Ungeliebtes Arbeiterkind – der Fall WestLB

Den Herren der großen privaten Geschäftsbanken war sie schon lange ein Dorn im Auge. Die WestLB war irgendwie das Schmuddelkind im deutschen Bankgewerbe. Eines, das sich nie unterkriegen ließ und immer dabei sein wollte, wenn es etwas zu verdienen gab. Das zeitweilig zum viertgrößten deutschen Kreditinstitut aufgestiegen war und das trotz des für Frankfurter Bankernasen aufdringlichen Margarinegeruchs der nordrhein-westfälischen Arbeiterstädte auch in die internationalen Kapitalmärkte Einlass gefunden und sich in die Spitzenliga der deutschen Banken gedrängelt hatte.
Die Aufmüpfigkeit und die Abenteuerlust der Banker aus Düsseldorf und Münster, die im roten Filz der SPD-gefuhrten Landesregierungen blühten und gediehen, hat die soignierten Geldzirkel unter der Frankfurter Dunstglocke immer wieder bis aufs Blut gereizt. Traten die WestLB-Banker doch lange Jahre mit großem Vorsprung im Rennen um die lukrativen Bankgeschäfte an: Als öffentlich-rechtliches Institut konnten sie ihren Kunden bessere Konditionen und meist auch niedrigere Zinsen bieten. Für das Risiko musste ja notfalls die Landesregierung einstehen.
Viele Jahre klagten und beschwerten sich die privaten Großbanken gegen die Bevorzugung der WestLB – lange Zeit vergebens. Gegen den langjährigen Chef der Bank, Friedei Neuber, kamen sie nicht an. Keiner konnte so geschickt die Fäden ziehen und auf der politischen Bühne die Puppen tanzen lassen.

Der rote Pate
Neuber verfügte über glänzende Beziehungen in die Zentralen der nordrhein-westfälischen Konzerne und als ehemaliger SPD- Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag auch in die Politik. Und er sorgte dafür, dass seine Gefolgsleute bedacht wurden, aber auch seine Gegner nicht zu kurz kamen. Und so manchem Politiker und Wirtschaftsmann war sein persönliches Fortkommen einen Kotau vor dem mächtigen Financier wert. Ohne die Zustimmung des roten Paten lief lange Jahre nichts in Nordrhein-Westfalen, gegen sein Veto konnte nicht einmal beim Energieversorger RWE ein Führungsposten besetzt werden.

Doch in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre hatte der oberste Landesbanker sein Konto überzogen. Im September 1996 fielen bei der WestLB-Zentrale 600 Steuerfahnder ein. Zweck der Razzia war die Beschlagnahme von Aufzeichnungen, Akten und Dokumenten, mit denen der Verdacht auf Steuerhinterziehung erhärtet werden sollte. Zu ihrer Überraschung fanden die Beamten polierte Schreibtische und leere Aktenordner vor.

Offensichtlich war die Bank gewarnt worden. Es dauerte nicht lange, bis der Verdacht auf Neubers Vertrauten, den nordrheinwestfälischen Finanzminister und Verwaltungsratsmitglied der WestLB, Heinz Schleußer, fiel. Doch Schleußer, den mit dem Banker eine jahrzehntelange enge Freundschaft verband, wies jeden Verdacht von sich, und bewiesen werden konnte ihm nichts.

Im Jahr 1999 durchkämmten Steuerfahnder auch Neubers Privathaus. Gegen den Bankchef und einige seiner Vorstandskollegen wurde ebenfalls ermittelt. Im November enthüllte dann ein Bericht in dem Magazin Der Spiegel, wie großzügig Neuber sich gegenüber seinen politischen Freunden gezeigt hatte. Die SPD-Spitzen wurden jahrelang von der Düsseldorfer Flugfirma Privat-Jet- Charter (PJC) transportiert. Ob der damalige Ministerpräsident Johannes Rau und sein Finanzminister Schleußer geschäftlich oder privat unterwegs waren, ein Anruf in Neubers Vorstandssekretariat genügte, und der Flieger stand bereit – die Bank zahlte. Der Spiegel konnte die Flugaffäre mit Hilfe der Aufzeichnungen, die der 1997 verstorbene PJC-Chefpilot Peter Wichmann angefertigt hatte, aufdecken. Unrechtsbewusstsein war bei den Spitzen der SPD- Connection eher selten: Die WestLB ist ja zu über 40 Prozent unser Laden, zitierte Der Spiegel im Herbst 1999 einen führenden Politiker der Düsseldorfer SPD. Das Reisebusiness kam erst zum Erliegen, als die Steuerfahndung die Büros von PJC filzte und wenig später auch der Chefpilot verhaftet wurde, als er gerade seinen Hauptauftraggeber Neuber nach Frankfurt fliegen wollte.

Im Zuge der Ermittlungen kamen noch andere delikate Details aus dem Umgang der Düsseldorfer SPD-Prominenz mit ihrer Bank ans Tageslicht. So hatte Schleußer einige Trips in weiblicher Begleitung angetreten, ohne die Kosten für die Reisegefährtin, die nicht seine Frau war, zu begleichen.
Da hatte sich Rau – als er noch Ministerpräsident war – an seinem Wohnort Wuppertal Geburtstagsempfänge von der WestLB ausrichten lassen. Allein die Party zu seinem fünf und sechzigsten Wiegenfest soll die Bank 150 000 € gekostet haben.
Und dann gab es bei der WestLB noch einen speziellen Investmentclub, in dem die Spitzengenossen durch geschickte Geldanlagen unter der Aufsicht von Bankexperten ihr Vermögen mehren konnten.

Im Düsseldorfer Landtag wurde im Februar 2000 ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der die Vielflieger vernehmen sollte. Schleußer verstrickte sich immer tiefer in Ausflüchte und Widersprüche und trat von seinem Amt als NRW-Finanzminister zurück. Rau kam glimpflich davon, weil er die meisten Flüge als Dienstreisen deklarieren konnte und die häufigen Empfänge zu seinen Repräsentationspflichten als oberster Landesvater zählten. Auch Clement überstand die Affäre mit geringen Blessuren, er wurde jedenfalls bei seiner Wiederwahl im darauffolgenden Frühjahr im Amt bestätigt.

Den größten Schaden trug – nicht überraschend – Neuber selbst davon. Mit seinen großzügigen Angeboten hatte der Pate die sich aufopfernden Politiker schließlich erst die Bredouille gelockt. Die Düsseldorfer Flug Affäre mobilisierte am Ende auch andere Gegner des mächtigen WestLB-Chefs.

Wie soll eine seriöse und korrekte Bank heutzutage aussehen

Das Institut, bei dem ich – wie die meisten Kunden vermutlich – meine Geldgeschäfte abwickeln würde, wäre eine Bank, die kompetent und freundlich ist. Die die Bedürfnisse ihrer Kundschaft ernst nimmt, gleichgültig, ob es sich nun um den Bezieher eines Durchschnittseinkommens handelt oder um einen angehenden Einkommensmillionär, um eine alleinerziehende Mutter oder eine vermögende Pensionärin. Die Existenzgründern unter die Arme greift und verständliche Beratung anbietet. Die Vermögensanlagen nicht unter dem Gesichtspunkt der eigenen Profitmaximierung auswählt und die Portfolios nicht wild hin und her schiebt, um Provisionen abzupressen. Eine Bank, die das Wohl ihrer Kunden nicht den Interessen ihrer Aktionäre und Anteilseigner unterordnet, sondern sie gleichrangig verfolgt.

