Anlagestrategien für Aktionäre – die Marktanomalien

Tatsächlich zeigte sich, dass es Anlagestrategien gibt, die langfristig eine höhere Rendite als der Markt erzielen. Sie beruhen auf so genannten Marktanomalien; das sind besondere Phänomene, die man sich in der Strategie zunutze machen kann. Ein solches Phänomen ist beispielsweise der so genannte Januar-Effekt. Langfristige Untersuchungen, die sich auf einen Zeitraum von 1904 bis 1974 erstreckten, zeigten augenscheinlich, dass die Aktienkurse generell im Januar am stärksten steigen. Der Januar ist mit Abstand der beste und gewinnträchtigste Monat im ganzen Jahr. Insbesondere die erste Januarwoche zeichnet sich durch eine überdurchschnittliche Wertentwicklung aus. Anleger, die im Januar investiert waren, erzielten im Durchschnitt eine Rendite, die um 3 Prozentpunkte höher lag. Als Ursache vermutet man, dass manche Anleger vor Weihnachten ihr Depot leeren, um entspannt den Weihnachtsurlaub genießen zu können oder um die Depotgebühren zu sparen, da zumindest früher viele Banken die Gebühr nach einem Stichtag am Jahresende berechneten. Eine andere Vermutung lautet, dass Investmentfonds, die Milliardensummen verwalten, zum Jahresende Nieten aus dem Portfolio werfen, um im Abschlussbericht vor den Anlegern besser dazustehen. Ein solches Vorgehen nennt man „Window Dressing“.

Dennoch überzeugen die vorgebrachten Erklärungsversuche nicht, denn aufgrund dieser Verkäufe müssten die Aktienkurse im Dezember sinken, was aber nicht der Fall ist. Der Dezember ist vielmehr ein relativ guter Börsenmonat. Wahrscheinlicher ist, dass der Januar-Effekt durch die Zuversicht und den Optimismus der Marktteilnehmer ausgelöst wird, wenn nach der Silvesternacht das neue Jahr beginnt.

Insgesamt ist die Wertentwicklung in den einzelnen Monaten sehr unterschiedlich. Als die besten Monate gelten der Januar und der Februar. Die Aufwärtstendenz hält in der Regel mit einer immer schwächer werdenden Performance bis April an. Der Mai ist bereits ein sehr mäßiger Börsenmonat und kann bereits mit größeren Kursrückgängen verbunden sein. Ein altes Börsensprichwort lautet deshalb: „Seil in May and go away.“ Die nachfolgenden Sommermonate, in denen anscheinend viele Anleger Urlaub machen, sind sehr schwach. Der gefährlichste Monat ist übrigens der September. Langfristige Untersuchungen konnten zeigen, dass im September die größten Kursverluste entstehen. Landläufig gilt der Oktober als Katastrophenmonat, wenngleich der September im Langfristvergleich noch schlechter abschneidet. Der Oktober wird deshalb als Krisen- und Katastrophenmonat angesehen, weil sich zu dieser Zeit mehrere schwere und verhängnisvolle Crashs ereigneten. So begann die desaströse Weltwirtschaftskrise von 1929 im Oktober und führte selbst bei Standardwerten zu Kurseinbrüchen von mehr als 90 Prozent. In der Wall Street stürzten sich viele Spekulanten in ihrer Verzweiflung aus dem Fenster, und die nachfolgende Massenarbeitslosigkeit brachte fast die gesamte westliche Welt an den Rand eines Abgrunds. Ein anderer fataler Crash fand ebenfalls im Oktober statt: am 19.10.1987 fielen die meisten großen Börsen um mehr als 20 Prozent. Der amerikanische Aktienindex S&P 500 verlor an diesem Tag mehr als 23 Prozent. Besonders gefürchtet ist der Freitag im Börsenmonat Oktober.

Als Anleger sollten Sie daher Folgendes beherzigen: In der Regel, auch wenn es in manchen Jahren kleinere Abweichungen oder Besonderheiten geben mag, ist der Januar der beste Monat, vor allem die erste Woche nach dem Jahreswechsel. Der positive Trend hält normalerweise mit sich abschwächender Tendenz bis
März. In diesen Monaten sollten Sie auf jeden Fall investiert ein.
Problematisch wird es im Monat Mai, der bereits mit heftigen Kursrückgängen einsetzen kann. Diese turbulente Zeit mit fallenden Kursen hält den ganzen Sommer an. Der Höhepunkt ist im September erreicht; dann drohen gravierende Verluste. Auch der Oktober als häufiger Krisenmonat hat schon vielen Anlegern schwerste Verluste und dramatische Crashs eingebracht. Erst im Dezember beginnt wieder die zaghafte Erholung der Kurse. Auf den Grundlagen dieser Erkenntnisse wurden saisonale Anlage Strategien entwickelt.

Ein anderes Phänomen ist der Monatswechsel-Effekt; die Kursgewinne sind immer zum Monatswechsel höher als in der Mitte des Monats. Vermutlich liegt dies daran, dass dann die Gehälter ausgezahlt werden und mehr Kleinanleger sich entscheiden, Wertpapiere zu kaufen.

Andere wichtige Marktanomalien beruhen auf Besonderheiten der Kennzahlen. So hat man herausgefunden, dass Aktien mit einem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis langfristig den Markt übertreffen. Da bei ihnen die Relation von Kurs und Gewinn günstig i(, haben sie im übertragenen Sinne ein besseres „Preis-Leistungs- Verhältnis“, wenngleich es auch hier Einschränkungen gibt. Aktien mit einem besonders niedrigen KGV performen oft schlechter als der Gesamtmarkt. Aktien mit einem niedrigeren Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) und einem günstigen Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) schneiden besser ab als der Gesamtmarkt.
Detaillierte Untersuchungen haben noch andere Zusammenhänge zutage gefördert, die bisweilen einen kuriosen Anschein erwecken. So hat man herausgefunden, dass die Börsenkurse eher bei Sonnenschein steigen als an Regentagen, was nur den großen Einfluss psychologischer Faktoren unterstreicht. Anscheinend haben die Anleger bei sonnigem Wetter eine größere Kauflaune. Auch die Zahl der Sonnenflecken übt einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen aus. Darüber hinaus stellte man fest, dass die Rocklänge ein Indikator für die Inflationsentwicklung sein kann. Als 1923 in Deutschland eine Hyperinflation ausbrach, bei der man bereits für einen Laib Brot Millionen Reichsmark zahlen musste, trugen die Damen sehr kurze Röcke, was auch in den inflationsgebeutelten 1970er Jahren der Fall war, als die Minirockmode aufkam. Um das Jahr 2000 hingegen, als in vielen Ländern die Inflation deutlich zurückging und in Japan schon fast deflationäre Tendenzen sichtbar wurden, kamen knöchellange Röcke in Mode, wie man sie bereits in der Belle Epoque um 1900 getragen hatte.

Anlagestrategien für Aktionäre – die Nachteile des Stockpicking

Unter Stockpicking versteht man die gezielte Auswahl von Aktien mit Hilfe der Fundamental- und der technischen Analyse. Obwohl Investmentfonds über gut ausgebildetes Personal und exzellente Informationen verfügen, sind die meisten Ergebnisse mehr als mager. Häufig ist die Performance, die ein solcher Investmentfonds erzielt, geringer als die Wertentwicklung des Vergleichsmarktes. Es stimmt schon nachdenklich, wenn ein Aktienfonds, der sich auf deutsche Qualitätsaktien spezialisiert hat, schlechter abschneidet als der DAX. Für Sie als Anleger wäre es auf jeden Fall sinnvoller und lukrativer gewesen, gleich den DAX über ein Zertifikat zu kaufen, ln vielen Publikationen werden dennoch Investmentfonds als Königsweg der Altersvorsorge angepriesen. Sie sollten aber bedenken, dass Sie es sich angesichts der Probleme in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht leisten können, in Investmentfonds zu investieren, die nur eine karge Rendite mit sich bringen. Wenn Ihr Investmentfonds nicht mindestens den Marktdurchschnitt erreicht, sollten Sie solche Investmentfonds besser verkaufen.
In der Finanzmarktforschung ist man schon lange der Auffassung, dass Aktienkurse nicht vorhergesagt werden können. Auch ausgezeichnete Bilanzkennzahlen sind kein sicheres Indiz für eine überdurchschnittliche Wertentwicklung, da all diese Kennziffern nur etwas über die Vergangenheit des Unternehmens aussagen. Auch Chartanalytiker irren und können häufig eine Trendumkehr oder einen Kurseinbruch nicht zuverlässig Vorhersagen. Angesichts dieser Unwägbarkeiten kommen manche Experten zu dem Schluss, dass Stockpicking, also die gezielte Auswahl einzelner Aktien, nicht wirklich zu einer guten Rendite führt. Man kann durch einen Zufallstreffer Glück haben oder im schlimmsten Fall auf eine Niete setzen, die mit hohen Kursverlusten verbunden ist.

