der unterschiedlichen Einzelinitiativen in den jeweiligen Unternehmensbereichen wesentlich vereinfacht und effizienter gemacht werden kann. So wird durch eine engere Kommunikation und Abstimmung beispielsweise erreicht, unnötige Doppelarbeiten zu vermeiden und eine konsistente und widerspruchsfreie Risiko- Management-Strategie zu etablieren. Risiko-Management-Komitees können also insgesamt einen entscheidenden Beitrag leisten, um das hehre Ziel „ein einziges unternehmensweites Gesamtoptimum statt einer Vielzahl von abteilungsbezogenen Suboptima“ besser und schneller zu verwirklichen.