Zu meinen Vorstellungen von einer seriösen Bank gehört auch, dass sie ihre Mitarbeiter anständig behandelt und ausbildet, damit sie kompetente Gesprächspartner für alle Geschäftslagen sind. Aber auch damit sie erkennen, welche Geldmarktprodukte und Anlagenformen seriös sind. Oder wie sie einem Unternehmer aus einer vorübergehenden Klemme helfen können.

Der Dschungel der nationalen Finanzmärkte und internationalen Kapitalgeschäfte ist für einen Bankkunden ohne spezialisierte Fachausbildung längst nicht mehr zu durchschauen. Von meiner Lieblingsbank würde ich deshalb auch erwarten, dass sie sich von den exotischen Nischen hochspekulativer Geldwetten fernhält, die nicht nur die Kunden um ihre Ersparnisse, sondern wie im jüngsten Fall der Schrottanleihen sogar den globalen Kapitalmarkt in schwere Turbulenzen stürzt.
Für die freundliche, kompetente und umsichtige Betreuung meiner Geldgeschäfte wäre ich sogar bereit, ein bisschen mehr zu bezahlen.
Aber auch nur dann.

Die Berg-und-Tal-Fahrt im Fall mit WestLB

Die Frankfurter Großbanker hatten lange auf eine Gelegenheit gewartet, sich an Neuber und an seiner Bank schadlos halten zu können. Die feinen Herrschaften der großen Geldhäuser irritierte weniger sein barocker Lebensstil, seine Trinkfestigkeit und seine Nähe zu den Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen als vielmehr der Nutzen, den der gewiefte Finanzmann Neuber aus dem Status seiner Bank als öffentlich-rechtliches Institut ziehen konnte.
Unter Neubers Führung war die WestLB zu einem der größten Kreditinstitute Deutschlands aufgestiegen. Die Bilanzsumme wuchs in den 20 Jahren seiner Regentschaft von 124 Milliarden auf 782 Milliarden €. Damit hatte die WestLB sogar den ewigen Dritten in der deutschen Bankenlandschaft, die Commerzbank, überholt. Während Neubers Amtszeit hatte sich die Regionalbank zu einem der großen Powerhäuser mit eigener Investmentbank gemausert. Die nordrhein-westfälischen Landesbanker hatten Zweigstellen und Repräsentanzen in 18 europäischen Staaten eröffnet und sind weltweit in 35 Ländern vertreten. In Asien finanziert die Bank den Bau von Hafen- und Kraftwerken, in Nordamerika sind es Projekte im Energiebereich, in Europa engagiert sich die Bank im Telekommunikationssektor, bei Infrastrukturprojekten sowie im Tourismus und im Flugverkehr. In Großbritannien führte sie das Konsortium, das den Neubau des Londoner Wembley-Stadions mit einem Gesamtkostenvolumen von 1,1 Milliarden Euro finanzierte. Die WestLB sollte dabei ein Finanzierungspaket für rund die Hälfte der Kosten schnüren.

So richtig in Fahrt kam Banker Neuber aber erst, wenn er über Beteiligungen im großen Stil Industriepolitik betreiben konnte. Jahrelang herrschte Neuber zudem über die Chartergesellschaft LTU, die Kaufhaus-Reisetochter ITS und den Reiseveranstalter TUI. Mit diesen Engagements hatte Neuber die Entwicklung des Tourismusmarktes entscheidend beeinflusst und beim Umbau des Maschinen- und Anlagenbauer Preussag zum Ferienveranstalter TUI kräftig nachgeholfen. Die WestLB erweiterte ihr Imperium zudem durch das Zusammengehen mit anderen Landesbanken.

Die Großbanken versuchten, den Macht- und Geschäftszuwachs des Düsseldorfer Powerhauses mit allen Mitteln zu bremsen. Immer wieder wurden sie bei der EU-Kommission vorstellig und beschwerten sich über die Wettbewerbsverzerrungen, die im deutschen Markt durch die öffentlich-rechtlichen Landesbanken entstünden. Weil sie nicht den Haftungsbedingungen und Mindestreserveauflagen der privaten Bankwirtschaft unterlägen, könnten sie sich günstiger refinanzieren und billigere Kredite vergeben. Für die Schieflagen der Landesbanken müsste die jeweilige Landesregierung (und damit der Steuerzahler) einspringen.
Nach jahrelangem Streit einigten sich die EU und die Landesbanken darauf, bis zum Jahr 2005 ihre Organisation zu teilen: Die Finanzierung der landespolitischen Strukturpolitik hat die öffentlich-rechtliche Landesbank NRW übernommen, die kommerziellen Bankgeschäfte die WestLB AG, bei der jetzt die Sparkassen das Sagen haben. Seit 1. Juli 2005 fielen – auf Druck der EU- Kommission – die Staatsgarantien weg, die bisher für die erstklassige Bonität des Instituts gesorgt hatten.

Bei der alten WestLB war die EU-Kommission aber noch auf ein spezielles Problem gestoßen. Die Übertragung von Wohnungseigentum des Landes auf die WestLB zu Beginn der 1990er Jahre wurde nach Ansicht der EU-Wettbewerbshüter zu einem deutlich zu niedrigen Zinssatz vollzogen. Nach langer Prüfung der Umstände deklarierte Brüssel diese Zuwendung 1999 als unzulässige Beihilfe und forderte die WestLB auf, Zinsen in Höhe von mehr als 800 Millionen € nachzuzahlen.
Das waren aber längst noch nicht alle Altlasten, die Neubers Nachfolger Jürgen Sengera abarbeiten musste. Zu den weniger gelungenen Deals der WestLB zählte auch das Engagement der Bank im Formel-1 -Rennsport. So hatte sie 1998 als Konsortialführerin eine Anleihe über 1,4 Milliarden Dollar für die Formel- 1-Tochter Formula One Finance BV auf den Markt gebracht. Weil die Anleihe jedoch nicht zu platzieren war, musste die WestLB Papiere im Wert von rund einer Milliarde Euro ins eigene Portfolio nehmen. Außerdem hatte sich die WestLB bei den Börsendebüts von Infomatec und EM.TV kräftig ins Zeug gelegt, deren Gründer und Manager die Aktionäre mit betrügerischen Machenschaften über den Tisch gezogen hatten.

Zu den gröbsten Fehlgriffen aus der Zeit nach Neuber gehörte allerdings das Engagement der Bank bei der britischen TV-Leasinggesellschaft Box Clever. Nachfolger Jürgen Sengera hatte der Bank einen neuen Kurs verpasst: den Aufbruch in Richtung internationale Investmentbank und Vermögensverwalter. Erst im Jahr 2004 gelang es der Bank, diese Bürde wieder loszuwerden. Die beiden US-Investmentgesellschaften Fortress Investor Group LLC und Cerberus Capital haben die notleidende Gesellschaft übernommen – für 290 Millionen Euro. Die WestLB blieb auf einem Verlust von 600 Millionen Euro sitzen. Box Clever kostete auch Sengera Mitte 2003 den Job und beschäftigt noch heute die Gerichte.

Hoch hinaus und tief hinunter im Fall mit WestLB

Während sie einerseits klagte, dass ihr die Existenzgrundlage entzogen werde, drehten Fischer und seine Vorstandskollegen ein großes Rad: Fischer und sein Aufsichtsratschef Rolf Gerlach äußerten sich öffentlich zur Neuordnung der deutschen Bankenlandschaft. Und nahmen den Mund im Spätsommer 2004 recht voll: Im Jahr 2009 werde die deutsche Geldbranche eindeutig
vom Sparkassensektor beherrscht, den privaten Großbanken drohe der Abstieg in die zweite Reihe.

