Bestandteil von Zertifikaten und Optionen – Kapitalschutz und Spekulation

Zertifikate sind wohl das Megathema der letzten Jahre. Es gibt kaum etwas, worauf es kein Zertifikat gibt, auch Zertifikate auf Fonds und Fonds für Zertifikate. Angesichts der Vielfalt der Produkte und der Intransparenz der Bedingungen ist die Verwirrung groß. In diesem Artikel lernen Sie die Produkte kennen, die Ihnen bei der Umsetzung Ihrer Anlagestrategie durchaus weiterhelfen können. Auch auf die Gefahren einiger Bestseller wird hingewiesen und ein paar ganz besonders unnütze Konstruktionen werden einfach totgeschwiegen.

Zertifikate sind ein noch relativ neues Anlagevehikel. Sie als eigenständige Anlageklasse zu bezeichnen, wäre nicht ganz richtig, andererseits unterscheiden sie sich aber recht deutlich von einer Aktie, einem Fonds oder einer Anleihe. Der Unterschied liegt letztlich darin, dass ein Zertifikat für sich genommen kein greifbarer Wert ist, sondern ein Derivat, also etwas Abgeleitetes. Zertifikate verbriefen einen Anspruch, an einer Wertentwicklung beteiligt zu werden. Der, der Ihnen das verspricht, ist der Emittent, in aller Regel eine Bank. Diese kann Sie an der Wertentwicklung eines Aktienindex beteiligen, an Rohstoffpreisen, sie kann Ihnen aber auch versprechen, eventuelle Verluste am Aktienmarkt abzufedern oder Ihnen sogar noch etwas draufzulegen, wenn die Kurse steigen.

Damit ist es möglich, eine Vielzahl von Strategien abzubilden und einem Kunden praktisch das geeignete Produkt für seine Marktmeinung oder Spekulation anzubieten. Großanleger bekommen auch schon mal ein maßgeschneidertes Zertifikat erstellt. Mit Fonds ist so etwas nicht möglich, schon aus rechtlichen Gründen, denn man benötigt immer irgendwelche Optionen. Diese sind erst für seit dem Jahr 2004 aufgelegte Fonds zugelassen. Allerdings sind Optionen nicht nur höchst kompliziert, sondern auch riskant und damit für die meisten Privatanleger nicht zu empfehlen. So kam man auf die Idee, komplette Produkte zu konstruieren, bei denen auch Sicherheitsmechanismen eingebaut werden können und die letztlich leichter zu handhaben sind.

Inzwischen ist die Zahl der in Deutschland angebotenen Zertifikate weit höher als die der Fonds und wöchentlich kommen neue Ideen hinzu. Den Überblick zu behalten, ist kaum noch möglich, aber auch nicht unbedingt erforderlich. Eine große Anzahl dieser Zertifikate ist meist nur in ganz wenigen Fällen vorteilhaft und viel zu komplex. Das Anlegerinteresse konzentriert sich bislang auch auf einige Standard- Zertifikatetypen, die recht einfach zu verstehen sind und die einen nachvollziehbaren Nutzen stiften. Auf diese konzentrieren wir uns hier.

Die meisten Zertifikate bestehen aus einer Kombination zweier oder mehrerer Produkte. Eine große Rolle spielen Optionen, mit deren Hilfe sich Verluste begrenzen und Gewinne steigern lassen, oder auch umgekehrt, wenn man sich für die falschen Produkte entscheidet. Daher ist es sinnvoll, sich zunächst mit Optionen zu beschäftigen. Optionen beziehungsweise Optionsscheine beinhalten ein Recht, zu einem späteren Zeitpunkt ein Wertpapier zu kaufen oder zu verkaufen, und zwar zu einem vorher festgelegten Wert. Nehmen wir also an, Sie besitzen ein paar Aktien, die zurzeit einen Kurswert von 100 Euro haben. Sie wollen aber sicher sein, dass sie in einem halben Jahr immer noch den Wert von mindestens 100 Euro hat.

Das kann ja sinnvoll sein, wenn Sie die Aktie verkaufen und davon Ihren Urlaub zu einem festen Preis bezahlen wollen. Und da Sie nicht drei Wochen auf Balkonien verbringen wollen, sichern Sie sich gegen Kursverluste ab. Für diesen Fall können Sie einen Optionsschein kaufen, der Ihnen das Recht einräumt, am festgelegten Tag Ihre Aktien für 100 Euro zu verkaufen. Es handelt sich um eine Verkaufsoption (Put). Dafür müssen Sie dem Verkäufer der Option etwas zahlen, schließlich übernimmt er ein Risiko. In diesem Fall ist das Risiko für ihn nicht allzu groß, deswegen kostet der Optionsschein auch nicht viel.

Würden Sie zum Beispiel das Recht kaufen wollen, die Aktie für 110 Euro verkaufen zu dürfen, wäre die Option deutlich teurer, wenn sie denn überhaupt noch bezahlbar wäre. Ihr Partner könnte ja nur noch dann gewinnen, wenn die Aktie um mehr als zehn Prozent stiege. Ebenso können Sie sich sicher vorstellen, dass eine Option auf einen Verkaufspreis von 90 Euro verdammt billig wäre. Im Prinzip ist die Option also ein Recht, zu einem bestimmten Preis zu kaufen oder zu verkaufen. In aller Regel wollen Sie als Anleger aber gar keine Aktien haben, sondern sich nur gegen Kursschwankungen absichern beziehungsweise spekulative Gewinne erzielen.

Deswegen erfolgt üblicherweise nur ein Barausgleich am Laufzeitende, wenn Sie nicht schon vorher verkauft haben. Interessant ist es natürlich auch, im Falle eines Kursanstiegs der Option den Gewinn mitzunehmen. Mit einer Verkaufsoption können Sie Gewinne erzielen, wenn der Kurs Ihrer Aktie unter den vereinbarten Preis fällt, mit einer Kaufoption (so genannter Call) erzielen Sie Gewinne, wenn der Kurs Ihrer Aktie über den vereinbarten Preis steigt. Prinzipiell können Sie also, wenn Sie auf steigende Kurse setzen, einen Call kaufen und damit mehr verdienen als mit der Aktie selbst. Wenn Ihre Spekulation allerdings nicht aufgeht, kommt es mitunter zum Totalverlust. Mit einer Aktie ist es bis dahin ein weiter Weg. Wir werden hier das Thema Option nicht allzu sehr vertiefen, weil es einerseits recht komplex ist und andererseits zu unangemessener Spekulation verführen kann.

Beispiele für Optionsscheine auf den DAX, Stand 23.08.2006, Kurs des DAX 5 738,84, Emittent Commerzbank, Bezugsverhältnis: 100 :1
Typ Basiswert Preis in EUR
Call (Kaufoption) 3 000 28,35
Fälligkeit: 13.12.2006 4000 18,48
5 000 8,95
6 000 1,58
7000 0,03
Put (Verkaufsoption) 3000 0,02
Fälligkeit: 13.12.2006 4000 0,03
5 000 0,41
6000 3,01

Grundsätzlich müssen Sie bei Ihrer Bank die Termingeschäftsfähigkeit nachweisen, um Optionsscheine kaufen zu können. Dazu müssen Sie einen Fragebogen beantworten, in dem es unter anderem um Ihre Kenntnisse des Wertpapiermarkts geht. Reichen sie nicht aus, dürfen Optionen nicht verkauft werden. Sie könnten zwar die gewünschten Antworten geben, auch wenn sie nicht zutreffen, es sei aber davor gewarnt, weil man Risiken, die man eingeht, auch beherrschen sollte. Um sich ein bisschen mit der Wirkung von Optionen anzufreunden, seien hier zwei Beispiele gezeigt. Die erste ist ein Put (Verkaufsoption) auf den Dax zu einem Preis von 5 800 Euro am 13.09.06 mit einem Bezugsverhältnis von 1:100 (das heißt Sie benötigen 100 Optionsscheine, um einen Dax kaufen zu können).

Der Kursverlauf wird in der Grafik zusammen mit dem Dax gezeigt. Der prozentuale Ausschlag ist wesentlich höher als beim Dax, was noch einmal das Verhältnis von Risiko und Rendite verdeutlicht. Als der Dax Anfang Mai 2006 sein vorläufiges Hoch von 6 140 Punkten erreicht hatte, war die Option wenig wert, nämlich nur noch 95 Cent. Schließlich schien es recht unwahrscheinlich, dass der Kurs von 5 800 Punkten noch einmal relevant würde und wer wollte sich dann noch gegen einen Kursrutsch unter 5800 absichern? Dass das ein Irrtum war und auch billige Optionen einen Sinn haben können, wissen wir jetzt.

