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Der Weg vom Marktplatz zum Börsenparkett

Erstmals erwähnt wird der Begriff Börse im Jahre 1409, als die erste Einrichtung dieser Art in Brügge gegründet wurde, dem damaligen Haupthandelsplatz des Nordens. Die Börse in der flämischen Stadt wurde nach Vorbildern aus der führenden Handelsnation jener Zeit, Italien, organisiert. Erst über 100 Jahre später, nämlich 1540, entstanden in Nürnberg und Augsburg die ersten deutschen Börsen. Hamburg folgte 1558 und die Frankfurter Börse wurde ebenso wie die in Antwerpen 1585 gegründet. Aber all diese Börsen hatten noch nichts mit den Einrichtungen zu tun, die wir heute kennen. Es waren in erster Linie Tausch- und Wechselbörsen, an denen Währungen getauscht und Wechsel sowie Rentenbriefe gehandelt wurden. Der Begriff Aktie wird erst im Jahre 1606 erstmals in den Niederlanden erwähnt.

Unternehmensanteile, die so etwas Ähnliches wie Aktien darstellten, waren die so genannten Kuxe. Diesen Begriff gibt es seit 1477. Bei einem Kux handelt es sich um ein Anteilsrecht an einer bergrechtlichen Unternehmung. Kuxe wurden zwar erst viel später an den Börsen gehandelt, spekuliert haben die Eigentümer aber schon sehr früh damit. Im 15. Jahrhundert ging es beim Bergbau nicht um Kohle oder Eisenerz, sondern um die Erschließung neuer Edelmetallvorkommen. Die Kosten dafür waren so hoch, dass sie ein einzelner Kapitalgeber nicht mehr aufbringen konnte, ob er nun ein Kaufmann war oder ein Landesherr.

Natürlich waren die Risiken des Bergbaus damals und auch in den folgenden Jahrhunderten weitaus größer als heute und die Erfolgsaussichten einzelner Unternehmungen weitaus geringer, da die Möglichkeiten der Exploration noch in den Kinderschuhen steckten. Man musste einfach anfangen zu buddeln und sehen, was kommt. Es gab also zwei Gründe, die Kosten eines solchen Unternehmens aufzuteilen: einerseits die Höhe der Summe, die ein Einzelner nicht aufbringen konnte oder mochte, und zum anderen das damit verbundene Risiko. Das waren auch noch in den kommenden Zeiten die beiden Hauptgründe, um Instrumente wie Aktien ins Leben zu rufen. Anteile gab es deshalb auch an Schiffen und Handelsreisen, und das bereits zu Zeiten der Hanse.

Richtig Tempo kam in dies Geschäft aber erst, als Ende 1600 in England die East India Company gegründet wurde. Zwei Jahre später zogen die Holländer mit der Vereinigten Holländisch-Ostindischen Kompanie nach. Mit den verbrieften Anteilen an diesem Unternehmen begann der Handel zuerst an der Amsterdamer Börse, die etwa seit 1530 existierte.

1609 belief sich der Wert einer Aktie der Holländisch-Ostindischen Kompanie auf 3000 Gulden. Das war so viel, dass die Kaufleute die Aktien in Zehntel, so genannte Ducatons, aufteilten, die nur noch als Bucheintrag verwaltet wurden. Aktien wurden also zu Beginn nur zur Finanzierung besonders risikoreicher Unternehmen ausgegeben, die zugleich hohe Gewinne ermöglichten, immerhin wurden Dividenden zwischen 25 und 75 Prozent in Aussicht gestellt. Von Anfang an galten Aktien und Ducatons als so genannte Spekulationspapiere. Wobei sich die Spekulation nicht auf das Verhalten der anderen Börsenteilnehmer bezog, sondern auf den Erfolg der Handelsreisen.

In den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts konnte man dann das erste Mal einen weiteren Aspekt der Aktie neben der Risikostreuung und der Kapitalbeschaffung beobachten, nämlich die Hoffnung auf Spekulationsgewinne, die sich auf den Erwartungen anderer Spekulanten gründete. In den Niederlanden war die Tulpe als Zierpflanze zu einem kostbaren und teuer bezahlten Statussymbol geworden, wenn sie das richtige Muster und die richtigen Farben hatte. Weil Tulpenzwiebeln begehrt, aber rar waren und immer mehr Bürger sie besitzen wollten, vervielfachte sich in den Jahren zwischen 1634 und 1636 der Wert einer Tulpenzwiebel fast auf das Neunfache, wenn sie die gewünschten Eigenschaften in sich trug.

Aber inzwischen ging es gar nicht mehr darum, Haus und Garten mit schönen Pflanzen zu schmücken, sondern Gewinn mit den immer teurer werdenden Zwiebeln zu machen. Jeder hoffte, dass die Tulpenzwiebeln, die er erwarb, schon kurze Zeit später viel mehr wert sein und ihm von anderen zu noch höheren Preisen abgekauft werden würden. Dieser Hoffnungsspirale wurde im Februar 1634 die Dynamik genommen, als es hieß, dass der Zwiebelhandel vonseiten des Staates reglementiert werden sollte, um diesen Auswüchsen ein Ende zu machen.

Schlagartig brach der Markt zusammen. Die Preise fielen im Stundentakt, und zum Schluss ging es wieder nur noch um das, was es mal war, nämlich um Tulpenzwiebeln und nicht mehr um große Gewinnerwartungen. Verlierer waren einerseits die Züchter und andererseits die Spekulanten, die teilweise Haus und Hof für eine einzige Blumenzwiebel versetzt hatten.