Nach den Vorstellungen des WestLB-Aufsichtsratschefs bilden sich die beiden künftigen Marktführer aus dem Zusammenschluss der verschiedenen Spitzeninstitute der regionalen Sparkassenverbände heraus. Künftiger Branchenprimus sei – so meinte Gerlach – eine Nordwest AG, der Zusammenschluss von WestLB, NordLB, Bremer Landesbank, Bankgesellschaft Berlin und HSH Nordbank. Die Nummer zwei, von Gerlach Südost AG getauft, entstehe durch die Fusion der BayernLB, der Landesbank Baden- Württemberg (LBBW), der SaarLB, der Hessischen Landesbank (Helaba), der SachsenLB und der Landesbank Rheinland Pfalz (LRP).

Von den privaten Geschäftsbanken habe wohl nur die Deutsche Bank eine Chance, nach einer Fusion mit der Credit Suisse im Jahr 2007. Die Konzernzentrale bliebe aber in Frankfurt. Aber selbst mit dieser Megafusion könne die Deutsche Bank ihre Spitzenposition nicht verteidigen und werde auf einen hinteren Platz abrutschen.
Für die WestLB hatte sich Fischer noch eine Sonderrolle reserviert: Sie soll die internationale Topbank der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute werden. Fischer sagte: Wenn die Sparkassen-Finanzgruppe ihren Prinzipien treu bleibt, kann sie durch Bündelung der Kräfte im Verbund durchaus die Rolle eines internationalen Champions übernehmen. Dabei würde die WestLB als starker Kapitalmarkt-Spezialist ihre klaren internationalen Vorteile in den Bereichen Verbriefungen, Wertpapiere und Projektfinanzierungen einbringen. Ungeachtet der großen Pläne brachte Fischer die WestLB wieder auf Kurs in Richtung Universalbank und versuchte, einen Zugang zur Vermögensverwaltung, dem Private Banking, zu finden.

Diesen eigentlich lukrativen Bereich hatte der frühere Vorstandschef Sengera im April 2002 an die Münchner Privatbank Merck Finck & Co. verkauft und die Bank verpflichtet, bis 2005 kein Private Banking zu betreiben. Die Lösung war der Zukauf der Berliner Weberbank.

Anfang 2007 wurde Fischer wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt: Mitarbeiter des Aktienhandels hatten jahrelang auf Rechnung der Bank mit Aktien von Metro und VW spekuliert und einen Verlust von 249 Millionen Euro eingefahren. Um ihre Machenschaften zu verschleiern, hatten sie die Schlusskurse dieser Papiere bei der Abrechnung manipuliert. Sie wurden fristlos gefeuert, und die Bank stellte Strafanzeige. Doch das reichte nicht. Fischer geriet in die Schusslinie. Landespolitiker der CDU und FDP hatte der scharfzüngige und selbstbewusste WestLB-Chef schon lange geärgert. Den einen gefielen seine Pläne zur Neuordnung des Bankgewerbes nicht, weil die WestLb sich damit völlig ihres Einflusses entzogen hätte. Die anderen wollten die Anteile des Landes am liebsten verkaufen und mit der Skandalbank nichts mehr zu tun haben.

Außerdem hatte sich Fischer mit einem spektakulären Aktienhandel die letzten Sympathien verscherzt. Anfang April 2007 hatte die WestLB überraschend gemeldet, dass sie 14 Prozent der DaimlerChrysler-Aktien halte. Damit waren die Düsseldorfer plötzlich größter Einzelaktionär des Konzerns. Die Bank erklärte zudem, dass sie die Aktien nur für eine kurze Zeit übernommen habe. Mit anderen Worten: Die WestLB hatte kurz vor der Hauptversammlung des Autokonzerns das große Aktienpaket von einem Dritten gekauft und gleich nach der sich daran anschließenden Dividendenausschüttung das Paket wieder verkauft. Solcher Vorgang wird Dividendenstripping genannt und dient dazu, dass Steuern aus der Gewinnausschüttung gespart werden können.

Dass die WestLB mit ihrer öffentlich-rechtlichen Eigentümerschaft bei einem zwar legalen, aber moralisch zweifelhaften Geschäft geholfen hatte, dürfte nicht unerheblich dazu beigetragen haben, dass auch Fischer mit einigen seiner Vorstandskollegen die WestLB verlassen musste. Auch in der Branche wird von Bauernopfern gesprochen. Eines, das die Bank allerdings teuer zu stehen kommen könnte. Die Abfindung, so berichten Insider, soll sich auf rund 5 Millionen Euro belaufen.

Doch es geht um mehr: Mit Fischer ist auch eine Ara der Bank zu Ende gegangen. Die glanzvollen Zeiten der WestLB als mächtiger Gegenspieler der privatwirtschaftlichen Großbanken sind zweifellos vorbei. Auch die Rolle des Geldgebers für regionale und landespolitische Großprojekte hat die NRW-Bank übernommen.

Der Abgang des selbstbewussten Bankchefs hat die Phantasie der öffentlich-rechtlichen wie der privatwirtschaftlichen Konkurrenz beflügelt, sich die Bank wegen ihrer starken Stellung in der Wirtschaft des bevölkerungsreichsten Bundeslandes einzuverleiben. Mal ist die Commerzbank im Gespräch, mal ist es die Landesbank Bayerns und Baden-Württembergs, die LBBW oder vielleicht sogar die Konkurrenz im Norden. Diese Idee, durch Fusionen und Übernahmen zu wachsen, hatte auch Fischer schon – allerdings mit der WestLB im Cockpit eines bundesweiten Geleitzugs. Das hat sich jetzt geändert. Durch die jüngste Krise ist sie sogar vom Jäger zur Beute geworden. Die WestLb ist auf Mittelmaß zurückgestutzt worden.
Aber die Gedankenspiele, alle acht Landesbanken zu einer großen deutschen Bank zusammenzuschließen, gibt es noch immer. Eine Idee, die gewisse Vorteile hätte. Es könnte eine Bank entstehen, die durch das dichte Netz der Sparkassen Kundennähe demonstrieren und die durch ein hochprofessionelles Management ihre Stärken im Investmentbanking, in der Vermögensberatung, in der Kreditvergabe bündeln und als mächtiger Wettbewerber ausspielen könnte. Das neue Konglomerat könnte sogar gemessen an der Bilanzsumme vor der Deutschen Bank rangieren und in der Weltliga vorn mitmischen. So eine Megabank würde ihre Stammklientel, die mittelständische Wirtschaft, auf ihren Exkursionen ins Ausland begleiten, internationale Finanzierungen arrangieren, weltweite Börsen Einführungen organisieren und ausländische Investoren nach Deutschland locken.
Die großen Pläne lassen sich aber nur realisieren, wenn der potenzielle Global Player auch ein adäquates Management und – wichtiger noch – professionelle Kontrolleure erhält. Und genau daran dürfte die Vision von der deutschen Superbank wohl auch scheitern.

Bisher gelten die Landesbanken noch immer als Spielfelder der Landesregierungen. Die Regierungschefs vergeben beispielsweise die Aufsichtsmandate in den Landesbanken gern als Pfründe an verdiente Parteigenossen und wichtige Landeskinder, die ihrerseits die Politik der Landesherren etwa durch die Kreditvergabe unterstützten. Wenn Arbeitsplätze gerettet oder neue Jobs geschaffen werden sollten, konnte die Landesbank eine entscheidende Rolle spielen, wenn sie attraktive Finanzierungspläne von der Standortentscheidung des Kunden abhängig machte oder einem angeschlagenen Unternehmen eine Liquiditätsspritze verpasste. Es gilt das Motto: Bleib im Lande, und wir nähren dich redlich.

Auf diese Einflussnahme mögen die Regierungschefs nicht verzichten. Deshalb hat auch Jürgen Rüttgers, der CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, bisher alle Fusionspläne seiner angeschlagenen WestLB abgelehnt.