Der Dax fiel nämlich schnell auf 5292 Punkte und auf einmal wurden auch die 5800 Punkte wieder interessant. Wer jetzt diesen Optionsschein besaß, konnte entweder wieder ruhig schlafen, wenn er von einem konstanten Niveau ausging, oder er konnte die Scheine verkaufen und sich noch zwei Wochen Mallorca leisten. Sie können allerdings nicht einfach aus den Kursschwankungen des Dax den Preis der Option berechnen. Hier spielt noch der Faktor Zeit eine Rolle und vor allem die Volatilität. Wenn die Marktteilnehmer mit starken Schwankungen der Kurse rechnen, dann steigt auch die Volatilität und damit der Wert der Optionen.

Im Mai 2006 gab es ja viel Unsicherheit, damit viel Volatilität und entsprechend starke Ausschläge bei den Optionen. Wenn die Märkte ruhig vor sich hin dümpeln und alle glauben, dass es so weitergehen wird, dann sind auch die Optionen nicht viel wert. Denn: Wo kein Risiko gesehen wird, braucht man auch keine Absicherung. Und: Je näher der Verfallstermin rückt, desto geringer wird der Wert der Option. Sehen wir uns dazu noch das Gegenstück an, die Kaufoption (Call). Solange der Dax stieg, ging es auch mit dieser Option nach oben, nur wesentlich kräftiger. Im Mai setzte mit dem Dax die Talfahrt ein.

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Bitte denken Sie daran, dass für den sinnvollen Einsatz von Optionsscheinen mehr Kenntnisse erforderlich sind, als sie hier vermittelt wurden! Mit Hilfe von Zertifikaten können Sie aber bei überschaubarem Risiko eine individuelle Strategie umsetzen. So gibt es Produkte für vorsichtige wie für spekulative Anleger.

Die Rolle Amerikas an den Börsen weltweit – hilfreiche Information

Die wichtigsten Indikatoren sind sowieso aus den USA und wenn sich die Amerikaner darum kümmern, muss man es nicht auch noch selbst machen. Und so schaukelt der Dax mit dem Dow und die Akteure können wenigstens sicher sein, nicht ganz falsch zu liegen. Irgendeiner wird schon darauf achten, dass nicht gerade dann gekauft wird, wenn die Konjunktur auf Talfahrt ist. So können die Kurse auch mal verlieren, wenn es den Unternehmen gut geht und umgekehrt. Die Vormittage sind dann in Europa ziemlich uninteressant.

Amerika schläft noch und es kann nicht viel passieren. So gegen 14 Uhr deutscher Zeit ist mit den ersten Zahlen aus den USA zu rechnen. Das können Konjunktur- oder Unternehmenszahlen sein. Um 15.30 Uhr geht es auf der anderen Seite des Teichs los und dann kommt mitunter auch Lehen in die europäischen Börsen. Am 25.07.06 passierte zunächst recht wenig, wie man am Intra- day-Chart des Dax sehen kann. Gegen 16 Uhr setzte dann ein Schub nach oben, als, wen wundert’s, auch der Dow stieg. Die Freude währte nicht lang, der Dow fiel und der Dax auch. Zum deutschen Handelsschluss waren beide im Minus, den Aufschwung des Dow nach 20 Uhr konnte man nur noch am Bildschirm bewundern.

Die Rolle Amerikas an den Börsen weltweit - hilfreiche Information58

Klar, dass der Dax am nächsten Tag höher eröffnete, man hat ja die Kursentwicklung am Vorabend gesehen. Vorgaben nennt man so was. Aber der Impuls hielt nicht lange, ein kurzer Absturz nach 10 Uhr deutet auf schlechte Nachrichten hin. Da war doch was – 26.07.06, ro.30 Uhr – na klar, der ifo-Index. Geschäftsklima hat nachgegeben und das von sehr hohem Niveau – das heißt nichts Gutes. Am Nachmittag Börseneröffnung in Amerika. Es geht wieder runter, also gehen wir mit und die Gewinne lösen sich bis kurz nach 16 Uhr in Luft auf. Und dann – was passiert um fünf? Der Dow steigt, irgendwas ist in Amerika los, also müssen wir wieder mit und es gibt noch einen kleinen Tagesgewinn.

Am 27.07.06 ist die Stimmung gut, die Zinsangst nach Konjunkturdaten gewichen. Da kann man kaufen. Die Futures in Amerika sehen auch gut aus und der Dow eröffnet deutlich im Plus. Zum Börsenschluss ist der Dow immer noch im Plus, aber nicht mehr lange. Irgendwas ist ja immer und so geht ihm um 9 Uhr die Luft aus. Er schleppt sich gerade noch so ins Ziel. Was heißt das für den nächsten Tag? Na klar, die Gewinne sind wieder futsch. Der 28.07.06 beginnt schwächer und irgendwie kommt so gar keine Lust auf. Mal warten, was Amerika so denkt… Und Amerika denkt positiv. Die Eröffnung ist gut und um fünf geht’s noch mal bergauf. Also ziehen wir wieder mit, man will ja kein Spielverderber sein.

Übers Wochenende kann immer viel passieren und wenn es im Nahen Osten unruhig ist, dann bewegt sich mit Sicherheit auch der Ölpreis. Auf jeden Fall weiß man gar nicht so recht und die Unternehmenszahlen sind auch nicht eindeutig. ThyssenKrupp läuft gut, aber die Postbank? Oh je, wenn man nur wüsste, wie es weitergeht. Klare Antwort: Wie auf der Achterbahn. Es geht hoch und runter am 31. und die Gewinne vom Freitag nehmen wir erst mal wieder mit. Beim Dow nicht viel besser. Die Kurslinie zittert wie ein Aal und wir sind froh, dass der Tag irgendwann vorbei ist. Am 01.08.06 ist wohl erst einmal Ruhe eingekehrt.

Der Dax schwankt um das Vortagsniveau und man hätte eigentlich auch später aufstehen können. Die Ruhe vor dem Sturm? Zumindest vor den neuen Konjunkturdaten aus den USA. Die sind zwar nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Nicht wirklich gut heißt, die Wirtschaft verlangsamt ihr Tempo etwas. Nicht schlecht heißt, es könnte noch eine Zinserhöhung am 8. geben. Bei solch unklaren Signalen gibt’s nur eins: verkaufen. Die Futures in den USA gehen in die Knie und bevor der Zug abgefahren ist, verkaufen wir auch schon mal alle deutschen Aktien.

Die Korrektur vom Mai 2006 – Risiken der Geldanlage

Im Mai 2006 passierte etwas, womit angeblich mehr oder weniger jeder Profi gerechnet hatte, worauf dann aber kaum jemand vorbereitet war: Es kam zu einer Korrektur, und zwar einer, die sich gewaschen hatte. Seit Herbst 2002, damals im Zeichen von Rezession und kurz vor dem Irakkrieg, korrigierten die Märkte nicht mehr so stark. Innerhalb von zwei Wochen verlor der prinzipiell recht stabile Dj EuroStoxx 50 rund neun Prozent und gab kurz darauf noch einmal um mehr als drei Prozent nach. In Schwellenländern gab es Kursstürze um teilweise mehr als 30 Prozent, und alles innerhalb von wenigen Wochen. Man hatte also kaum Zeit zu überlegen und so entschieden sich viele Anleger, einfach zu verkaufen.

Ein großer Teil der Verluste wurde im Laufe des Sommers wieder aufgeholt, aber einzelne Länder und vor allem die Small Caps blieben erst einmal zurück. Eine alte Börsenweisheit sagt ja Seil in May and Go Away und wer sie befolgt hätte, hätte sein Nervenkostümschonen können. Viele Fondsmanager und sonstige Anlagestrategen philosophierten auch darüber, vor allem redete man in Interviews gerne davon, dass mal wieder eine Korrektur fällig wäre nach den starken Kurssteigerungen. Nun mag der Privatanleger denken, wenn alle wissen, dass mal wieder was passieren muss, dann müssten sie doch vorbereitet sein und ihre Fonds schützen.