Eine Untersuchung der Universität Halle konnte zeigen, dass die meisten Analysten mit ihren Empfehlungen häufig daneben liegen. Im Zeitraum von Juni 2000 bis März 2002 verlor der Stoxx- 50, der die wichtigsten europäischen Standardwerte umfasst, 24 Prozent. Der Niedergang der New Economy und der Fall der Internetaktien riss auch die Blue Chips mit in die Tiefe, wenngleich die Kursverluste in diesem Börsensegment weniger dramatisch waren. Die Untersuchung nahm die Analystenempfehlungen im gleichen Zeitraum unter die Lupe und ermittelte eine Performance, die sogar ein Prozent unter dem Marktdurchschnitt lag, also minus 25 Prozent erreichte. Angesichts der vermeintlich ausgeklügelten Analysemethoden ist es verwunderlich, dass selbst die Börsenprofis noch schlechter abschnitten als der ohnehin schon schwache Markt. In den USA untersuchte Michael O’Higgins die Gewinnprognosen von Analysten und förderte Verblüffendes zutage. Er untersuchte die Gewinnvorhersagen für Dow-Jones-Unternehmen im Zeitraum von 1974 bis 1990. Die Analystenschätzungen wichen bis zu 48 Prozent vom tatsächlichen Ergebnis ab; selbst zwei Wochen vor dem Ende des Geschäftsjahrs, wenn die Gewinnprognose wesentlich erleichtert war, wich die Vorhersage immer noch um 18 Prozent ab. Aus diesem Grund verwendet man übrigens bei der Berechnung von Kennzahlen, die auf Gewinnprognosen beruhen, so genannte Konsensusschätzungen; dabei handelt es sich um einen Mittelwert, der mehrere Analystenschätzungen zusammenfasst.

Im Jahr 2000, als sich der katastrophale und verheerende Zusammenbruch des Neuen Marktes und der Technologiewerte ankündigte, waren über 70 Prozent aller Analystenaussagen Kaufempfehlungen, und nur ein Prozent riet explizit zum Verkauf von Aktien. Analysten sind von Berufs wegen ständig optimistisch, und selbst bei einem bevorstehenden Crash werden die Warnsignale so gut wie nie rechtzeitig erkannt. Selbst nach einem deutlichen Kursrückgang empfehlen Analysten notorisch weiter, Aktien – nun auf verbilligtem Niveau – zu kaufen.

Sie sollten als Anleger Analystengutachten immer kritisch beurteilen. Zwar ist die Aufbereitung der Bilanzkennzahlen sehr sorgfältig und gewissenhaft und die Marktanalyse vortrefflich, dennoch können Analysten in den seltensten Fällen einen Aktienkurs zielsicher Vorhersagen. In vielen Fällen liegen sie sogar weit daneben. Aufgrund dieses Umstandes gingen in den USA in den 1970er Jahren viele Pensionsfonds, die Gelder in Milliardenhöhe verwalten, dazu über, nur noch auf Indexstrategien zu setzen. Obwohl diese Vorgehensweise anfangs als „langweilig“ belächelt wurde, denn schließlich ist die Wertentwicklung dann genauso gut oder schlecht wie der Gesamtmarkt, hat sie sich bewährt. Denn mit dieser Indexstrategie konnte man die meisten Investmentfonds und Analysten übertreffen.
Erst seitdem einige Überrendite-Effekte wissenschaftlich nachgewiesen werden konnten, macht man sich auf die Suche nach einer Methode, wie man den Markt noch übertrumpfen kann.

Börse für Anfänger – TÜV für Börsentauglichkeit

Zur Börse drängt es noch immer viele Unternehmen. Trotz Ernüchterung im Schockjahr 2000 und massivem Liebensentzug der Anleger. Aber der Zug der Lemminge ist nicht mehr so groß. Und schon wieder droht neue Unbill. Denn zwei Drittel der Aspiranten, so eine Untersuchung der Prüfungsgesellschaft Arthur Andersen bei 430 Unternehmen, seien nicht börsentauglich. Nur ein Drittel dürfte dabei sein. Nicht zu glauben!

Defizite finden sich ausgerechnet bei der Unternehmensplanung und im Rechnungswesen. Rund ein Viertel der Firmen hat noch keine vollständigen Planabschlüsse, obwohl die Zulassung am Neuen Markt verlangt, dass die Emissionsbanken, die Wirtschaftsprüfer oder die Betreuer (designated Sponsors) den Businessplan auf Plausibilität überprüfen (due diligence). Und ein Fünftel sagt: Nein, ein börsenfähiges Rechnungswesen gibt’s bei uns (noch) nicht. Na fein. Wehret diesen Anfängern!! Wehe, wenn sie zugelassen …

Aber ist es denn bei den schon Notierten ganz anders? Bei manchen nicht Unbekannten am Neuen Markt hört man derzeit fast schamhaft was von schlampiger Buchführung – jetzt, da das Zahlenwerk für 2000 auf den Tisch kommen soll. Arme Aktionäre. Da kommen wohl noch einige Überraschungen. Wenn schon der Finanzchef von Ex-Superstar EM.TV seinen Hut nehmen musste … Aber wie soll schon Max Planck gesagt haben: Die Wissenschaft entwickelt sich von Begräbnis zu Begräbnis weiter.

Aber gibt es nicht nach dem Going-public-Run nun auch den Gegentrend Going private? Immer mehr Unternehmen werden auf eigenen Wunsch de-listed. Bekannte Marken wie Aino (Küchen), Benz (Möbel) oder Grohe (Armaturen) reprivatisierten schon, Mitglieder aus dem M- und S-DAX. Ja, da kommt Stress auf, wenn man als gemütliches Familienunternehmen als AG an die Börse geht. Da weht der Wind schon heftiger.

Ein auf lange Sicht unbefriedigender Kursverlauf, unterschiedliche Auffassungen zwischen Anlegern und Management über langfristige Marktstrategien, stetige Veränderungen der Börsenströmungen oder geringe Erfolgschancen für eine weitere Kapitalerhöhung führen zu einem Umdenken bei der Kosten-Nutzen-Betrachtung, so die Unternehmensberatung Droege & Comp, in Düsseldorf.

Und dann ständig nörgelnde Anleger am Telefon, im Internet oder auf den Hauptversammlungen. Vermögensberater geben sich die Tür in die Hand: Darf ich den Finanzvorstand mal um folgende Auskünfte bitten? Und die ständigen Berichte fürs Quartal, den Monat, das Jahr – natürlich nach IAS und US-GAAP. Muss nicht sein, sagen sich viele. Mach ich nicht mehr. Obwohl die Umwandlung einer börsennotierten Gesellschaft in eine andere Rechtsform hübsch komplex ist, stehen noch mehr auf der Liste des Abflugs von der Börse. 20 bis 25 Prozent aller am Neuen Markt gehandelten Unternehmen kommen angeblich für ein Delisting infrage. Es ist schon paradox: bei der Auswahl will man strenger sein, und die, die notiert werden könnten, haben wegen dieser Strenge keinen Bock mehr.