Hinzu kommt, dass die Fusion aller Landesbanken zu einem Großkonzern auch erhebliche Konsequenzen für die Mitarbeiter hätte. Ein massiver Stellenabbau im mittleren Management würde sich kaum vermeiden lassen, wenn das neue Institut professionell geführt und wettbewerbsfähig sein soll. Auch das würde kaum geräuschlos über die Bühne gehen. Die beteiligten Länder würden mit allen Mitteln um ihre Standorte kämpfen.

Und dann stellt sich natürlich die Frage, was eigentlich ganz normale Bankkunden von einer neuen Megabank haben. Ist Größe ein Allheilmittel? Die Beispiele, die in dieser Geldanlage-Webseite geschildert wurden, zeigen eher das Gegenteil. Ist sie professioneller, geht sie besser auf die Bedürfnisse der Kunden ein, hat sie Leitlinien, die verhindern, dass sie das Geld ihrer Kunden in hochspekulativen Geschäften verbrennt? Wäre sie das, was so manches Institut gern behauptet, aber nicht hält: ein echter Partner in guten wie in schlechten Zeiten? Der die Rentnerin genauso gut bedient wie den erfolgreichen Unternehmer? Aber das ist ein ganz anderes Kapitel.

Bedrohliche Schieflage im Fall mit WestLB

Die Bank hatte 2003 eine bedrohliche Schieflage erreicht. Aus dubiosen Finanzgeschäften mussten allein 2002 Verluste von 1,7 Milliarden Euro verkraftet werden. Die Zeche zahlten auch die Mitarbeiter: 3000 Arbeitsplätze sollten gestrichen werden. Auf Sengera folgte zunächst Johannes Ringel als Interimschef.
Am 1. Januar 2004 übernahm dann Dr. Thomas Fischer das Ruder. Ein Mann mit einer eigenwilligen Karriere. Zweimal bereits hatte der Amateurboxer, der auch edle Sportwagen schätzt, die Deutsche Bank verlassen – jeweils im Krach. 2002 schmiss er sogar seinen Vorstandsjob hin, weil nicht er, sondern Josef Ackermann den Zuschlag für den Vorstandsvorsitz bekommen hatte. Fischer war bei der Deutschen Bank auch für das Risikomanagement und die Risikokontrolle zuständig. Schon deshalb schien er eine Idealbesetzung für die neu gegründete WestLB AG.
Fischer räumte auf. Alle faulen Geschäfte wurden zusammengekehrt und die Risikovorsorgen erhöht. Die Verluste des Jahres 2003 stiegen auf ungeheure 2,32 Milliarden Euro. Die Bank brauchte zusätzliches Kapital von 1,5 Milliarden Euro, um die Talfahrt überleben zu können.

Neben seinen Sanierungsarbeiten, zu denen in erster Linie gehörte, die Verlustquellen zu stopfen und die Bank wieder zur Rentabilität zu steuern, musste Fischer mit der EU-Kommission in den Clinch gehen.
Die WestLB drohte der Europäischen Kommission wegen neuer Differenzen über das Beihilfeverfahren gegen die Bank mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGEI). Die Kommission hatte den fünf Landesbanken WestLB, NordLB, BayernLB, HSH Nordbank, Berliner Landesbank und Helaba harte Auflagen für die Rückzahlung der unerlaubten Beihilfen an die Bundesländer und für die Wiederaufstockung des Kapitals gemacht. Rund 4 Milliarden Euro sollten die Banken, die WestLB allein rund 1,4 Milliarden Euro, zurückzahlen. Die Pläne der Banken sahen vor, die Beihilfen zwar zurückzuzahlen, sich aber das Geld von ihren Eigentümern als Kapitalerhöhung wieder zurückgeben zu lassen.

Die Kommission verlangte jedoch einen deutlichen zeitlichen Abstand zwischen Rückzahlung der Beihilfen und der Aufstockung des Kapitals, außerdem müsste die Reinvestition deutlich kleiner ausfallen als die Rückzahlung, und an der Kapitalerhöhung sollten auch private Investoren beteiligt werden.
Gegen dieses Konditionendiktat, das zu einer deutlichen Benachteiligung der ehemaligen Landesbanken gegenüber den privaten Geschäftsbanken geführt hätte, zog die WestLB vor Gericht.

Zulagen und Steuervorteile bei der Riester-Rente

Dort, wo der Staat selbst Produkte initiiert hat, zeigt er sich zumindest etwas großzügiger. Die sogenannte Riester-Rente ist zwar bei den Deutschen nicht sonderlich beliebt, dennoch kann sie sich rechnen. Die Förderung von Riester-Produkten umfasst zwei Komponenten: Zum einen erhält der Versicherungs- oder Bankkunde eine staatliche Zulage und zum zweiten kann er seine Sparleistung als Sonderausgabenabzug von der Steuer absetzen. Allerdings muss er dafür im Ruhestand seine private Rente versteuern.
Doch bevor wir ins Detail gehen, schauen wir uns zunächst an, für wen die Riester-Rente überhaupt infrage kommt. Gefördert werden unter anderem

•rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer,
•rentenversicherungspflichtige Selbstständige (auch Handwerker und Künstler),
•pflichtversicherte Landwirte,
•Kindererziehende,
•Bezieher von Arbeitslosengeld,
•Bezieher von Krankengeld,
•nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen,
•Wehr- und Zivildienstleistende,
•Beamte, Richter und Soldaten,
•die Ehepartner aller Zulagenberechtigten.

Für welche Form der Altersversorgung sich der Kunde entscheidet, hängt von seiner persönlichen Risikoneigung ab. Allerdings müssen die Riester-Produkte die Zertifizierungsvoraussetzungen erfüllen. Wer auf Nummer Sicher gehen möchte, schließt einen Banksparplan oder eine private Rentenversicherung ab (auf die Vor- und Nachteile der einzelnen Produkte kommen wir noch zurück). Kunden, die von den Chancen der Börse profitieren möchten, haben die Möglichkeit, eine fondsgebundene Rentenversicherung oder einen Fondssparplan abzuschließen. Auch die betriebliche Altersversorgung kann übrigens im Rahmen der Riester- Rente gefördert werden.
Ganz gleich, für welche Form der Altersvorsorge sich der Kunde entscheidet, er muss in jedem Fall jährlich einen Mindestbetrag investieren, um die volle staatliche Zulage zu erhalten. Dieser Mindestbetrag lag im Jahr 2008 bei 4 Prozent des Bruttoeinkommens, höchstens jedoch 2100 Euro. In diesem Fall darf sich der Betreffende über eine Grundzulage von 154 Euro (bei Verheirateten entsprechend 308 Euro) und gegebenenfalls über eine Kinderzulage von 185 Euro freuen. Wurde das Kind ab dem 1. Januar 2008 geboren, zahlt der Staat 300 Euro. Gleichzeitig können ab 2008 jährlich maximal 2100 Euro als Sonderausgabenabzug steuerlich geltend gemacht werden.
Dank der Zulagen und der Steuerersparnis ist die Riester-Förderung für Arbeitnehmer durchaus interessant. Allerdings sollten zwei Aspekte berücksichtigt werden:
Als alleinige Form der privaten Altersversorgung reicht die Riester-Rente in der Regel nicht aus, zumal dann, wenn kein Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung besteht.
Die Steuerersparnis ist im Grunde lediglich eine Steuerstundung, da der Fiskus später an der private Rente beteiligt werden will. Allerdings ist die individuelle Steuerlast im Ruhestand in den meisten Fällen geringer als während des Erwerbslebens.