Aber weit gefehlt. So viel über die Korrektur geredet wurde, so wenig wurde als Vorsichtsmaßnahme getan. Die Korrekturphase war definitiv keine Werbung für die Fondsbranche, denn die Entscheidungsträger legten überwiegend die Hände in den Schoß. Nur vereinzelte Dachfonds waren vorbereitet und erhöhten die Bargeldquote.
Wie konnte es zu der Korrektur kommen? Oder war es gar ein Crash? Zufall oder Absicht? Eine ganze Reihe unterschiedlichster Theorien wurden gesponnen, nicht selten mit der Intention, das Ereignis als etwas Zufälliges und mehr oder weniger Unerklärliches darzustellen. Aber das war es eigentlich gar nicht, denn es gibt eine Reihe ganz vernünftiger Gründe zur Erklärung:

1. Der Weltaktienindex MSCI World erreichte im April das Niveau seiner Höchststände von Anfang 2000. Damit haben auch die letzten Anleger, die in diesem Index investierten, ihre Verluste ausgleichen können. Möglicherweise gab es verstärkt Verkäufe, weil man die Nase voll hatte und den Aktien den Rücken kehren wollte.

2. Die Rohstoffpreise waren Anfang Mai auf einem Höhepunkt angekommen und korrigierten teils recht stark nach unten. Dies wurde für alle diejenigen problematisch, die auf weiter steigende Preise gesetzt hatten. Was nicht wenige waren. In Verbindung mit Optionsgeschäften kann ein plötzlicher Liquiditätsbedarf entstehen, der durch anderweitige Verkäufe gedeckt werden muss. Verkauft wird dann alles, was vorher gut gelaufen war, wovon zum Beispiel die Türkei und Brasilien betroffen waren.

3. Die US-amerikanische Notenbank hatte Anfang Mai wiederum die Leitzinsen erhöht. Diejenigen, die auf ein Ende der Zinserhöhungen gesetzt hatten, waren enttäuscht und verkauften ihre Aktien. Dies ist allerdings nicht verwunderlich, zumal es bei den vorherigen Erhöhungen auch immer passierte.

4. Einige Märkte hatten sich vorher äußerst dynamisch entwickelt. Europäische Small Caps legten innerhalb eines Jahres um 50 Prozent zu. Der türkische ISE 30 Index schaffte es auf 200 Prozent innerhalb von zwei Jahren, mit russischen Aktien ging es teilweise noch schneller. Dass der eine oder andere auf die Idee kommt, auch mal seine Gewinne zu sichern, liegt auf der Hand. Solche Steigerungsraten können nie lange durchgehalten werden, weil die Unternehmensgewinne nicht hinterher kommen.

5. Immer wieder unter Beobachtung stehen die Hedgefonds, die schon öfter Kursrutsche auslösten. Letztlich lässt sich nie ermitteln, ob ein oder mehrere Hedgefonds bewusst oder unbewusst eine Entwicklung herbeigerufen haben. Immerhin standen sie unter einem gewissen Druck, denn sie wurden in der jüngsten Vergangenheit regelrecht mit Anlegergeld zugeworfen. Und dann stellt sich die Frage: Was tun? Schnell kommt es dann auch zu Übertreibungen.

6. Verschiedene institutioneile Anleger wie Versicherungen änderten im Frühjahr 2006 ihr Verhalten. So wurden vielfach Betreuungsmandate an Verwalter und Fonds neu vergeben, was erst einmal zu einem Abfluss aus einem Fonds führt. Außerdem wurden offensichtlich auch Gelder aus Aktienanlagen abgezogen, um das Risiko zu senken. Da es hier jeweils um große Beträge geht, kann der Markt schnell beeinflusst werden.

7. Viele Anleger sichern ihre Positionen durch so genannte Stop- Loss-Orders ab. Dadurch werden Wertpapiere automatisch verkauft, wenn der Verlust eine bestimmte Grenze überschreitet. Häufig werden solche Grenzen bei etwa fünf Prozent Verlust gezogen. Sie können sich nun vorstellen, was passiert, wenn diese Schwelle erreicht wird. Es entsteht weltweit ein erheblicher Verkaufsdruck, dem so gut wie keine Nachfrage gegenübersteht. Folglich wird zu extrem niedrigen Kursen verkauft. Das mag den Verkäufern dann zwar auch etwas niedrig erscheinen, sie können aber nichts mehr daran ändern.

8. Japan war die letzten Jahre bekannt für eine ultralockere Geldpolitik, das heißt die Notenbank hatte bei Zinsen von fast null Prozent extrem viel Geld in den Wirtschaftskreislauf gepumpt, um die festsitzende Rezession zu bekämpfen. Im März kündigte der Notenbankchef an, dem Markt 80 Prozent der Liquidität zu
entziehen, was im Mai auch geschah. Später wurden die Zinsen erhöht, wenn auch nur leicht. Im Prinzip kann uns eigentlich egal sein, was die Notenbank in Japan macht. Aber in der Praxis nicht. Japan hat nämlich viele spekulative Anleger mit Geld versorgt, das billig zu haben war und an anderer Stelle eingesetzt wurde. Als die Gelder verknappt wurden, mussten auch Anlagen zurückgefahren werden. Dadurch litten gerade die Bereiche, in denen man spekulativ aktiv war, zum Beispiel die Schwellenländer und Rohstoffe.

9. Nicht zu vergessen sind die Anleger, die sich an alte Börsenweisheiten halten und prinzipiell Anfang Mai verkaufen, weil sie die Sommerzeit fürchten. Sie verkaufen auch ohne besondere Signale, setzen aber selbst ein solches. Das deuten dann andere als Startschuss für eine größere Korrektur.
Sie sehen also, dass es viele Gründe gab. Letztlich ist also nichts Außergewöhnliches passiert, es kamen nur recht viele unglückliche Umstände zusammen. Vor allem ist die Entwicklung kein Signal für eine neue Baisse, wie es vielfach gemutmaßt wurde. Es gibt ja schließlich auch noch fundamentale Daten, die immer noch eher gut als schlecht sind.

Interessant war natürlich auch zu sehen, wie nachher argumentiert wurde. So mussten ja die Profis Gründe finden, warum die Kurse so weit nach unten geprügelt wurden, sonst hätten sie zugeben müssen, sich von einer grundlosen Hysterie angesteckt haben zu lassen. Also wurden alte Argumente vorgekramt, die US-Wirtschaft könnte ins Stocken geraten, einige Emerging Markets seien schon recht teuer geworden, die Zinsen könnten noch weiter angehoben werden, die Risikobereitschaft der Investoren sei gesunken. Also nichts Neues, das alles wurde schon seit 2003 gebetsmühlenartig verbreitet. Um nicht allzu dumm dastehen zu müssen, wurde also eine kleine Krise herbeigeredet, und wenn erst mal einer damit anfängt, dann dauert es, bis sie sich wieder auflöst.

Nur: Es kam keine Krise. Im Sommer 2006 gab es nicht mal einen großen Wirbelsturm, der ein paar Ölplattformen außer Betrieb setzte, der Nahe Osten beruhigte sich recht schnell, die Zinspause kam und die US-Wirtschaft wuchs brav und artig weiter. Und was machten die Anleger? Sie kauften wieder Aktien, waren aber ziemlich eingeschüchtert. So setzten sie auf Angstpapiere mit hoher Dividendenrendite. Auch das passte gut, hatten doch verschiedene Fachleute von verschiedenen Banken das Ende des Zeitalters der Dividendenaktien eingeläutet und fleißig Wachstumswerte empfohlen. Wohl dem, der darauf nicht gehört hatte.
Richtig interessant ist aber die Frage, was man daraus lernen kann. Schließlich möchte man ja beim nächsten Mal zum Höchststand verkaufen und zum Tiefststand wieder einsteigen …

Was passiert ist, können Sie in der Abbildung noch einmal anhand des Index DJ Stoxx Total Return beobachten. Der Index enthält die größten europäischen Unternehmen inklusive Dividenden. Zum Beginn des Jahres näherte er sich der oberen Grenze des Trendkanals, in dem er sich seit Frühjahr 2004 bewegte. Diese obere Grenze wird auch als Widerstand interpretiert, der überwunden werden kann, aber nicht muss. Hier dauerte es rund drei Monate, bis sich der Index entschloss, die Talfahrt anzutreten. Solche Abpraller sind eher die Regel als die Ausnahme. Dass die Kurse so lange an der oberen Grenze verlaufen, ist eher ungewöhnlich. Die Korrektur führte dann exakt auf die untere Grenze des Trendkanals. Beachten Sie, dass die Entwicklung bei anderen Indizes durchaus anders verlaufen kann!