Der Emissions-Knigge
Beim Börsengang von mittelständischen Unternehmen tragen die emissionsbegleitenden Banken eine besonders große Verantwortung. Diese erstreckt sich nicht nur auf eine erfolgreiche Platzierung, sondern geht weit darüber hinaus. Eine der dringlichsten Aufgaben ist die Vorbereitung und auch die Betreuung des Managements auf eine völlig neue Lebenssituation.

Die Gontard & Metall Bank hat einen Maßnahmenkatalog entwickelt, der in diesem Zusammenhang schon oft als vorbildliche Guideline zitiert und scherzhaft als Folterkammer tituliert wurde.

  1. Charaktercheck des Managements:

Schon im Vorfeld müssen die Emissionsbanken überprüfen, ob Charakter und Moralvorstellungen der Vorstände und Altaktionäre der emittierenden Gesellschaft den Ansprüchen und Wertmaßstäben der Investoren gerecht werden. Dies beinhaltet unter anderem die Einschätzung, ob die verantwortlichen Personen die Kraft haben, den mit dem Börsengang verbundenen Anforderungen gerecht zu werden. Die Akteure müssen vor allem der Versuchung des schnellen Geldes widerstehen

können! Es ist wichtig, bereits in der Emissionsberatung die Altaktionäre darauf hinzuweisen, dass sich das Leben nach dem Börsengang spürbar ändert. Vorstände und Altaktionäre müssen wissen, dass sie vom Kapitalmarkt abgestraft werden, wenn sie glauben, nun würde das süße Leben beginnen. Das Gegenteil ist der Fall: Investoren wie Analysten haben ein langes Gedächtnis für Versäumnisse. Spätestens bei einer Kapitalerhöhung wird man für die Sünden der Vergangenheit bestraft. Deshalb gehört zu einem disziplinierten Arbeiten ab dem Tag danach ein Sanktionskatalog.

  1. Altaktionäre verzichten auf Bonus/Dividende bei Nichterreichen der Ziele:

Allzu oft werden die Anleger beim IPO-Kandidaten mit der Botschaft konfrontiert, dass nach jahrelanger Durststrecke ausgerechnet in den nächsten zwei Jahren der Gewinn kräftig steigen soll. Dieser Hockeystick-Effekt führt mit einem entsprechenden KGV-Multiplikator schnell zu einer erstaunlich hohen Bewertung der Gesellschaft. Bei den Gontard- &-Metall-Bank-Emissionen wird in diesem Zusammenhang darauf geachtet, dass die Altaktionäre bei einer Dividendenausschüttung auf ihre Zahlung verzichten müssen, wenn sie die ambitionierten Ziele nicht erreichen. Sind Altaktionäre zugleich Vorstandsmitglieder der Gesellschaft, werden sie durch einen Bonusverzicht daran erinnert, dass sie beim Börsengang höhere Ziele avisiert hatten. Dieser Vorgang ist dem Ereignis vergleichbar, wenn an Weihnachten nur Knecht Ruprecht kommt.

  1. Das Management und die Mitarbeiter werden beteiligt:

Um die Ergebnisziele zu erreichen, wirkt es häufig wie Doping, wenn die Mitarbeiter bereits im Vorfeld zusammen mit dem Management an der Gesellschaft beteiligt werden. Diese Maßnahme stärkt die Gesamtverantwortung der Belegschaft und schärft den unternehmerischen Geist. Hierbei fällt dem Chronisten das Beispiel des hungrigen Hundes ein, der gern und begeistert nach der Wurst springt.

    1. Der IPO-Erlös fließt zu mehr als 75 Prozent dem Unternehmen zu:

Wenn man die Liste der misslungenen Börsengänge analysiert, ist festzustellen, dass sich in diesen Fällen häufig die Altaktionäre schon zum Börsengarig in großem Stil von ihren Papieren getrennt haben. Der neue Aktionär finanziert somit das Abkassieren der Alteigner. Kein Wunder, wenn in der Folge die realen Ergebnisse nicht den Planzahlen entsprechen. Deshalb ist streng darauf zu achten, dass der IPO- Erlös zum überwiegenden Teil dem Unternehmen zufließt. Damit wird gewährleistet, dass die Altaktionäre hungrig bleiben.

  1. Eheverträge sind ein Muss:

Wie eine Seifenblase platzt mancher Traum vom glücklichen Leben zu zweit, wenn nach erfolgtem Börsengang der Depotauszug schwarz auf weiß belegt, wie groß das gemeinsame Vermögen nun ist. Begehrlichkeiten werden geweckt, außerdem ist es häufig leider so, dass mit dem Kontostand der Verstand nicht mitwächst. Der Glaube an die Geldillusion kann Ehen zerbrechen. Um zu vermeiden, dass es durch gescheiterte Ehen zu einem kräftigen Leistungsabfall im Unternehmen kommt, sollten Eheverträge zwingend vorgeschrieben werden. Damit sind die Besitzverhältnisse innerhalb der Familie vertraglich klargestellt, bevor die Gier den Verstand frisst.

  1. Die Lock-up-Frist wird verlängert:

Zur Verstärkung der oben genannten Gebote dient die Erweiterung der Marktschutzklausel. Damit signalisieren die Altaktionäre dem Anleger, dass sie sich langfristig mit ihrem Unternehmen identifizieren. Zugleich wird den Emittenten der Wind aus den Segeln genommen, die behaupten, der Emissionspreis sei zu niedrig. Wo sonst als im eigenen Unternehmen kann Geld mehr verdienen? Die von der Gontard & Metall Bank konzipierte Management- beziehungsweise Mitarbeiterbeteiligung sieht beispielsweise Sperren bis zu drei Jahren vor. Herausragend ist die Heyde AG, bei der sich die Altaktionäre bis zu 10 Jahre an das Unternehmen gebunden haben. Ein echter Lockruf des Geldes!

  1. Der Aufsichtsrat wird durch erfahrene Manager der Wirtschaft besetzt: Häufig neigen mittelständische Unternehmer dazu, die Aufsichtsratspositionen mit ihren Freunden aus dem Tennisclub zu besetzen. Irritierend ist auch die Feststellung, dass der Wirtschaftsprüfer aus Vereinfachungsgründen gleich mit in den Aufsichtsrat einzieht. Dies hat natürlich zur Folge, dass er letztlich sich selbst prüft. Die Selbstkontrahierung wird dadurch unterbunden, dass dem Vorstand erfahrene Haudegen als Aufsicht, aber auch mit Rat und Tat zur Seite gestellt werden.
  2. Der Emittent wird zur Durchführung einer Post-Due-Diligence in den Folgejahren verpflichtet:

Der bisher beschriebene Maßnahmenkatalog wird gekrönt durch die Verpflichtung, auch zwölf beziehungsweise 24 Monate nach dem Börsengang den Due-Diligence-Prüfer zu bestellen. Damit wird unter anderem erreicht, dass der Vorstand im Falle einer Zielverfehlung diese offiziell auch bestätigt bekommt. Damit schließt sich der Kreis und die zuvor genannten Sanktionen dürften zu wirken beginnen.

  1. Corporate Governance Commitment:

Es wird künftig zur Pflichtübung der Emissionshäuser werden, ihre Börsenneulinge behutsam an die Inhalte und die Bedeutung von Corporate Governance heranzuführen, damit diese im harten Wettbewerb um Eigenkapital langfristig bestehen können. Corporate Governance ist die langfristig ausgerichtete erfolgsorientierte Unternehmensleitung und verantwortliche Unternehmensüberwachung. Es betrachtet demnach Kompetenzen, Kommunikation und Kontrolle von Entscheidungsgremien börsennotierter Unternehmen. Zielsetzung ist ein Transparenz- und Vertrauensgewinn bei Mitarbeitern, der interessierten Öffentlichkeit und natürlich Investoren, die eine Wertsteigerung ihres Vermögens erwarten.