Die Zertifizierungskriterien für Riester-Produkte
Banken, Versicherungen und andere Finanzdienstleister dürfen Riester- Produkte nur verkaufen, wenn diese von staatlicher Stelle zertifiziert wurden. Die wichtigsten Kriterien hierfür sind:
•Der Finanzdienstleister muss zu Beginn der Auszahlungsphase mindestens die Summe der eingezahlten Beiträge (also Eigenleistung plus Zulagen) garantieren.
•Die Auszahlung darf frühestens ab dem 60. Lebensjahr erfolgen.
•Die Leistung muss eine lebenslange Rentenzahlung sicherstellen.
•Die Abschluss- und Vertriebskosten müssen auf mindestens fünf Jahre verteilt werden.

Unterschiedliche Arten und Angebote von Baufinanzieren

Den Markt der Baufinanzierer teilen sich im Wesentlichen drei Gruppen, die unterschiedliche Produkte anbieten: Banken und Sparkassen (einschließlich Direktbanken und Hypothekenbanken), Lebensversicherungen und Bausparkassen. In vielen Fällen arbeiten Darlehenskunden auch mit zwei Anbietern von Baugeld zusammen, beispielsweise mit einer Bausparkasse und einer Bank. Das ist freilich nur möglich, wenn sich eines der finanzierenden Institute mit einer zweitrangigen Absicherung im Grundbuch zufrieden gibt. Bei Bausparkassen ist dies die Regel.

Jede dieser drei Gruppen von Baufinanzierern bietet unterschiedliche Produkte an. Bei Ihrer Bank oder Sparkasse erhalten Sie meist Annuitätendarlehen, Versicherungen bieten Ihnen Darlehen mit Tilgungsaussetzung an (Sie zahlen während der Laufzeit nur die Zinsen) und bei einer Bausparkasse erhalten Sie das in Deutschland so beliebte Bauspardarlehen. Jedes dieser Produkte weist bestimmte Vorteile auf- allerdings längst nicht für jeden Kunden. Was zum Beispiel bei einem Immobilienkauf als Geldanlage einen Vorteil darstellen kann, erweist sich für den Eigennutzer als Nachteil.

Finanzierung durch Banken und Sparkassen
Im Gegensatz etwa zu den USA, wo die einzelnen Institute größtenteils sehr spezielle Finanzdienstleistungen anbieten, gilt in Deutschland weitgehend das Universalbankensystem. Das heißt, Sie als Kunde bekommen bei Ihrer Bank oder Sparkasse alle Produkte rund ums Geld – vom Girokonto über das Wertpapierdepot bis hin zu Konsumentenkrediten, Versicherungen und natürlich Baudarlehen. So führt denn auch der erste Weg des angehenden Bauherrn meist zur Hausbank. Dabei handelt es sich überwiegend um die öffentlich- rechtlichen Sparkassen oder um Volks- und Raiffeisenbanken. Diese beiden Institutsgruppen bedienen in der Regel ein lokales oder regionales Geschäftsgebiet und sind jeweils selbstständig.
Die meisten Privatkunden in Deutschland unterhalten ihre Bankverbindung nach wie vor bei einer Sparkasse. So kann es nicht verwundern, dass sich diese im Eigentum von Städten und Landkreisen befindlichen öffentlich-rechtlichen Institute den größten Anteil am Baufinanzierungsgeschäft gesichert haben. Die Sparkassen unterhalten zudem eigene Immobilienabteilungen, die selbst in größerem Umfang Objekte vermarkten. Gleiches gilt für viele Volksund Raiffeisenbanken. Trotz des in den vergangenen Jahren erfolgten Konzentrationsprozesses im Bereich der Genossenschaftsbanken gibt es noch zahlreiche, zum Teil recht kleine Institute, die aus eigenen Mitteln keine Baudarlehen vergeben können. Die Darlehenswünsche der Kunden werden in diesem Fall an den großen Verbundpartner DG Hyp weitergeleitet.
Auch die großen Privatbanken haben den Privatkunden wiederentdeckt und buhlen um das zwar nicht sonderlich margenstarke, aber langfristige und relativ sichere Baufinanzierungsgeschäft. Aber trotz ihrer Filialnetze sind diese Institute in der Fläche nicht annähernd so stark präsent wie Sparkassen oder Genossenschaftsbanken. Ein Häuslebauer auf dem Land, der seine Immobilie mit einer ihm bekannten Bank vor Ort finanzieren möchte, wird sich nur in Ausnahmefällen an die Niederlassung einer Privatbank in einer vielleicht 50 Kilometer entfernten Großstadt wenden.
Um sich nach Möglichkeit das komplette Finanzierungsgeschäft zu sichern, arbeiten die Banken und Sparkassen mit größtenteils konzerneigenen beziehungsweise zum Verbund gehörenden Bausparkassen zusammen. Im Fall der Sparkassen sind dies zum Beispiel die Landesbausparkassen (LBS). Das Bauspargeschäft für die Volksund Raiffeisenbanken erledigt Schwäbisch Hall. Die Deutsche Bank Bauspar AG und die Allianz Dresdner Bauspar AG führen ihre Konzernmütter schon im Namen.

Sonderfall Hypothekenbanken
Eine Ausnahme des Universalbankengeschäfts bilden die Hypothekenbanken. Diese refinanzieren sich über die Ausgabe von Pfandbriefen. Das heißt, sie geben diese Papiere an Anleger aus, die Wert auf hohe Sicherheit und eine stetige Verzinsung legen. Das auf diese Weise eingenommene Kapital geben sie dann zu einem entsprechend höheren Zinssatz an Bauherren oder Immobilienkäufer weiter. Für den angehenden Immobilienbesitzer hat die Zusammenarbeit mit einer Hypothekenbank den Vorteil, dass er dort häufig etwas günstigere Konditionen erhält als bei einer Filialbank. Im Gegenzug muss der Darlehensnehmer freilich viel Eigenkapital einbringen, denn Hypothekenbanken dürfen lediglich bis zu einer Beleihungsgrenze von 60 Prozent des Beleihungswertes des Objekts finanzieren. Wer mehr Geld braucht, muss höhere Zinsen zahlen, weil die Hypothekenbanken in diesem Fall die mehr oder minder große Restsumme über eine normale Bank – in der Regel innerhalb derselben Gruppe – beschaffen.
Viele Baufinanzierungen werden direkt über Hypothekenbanken abgewickelt. Dass zum Beispiel ein solches Spezialkreditinstitut in München ein Haus in Wiesbaden finanziert, ist nicht ungewöhnlich und widerlegt bereits die häufig zu hörende Ansicht, die Baufinanzierung sei ein „klassisches“ Geschäft für die Bank vor Ort.