Die Korrektur vom Mai 2006 - Risiken der Geldanlage67

Dort gab es wieder den Schubs nach oben (wie zu erwarten), allerdings auch einen neuen Dämpfer, ausgelöst durch die Ereignisse im Nahen Osten. Dadurch wurde der Trend gebrochen, was bei technisch orientierten Anlegern zu Verkäufen führt. Das war aber letztlich ein Irrtum, denn der Index fand schnell wieder zurück in den Kanal. Das zeigt, dass die Entwicklung zumindest in Europa recht stabil ist.

Hätte man das vorher erahnen können? Ja, aber heißt die Antwort, wie immer. Wenn sich ein Kurs am oberen Ende des Trendkanals bewegt, besteht eine deutliche Korrekturgefahr. Wer vorsichtig ist und eine Korrektur umgehen will, verkauft beim oberen Anstoßen. Leider gibt es keine Garantie, dass es sofort wieder nach unten geht. Es kann dauern, und zwar lange. Wenn man zu früh verkauft, gehen die noch folgenden Kursgewinne verloren. Dann wartet man auf die Korrektur und wartet und wartet und macht auch keine Gewinne mehr. Sinnvoller ist es daher, auf einen bestimmten Mindestverlust zu warten. Dazu muss man die eigene Risikobereitschaft bedenken, aber auch die Breite des Trendkanals.

Viele Investoren, die Geld für andere verwalten, setzen sich mittlerweile sehr enge Grenzen, verkaufen praktisch auf halbem Weg nach unten. Damit gehen sie auf Nummer sicher. Technisch orientierte Anleger gehen nach ihren Trendlinien, so dass es etwas länger dauern kann. Oftmals kommt es dann zu wirklich heftigen Verlusten, weil man erst einmal auf die nächste Unterstützungsmarke wartet. Die kann sich aus alten Kursgrenzertergeben, mitunter ist so etwas sehr schwer zu interpretieren. In diesem Fall war der Verkauf an der unteren Grenze unwirtschaftlich, weil der Kurs sich wieder berappelt hat. Investoren müssen dann später zu meist höheren Kursen wieder einsteigen.

Nicht zuletzt muss man die Kosten berücksichtigen. Wenn es zum Beispiel um den Verkauf von Fondsanteilen geht, müssen Ausgabeaufschläge berücksichtigt werden, die bei einem Wiedereinstieg wieder anfallen. Bei diesem Index hat der Trendkanal eine Breite von zwölf Prozent. Nehmen wir einmal an, ein Anleger setzt sich eine Schmerzgrenze von fünf Prozent Verlust und wartet mit dem Wiedereinstieg so lange, bis der Kurs wieder fünf Prozent ab der unteren Grenze zugelegt hat (Anfang Juli gab es ja ein Fehlsignal), dann hat er gerade noch zwei Prozent gewonnen, die aber für den Ausgabeaufschlag (oder Börsenspesen) gebraucht werden. Es hat sich also nicht gelohnt. Hätte der Anleger zehn Prozent Verlust toleriert, hätte es noch schlimmer ausgesehen. Hätte er schon nach zwei Prozent die Reißleine gezogen, wäre es besser gewesen, aber dann hätte er mindestens schon zehnmal im Laufe des Jahres verkauft.

Leider gibt es keine wirklich gute Empfehlung, wie man sich verhalten soll. Man braucht auf jeden Fall eine Überzeugung davon, ob der Markt noch günstig oder schon überteuert ist. Im ersten Fall ist es meist besser, durchzuhalten, im zweiten Fall sollte man ohnehin schleunigst verkaufen. Eine profitable Strategie mit geringem Risiko ist es, die Bargeldquote variabel zu handhaben. Man sollte im Normalfall nicht voll investiert sein, sondern in bestimmten Situation ver- oder zukaufen. Wenn der Index (Fonds oder die Aktie) verdächtig nahe an der oberen Grenze verläuft, dann sollte ein kleiner Teil des Depots verkauft werden. Bleibt der Kurs weiter auf dem hohen Niveau, kann wieder etwas verkauft werden. Sinkt der Kurs, kann entsprechend zugekauft werden, und zwar wieder in kleinen Schritten. Sollte es keine Korrektur geben, verliert man damit Geld.

Das ist jedoch sehr unwahrscheinlich, zudem geht es hier um Risikobegrenzung und nicht unbedingte Spekulation. Interessant ist es auch, sich anzusehen, was direkt nach der Korrektur passiert ist. Betrachten Sie dazu die folgenden drei Produkte mit eindeutiger Ausrichtung, die jeweils für eine bestimmte Strategie stehen. Die Korrektur traf den auf europäische Small Caps ausgerichteten Activest Europa Potenzial mit mehr als 20 Prozent am heftigsten. Er hatte allerdings auch vorher am besten verdient. Die beiden anderen Produkte, das UBS Zertifikat auf den GPR Immobilien-lndex (ohne GB) und der Dividendenindexfonds korrigierten nur schwach und erreichten schnell wieder ihr altes Niveau. Die Anleger hatten also nicht prinzipiell die Lust an Aktien verloren, waren aber insoweit verunsichert, als sie sich auf die konservativeren Werte mit hoher Dividende konzentrierten.

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Die Vermögensstrategie der Familie Müller – detailliertere Information

Erinnern Sie sich noch an Familie Müller? Wir wollen uns nun ansehen, wie das Ebenenkonzept in ihrem Fall umgesetzt werden könnte. Der Finanzplan hat ja deutlich gemacht, wann wie viel Geld benötigt wird. Er kann natürlich nur den Stand am Planungstag spiegeln und muss jährlich angepasst werden! Wichtig ist zunächst, die Reserve aufzubauen, rechtzeitig an die größeren Anschaffungen zu denken und den spekulativen Teil in einem angemessenen Rahmen zu halten. Dabei ist jetzt noch nicht so wichtig, ob genau im fahr 2020 exakt 20 000 Euro benötigt werden. Verändert sich an der Planung etwas, so kann der Betrag in den Folgejahren verändert oder verschoben werden. Aktuell besteht ohnehin noch kein Handlungsbedarf. Anders sieht es mit den Ausgaben 2009 und 2010 aus. Die sind heute schon relevant.

Im Jahr 2007 hat daher das Fundament Vorrang. 5 000 Euro fließen auf ein Tagesgeldkonto (liquides Fundament – Ebene 1), 4 000 Euro werden in einen Immobilienfonds eingezahlt (sicheres Fundament – Ebene 2). Insgesamt 19 000 Euro werden in Ebene 3 (Aufbau) angelegt, wobei alte Depotbestände aufgelöst werden. Gekauft werden zur Hälfte dividendenorientierte Aktienfonds, zu je einem Viertel Bonuszertifikate auf Indizes und Wandelanleihenfonds. (Die Betragsangaben beziehen sich jeweils auf das Jahresende und enthalten geschätzte Wertzuwächse.) Im Jahr 2008 ist Vorsorge für die geplanten Ausgaben in den Folgejahren zu treffen. Die Fundamente I und II werden jeweils auf 10 000 Euro aufgestockt. Es bleiben noch 1000 Euro für die Aufbauebene, so dass noch ein paar Fondsanteile nachgekauft werden.

Im Jahr 2009 kann nichts neu angelegt werden. Zusätzlich wird die Reserve (Fundament I) zur Hälfte aufgelöst, das Fundament II wird durch einen Teilverkauf um 1000 Euro reduziert. Je nach Marktlage kann alternativ auch mehr dem Fundament II entnommen werden. In der Aufbauebene fallen Erträge an, so dass sie auf einen Wert von 24 000 Euro steigt. Im Jahr 2010 wird wiederum wegen des Autokaufs nichts neu angelegt. Das Fundament II wird bis auf 1000 Euro aufgelöst, Erträge aus diesen Anlagen werden in die Aufbauebene investiert. Dort sind zum Jahresende 26 000 Euro enthalten.