  1. Börsengang nicht verschieben:

Schwarzer Oktober: Ein Drittel aller Neuemissionen abgesagt – Ausgelassene Stimmung weicht Katerstimmung. So zog Die Welt am 2. November 2000 eine Monatsbilanz. Anstatt der geplanten zwölf wagten nur acht Gesellschaften ihr Börsendebüt. Die Verschiebung eines IPOs entspricht nicht der Philosophie der Gontard & Metall Bank, denn diese Verzögerung verursacht nicht nur zusätzliche Kosten, sondern auch einen erheblichen Imageschaden – bei Investoren, Kunden und Mitarbeitern des Emittenten. Der Dampf ist raus und nur schwer wieder in die Gesellschaft hineinzubringen. Da ist es besser, in trüber Stimmung durchzumarschieren und Preisabschläge hinzunehmen. Dies lässt Chancen für eine überzeugende und stetige Kursentwicklung.

  1. Langfristiges Commitment der Betreuer:

Das Commitment der Konsortialbank endet nicht mit der Erstnotierung der Aktie. Die Gontard & Metall Bank verpflichtet sich dazu, die Funktion des Designated Sponsor für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren zu übernehmen. Diese Funktion beinhaltet darüber hinaus zwingend die Erstellung von Researchstudien. Es darf nicht passieren, dass die Bank als Erste durch den Notausgang verschwindet, wenn sie merkt, dass die Luft dünn wird.

  1. Krisenmanagement:

Die Verantwortung der Emissionsbank kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn die Gesellschaft in eine Schieflage gerät. Sollte sich die Gontard & Metall Bank AG tatsächlich in einem Unternehmen oder einem Unternehmer getäuscht haben, muss sie rasch handeln. So hat die Bank die Ablösung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von DataDesign herbeigeführt, nachdem erkennbar war, dass Prognosen nicht erreicht würden. Auch bei Prodacta hat die Bank ein neues Ma

nagement installiert. Inzwischen sind beide Gesellschaften Musterbeispiele eines Turnaround-Unternehmens.

Entgegen der verbreiteten Meinung, dass dieser -Knigge- Geschäfte verhindere, wird der Leitfaden in der Zwischenzeit vielmehr als Qualitätssiegel von Anlegern und Emittenten sehr geschätzt und hat eine Vorbildfunktion erlangt.

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat als erste Institution ihrer Art die Verlängerung der Lock-up-Fristen in den eigenen Forderungskatalog übernommen. Auch die Zulassungsstelle der Deutsche Börse AG dreht berechtigterweise inzwischen an verschiedenen Stellschrauben, um dem Missbrauch des Marktes vorzubeugen. Viele Emissionsdienstleister nehmen mittlerweile dem Emissions-Knigge ähnliche – über die Anforderungen des Neuen Marktes hinausgehende – Regeln in ihre Bedingungen für Emittenten auf, um dem potenziellen Investor die Anlageentscheidung zu erleichtern.

Jobmaschine Neuer Markt
Obwohl der Neue Markt durch Pleiten stark in Verruf geraten ist, auch Vertrauen durch Machenschaften verspielt wurde, sollte eines nicht unterschätzt werden: Die Börse der jungen, wilden, innovativen Unternehmen ist eine richtige Jobmaschine. Seit ihrem Start (10. März 1997) ist eine Reihe von Arbeitsplätzen generiert worden. Börsenboss Seifert ging gern mit der Zahl 50 000 hausieren.

Eine zum Jahresende 2000 veröffentlichte Umfrage unter den im Nemax 50 enthaltenen Unternehmen hat ergeben, dass die große Mehrheit der Firmen, knapp 84 Prozent, im vergangenen Jahr neue Mitarbeiter eingestellt hat. Mehr als 30 Prozent verdoppelten sogar ihre Beschäftigtenzahl. Darunter sind allerdings nicht nur Neueinstellungen, sondern auch Mitarbeiter aus Unternehmen, die zugekauft wurden.

Auch im Jahr 2001 suchen die Neuer-Markt-Firmen noch weiter Mitarbeiter, vor allem Softwareentwickler und technische Berater. Branchenkenner sehen in erster Linie bei den Biotech- und Logistikfirmen weiteres Beschäftigungswachstum.

Neben den direkt von den Unternehmen im Neuen Markt geschaffenen Arbeitsplätzen darf man die indirekten Effekte auf das Umfeld nicht vergessen, das heißt die Ankurbelung der Beschäftigung bei den Banken, Börsen, Wirtschaftsprüfern, Medien und vor allem im Internet. Ein regelrechter

Boom ist bei Public-Relations- und Investor-Relations-Agenturen ausgebrochen.

Klar ist: Hätte es den Neuen Markt nicht gegeben, wären viele gute, zukunftsträchtige Ideen weiter in den Schubladen geblieben, und der Anschluss an das Weltniveau, gerade bei den neuen Technologien, von Biotech bis Gentech und Telekommunikation, wäre verpasst worden … Wer als Bittsteller bei Bank oder Sparkasse um einen Kredit für seine Geschäftsidee nachsuchte, der musste doch gleich das berühmte Häuschen von der Oma als Sicherheit mitbringen. Mit dem Neuen Markt ist eine neue und unabhängige Geldquelle erschlossen worden.

Auch für bisher unbekannte Größen in der Medien- und weiten Filmlandschaft. Wer gab diesen Künstlern“ schon Kredit … Und die gerieten durch diese Kapitalnot in völlige Abhängigkeit von den Amerikanern. Beispiele wie Constantin, Senator, Das Werk, aber auch die viel kritisierte EM.TV zeigen, dass deutsche Unternehmen mit den Großen dieser schillernden Welt nicht nur mithalten können, sondern auch Trends setzen.

Auch der Wissenstransfer von den Universitäten, der immer so heftig eingeklagt wurde, ist durch Ausgründungen und den Gang an die Börse gottlob breiter geworden. Vor der Ära des Neuen Marktes undenkbar!

Börse für Anfänger – Börsenweisheiten damals und heute

In den vergangenen fünf Jahren hat sich an den Börsen der Welt mehr verändert als in den 100 Jahren zuvor. Da frage ich mich natürlich, welche

der vielen Börsenweisheiten haben heute noch Bestand, welche kann man guten Gewissens in die geschichtliche Ablage legen, und welche gehören in den Papierkorb – deshalb weil sie schon immer Blödsinn waren und es bleiben?

John Kenneth Galbraith sagte einmal: Die Börse ist wie ein Paternoster. Es ist ungefährlich, durch den Keller zu fahren. Man muss nur die Nerven behalten.“ Das mag vielleicht früher so gewesen sein. Heute ist die Börse oftmals wie ein Expressaufzug. Sie schießt nach oben oder nach unten. Wer nicht im Fahrstuhl sitzt, fährt nicht mit. Die Zeiten der gemütlichen Paternoster sind endgültig vorbei. Also, ein schöner Spruch, aber leider Geschichte.

Von John Templeton stammt der Spruch: Die Zeit des größten Pessimismus ist die beste Zeit des Kaufens, die Zeit des größten Optimismus die beste Zeit zu verkaufen. Zu dieser Weisheit gibt es zahlreiche Variationen. Zum Beispiel: Buy on bad news, seil on good news. Kaufe, wenn die Stimmung schlecht ist, und verkaufe bei guter Stimmung. In die gleiche Richtung geht auch der Spruch: Kaufe, wenn die Kanonen donnern. Natürlich haben diese Weisheiten Recht. Man braucht jetzt bloß noch zu wissen, wann der niedrigste Kurs erreicht ist beziehungsweise wann der höchste Kurs bevorsteht. Und genau das verraten einem Weisheiten nicht.