Sonderfall Direktbanken
Die Direktbanken haben im Bereich Immobilienfinanzierung in jüngster Vergangenheit deutlich zugelegt. Die ING-DiBa zum Beispiel war im Jahr 2007 sogar Marktführer im Neugeschäft und gehört mittlerweile zu einem der führenden Anbieter von Baugeld in Deutschland. Die Muttergesellschaft ING Direct kaufte im Mai 2008 darüber hinaus den unabhängigen Baufinanzierungsvermittler Interhyp. Die im Vergleich mit den durchschnittlichen Bankzinssätzen meist günstigeren Konditionen der filiallosen Geldinstitute reichen in der Regel schon aus, um einen Großteil der Einbußen durch die Kürzung von staatlichen Zuschüssen für Hausbauer und Immobilienkäufer auszugleichen. Einsparungen bei den Zinszahlungen von ein paar Tausend Euro schon bei zehn Jahren Laufzeit sind keine Seltenheit. Aber trotz dieser günstigeren Konditionen bleiben manche angehende Bauherren skeptisch, was die Zusammenarbeit mit einer Direktbank angeht. Sie können sich nicht so recht vorstellen, wie sich ein sehr komplexes Finanzgeschäft wie die Baufinanzierung auf die Distanz und ohne persönlichen Kontakt abwickeln lässt. Dabei ist das Verfahren recht einfach: An die Stelle der persönlichen Beratung von „Angesicht zu Angesicht“ in der Bankfiliale tritt die telefonische Beratung.
Ein Beispiel: Thomas und Sandra F. planen den Kauf einer Eigentumswohnung. Sie haben bereits ein bestimmtes Objekt im Auge und möchten sich nun die Finanzierung sichern. Um sich ihren Traum zu erfüllen, brauchen sie 120.000 Euro Fremdkapital. Sie haben nun die Wahl, entweder per E-Mail oder telefonisch mit der Direktbank Kontakt aufzunehmen. Dabei werden die wichtigsten Kerndaten bereits abgefragt (Name und Anschrift, Darlehenshöhe, gewünschte Tilgungsrate, Laufzeit des Darlehens, vorhandenes Eigenkapital usw.). Einige Tage später erhalten die beiden die Antragsformulare für ihr Baudarlehen sowie ein konkretes Angebot, an das sich die Bank für einen bestimmten Zeitrahmen (meist eine Woche) gebunden hält. Nach Sichtung dieser Schriftstücke klären die beiden Neukunden die noch offenen Fragen telefonisch und schicken das ausgefüllte Antragsformular sowie die üblichen Unterlagen zurück. Die Bank bestätigt kurz telefonisch den Eingang und beginnt mit der Bearbeitung des Darlehensantrags.
Geprüft werden vor allem die Bonität der Kunden sowie die zu finanzierende Immobilie. Für weitere Fragen steht das Beraterteam dem Paar telefonisch, per Brief oder aber per E-Mail zur Verfügung. Da die Unterlagen jedoch vollständig sind und die bankübliche Prüfung positiv ausfiel, erhalten Thomas und Sandra F. nach wenigen Tagen den Darlehensvertrag sowie die Unterlagen zur Bestellung der Grundschuld. Erst wenn das Paar diesen Vertrag unterschreibt, ist er rechtswirksam. Dem Termin beim Notar steht nun also nichts mehr im Weg.

Praxistipp:
Folgende Unterlagen müssen üblicherweise mit dem Darlehensantrag
eingereicht werden:
die letzten drei Gehaltsabrechnungen der aktuelle Steuerbescheid Nachweis über das vorhandene Eigenkapital Objektunterlagen (Grundbuchauszüge, Grundrisszeichnungen, Berechnung der Wohnfläche, Berechnung des umbauten Raums, Flurkarte, gegebenenfalls Entwurf des Kaufvertrags, eventuell Foto). Die Objektunterlagen bekommen Sie beim Verkäufer oder Makler.

Das Beispiel macht zumindest eines klar: Die Baufinanzierung über eine Direktbank lässt sich eher noch einfacher und schneller abwickeln als über eine Filialbank. Die Zusammenarbeit mit einer Direktbank ist daher besonders geeignet für Kunden, die bereits eine Immobilie ausgewählt haben und keine Beratung über den regionalen Immobilienmarkt wünschen, die keinen Kontakt „von Angesicht zu Angesicht“ mit dem Bankberater brauchen und alle Fragen telefonisch, per E-Mail oder aber per Post klären können,
die eine gewisse Routine im Umgang mit dem Internet mitbringen und die auf den Homepages der Direktbanken angebotenen interaktiven Rechner und andere Tools gezielt zur Vorabinformation nutzen können. Denn auf vielen Internetseiten von Direktbanken werden häufig mehr Informationen für Kunden bereitgehalten als in manchen Bankfilialen.

Wie umgehe ich die wichtigsten Schuldenfallen

Einen Kredit aufzunehmen ist manchmal sinnvoll und manchmal unumgänglich. Sinnvoll erscheint der Einsatz von Fremdkapital zum Beispiel, wenn in die Modernisierung der eigenen vier Wände investiert werden soll, um den Wert der Immobilie zu erhalten oder gar zu steigern. Mitunter geht es auch darum, sich ein günstiges Schnäppchen zu sichern, das nur kurzfristig verfügbar ist. Unumgänglich werden Kredite dann, wenn plötzlich unvorhersehbare Ausgaben anstehen, wie etwa eine teure Reparatur des Autos oder eine hohe Steuernachzahlung. In diesen Fällen brauchen Sie sofort Liquidität, schließlich möchte weder die Werkstatt noch das Finanzamt so lange warten, bis Sie das Geld zusammengespart haben. Und grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie einen Kredit aufnehmen, um sich einen Herzenswunsch zu erfüllen – sei es die Kreuzfahrt, sei es die Designergarnitur oder eine komplizierte Nobeluhr Schweizer Provenienz. Gerade die Direktbanken machen es ihren Kunden bequem, über die notwendigen Mittel zu verfügen. Das ist auf der einen Seite ohne Frage zu begrüßen, denn schließlich ist auch ein Kreditkunde eben ein Kunde und kein Bittsteller. Auf der anderen Seite muss der Verbraucher ein höheres Maß an Eigenverantwortung übernehmen. Er muss genau kalkulieren, was er sich dauerhaft leisten kann, und darf sich nicht in eine fatale Verschuldungsspirale begeben.
Die Zahl der privaten Insolvenzen wächst seit Jahren. Hinzu kommen zahlreiche deutsche Haushalte, die zwar diesen Weg bisher noch nicht gehen mussten, über‘ denen aufgrund ihrer hohen Verschuldung aber das Damoklesschwert der Insolvenz schwebt. Mitunter sind es Leichtsinn und Arglosigkeit, die in die Verschuldung führen, häufig jedoch machen persönliche Schicksalsschläge selbst ein scheinbar solide erarbeitetes Finanzierungskonzept zunichte. Arbeitslosigkeit, Krankheit und Ehescheidungen sind dabei die größten Risikofaktoren. Nun können Sie dem Schicksal nicht in die Karten schauen, sprich: Jede Kreditaufnahme ist für beide Seiten mit Restrisiken behaftet. Diese lassen sich jedoch deutlich reduzieren, wenn der Kreditnehmer ein paar einfache Tipps befolgt. Hier
die zehn wichtigsten im Überblick:
Brauchen Sie den Kredit unbedingt sofort oder besteht die Möglichkeit, noch ein paar Monate zu warten und einen Teil des benötigten Geldes anzusparen? Je weniger Kredit Sie brauchen, umso besser.

Ihren Dispositionskredit sollten Sie nur nutzen, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Akzeptieren Sie ein überzogenes Konto nicht als Dauerzustand, selbst wenn Sie die Bank nicht zur Rückzahlung zwingt. Sind Sie kurz- bis mittelfristig nicht in der Lage, Ihr Girokonto auszugleichen, sollten Sie sich Angebote für einen Abrufkredit einholen, um damit den „Dispo“ abzulösen. Dadurch sparen Sie zumindest Zinsen.