Im Jahr 2011 stehen keine neuen Belastungen an. Die Reserve (liquides Fundament I) wird um 5 000 Euro aufgestockt. Zur Renditesteigerung werden ein ABS-Fonds und ein Kurzläufer(Renten-)fonds gekauft. Der Rest des Jahresüberschusses geht in die Aufbauebene, wo je zur Hälfte europäische und globale Aktienfonds gekauft werden.
Im Jahr 2012 wird das Fundament II wieder aufgestockt, für 4 000 Euro werden Immobilienfonds gekauft. Da die Aufbauebene schon einen ganz ansehnlichen Stand erreicht hat, kann nun auch etwas in die spekulative Ebene investiert werden. 4 000 Euro werden in Fonds mit hohen Ertragserwartungen eingezahlt (alternativ in einzelne Aktien).

Von 2013 bis 2015 werden Gelder weiterhin auf die Ebenen 3 und 4 (Aufbau und Spekulation) verteilt, wobei der spekulative Anteil entsprechend der Risikobereitschaft der Familie bei etwa zehn Prozent liegt. In der Finanzplanung wird dafür kein höherer Ertrag eingerechnet, weil dieser unsicher ist. Vor allem werden sich tatsächlich höhere Wertschwankungen ergeben, die in einer langfristigen Planung nicht berücksichtigt werden können. In der Aufbauebene kann aufgrund der zwischenzeitlich erreichten Summen eine breite Streuung vorgenommen werden. Dafür kommen Rohstoffe, Private Equity oder Schwellenländeraktienfonds und -rentenfonds in Frage, allerdings nur in beschränktem Umfang.

Im Jahr 2016 kommt eine größere Einmalzahlung hinzu. Aufgrund des bereits erreichten hohen Vermögensbestands soll das Risiko etwas erhöht werden. 14 000 Euro werden daher für spekulative Zwecke bereitgestellt. Durch Einzahlungen und Erträge befinden sich nach der Planung in der Aufbauebene bereits 162 000 Euro. Zu zwei Drittel sind sie in wertorientierte Europa- und Welt-Aktienfonds investiert, der Rest in Asienfonds, Rohstoffe und Renten. Von 2017 bis 2018 werden die dritte und vierte Ebene wiederum anteilig ausgebaut. Im Jahr 2019 wird bereits Vorsorge für den geplanten Autokauf 2020 getroffen. Da gleichzeitig das liquide Fundament I zurückgefahren werden soll, werden 5 000 Euro in das sichere Fundament II umgeschichtet und für 10 000 Euro Bundeswertpapiere mit geeignetem Fälligkeitsdatum gekauft.

Im Jahr 2020 wird das sichere Fundament II aufgelöst, weitere 10 000 Euro werden den laufenden Überschüssen entnommen. Damit kann das Auto bar bezahlt werden. Da auch der Renteneintritt näher rückt, wird die Spekulationsebene reduziert. Die frei werdenden Gelder werden in Mischfonds innerhalb der Aufbauebene investiert. Planmäßig dürfte das Vermögen mehr als 300 000 Euro erreicht haben. Im Jahr 2021 wird wieder das sichere Fundament II auf 5 000 Euro aufgestockt, und zwar um defensive Misch- beziehungsweise Dachfonds. Die Aufbauschicht wird defensiver ausgerichtet, der Anteil der Aktienfonds wird auf maximal 60 Prozent reduziert. An Stelle der Aktienfonds werden Renten- und Wandelanleihenfonds gekauft. Auch Immobilienfonds können hier sinnvoll sein, vor allem, wenn die Aktienmärkte schwach sind.

Im Jahr 2022 wird die spekulative Ebene weiter heruntergefahren, die dritte Ebene weiter ausbalanciert. Familie Müller erwirbt Bonuszertifikate mit hohem Risikopuffer und einen Zertifikatefonds, der überwiegend Discountzertifikate enthält. Im Jahr 2023 wird das Fundament II aufgelöst, die spekulative Ebene nochmals reduziert. In der Aufbauebene kann ohne weiteres ein Aktienanteil im Bereich von 40 bis 50 Prozent vorhanden sein, weil umfangreiche Leistungen aus Lebens- und Rentenversicherungen erfolgen. Der Schwerpunkt liegt bei defensiven Aktien- (zum Beispiel für dividendenstarke und Immobilienaktien), Wandelanleihen- sowie Mischfonds mit Absicherungsstrategien. Die Rendite liegt damit unter der des Aktienmarkts insgesamt, aber auch die Schwankungen sind deutlich niedriger.

Die Vermögensstrategie der Familie Müller - detailliertere Information79

Die Abbildung zeigt einen ausgefüllten Finanzplan. Er ermöglicht eine erste Prüfung, ob die finanziellen Ziele erreicht werden können. In diesem Fall ist die Aufbauebene sehr stark, weil einerseits wenige Ereignisse bevorstehen, andererseits umfangreiche Spekulationen nicht zum Risikoprofil der Familie passen. Die nächste Abbildungen zeigen beispielhafte Strukturen der Aufbauebene in den Jahren 2010, 2015 und 2020. Beachten Sie aber, dass diese Strukturen auf der Basis heutiger Marktverhältnisse erstellt wurden. Es kann durchaus sein, dass in zehn Jahren Asien die Rolle Europas übernommen hat oder amerikanische Aktien wieder sehr attraktiv erscheinen.

Die Vermögensstrategie der Familie Müller - detailliertere Information80

Die Vermögensstrategie der Familie Müller - detailliertere Information81

Die Familie Müller ist sicher nicht repräsentativ für alle Anleger. Sie sollten daher Ihre Situation nicht mit diesem Beispiel vergleichen, auch größere Abweichungen sind nicht außergewöhnlich. Gleich ist jedoch die Methodik, mit der die Geldanlagen zu planen sind. Die folgenden drei Beispiele zeigen, ohne dass wir die Finanzplanung im Einzelnen durchführen, dass die Ebenen unterschiedlich stark ausgebaut werden können.

a) Familie Berger hat zwei kleine Kinder, die Frau arbeitet nur sporadisch, um die Haushaltskasse aufzubessern. Das Haus wird kontinuierlich abbezahlt, monatlich bleiben meist nur 200 Euro übrig, die sukzessive angelegt werden sollen. Einkommen und soziale Absicherung bewegen sich im Durchschnitt, Risiko- und Kapitallebensversicherung sind vorhanden. Die Tilgung der Hypothek hat Vorrang, Spekulationen auf eine höhere Verzinsung am Aktienmarkt interessieren die Familie nicht.

Der Planungshorizont der Familie ist recht kurz. Man will sich die Flexibilität im Hinblick auf die Ausbildung der Kinder erhalten. Damit könnte das Ebenenkonzept wie folgt aussehen, wobei jedoch die relativ geringen Beträge zu berücksichtigen sind (die Höhe der Ebenen gibt den Anteil am Depot an):

Die Vermögensstrategie der Familie Müller - detailliertere Information82

Ebenenkonzept der Familie Berger
b) Frau Meier ist Mitte vierzig und im mittleren Management tätig. Sie verdient überdurchschnittlich und hat aufgrund häufiger beruflich bedingter Ortswechsel keine Immobilie. Sie kann monatlich mindestens 1000 Euro anlegen, verfügt aber auch jetzt schon über ein stattliches Polster durch Lebensversicherungen, Anlagen in Rentenfonds und Ähnliches. Da sie keine Kinder hat, muss sie niemanden in ihrer Finanzplanung berücksichtigen. Hier sieht die Depotstruktur ganz anders aus. Das Thema Sicherheit spielt keine große Rolle, Frau Meier kann auch Kursrückschläge verkraften. Sie hat durchaus Spielräume für spekulative Anlagen in nicht unerheblichem Umfang, erst zur Rente muss alles wieder im Lot sein.

Die Vermögensstrategie der Familie Müller - detailliertere Information83

c) Herr und Frau Tartsch sind vor kurzem in Rente gegangen. Ihre Rentenansprüche reichen aus, um den Lebensunterhalt zu finanzieren, darüber hinaus verfügen sie über ein ausreichendes Barvermögen als Reserve und für den gewissen Luxus. Davon hätten sie ganz gerne noch ein bisschen mehr, außerdem wollen sie den Kindern den einen oder anderen Euro hinterlassen. Sie sind daher moderat risikofreudig, also weder zu ängstlich noch zu spekulativ. Für diese beiden bieten sich spekulative Wetten auf einzelne Märkte nicht an, zumal es Jahre dauern könnte, bis Verluste wieder aufgeholt sind, wenn überhaupt. Andererseits benötigen sie auch keine regelmäßigen Einnahmen für den Lebensunterhalt, so dass allzu viel Renditeverzicht nicht erforderlich ist.