Man sollte auch nie in ein fallendes Messer greifen, was so viel besagt wie: Bei fallenden Kursen nicht zu früh in Märkte einzusteigen, sondern zu warten, bis die Kursbewegung zum Ende gekommen ist. In die umgekehrte Richtung soll der Spruch The trend is your friend weisen, was nicht bedeutet: Mach das, was alle machen, sondern verkaufe bei steigenden Kursen nicht vorschnell. Solche Sprüche wie der oben schon erwähnte Seil in May and go away mögen vielleicht in Zeiten gegolten haben, als die Wirtschaftszyklen noch den Jahreszeiten angepasst waren. Aber wahrscheinlich dürfte die Regel mehr wegen des schönen Reims entstanden sein. Und wenn der Mai als Monat der hohen Kurse gilt, so halten viele den Oktober für den Krisenmonat des Jahres. Beides lässt sich statistisch aber nicht beweisen.

André Kostolany hat im Laufe seines langen Lebens viele Börsenweisheiten zusammengetragen und sie auch noch mit eigenen Erfahrungen und Erkenntnissen ergänzt und erweitert. So stammt von ihm unter anderem der Satz: Viele wundern sich darüber, was an der Börse geschieht. Sie tun es nur, weil sie die Börse nicht kennen. Zum aktuellen Börsengeschehen sagte Kostolany noch kurz vor seinem Tode im Jahre 1999: Die große Gefahr auf den Finanzmärkten ist heute, dass zu viel heißes Geld in Händen ist, die damit nicht umgehen können. Eine alte Börsenweisheit, die Kostolany gern zitierte, ist: Können die Kurse nicht weiter steigen, müssen sie fallen. Das Wichtigste: ein Gespür dafür zu entwickeln, wann der Wendepunkt sein wird. Aber was wäre die Börse ohne Narren! Und was wäre die Börse, wenn ein Supercomputer alles wüsste? Die Antwort von Kostolany auf beide Fragen lautet: Es wäre keine Börse.

In alten Zeiten sagte man, ein Mann verliere seinen Verstand mit seinen letzten 10 000 Gulden. Kostolany behauptet, der deutsche Anleger verliert heute seinen Verstand mit den ersten 5 000 Euro. Man soll nicht glauben, dass die anderen, nur weil sie massiv eine Aktie kaufen, mehr wissen oder besser informiert sind. Ihre Gründe können so unterschiedlich sein, dass es unmöglich ist, daraus Folgen zu ziehen. Und noch zwei griffige Wahrheiten: Die beiden schwersten Sachen an der Börse sind, einen Verlust hinzunehmen und einen kleinen Profit nicht zu realisieren. Am schwersten aber ist es, eine eigene Meinung zu haben, das Gegenteil von dem zu machen, was die Mehrheit tut. Und: Die Börse hängt nur davon ab, ob es mehr Aktien als Idioten oder mehr Idioten als Aktien gibt.

Die folgenden Börsenweisheiten sind ausnahmsweise nicht von Kostolany:

An der Börse wird die Zukunft gehandelt und nicht die Gegenwart. In den täglichen Börsenkursen ist die Erwartung der nächsten Tage bereits enthalten. Die Börse ist schneller als Radio, TV oder die Printmedien. Die New Yorker Börse zum Beispiel verarbeitet Unternehmensinformationen innerhalb von 6 Sekunden in den Börsenkursen. Europa reagiert erst innerhalb von 30 Sekunden. Das sollte man auch bei dem Orderweg beachten. Aktien können Sie am schnellsten online übers Internet oder bei Direktbanken ordern. Bei Banken und kleineren Filialen dauert dies bis zu eineinhalb Tagen. Bedenken Sie: Wenn Banken für Aktien die Werbetrommel rühren, steht nicht der Anleger im Vordergrund.

Tolle Börsengewinne haben Sie nur dann in der Tasche, wenn Sie Ihre Aktien auch wieder verkaufen!

Das Geheimnis jeder richtigen Anlagestrategie liegt darin, den richtigen Zeitpunkt zum Ein- und Ausstieg nicht zu verpassen! Das ist alles. Wenn Sie sich um Ihre Anleihen nicht kümmern, verlieren Sie ein paar Prozent Rendite. Wenn Sie sich um Ihre Aktien nicht kümmern, können Sie alles verlieren.

Für jeden Käufer muss auch ein Verkäufer parat stehen, ansonsten kommt kein Handel zustande. Hin und her – Taschen leer. Handeln Sie nicht zu viel, und üben Sie sich in Geduld. Manche Aktien brauchen einfach Zeit. Aber: Schlechtes Timing lässt sich durch Aussitzen allein selten korrigieren!

Alan Greenspan – der Zahlenflüsterer

In Greenspan we trust, heißt es an den amerikanischen Börsen. Damit hat er Gott und Gold als Retter in Finanzkrisen abgelöst. Alan Greenspan, Jahrgang 1924, ist Präsident der US-Notenbank, des Federal Reserve Board (FED), und gilt vielen als der mächtigste Mann der Welt, noch vor dem amerikanischen Präsidenten.

Im Gegensatz zu dem beruht Greenspans Macht aber nicht auf seinen tatsächlichen Befugnissen, er hat kein rotes Telefon und kann keinen Atomraketen den Startbefehl geben. Greenspans Macht basiert auf dem Vertrauen, das er sich mit seinen bisherigen Einschätzungen der Wirtschaft und mit den darauf beruhenden Entscheidungen erworben hat. Und das scheint der Finanzwelt eine solidere Grundlage und mehr wert zu sein als alle politische Macht.

Achtmal jährlich tagt das Federal Open Market Committee, das den Schlüsselzins für die amerikanischen Banken festlegt. In diesem Ausschuss hat Greenspan genauso wie die anderen elf Mitglieder auch nur eine Stimme. Wenn nach langen Vorträgen und ausführlichen Diskussionen die Entscheidungen gefällt wurden, ist er bisher jedoch noch nie überstimmt worden. Der Leitzinssatz und seine Veränderungen entscheiden darüber, ob der Motor der amerikanischen Wirtschaft rund läuft, sich überhitzt oder gedrosselt wird, mit allen Konsequenzen für die internationalen Börsen und für die Weltwirtschaft.

Greenspan spricht — und die Welt zittert
Sein Markenzeichen sind verklausulierte Reden zur Lage der Wirtschaft. Mehr als Fakten vermitteln sie mit ihrer Undurchschaubarkeit einerseits Langeweile und andererseits Gelassenheit. Das wirkte sich bisher immer beruhigend auf die Börse aus, und genau das ist Greenspans Absicht. Jedes seiner so raren Worte wird auf die Goldwaage gelegt, denn es kann eine seiner verschlüsselten Warnungen sein, welche die Börsen in Sekundenschnelle aufleben oder abstürzen lassen, der gefürchtete Greenspan- Effekt. Nichts verabscheut er jedoch so wie aufgeregte Hektik an den Börsen. Aus Angst, falsch zitiert und missverstanden zu werden, gibt er so selten wie möglich Pressekonferenzen. Schließlich weiß er um die Macht seiner Worte. Greenspan hat schon fünf Präsidenten gedient. Richard Nixon holte ihn 1970 von der New Yorker Geldmeile als persönlichen Berater nach Washington, nachdem Greenspan bereits seit 1968 als sein Wirtschaftsberater im Wahlkampf fungiert hatte. Gerald Ford setzte ihn 1974 bis 1977 als Chef seiner wirtschaftlichen Berater ein. Von 1981 bis 1983 war er Präsident der nationalen Kommission zur Reform der Sozialversicherung. Ronald Reagan machte ihn 1987 zum Chef der Federal Reserve. Auch Clinton und Bush nutzen weiterhin die Dienste des Republikaners.

Im Januar 2000 wurde Greenspan vom US-Senat mit großer Mehrheit für eine vierte Amtszeit gewählt, die im Juni 2000 begann und nach Greenspans 77. Geburtstag im Juni 2004 enden wird. Alan Greenspan gelang es, den längsten Wirtschaftsaufschwung in der Geschichte der USA zu entfachen und am Leben zu erhalten und den Vereinigten Staaten bei historisch niedrigen Arbeitslosenraten ein nahezu inflationsfreies Wachstum zu bescheren. Mit seiner Liquiditäts- und Zinspolitik ermöglichte er außerdem den Börsenaufschwung.