Vergleichen Sie vor der Kreditaufnahme genau die Konditionen verschiedener Banken. Fragen Sie gezielt nach eventuellen Nebenkosten. Aussagekräftig ist allein der Effektivzins.
Erstellen Sie einen Haushaltsplan, aus dem hervorgeht, welche Summe Sie nachhaltig (!) für die Bedienung eines Kredits monatlich aufbringen können. Kalkulieren Sie realistisch und bauen Sie eine Sicherheitsreserve ein.
Behalten Sie immer den Überblick. Schließen Sie nicht parallel mehrere Kredite ab (eine Ausnahme macht gegebenenfalls die Finanzierung Ihrer Wohnung oder Ihres Hauses).
Bedienen Sie niemals einen Kredit aus einem anderen, das ist der sicherste Weg in die Schuldenfalle.
Akzeptieren Sie keine Restschuldversicherung. Dieses Produkt ist intransparent und vor allem teuer. Gegen persönliche Schicksalsschläge versichern Sie sich am besten mit einer leistungsstarken Berufsunfähigkeitspolice und/oder einer privaten Rentenversicherung.
Prüfen Sie die Möglichkeit, bestehende Kreditverpflichtungen günstig umzuschulden. Sie machen damit Ihre finanziellen Verhältnisse überschaubarer und sparen im Idealfall Zinsen.
Fragen Sie vor dem Abschluss eines Kreditvertrags nach der Möglichkeit von gebührenfreien Sondertilgungen während der Laufzeit. Dann können Sie unverhoffte Geldzuflüsse nutzen, um Ihren Kredit schneller zu tilgen.
Sollte es dennoch Probleme geben, sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrer Bank. Unter Umständen besteht die Möglichkeit der Umschuldung oder der vorübergehenden Tilgungsaussetzung. Viele Schuldner verschlimmern ihre Situation, indem sie in heikler Lage der Vogel-Strauß-Strategie folgen und den Kopf in den Sand stecken.

Die Fakten auf einen Blick
•Die Auswahl des passenden Kredits ist ein wichtiger Teil Ihres persönlichen Risikomanagements.
•Dispositionskredite sollten nur zur Überbrückung von kurzzeitigen Liquiditätsengpässen in Anspruch genommen und möglichst innerhalb von drei Monaten zurückgeführt werden.
•Der Ratenkredit eignet sich aufgrund seiner Zinsfestschreibung vor allem für eine längerfristige Finanzierung (meist bis 48 Monate).
•Eine Alternative stellen Abrufkredite dar. Mit ihnen lassen sich auch teure Dispositionskredite ablösen.
•Bei Lombardkrediten stellen Sie der Bank ein Pfand zur Verfügung. Im Fall von Wertpapierkrediten ist dies Ihr Depot. Auf die darin befindlichen Werte wird ein Risikoabschlag vorgenommen. ‚
•Es macht Sinn, bei der Schufa eine Eigenauskunft einzuholen, um gegebenenfalls falsche oder unvollständige Angaben zu korrigieren.
•Arglosigkeit im Umgang mit Krediten, Arbeitslosigkeit, Krankheit und Ehescheidungen sind die wichtigen Ursachen für den Weg in die Schuldenfalle.

Abrufkredite Angebote – bei Anruf Cash nehmen

Vor allem Direktbanken promoten seit Jahren die sogenannten Abrufkredite, die meist günstiger sind als Dispositionskredite und flexibler als Ratenkredite. Das Prinzip ist einfach: Sie vereinbaren mit der Bank einen Rahmenkredit in der von Ihnen gewünschten Höhe, wobei das Maximum in der Regel bei 25.000 Euro liegt. Nach einer positiven Bonitätsprüfung räumt Ihnen das Geldinstitut diese Summe ein. Fortan können Sie bis zum vereinbarten Höchstbetrag über diesen Kredit verfügen. Es liegt ganz an Ihnen, bis zu welcher Höhe Sie den Rahmenkredit ausschöpfen. Angenommen, Sie haben mit der Bank einen Höchstbetrag von 25.000 Euro vereinbart, doch Sie brauchen aktuell nur 9000 Euro. In diesem Fall rufen Sie den tatsächlich benötigten Betrag ab und zahlen auch nur für diese Kreditsumme Zinsen. In unserem Beispiel verbliebe Ihnen noch ein Spielraum von 16.000 Euro für künftigen Finanzierungsbedarf. Vielleicht möchten Sie sich aber nur eine Liquiditätsreserve schaffen, auf die Sie bei unvorhersehbaren Ausgaben zurückgreifen können. Auch dafür ist der Abrufkredit gut geeignet, denn wenn Sie diesen Kreditrahmen im günstigsten Fall nie in Anspruch nehmen müssen, zahlen Sie keinen Cent Zinsen oder sonstige Gebühren. Diese „eiserne Reserve“ wird Ihnen also von der Bank kostenlos zur Verfügung gestellt. Sie zahlen nur für den tatsächlich in Anspruch genommenen Betrag und für den entsprechenden Zeitraum Zinsen. Insofern ist der Abrufkredit vergleichbar mit einem Dispositionskredit.

Benötigen Sie Geld, rufen Sie Ihre Bank an oder Sie teilen Ihren Bedarf online oder per Telebanking mit. Der Betrag wird dann auf das von Ihnen angegebene Girokonto bei Ihrer Hausbank überwiesen und Sie können meistens schon innerhalb von 24 Stunden über das Geld verfügen. Liegt ein Wochenende oder ein Feiertag dazwischen, kann der Überweisungsvorgang schon mal zwei bis drei Tage in Anspruch nehmen. Das sollten Sie bei Ihrer Liquiditätsplanung berücksichtigen.
Bei der Rückführung eines Abrufskredits haben Sie die Wahl: Entweder Sie zahlen regelmäßige Raten (ähnlich wie bei einem Ratenkredit) oder Sie tilgen immer dann, wenn Sie Geld dafür zur Verfügung haben. Niemand wird Sie drängen, den Rahmenkredit schnell zurückzuzahlen. Sie können sich Jahre Zeit nehmen und Ihre Liquidität schonen. Ähnlich wie beim Dispositionskredit muss der Kunde aber auch beim Abrufkredit auf Disziplin achten und darf sich von der Flexibilität dieses Produkts nicht verführen lassen. Selbst wenn keine festen Tilgungsverpflichtungen bestehen, sollte das fremde Geld in einem überschaubaren Zeitraum zurückgeführt werden, um eine Überschuldung zu vermeiden und die monatlichen Zinslasten zu senken.
Wenn sich Abruf- und Dispositionskredite hinsichtlich ihrer Flexibilität und Bequemlichkeit also sehr ähneln, stellt sich die Frage, weshalb ein Abrufkredit dann überhaupt für Sie attraktiv sein soll. Die Antwort ist einfach: Er ist im Schnitt zwischen 3 bis 5 Prozent günstiger als Ihr „Dispo“. In Einzelfällen kann die Zinsersparnis sogar noch höher ausfallen, je nachdem, welchen Prozentsatz Ihre Hausbank für Ihren Dispositionskredit berechnet.

Praxistipp:
Zahlen Sie Ihren teuren „Dispo“ ganz einfach mit einem günstigeren Abrufkredit zurück. Falls Sie also zum Beispiel Ihr Girokonto um 8000 Euro überzogen haben und hierfür satte 12 Prozent Zinsen abgebucht bekommen, lassen Sie sich diesen Betrag aus Ihrem Abrufkredit auf Ihr Girokonto überweisen, das damit ausgeglichen ist. Sie reduzieren damit in der Regel ihren Zinsaufwand.