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Twin-Win-Zertifikate richtig verstehen – fast immer auf der Gewinner-Seite

Twin-Win-Zertifikate richtig verstehen
Fine durchaus nette Erfindung soll die Reihe der vorgestellten Zertifikate beschließen. (Es gibt noch viel mehr, vielfach Abwandlungen von diesen, die aber schwer in allgemeine Kategorien zu fassen und vor allem längst nicht immer empfehlenswert sind.) Wenn Sie so gar keine Idee haben, wie sich der Markt entwickeln wird, und an allen Entwicklungen beteiligt sein wollen, dann könnten Sie sich für Twin-Win-Zertifikate interessieren. Sie gewinnen in gewissen Grenzen immer. Na klar, es kommen wieder ein paar Einschränkungen, denn sonst könnte man sich das Geld ja gleich bei einer Bank abholen, Twin-Win-Zertifikate können unterschiedlich gestrickt sein, so dass Sie wieder unbedingt den Verkaufsprospekt lesen sollten. Es gibt auch so genannte Term Sheets, die das Ganze zusammenfassen, aber nicht immer sehr erhellend sind.

Wichtig sind folgende Faktoren:
• die Laufzeit des Zertifikats – Da für die Konstruktion die Dividenden benötigt werden, ist die Laufzeit recht lang (damit steigen die Kursrisiken!).
• die Partizipationsrate bei Kurssteigerungen – Je nach Anbieter kann bei Kurssteigerungen ein Hebel eingebaut sein, wie bei einem Outperformance-Zertifikat. Dieser bleibt auch erhalten, falls die Absicherungsschwelle berührt wird.
• das Absicherungsniveau – Kursverluste des Basiswerts werden 1:1 in Kursgewinne des Zertifikats umgewandelt. Bedingung ist jedoch, dass das Absicherungsniveau nicht berührt oder unterschritten wird. Diesen Mechanismus kennen Sie vom Reverse Bonus-Zertifikat.

Auf den ersten Blick gewinnt der Anleger, solange der Puffer nach unten hält. Bevor Sie allerdings in Euphorie verfallen, sollten Sie bedenken, dass die Laufzeiten dieser Zertifikate recht lang sind. Bei vier, fünf und mehr Jahren ist die Wahrscheinlichkeit eines Kurseinbruchs sehr hoch, zudem kann sich die konjunkturelle Situation komplett wandeln. Der Risikopuffer muss daher recht üppig sein. Gerade bei Zertifikaten auf einzelne dividendenstarke Aktien muss der Kursverlust durch Dividendenabschläge beachtet werden. Werden vier Jahre lang jeweils vier Prozent Dividende gezahlt, dann machen sie bei stagnierenden Kursen schon fast 15 Prozent Verlust aus.

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Muss ich Neues an der Börse mitmachen – Risiken der Geldanlage

Bloß nicht. Lieber mal einen Trend verpassen, als jeder neuen Idee folgen. Denn was sich die Finanzindustrie alles einfallen lässt, ist oft genug ziemlicher Unsinn oder es kommt zu früh oder zu spät. Beispiel BRIC-Fonds: Diese Fonds investieren in Brasilien, Russland, Indien und China. Ende 2004 kam die dänische Sydinvest mit dem ersten Fonds dieser Art auf den Markt, dem ISI Brie Equities. Die Idee fand man gut, unter anderem bei der DWS, die Anfang 2005 mit einem BRIC-Fonds auf den Markt traten, kurz gefolgt von HSBC. Ende 2005 zogen dann Schröder und der dit nach. Und weil es immer noch so gut lief, kamen im Frühjahr 2006 Templeton und die österreichische Sparkasse hinterher. Deren Kunden mussten sich, möglicherweise noch geblendet von den Wertsteigerungen bei der Konkurrenz, erst einmal mit einem Kurseinbruch abfinden. Immerhin hatten die ersten BRIC-Kunden schon ihre 70 bis 80 Prozent Gewinn eingefahren, so dass man sich natürlich schon fragen muss, was der Markt noch alles hergeben soll.

Eine an sich dankenswerte Innovation, die aus dem Absturz der Börsen nach dem Internet-Hype geboren war, das Discountzertifikat, hatte auch nicht unbedingt den besten Start. Als von Aktien niemand mehr etwas wissen wollte, brachten etliche Banken Discountzertifikate auf den Markt, mit denen man auch in stagnierenden oder leicht fallenden Märkten noch etwas verdienen konnte. Sie erinnern sich sicher, dass man dafür Optionen einsetzt. Die sind aber umso attraktiver, je höher die Volatilität ist. Als die Kurse ab Frühjahr 2003 wieder anzogen, machte sich so viel Zuversicht breit, dass die Volatilität ausblieb. Wichtigstes Verkaufsargument für die Discounter war die Rückrechnung (das so genannte Backtesting), wonach sie in den letzten Jahren einer Aktienanlage meist deutlich überlegen waren. Was aber fehlte, war die Volatilität. Sie sank und sank und sank und erreichte 2005 historische Tiefststände. Und mit den Discounten! wurde man nicht recht glücklich.

Dafür gab es dann wieder etwas Neues. Weil die Unternehmen immer höhere Dividenden ausschütteten, wurde es interessant, damit einen Puffer zu finanzieren. Geboren war das Bonuszertifikat. Gegen das Konzept kann man nichts sagen, wenn man nicht gerade ein Bonuszertifikat auf die Deutsche Telekom besaß, zumindest keines mit einem riesig dicken Puffer. Was nämlich oft vergessen wurde, ist die Tatsache, dass die Dividendenausschüttung den Kurs der Aktie mindert. Bei der Telekom immerhin um die sechs Prozent. Kommen nun bei zwei oder drei Jahren Laufzeit entsprechende Dividendenabschläge noch zu den Kursverlusten hinzu, sind ausgerechnet wieder die Telekom-Fans geschädigt, denn ihr Puffer war schnell verbraucht, der Bonus verloren. Aber auch sonst mussten einige Anleger feststellen, dass bei einer Laufzeit von 3 Jahren und 3 Prozent Dividendenrendite aus 20 Prozent Puffer effektiv kaum mehr als 20 Prozent übrig bleiben.

Über Knüller wie die Nikolaus-Anleihe wurde schon berichtet, viele Weltmeister- und Fußball-Zertifikate waren keinen Deut besser, allesamt für Normalsterbliche undurchschaubar und in erster Line darauf ausgerichtet, von einer Euphorie zu profitieren, die den gesunden Menschenverstand schon mal trüben kann. Je schöner der Name, desto merkwürdiger das Produkt, könnte man sagen. Der Vertrieb kann kaum erklären, was dabei Sache ist, und auf das Thema Provisionen will niemand angesprochen werden. Einen Vergleich zwischen den Anbietern kann man angesichts der Bedingungen nicht ziehen, und das ist keine gute Voraussetzung für überragende Leistungen.

Mindestens einmal im Jahr wird ein neuer Branchentrend ausgerufen. Manchmal scheint es eher Zufall zu sein, manchmal hat jemand genauer hingeschaut und etwas gefunden, was sich gut verkaufen lässt. Dabei wird selten beachtet, dass Branchenentwicklungen meist sehr kurzfristig sind. Fließt zu viel Geld in kleine Marktsegmente, dann schießen die Kurse schnell in die Höhe und es entstehen Bewertungen, die die Unternehmen erst einmal über Jahre abarbeiten müssen. Zudem sind alle neueren Branchen besonderen Risiken unterworfen. Niemand weiß, ob sich überhaupt genügend Nachfrage entwickelt, ob die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen erhalten bleiben und ob die Qualität der Unternehmen stimmt.

So stellt man nämlich immer wieder fest, dass ein Branchenboom neue Unternehmen an die Börse lockt, die eine einmalige Chance sehen, schnell an viel Geld zu kommen. Inzwischen wird zwar kritischer auf solche Börsenneulinge geblickt, als es zu Zeiten des Internethypes der Fall war, aber auch so können nicht alle Risiken ausgeschlossen werden. Beachten Sie daher, dass Branchen wie Solarenergie, Nanotechnologie, Immobilien ziemlich kleine Märkte sind. Zu einer Wunderwaffe im Kampf gegen die Launen der Märkte sollte das Konzept Portable Alpha werden. Alpha kennen Sie ja noch als den Mehrwert, den ein Fondsmanager gegenüber dem Markt erzielt. Dieses Alpha soll man nun durch ein bestimmtes Verfahren mitnehmen können, aber eben nur Alpha und nicht den Markt.