In den fünfziger Jahren gründete er als Sohn eines New Yorker Aktienhändlers eine Wirtschaftsberatungsfirma. Vor seiner Finanzkarriere spielte er als Student in verschiedenen New Yorker Jazz- und Swingbands Klarinette und Saxophon und soll sogar überlegt haben, Berufsmusiker zu werden. Heute ist es eines seiner Hobbys, die ihn fit für die Börse machen, so wie das Tennisspielen. Inzwischen weiß die ganze Welt, dass‘ er sich täglich zwischen halb sechs und sieben Uhr in die Badewanne legt, um dort Akten zu studieren, seine Post zu erledigen und seine Reden zu schreiben. In der Badewanne ist mein Intelligenzquotient 20 Prozent höher, sagt Greenspan selbst. Aber das allein kann nicht das Geheimnis seines Erfolgs sein. Er ist ein Zahlenfetischist.

Es heißt von Greenspan, er wisse genau, wie viele Schrauben in einem Auto stecken, und er wisse auch, welche Folgen es für die Volkswirtschaft hat, wenn pro Auto drei Schrauben weniger verarbeitet würden. Aus einer Fülle von Daten und Statistiken bezieht er sein Wissen, aus dem er dann seine Prognosen und Entscheidungen ableitet. Er und sein Mitarbeiterstab verfolgen regelmäßig rund 14 000 Datenquellen.

Statt sich in unzähligen Meetings zu verlieren, verbringt Greenspan seine Zeit lieber mit Lesen und Nachdenken. Sein Computer kann ihm auf Tastendruck die 50 wichtigsten aktuellen Statistiken des Landes aufru- fen. Greenspan besitzt offensichtlich die Fähigkeit, von Zahlen auf das wirkliche Leben schließen zu können. Gut bezahlt wird das Talent im Land der unbegrenzten Möglichkeiten allerdings nicht. Während die US- Firmenbosse die höchsten Gehälter der Welt einstreichen, bekommt Greenspan für seine Arbeit jährlich 161 239 Dollar. Bundesbankpräsident Ernst Welteke bezieht immerhin rund 375 000 Euro.

Das Geld kann für Greenspan nicht die Triebfeder seiner rastlosen Arbeit sein. Er selbst sagt, er sei süchtig nach der Arbeit. Die Faszination der Zahlen lasse ihn nicht los. Übrigens besitzt er selbst keine Aktien, sondern nur ein paar festverzinsliche Wertpapiere. So ist er auf jeden Fall gegen den Verdacht gefeit, sich mit wenigen Worten zum Millionär zu machen. Seine Äußerungen bleiben auch ohne dies wertvoll genug. Jeder seiner Vorträge ist etwa 22 000 Dollar wert, auch wenn die Zuhörer hinterher oft nicht wissen, was er wirklich gemeint hat.

Der Weg vom Marktplatz zum Börsenparkett

Erstmals erwähnt wird der Begriff Börse im Jahre 1409, als die erste Einrichtung dieser Art in Brügge gegründet wurde, dem damaligen Haupthandelsplatz des Nordens. Die Börse in der flämischen Stadt wurde nach Vorbildern aus der führenden Handelsnation jener Zeit, Italien, organisiert. Erst über 100 Jahre später, nämlich 1540, entstanden in Nürnberg und Augsburg die ersten deutschen Börsen. Hamburg folgte 1558 und die Frankfurter Börse wurde ebenso wie die in Antwerpen 1585 gegründet. Aber all diese Börsen hatten noch nichts mit den Einrichtungen zu tun, die wir heute kennen. Es waren in erster Linie Tausch- und Wechselbörsen, an denen Währungen getauscht und Wechsel sowie Rentenbriefe gehandelt wurden. Der Begriff Aktie wird erst im Jahre 1606 erstmals in den Niederlanden erwähnt.

Unternehmensanteile, die so etwas Ähnliches wie Aktien darstellten, waren die so genannten Kuxe. Diesen Begriff gibt es seit 1477. Bei einem Kux handelt es sich um ein Anteilsrecht an einer bergrechtlichen Unternehmung. Kuxe wurden zwar erst viel später an den Börsen gehandelt, spekuliert haben die Eigentümer aber schon sehr früh damit. Im 15. Jahrhundert ging es beim Bergbau nicht um Kohle oder Eisenerz, sondern um die Erschließung neuer Edelmetallvorkommen. Die Kosten dafür waren so hoch, dass sie ein einzelner Kapitalgeber nicht mehr aufbringen konnte, ob er nun ein Kaufmann war oder ein Landesherr.

Natürlich waren die Risiken des Bergbaus damals und auch in den folgenden Jahrhunderten weitaus größer als heute und die Erfolgsaussichten einzelner Unternehmungen weitaus geringer, da die Möglichkeiten der Exploration noch in den Kinderschuhen steckten. Man musste einfach anfangen zu buddeln und sehen, was kommt. Es gab also zwei Gründe, die Kosten eines solchen Unternehmens aufzuteilen: einerseits die Höhe der Summe, die ein Einzelner nicht aufbringen konnte oder mochte, und zum anderen das damit verbundene Risiko. Das waren auch noch in den kommenden Zeiten die beiden Hauptgründe, um Instrumente wie Aktien ins Leben zu rufen. Anteile gab es deshalb auch an Schiffen und Handelsreisen, und das bereits zu Zeiten der Hanse.

Richtig Tempo kam in dies Geschäft aber erst, als Ende 1600 in England die East India Company gegründet wurde. Zwei Jahre später zogen die Holländer mit der Vereinigten Holländisch-Ostindischen Kompanie nach. Mit den verbrieften Anteilen an diesem Unternehmen begann der Handel zuerst an der Amsterdamer Börse, die etwa seit 1530 existierte.

1609 belief sich der Wert einer Aktie der Holländisch-Ostindischen Kompanie auf 3000 Gulden. Das war so viel, dass die Kaufleute die Aktien in Zehntel, so genannte Ducatons, aufteilten, die nur noch als Bucheintrag verwaltet wurden. Aktien wurden also zu Beginn nur zur Finanzierung besonders risikoreicher Unternehmen ausgegeben, die zugleich hohe Gewinne ermöglichten, immerhin wurden Dividenden zwischen 25 und 75 Prozent in Aussicht gestellt. Von Anfang an galten Aktien und Ducatons als so genannte Spekulationspapiere. Wobei sich die Spekulation nicht auf das Verhalten der anderen Börsenteilnehmer bezog, sondern auf den Erfolg der Handelsreisen.

In den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts konnte man dann das erste Mal einen weiteren Aspekt der Aktie neben der Risikostreuung und der Kapitalbeschaffung beobachten, nämlich die Hoffnung auf Spekulationsgewinne, die sich auf den Erwartungen anderer Spekulanten gründete. In den Niederlanden war die Tulpe als Zierpflanze zu einem kostbaren und teuer bezahlten Statussymbol geworden, wenn sie das richtige Muster und die richtigen Farben hatte. Weil Tulpenzwiebeln begehrt, aber rar waren und immer mehr Bürger sie besitzen wollten, vervielfachte sich in den Jahren zwischen 1634 und 1636 der Wert einer Tulpenzwiebel fast auf das Neunfache, wenn sie die gewünschten Eigenschaften in sich trug.

Aber inzwischen ging es gar nicht mehr darum, Haus und Garten mit schönen Pflanzen zu schmücken, sondern Gewinn mit den immer teurer werdenden Zwiebeln zu machen. Jeder hoffte, dass die Tulpenzwiebeln, die er erwarb, schon kurze Zeit später viel mehr wert sein und ihm von anderen zu noch höheren Preisen abgekauft werden würden. Dieser Hoffnungsspirale wurde im Februar 1634 die Dynamik genommen, als es hieß, dass der Zwiebelhandel vonseiten des Staates reglementiert werden sollte, um diesen Auswüchsen ein Ende zu machen.