Versichern und Vorsorgen bei Vertrieb von Finanzprodukten und Angebote

Der kostengünstige Direktvertrieb von Finanzprodukten hat nicht nur den Bankensektor revolutioniert. Auch die Versicherungsbranche wurde von einigen Newcomern förmlich aufgemischt, wobei viele dieser Anbieter allerdings zu großen, etablierten Assekuranzunternehmen gehören. Die Direktversicherungen arbeiten nach einem ähnlichen Prinzip wie die Direktbanken. Sie verzichten weitgehend auf individuelle Beratung, auf Filialen und einen Außendienst. Die Policen werden zum größten Teil über die Wege des Direktmarketings vertrieben. Im Klartext: Im Mittelpunkt steht der Verkauf per Internet, Mailings und über Callcenter. Teilweise arbeiten diese Versicherungsunternehmen darüber hinaus mit Direktbanken zusammen.
Vor allem im Bereich der privaten Vorsorge sind Bank- und Versicherungsprodukte eng miteinander verzahnt. Aber auch standardmäßige Sachversicherungen, wie etwa Haftpflicht- oder Hausratpolicen, eignen sich für den Vertrieb über Direktbanken. Die Geldinstitute bieten dabei keine eigenen Produkte an, sondern verkaufen die Policen von Partnerunternehmen, die sich für jeden erfolgreichen Abschluss mit einer Provision bedanken. Der Vertriebsweg von Versicherungsverträgen über Banken kann sich als lohnendes Geschäft erweisen. Nicht von ungefähr haben zum Beispiel die Sparkassen sowie die Volks- und Raiffeisenbanken mit der Sparkassen-Versicherung bzw. der R+V-Versicherung starke Assekuranz-Unternehmen in ihrer Finanzgruppe.
So richtig lukrativ wird das Allfinanz-Geschäft, wie die allmähliche Verschmelzung von Bank- und Versicherungsdienstleistungen im Fachjargon genannt wird, allerdings bei der privaten Altersvor sorge. Hier hat der Kunde unter anderem die Wahl zwischen staatlich geförderten Angeboten (Stichwort: Riester-Rente), Sparprodukten, Fondssparen und privaten Rentenversicherungen. Alle diese Produkte sind für den Direktvertrieb geeignet und werden auf den folgenden Seiten daher kurz vorgestellt.
Ähnlich wie bei der Baufinanzierung galt die private Altersvorsorge bislang als Geschäft» der Bankfilialen vor Ort oder des Versicherungsaußendienstes. Dass sich dies in jüngster Zeit geändert hat, ist im Wesentlichen drei Tatsachen geschuldet:
Intransparente und aufgrund ihrer besonderen Kosten- und Provisionsstrukturen für den Kunden häufig ungünstige Lösungen wie die Kapitallebensversicherung haben nach dem Wegfall des Steuerprivilegs an Attraktivität eingebüßt.
Kritische Verbraucherjournalisten haben in den vergangenen Jahren gerade auf dem Feld der privaten Vorsorge viel Aufklärungsarbeit geleistet.
Viele Direktbanken und Direktversicherer bieten auf ihren Homepages nützliche interaktive Tools, mit deren Hilfe der informierte Privatkunde seine Versorgungslücke ermitteln und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen kann.

Handlungsbedarf bei der privaten Altersvorsorge
„Früher war alles besser.“ Viele von uns haben sich sicher schon irgendwann einmal dabei ertappt, wie sie die Vergangenheit unkritisch verklärten. Bekanntlich spielt uns aber die Erinnerung oft einen Streich: Was wir als gut und angenehm empfanden, bleibt langfristig im Gedächtnis haften. Dinge, die nicht so ideal liefen, werden verdrängt.
Doch manches war früher tatsächlich besser – oder sagen wir: Es war einfacher. Jahrelang galt zum Beispiel die Faustregel: Wer 45 Jahre versicherungspflichtig beschäftigt war und immer mindestens durchschnittlich verdiente, erhielt später genügend Rente, um seinen bisherigen Lebensstandard absichern zu können. Wir alle wissen, dass davon heute keine Rede mehr sein kann.
Im Jahr 2007 betrug die unversteuerte Rente in Deutschland im Mittel rund 53 Prozent des Durchschnittseinkommens. Nach Angaben der Bundesregierung soll das Rentenniveau bis 2020 nicht unter 46 Prozent sinken. Um eine solche gesetzliche Rente zu beziehen, muss man aber 45 Jahre lang mindestens durchschnittlich verdienen und entsprechende Beiträge entrichten. Ob derweil das Niveau tatsächlich nicht unter 46 Prozent sinken wird, bleibt abzuwarten, immerhin wäre es nicht das erste Mal, dass sich eine Bundesregierung in ihren Rentenprognosen täuscht (oder sollte man sagen: die Augen vor den Tatsachen verschließt).

Gesetzliche Renten: Die Kernzahlen auf einen Blick
•Die Einkommen der deutschen Rentner bestehen derzeit noch zu 88 Prozent aus Staatsrente (4 Prozent Betriebsrente, 5 Prozent private Vorsorge). Im internationalen Vergleich ist dieser Anteil sehr hoch (Niederlande: 58 Prozent, Großbritannien: 65 Prozent, Dänemark: 73 Prozent, USA: 45 Prozent).
•Auf zwei Rentner kommen aktuell drei Beschäftigte (1958 waren es pro Rentner noch acht Beschäftigte). Im Jahr 2030 wird es nur noch ein Beschäftigter sein.
•Die gesetzliche Rentenversicherung hat derzeit 34 Millionen Mitglieder und unterhält 19,6 Millionen Rentner. Das Budget der Rentenversicherung umfasst circa 230 Milliarden Euro. Der Staatszuschuss beträgt inzwischen etwa 23 Prozent (54 Milliarden Euro).

Darauf sollten Sie sich einstellen
Die Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung werden in den kommenden Jahren deutlich sinken und kaum noch ausreichen, um damit ein angemessenes Leben im Alter zu führen.
Alle Versicherten, die 1947 und danach geboren wurden, dürfen erst später als mit 65 Jahren in Rente gehen. Für jedes Jahr gibt es einen Monat Zuschlag. Das heißt, Erwerbstätige, die 1947 zur Welt kamen, dürfen noch mit 65 plus einem Monat in den Ruhestand treten. Ein Erwerbstätiger aus dem Geburtsjahr 1948 müsste also zwei Monate daranhängen, aus dem Geburtsjahr 1949 drei Monate usw. Die Jahrgänge von 1958 bis 1963 müssen jeweils zwei Monate pro Jahr länger arbeiten, für Erwerbstätige ab dem Geburtsjahr 1964 gilt dann endgültig: Rente erst mit 67! Natürlich können Sie sich auch früher aus Ihrem Job verabschieden, müssen dann aber Rentenkürzungen hinnehmen.
Im Jahr 2005 führte der Gesetzgeber die nachgelagerte Rentenbesteuerung ein. Das heißt konkret, bestimmte Formen der Altersversorgung werden seither schrittweise steuerfrei gestellt. Dafür greift der Fiskus später bei den Renten stärker zu als heute.
Die ernüchternde Erkenntnis lautet daher: Sie werden später in den Ruhestand gehen, weniger Rente vereinnahmen und in vielen Fällen sogar noch höhere Steuern zahlen als die Rentner der Vergangenheit.

Früher in Rente gehen kann teuer werden
Natürlich können Sie Ihrem Job auch künftig schon vor Vollendung Ihres 67. Lebensjahres „Adieu“ sagen und sich in den Ruhestand zurückziehen. Dann aber müssen Sie mit spürbaren Abschlägen bei Ihrer gesetzlichen Rente rechnen. Für jeden Monat des vorgezogenen Renteneintritts werden Ihnen nämlich 0,3 Prozent abgezogen. Ein Praxisbeispiel: Angenommen, ein 1964 geborener Angestellter will später nicht erst mit 67 Jahren, sondern schon mit 63 Jahren aufhören. Die Einbuße bei der gesetzlichen Rente macht demnach 14,4 Prozent aus (vier Jahre, entsprechend 48 Monate, multipliziert mit 0,3). Ein solcher Abschlag macht sich im Budget eines Rentners schon bemerkbar. Insofern sollte, wer früher in den Ruhestand gehen möchte, noch intensiver privat Vorsorgen und Kapital aufbauen.