Das Ganze ergibt so erst einmal keinen Sinn, was sich aber ändert, wenn man auch an fallende Märkte denkt. Wenn ein Fonds in einem schlechten Markt weniger stark als seine Benchmark fällt, dann erzielt er auch ein Alpha. Davon hat der Kunde nicht wirklich etwas, aber er kann immerhin seinen Verlust verringern. Kann er sich aber dieses Alpha auszahlen lassen, dann hat er wieder einen positiven Ertrag. Das ist das Ziel diverser Alpha-Zertifikate und Fonds. Sie versuchen, nur den Mehrwert zu extrahieren, so dass sich für den Anleger möglichst immer ein positives Resultat ergibt.

Um das umzusetzen, braucht man gute Fondsmanager, die sowohl in guten als auch schlechten Märkten besser sind. Anfang 2006, als mehrere solcher Produkte auf den Markt kamen, blickte man auf fast drei Jahre steilen Börsenaufschwungs zurück. Es fanden sich leicht Produkte, die ziemlich konstant über dem Markt lagen. Diese waren dann Grundlage der Portable Alpha-Strate- gien, die Fonds/aktiv gemanagten Zertifikate wurden gekauft, der Benchmark-Index wurde verkauft und heraus kam der Mehrwert. Solange die Märkte stiegen, war die Idee toll. Der Einbruch vom Frühjahr offenbarte jedoch, dass die großen Renner auch schlechter aussehen können als der Markt. Die neuen Papiere konnten ihr vorheriges Niveau nicht halten und verloren auch, obwohl genau dies nicht sein sollte.

Auf Nummer sicher gehen mit Garantiezertifikaten – Kapitalschutz und Spekulation

Unter den in Deutschland verkauften Zertifikaten sind die Garantieprodukte der absolute Renner. Sie bieten eine gewisse Beteiligung an der Kursentwicklung von Aktienmärkten, garantieren aber den Werterhalt. Dabei ist aber zu beachten, dass die Garantie immer nur zum Laufzeitende gilt. Garantiezertifikate kann man keineswegs immer zu mindestens dem Kaufpreis beziehungsweise Nennwert zurückgeben. Die Garantie gilt nur am Ende. Bei langen Laufzeiten ist dies problematisch zu sehen, mitunter ergibt sich dann ein Effekt wie bei einer Lebensversicherung.

Zudem ist die Garantie insofern nicht vollständig, als sie sich nur auf den Nennwert bezieht. Rechnet man die Inflationsrate mit, dann geht auf jeden Fall Geld verloren.
Die Konstruktion der Garantiezertifikate wurde schon bei den Anleihen kurz angedeutet. Zugrunde liegt in der Regel ein Zerobond (Nullkuponanleihe), der mit Optionen kombiniert wird. Der Nennwert des Zerobonds ist das Garantieniveau (in der Regel auch der Ausgabepreis des Zertifikats). Wenn dieser Wert bei 100 Euro liegt, dann kostet der Zerobond je nach Laufzeit und Zinsniveaus vielleicht nur 80 Euro, wird aber zu 100 Euro zurückgezahlt. Von der Differenz von 20 Euro können nun zum Beispiel Calls auf einen Index (oder eine Aktie) gekauft werden, und zwar mit dem Basiskurs, der bei Ausgabe des Zertifikats dem Indexstand (Aktienkurs) entspricht.

Nun profitiert der Anleger von der Kursentwicklung seiner Option: Steht der Index am Laufzeitende über dem Basiskurs, dann ist auch der Kurswert der Option gestiegen. Diesen Gewinn erhält der Anleger zusätzlich zum Garantiebetrag. Er wird aber immer nur einen Teil des Indexgewinns ausmachen. Wie hoch dieser Anteil ist, ergibt sich aus der Partizipationsrate. Sie gibt zum Beispiel an, ob man zu 20, 30, 40 Prozent am Indexgewinn beteiligt ist. Liegt der Indexwert am Laufzeitende unter dem Basiskurs, dann ist die Option wertlos. Zurückgezahlt wird nur der garantierte Betrag.

Während diese Konstruktion noch gut verständlich und ebenso leicht auch selbst zu stricken ist, sind viele andere so kompliziert gebaut, dass man kaum weiß, worum es geht. Meist enthalten sie Elemente, die Anlegern wichtig erscheinen, verstecken aber die Risiken in sehr komplexen Regeln, wann wofür wie viel gezahlt wird.
Die Nikolaus-Anleihe der Deutschen Bank erlangte traurige Berühmtheit für ihre schwer durchschaubaren Bedingungen bei gleichzeitig geringem Renditeversprechen, das sich aber ganz toll anhört. In der Weihnachtszeit eine Anleihe mit 15 Prozent Garantiezins zu verkaufen, ist eine leichte Sache. Das Weihnachtsgeld wurde ausgezahlt, man ist in besinnlicher Stimmung und bekommt 15 Prozent!

Ob das viel oder wenig ist, weiß man nicht, denn in den ersten beiden Jahren bekommt man 5 Prozent und dann bis zum siebten Jahr mindestens 1 Prozent, allerdings maximal so lange, bis 15 Prozent erreicht wurden. Ab dem dritten Jahr ist der Zins nämlich von der Entwicklung der schlechtesten aus 25 Aktien eines Aktienkorbs abhängig. Um die Gewinnchancen einschätzen zu können, braucht man eine Idee davon, wie sich Aktien von Halliburton, Renault, France Telekom, Verizon usw. in drei bis sieben Jahren entwickeln, wenn man denn überhaupt weiß, was diese Firmen eigentlich machen. Vor allem sind nicht die klassischen Value-Unternehmen darunter, sondern auch solche, bei denen immer wieder mit einem kräftigen Kurssturz zu rechnen ist.

Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Aktien dauerhaft Kurszuwächse erzielen, ist wohl eher als gering einzuschätzen. Aber selbst in einem sehr positiven Fall würde die Anleihe nach drei Jahren mit 15 Prozent Gewinn zurückgezahlt. Abzüglich 1,5 Prozent Ausgabeaufschlag/Kosten bleiben 13,5 Prozent, also weniger als 4,5 Prozent jährlich bei Wiederanlage der Zinsen. Im schlechtesten Fall ist das Geld sieben Jahre gebunden und bringt weniger als 2 Prozent pro Jahr, also vermutlich kaum einen Werterhalt. Dass das jeder Anleger durchschaut, ist wohl nicht so sicher wie das Amen im Adventsgottesdienst. Vor allem nicht, dass der Kurs während der Laufzeit unter dem Nennwert liegen kann, so dass man sein Geld nicht spontan brauchen sollte.

Es geht auch nicht nur um die Nikolaus-Anleihe, sondern um viele andere Zertifikate, die nach Verkaufsargumenten gestrickt wurden und nur den Verkäufern helfen, nicht jedoch den Anlegern. Kaufen Sie daher immer nur Zertifikate, die Sie durchschauen. Lesen Sie auch die Verkaufs Prospekte zu den Zertifikaten! Falls Sie bei einer Filialbank kaufen, lassen Sie sich den Verkaufsprospekt vorher aushändigen, lassen Sie sich nicht auf das Internet verweisen. Den Druck zahlen Sie schließlich mit! Mit Verkaufsprospekten umzugehen mag nicht immer einfach sein, denn die Deutsche Bank breitet diesen für ihr Optima Emer- ging Markets Fund Limited Class B Shares Hedgefonds Zertifikat auf 101 Seiten aus. Das mag in Anbetracht des komplizierten Namens angemessen sein.

Sollten Sie gerne lesen, käme auch der Verkaufsprospekt für das Dresdner Al Global Hedge Zertifikat II in Frage. Bei 323 Seiten sollten Sie auf die Laufzeit des Zertifikats achten – nicht, dass die Laufzeit endet, bevor Sie mit dem Lesen fertig sind. Wenn Sie auf das letzte Quäntchen Sicherheit verzichten können, um Rendite oder Flexibilität zu steigern, dann können Sie sich ein Fast-Garantie-Produkt selbst stricken, indem Sie Ihr Geld auf eine Anleihe und einen Aktienfonds verteilen.