Schlagartig brach der Markt zusammen. Die Preise fielen im Stundentakt, und zum Schluss ging es wieder nur noch um das, was es mal war, nämlich um Tulpenzwiebeln und nicht mehr um große Gewinnerwartungen. Verlierer waren einerseits die Züchter und andererseits die Spekulanten, die teilweise Haus und Hof für eine einzige Blumenzwiebel versetzt hatten.

Aktienkauf für Anfänger – Gebühren, Empfehlungen usw.

In der täglichen Praxis des Börsengeschäfts ändert sich vieles rasant schnell: Was heute noch gesichert war, ist morgen vielleicht schon überholt, vergangen, vergessen. Fast täglich neue Spielregeln auf den Finanzmärkten. Wer Aktien in London oder Madrid kaufen wollte, wurde von deutschen Instituten für diesen Ausflug regelrecht bestraft: drastische Gebühren im so genannten grenzüberschreitenden Verkehr. Auch das ist Schnee von gestern. Trendwende auch bei Rolf Breuer, Chef der Deutschen Bank: Wenn unsere Bank eine Order erhält, muss es dem Kunden völlig egal sein, wie wir das machen, es muss so preiswert sein wie ein Inlandsauftrag! Welch ein Wandel gerade beim Branchenprimus! Aber: Da alles globalisiert wird/ ist und clevere private Dienstleister mit preiswertem Aktienhandel über alle Grenzen hinweg vorpreschen, geraten die Etablierten auch hier unter Druck. Da läuft mit fetten Gebühren nicht mehr viel. Prima für den Anleger!
Hier ein paar Anregungen und Fakten für die Geldanlage.

Wo und wie man Aktien kauft und was es kosten kann
Aktien kann man bei allen Banken oder Sparkassen kaufen, bei Direktbanken und natürlich auch bei speziellen Onlinebrokern. Allerdings ist die Palette der Dienstleistungen ebenso unterschiedlich wie die damit verbundenen Kosten. Geschenkt gibt es nichts. Deshalb sollte man unbedingt Kostenvergleiche anstellen.

Zunächst sind da einmal die Gebühren für den Kauf oder Verkauf von Aktien, auch Provision genannt. Ihre Höhe richtet sich nach der Höhe des auszuführenden Kundenauftrags. Zusätzlich zu den Provisionen fallen bei den meisten Finanzdienstleistern Depotgebühren an, die sich nach der Zahl der Posten und dem gesamten Depotwert richten. Und damit sind wir auch schon mitten drin im Gebührendschungel. Es ist noch gar nicht so lange her, da hatten alle Banken und Sparkassen eine Art Einheitstarif für Aktiengeschäfte mit Privatkunden. Sie verlangten beim Kauf oder Verkauf 1 Prozent Gebühr vom Aktienwert. Allerdings musste man mit einem Auftrag immer gleich 50 Aktien kaufen. Da läpperte sich schnell einiges an Gebühren zusammen.

Heute kann man auch einzelne Aktien kaufen, dafür sind die Berechnungsgrundlagen komplizierter geworden. Die Gebühren sind in der Regel bei Direktbanken und -brokern niedriger als bei den Filialbanken, zum Teil um bis zu 50 Prozent. Mal gibt es feste, mal gestaffelte Prozentsätze und bei vielen Banken auch eine Mindestgebühr oder einen Grundpreis, dem dann wiederum bestimmte Prozentsätze zugeschlagen werden. Das Berechnen der Gebühren kann unter Umständen komplizierter werden als die Entscheidung, welche Aktie man kaufen sollte.

Ohne Depot geht’s nicht
Bei den Depotführungsgebühren ist es ganz ähnlich wie bei den Transaktionsgebühren. Manchmal gibt es das Depot schon zum Nulltarif. Das Depot ist übrigens nicht so eine Art Schließfach, in das ihre Aktien gelegt werden und dessen Inhalt man Ihnen auf Wunsch vorzeigt.

Ein Depot ist nichts weiter als eine Auflistung der verwalteten Wertpapiere. Die Aktien existieren zwar körperlich, liegen aber zu Millionen gestapelt in zentralen Tresorräumen. Ganze Paletten voller Aktien gibt es dort, und sie bewegen sich auch nicht von der Stelle, wenn sie verkauft werden. Sollte ein Aktionär darauf bestehen, dass ihm seine Aktien tatsächlich ausgehändigt werden, ist das, da völlig unüblich, für ihn ein wirklich teures Vergnügen. Die Gebühren für die Aushändigung übersteigen leicht das, was man für ein Depot hätte zahlen müssen. Es macht den Banken und Sparkassen nämlich echt Arbeit, während die Depotführung Sache des Computers ist und ein Rechenvorgang so gut wie nichts kostet.

Wenn Sie sich für einen Finanzdienstleister entschieden haben, müssen Sie also zunächst ein Depot eröffnen, bevor es mit dem Aktienkauf losgehen kann. Dazu benötigen Sie aber auch noch ein Verrechnungskonto, über das die Orders abgerechnet und sämtliche Gutschriften oder Belastungen abgewickelt werden. Auch dafür gibt es bei den verschiedenen Anbietern wieder unterschiedliche Lösungen mit unterschiedlichen Kosten.

Das Risiko trägt der Kunde
Wundern Sie sich nicht, wenn Ihnen als Neuling im Aktiengeschäft zu Beginn ein paar indiskrete Fragen gestellt werden. Banken, Sparkassen und Broker müssen das tun, denn sie sind dazu per Gesetz verpflichtet.

Wenn ein Angestellter eines Finanzdienstleisters die Risikoaufklärung im Beratungsgespräch missachtet, kann sein Institut unter Umständen von Ihnen haftbar gemacht werden, falls Sie einen Schaden erleiden. Deshalb wird man Sie nach Ihrem Verdienst, nach Ihrem Vermögen und Ihren bisherigen Erfahrungen mit Geldanlagen fragen. Auch wird man wissen wollen, welche mittel- und langfristigen Ziele Sie erreichen wollen, um Sie in eine so genannte Risikoklasse einzustufen.

Bei der Risikoklasse eins steht die Sicherheit der Investition an erster Stelle. In dieser Klasse werden Bundesschatzbriefe, Geldmarktfonds und fest verzinsliche Anleihen zum Beispiel von DAX-Unternehmen aufgeführt.

Die Risikoklasse zwei besagt geringe Risikobereitschalt des Anlegers. Sie umfasst Rentenfonds, offene Immobilienfonds und Anleihen von sicheren Gläubigern. In der Risikoklasse drei sind die Gewinnerwartungen höher, aber auch das Risiko. Hier werden international gestreute Rentenfonds, spekulative Eurorentenfonds und internationale Standardaktienfonds einbezogen. In dieser Risikoklasse ist es dem Privatanleger auch gestattet, direkt Aktien zu kaufen. Es muss sich dabei jedoch um europäische Standardwerte handeln.

Risikoklasse vier beinhaltet eine hohe Risikobereitschaff. In dieser Klasse können fast alle Aktien gekauft werden, ausgenommen jedoch Aktien und Rentenfonds von so genannten Schwellenländern. Der Kauf von europäischen Nebenwerten und außereuropäischen Standardpapieren ist erlaubt. Die Risikoklasse fünf ist reine Spekulation. Hier ist alles erlaubt. Spekulative Anleihen, Aktiennebenwerte, Optionsscheine, Börsentermingeschäfte, Anleihen auf Indexzertifikate, Optionen und Futures.

Der Kunde muss sich selbst in eine dieser Klassen einstufen und unterschreiben, dass er ausreichend beraten und über mögliche Risiken aufgeklärt worden ist. Damit wollen sich die Banken zusätzlich absichern. Wenn sich zum Beispiel ein Anfänger bewusst in eine hohe Risikoklasse einstuft und kräftig verliert, wird er die Bank für den Schaden nicht haftbar machen können. Also überschätzen Sie sich nicht und seien Sie sich immer bewusst: Was Sie tun, ist Ihre Entscheidung, auch wenn Sie sich bis über beide Ohren mit Ratschlägen, Infos und ganz tollen Geheimtipps eindecken lassen. Klagte eine Privatanlegerin im Parkhaus: Ich hab von meinen 125 000 Euro schon fast 25 000 verloren, wie kann das bloß sein? – Haben Sie was unterschrieben? – Ja. – Und vielleicht wachstumsorientiert angekreuzt? – Ja, das hat der Bankberater gemacht.
– Aber Sie haben unterschrieben. Dann hat der natürlich auch in risikoreiche Technologieaktien am Neuen Markt und so weiter investiert. Ganz normal. Da haben Sie einfach Pech gehabt.

Die Geheimsprache der Kürzel
Als frisch gebackener Aktieninhaber werden Sie vielleicht auch einmal sehen wollen, wie Ihre Papiere denn so gehandelt werden. Statten Sie der Börse einen Besuch ab!

Früher spielte sich die gesamte Börse auf dem Parkett ab. Der Markt erschien als ein verwirrendes Durcheinander eilender, gestikulierender und sich regelmäßig für einen Außenstehenden Unverständliches zurufender Menschen. Auf dem Parkett werden auch heute noch die Börsengeschäfte auf Zuruf abgeschlossen. Wer Von dir (das heißt: Ich kaufe) oder An dich (das heißt: Ich verkaufe) sagt, ist an den Geschäftsabschluss gebunden. Wer zum Beispiel ruft: Fünfhundert XYZ von dir, der kauft 500 XYZ-Aktien. Wer ruft: Tausend XYZ an dich, der verkauft 1000 XYZ-Aktien.

Dabei verwendet man auf dem Parkett allerhand obskure Kürzel. Wenn zum Beispiel ein amtlicher Kursmakler ruft: XYZ vier zu sechs, dann heißt das, er hat Kaufaufträge für Aktien der Gesellschaft XYZ zum Kurs von zum Beispiel 234 Euro pro Stück und Verkaufsaufträge zum Kurs von zum Beispiel 236 Euro pro Stück. Für Händler und Makler reicht es völlig aus, dass nur die letzten Ziffern des Kurses genannt werden.

In den veröffentlichten Kurslisten erscheinen, wenn auch zunehmend seltener, immer noch vor den Kursen Buchstaben oder Buchstabenkombinationen.

Hier die wichtigsten Kurszusätze und ihre Bedeutung:

G = Geld
Zu diesem Kurs gab es nur Kaufinteressenten, aber keiner wollte verkaufen. Deshalb gab es auch keinen Umsatz.

B = Brief
Es gab zu diesem Kurs nur Verkaufsaufträge, aber keine Käufer.

-G = gestrichen Geld
Es war keine Kursfeststellung möglich, weil überwiegend unlimitierte Billigst-Kaufaufträge vorhanden waren.

-B = gestrichen Brief
Es war keine Kursfeststellung möglich, weil überwiegend unlimitierte Bestens-Verkaufsaufträge vorhanden waren.

bG = bezahlt Geld
Nur ein Teil der Kaufaufträge konnte zum angegebenen Kurs ausgeführt werden. Nicht alle Verkäufer wollten zu diesem Kurs verkaufen.

ebG = etwas bezahlt Geld
Nur ein geringer Teil der Kaufaufträge konnte zum angegebenen Kurs ausgeführt werden. Nur wenige Verkäufer wollten zu diesen Kurs verkaufen.

bB = bezahlt Brief
Nur ein Teil der Verkaufsaufträge konnte zum angegebenen Kurs ausgeführt werden. Nicht alle Käufer wollten zu diesem Kurs kaufen.

ebB = etwas bezahlt Brief
Nur ein geringer Teil der Verkaufsaufträge konnte ausgeführt werden. Das heißt: Nur wenige Käufer haben zu diesem Kurs gekauft.

T = Taxkurs
Es bestand weder konkretes Angebot noch konkrete Nachfrage, deshalb wurde der Kurs geschätzt.

exD = ohne Dividende
Die Dividende wurde vom Kurs abgezogen. Dies ist der erste Kurs nach Zahlung der Dividende. Dieser so genannte Dividendenabschlag wird in der Regel schnell wieder aufgeholt.

exBR = ohne Bezugsrecht
Erster Kurs nach Abschlag des Bezugsrechts. Der Kurs ist um den Wert eines Bezugsrechts gemindert.

exBA = ohne Berichtigungsaktien
Erste Notierung nach einer Berichtigung des Aktienkapitals aus Gesellschaftsmitteln.

Global Player sowie die Deutsche Börse AG

Die Deutsche Börse hat 1,1 Milliarden Euro durch den Börsengang eingenommen. Sie will das Geld investieren, um weiter zu wachsen und international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Investitionspipeline ist so groß wie nie zuvor, so Finanzchef Hlubek. Und erstmals seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1992 werde man es nicht schaffen, dies alles nur aus den laufenden Einnahmen zu finanzieren. In allen Geschäftsbereichen sollen die Aktivitäten erweitert werden. Dazu gehört der Ausbau des Xetra-Handelssystems zur dominierenden europäischen Plattform, auch für internationale Teilnehmer. Die Terminbörse Eurex soll ihre international führende Stellung behaupten, mit neuen Investitionen und der Erweiterung auf andere Märkte, wie zum Beispiel Asien.

Darüber hinaus könnte man nach Aussagen des Finanzvorstands im Bereich Informationsprodukte auch kleinere Dienstleister zukaufen, auch im Bereich Informationstechnologie für die Tochter Deutsche Börse Systems. Viel Geld kosten werde auch der Aufbau einer Zentralen Gegenpartei, die das so genannte Netting ermöglicht. Netting heißt, dass alle Wertpapiertransaktionen eines Anlegers im Laufe des Tages gegeneinander aufgerechnet werden. Dann müssen nur noch die netto übrig gebliebenen Geschäfte abgerechnet und abgewickelt werden. Dies bringt hohe Kosteneinsparungen für die Banken und Broker. Im internationalen Wettbewerb der Börsen wird es, wie Börsenchef Werner Seifert sagte, in erster Linie auf die Qualität der Handelssysteme ankommen. Seiner Ansicht nach gibt es nur zweieinhalb Börsen, die ein gutes System haben und sich dies auch weiterhin leisten können: Euronext (der Zusammenschluss der Börsen von Paris, Brüssel und Amsterdam), die Deutsche Börse und zur Hälfte die schwedische Börsengesellschaft OM Gruppen. Alle anderen Börsen, auch die Londoner, haben laut Seifert wenig Aussichten, die Systementwicklung weiter zu finanzieren, um zu ähnlich niedrigen Kosten zu kommen, wie sie die Deutsche Börse hat oder in Zukunft haben soll.

Seifert hofft, dass in einigen Jahren alle wichtigen Börsen und Abwicklungsorganisationen in Europa börsennotiert sind. Dann unterlägen sie dem Diktat des Marktes und müssten ihr Geschäft nach dem Sharehol- der-Value ausrichten. Das Spiel werde spannender, professioneller und marktgetriebener. Die Gefahr, dass eines Tages nur eine einzige Börse als Monopol übrig bleiben wird, sieht er nicht. Er glaubt nicht an eine Weltbörse, sondern an ein sich hart bekämpfendes Oligopol.

Also, Anleger, höret und sehet auch diese Signale in einer Momentaufnahme. Das einzig Konstante ist ja der Wandel. Und besonders durch das Internet wird die große Finanzwelt zu einer breiten Einkaufsstraße, wo einem täglich an jeder Ecke immer neue Angebote gemacht werden. Was heute noch das Beste war, wird morgen von einer anderen Börse vielleicht schon überboten.