Angenommen, Sie wollen 100 000 Euro anlegen, dann kaufen Sie für 80 000 Euro eine sichere Staatsanleihe, zum Beispiel zu 4 Prozent Zinsen und für 20 000 Euro einen Aktienfonds. Sollte dieser im Laufe des Jahres bis 16 Prozent verlieren, wären diese durch die Zinsen der Anleihe gedeckt. Solch ein Puffer muss nicht ausreichend sein, so dass vielleicht noch die Zinsen des nächsten Jahres benötigt werden. Auch dann kann die Katastrophe durchaus weiter gehen, doch ist die Wahrscheinlichkeit gering.

Noch sicherer ist es, 100 000 Euro in die Anleihe zu investieren und von den jährlich 4 000 Euro Zinsen Aktienfonds zu kaufen. Dann bleiben die 100 000 Euro auf jeden Fall erhalten und Sie können jeweils neu entscheiden, welche Anlageform am meisten Ertrag verspricht. Alternativ können Sie mit höheren Chancen und Risiken auch Optionsscheine kaufen. Geht Ihre Wette auf, verdienen Sie sehr gut, ist das nicht der Fall, bleiben Ihnen aber die 100 000 Euro erhalten. Denken Sie daran: Ein Totalverlust im Aktienbereich ist nicht ausgeschlossen, aber bei ausreichender Streuung sehr unwahrscheinlich. Langfristig sind Kursgewinne sehr wahrscheinlich. Bei Einsatz von Optionsscheinen ist der Totalverlust aber auf jeden Fall einzukalkulieren.

Sprint-Zertifikat richtig verstehen – ein bisschen mehr, und davon sehr viel

Der englische Wortschatz ist ja noch nicht erschöpft, so dass man noch weitere Zertifikatetypen konstruieren kann. Wenn ein Anleger zwar prinzipiell positiv zu einem Aktienmarkt eingestellt ist, aber nur mit moderaten Steigerungen rechnet, dann kann er mit Hilfe eines Sprint-Zertifikats, so gestellt werden, dass er in einem bestimmten Bereich von Kurssteigerungen doppelt profitiert, darüber hinaus aber gar nicht mehr. Im Grunde genommen handelt es sich um eine Erweiterung des Outperformance-Zertifikats. Anleger benötigen aber eine recht präzise Marktmeinung. Sollte der Kurs des Basiswerts explodieren, ist dieser Typ nicht optimal.

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Die Alternative zum Fonds und Indexzertifikate – Kapitalschutz und Spekulation

Fangen wir mit der einfachsten Form an, dem Indexzertifikat. Im Artikel über Fonds wurde schon erwähnt, dass Fondsmanager Schwierigkeiten haben, den jeweiligen Index zu schlagen, und sich deswegen oft ein Indexfonds oder -Zertifikat als Alternative anbietet. Zertifikate arbeiten aber meist anders als Indexfonds. Letztere kaufen nämlich die Aktien oder Anleihen des Index, während Zertifikate meist auf Indexfutures beruhen. Der Future ist ein Instrument, um einen Index als Ganzes handelbar zu machen. Es gibt dafür wie bei den Optionen feste Verfallstermine, zu denen abgerechnet wird. Futures nehmen oft die Entwicklung des Index vorweg, allerdings nur um wenige Stunden.

Beispielsweise können Futures auf amerikanische Indizes auch in Asien und Europa gehandelt werden, wenn die amerikanischen Börsen noch gar nicht geöffnet sind. Zeigt beispielsweise um 12 Uhr MEZ der Nasdaq-Future ein Minus von 3 Punkten (gegenüber dem Vortag) an, dann deutet dies auf eine schwächere Eröffnung um 15.30 Uhr MEZ hin. Das kann sich aber innerhalb von Minuten wieder ändern, der Future wird durch die Börsenstimmung beeinflusst wie die Aktienkurse. Vorsicht ist bei Aktienindizes geboten, wenn der Index ein Preisindex ist, dann gehen nämlich die Dividenden verloren.

Inzwischen bieten auch einige Emittenten Zertifikate auf die Performance-Varianten an oder rechnen zumindest einen Teil der Dividenden ein. Darauf sollte speziell geachtet werden. Da die Emission eines Zertifikats wesentlich einfacher als die eines Fonds ist, gibt es auch Zertifikate auf eher exotische Indizes.

Beispiele für Performance-Indizes sind: Dax, MDax, SDax, Bovespa (Brasilien).
Beispiele für Kursindizes sind: DJ EuroStoxx 50 (Euroland), CAC 40 (Frankreich), FTSE 100 (Großbritannien), ATX (Österreich), SMI (Schweiz), DivDax (dividendenstarke Unternehmen des Dax). Sowohl Kurs- als auch Performance-Zertifikate gibt es zum Beispiel auf den Topix (Japan), DJ EuroStoxx 50, DivDax – also genau die Verkaufsunterlagen lesen!

Reverse Bonus-Zertifikate richtig verstehen – falls es schief an der Börse geht

Für den Fall, dass Sie sich fragen sollten, ob es das Prinzip nicht auch umgekehrt für fallende Märkte gibt, kommt hier die Antwort: Ja, auch das gibt es, und zwar als Reverse Bonus-Zertifikat. Hierzu muss man sozusagen spiegelverkehrt denken, was nicht ganz einfach ist. Denn man darf sich nicht mehr über allzu hohe Kurszuwächse freuen, sondern sollte eher glauben, dass der Höhepunkt erreicht ist. Dann kann man sich über fallende Kurse freuen – etwas ungewöhnlich, denn normalerweise investiert man dann kein Geld.

Mit Reverse Bonus-Zertifikaten können Sie aber mit beschränktem Risiko auf fallende Kurse setzen, ohne gleich verzweifeln zu müssen, wenn sie doch leicht steigen. Wie beim einfachen Bonus gibt es eine Barriere, die nicht gerissen werden darf (auch als Barrier-Betrag bezeichnet). Bleibt der Basiswert (Aktie/Index) darunter, wird mindestens der Bonusbetrag ausgezahlt. Sollte der Basiswert stark fallen, kann der Anleger auch mehr als den Bonusbetrag verdienen. Wird die Barriere irgendwann einmal berührt oder überschritten (auch nur kurzfristig), dann verfällt der Bonus und der Zertifikatskurs hängt allein vom Basiswert ab. Sehen wir uns folgendes Beispiel an: Aktienkurs zum Emissionszeitpunkt: 100 Euro, Laufzeit des Zertifikats: 2 Jahre, Bonusbetrag: 120 Euro, Barriere: 130 Euro. Zum Fälligkeitstag ergeben sich folgende Werte:

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Vergegenwärtigen Sie sich folgende Besonderheit beziehungsweise Tücke dieses Zertifikatetyps: Landet der Basiswert am Fälligkeitstag bei 129,99 Euro und hat er diesen Betrag zwischendurch nie erreicht oder überschritten, dann bekommen Sie 129,99 Euro. Steigt er aber auf 130 Euro, dann gibt es nur noch 70 Euro zurück. Boomt der Markt, ist auch ein Totalverlust drin! Eine Kursverdopplung innerhalb mehrerer Jahre muss als wahrscheinlicher angesehen werden als ein Totalverlust aller Aktienwerte. Insofern liegt das Risiko hier über dem eines normalen Bonuszertifikats.

Wie üblich gilt der Hinweis, dass der Bonus erst zum Fälligkeitstag zur Anwendung kommt. Der Kurswert des Zertifikats kann zwischendurch deutlich fallen, wenn der Kurs der Aktie deutlich steigt. In diesem Fall ist ein zwischenzeitlicher Verkauf häufig nicht sinnvoll. Da das Zertifikat mit fallenden Kursen des Basiswerts wertvoller wird, kann es ein Depot in Krisenzeiten stabilisieren. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass sich verschiedene Produkte gegeneinander aufheben. Wer also einerseits mit Aktienfonds und -Zertifikaten auf steigende Märkte setzt und gleichzeitig mit Reverse Bonus-Zertifikaten auf fallende, der neutralisiert einen wesentlichen Teil seiner Erträge. Günstiger geht es mit dem Einsatz von Optionsscheinen oder einfachen Bonus-Zertifikaten mit großem Puffer.