Was glauben Sie, stellt für die meisten Unternehmen das größte Hindernis dar, etwas zu lernen? Ist es das Verlangen der Arbeitnehmer, den Status quo zu wahren? Gewiss möchten sie eine gewisse Stabilität im Ablauf ihres Lebens, dies ist aber nicht das eigentliche Hindernis. Sind es dann vielleicht die dicken Mappen voller Richtlinien, die seit Anfang des letzten Jahrhunderts nicht mehr aktualisiert worden sind? Sicherlich, ausführliche Richtlinien, die nicht den neuesten Entwicklungen im Unternehmen entsprechen, verursachen meistens nicht viel mehr als eine Festigung nicht-innovativen Verhaltens und behindern die Anstrengungen der Arbeitnehmer, positive Veränderungen an ihrem Arbeitsplatz zu bewerkstelligen. Oder ist es vielleicht die Sekretärin des für den Vertrieb zuständigen stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden? Nein, obwohl sie vielleicht der größte Verdauungstraktendpunkt des Unternehmens sein mag, ist sie nicht das Hauptproblem.
Trotz der Tatsache, dass alle oben genannten Faktoren ein Unternehmen erheblich daran hindern. lernfähig zu werden, und auf Dauer sogar dazu führen, dass es sich in der schnell verändernden Wirtschaft nicht behaupten kann, hat ein anderer Faktor den größten Einfluss auf die Lernfähigkeit eines Unternehmens.
Die größte Behinderung bei der Entwicklung zu einem lernfähigen Unternehmen stellt das Top-Management dar.
Überlegen Sie jetzt einmal einen Augenblick. Wenn sich ein Unternehmen in einer Krise befindet und die momentane Führungsriege schafft es. das Unternehmen dort herauszuführen, was geschieht dann? Das Erste, was Sie bemerken werden, ist eine Veröffentlichung in der FAZ vom nächsten Samstag, in der der Vorstandsvorsitzende seinen Rücktritt ankündigt und die gleichzeitige Bekanntgabe seines Nachfolgers. Die nächste Mitteilung kommt dann normalerweise vom neuen Vorsitzenden, wenn er bekannt gibt, welche anderen Top-Manager das Unternehmen verlassen und durch wen sie ersetzt werden.
Befindet sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten, muss es sich, um überhaupt eine Chance auf ein erfolgreiches Comeback haben zu können, schnellstmöglich von seinen schlechten Angewohnheiten befreien. Wie also befreit es sich von diesen Angewohnheiten, die es einst zum Erfolg und jetzt in Schwierigkeiten gebracht haben? Die schnellste Methode ist die Entlassung des Top-Managements, damit das Unternehmen wirklich frei ist. neue Verhaltensweisen zu erlernen. Sie müssen diesen Funkt einfach verstehen, es fällt manchmal sehr schwer, mit alten Gewohnheiten zu brechen. Solange ein Vorstandsvorsitzender oder ein Geschäftsführer innerhalb eines Unternehmens erfolgreich ist, gibt es wenig oder keine Notwendigkeit, die Verhaltensweisen, die zum Erfolg geführt haben, zu ändern. Und wenn es in der Vergangenheit funktioniert hat, warum soll es dann nicht auch in Zukunft funktionieren? Statt die gebotene Gelegenheit mit offenen Armen zu empfangen, wird sich ein Geschäftsführer wehren. Damm ist die einfachste Methode, ein Unternehmen wirklich lernfähig zu machen, die Kündigung der dickköpfigen Geschäftsleitung.
Nehmen wir als Beispiel für unsere Behauptung einfach einmal die Firma Apple Computer. Am 2. Februar 1996 trennte sich der Vorstand der Apple Computer Inc. von seinem langjährigen Chef Michael Spindler. Warum? Als Spindler 1993 das Ruder bei Apple übernahm, betrug der Jahresumsatz immerhin 7,3 Milliarden US S, bei einer Umsatzrendite von 34% und einem Marktanteil von 11%. Trotz der von Spindler verordneten drastischen Kürzungen der Preise und Produktionskosten und trotz der Entlassung von 2.000 Mitarbeitern sowie einer gleichzeitigen Umsatzsteigerung 1995 auf 11 Milliarden US $. senkte sich die Umsatzrendite auf 15% und der Marktanteil fiel sogar auf 7.8% (bis zu 7,1% im letzten Quartal 1995). Die Investoren waren nicht gerade begeistert von dieser Entwicklung.
Das, was Apple immer vom großen Meer der billigeren und leistungsschwacheren PCs unterschieden hatte, war seine technische Innovationskraft. Laut Apple-Mitbegründer Steve Jobs, der selbst 1985 vor die Tür gesetzt wurde, hatte Apple früher einmal einen Vorsprung von mindestens zehn Jahren auf seine Mitbewerber. Und gerade deshalb passierte etwas – besser gesagt, es passierte nicht: Apple machte keinen Fehler. Das Problem bei Apple ist, das es erfolgreicher war, als irgendjemand je geträumt hatte. Der Rest der Welt wurde angeglichen. Das Problem ist, der Traum wurde nie wahr. Apple hörte auf, etwas Neues zu schaffen.. (Quelle: San Jose Mercury Metes auf AG L. 20. März 1996). Die Folge war, dass die meisten Kunden nicht länger die Notwendigkeit sahen, Apples erstklassige Preise zu bezahlen. Mit der zunehmenden Angleichung der unter Microsoft Windows laufenden PCs verlor Apple langsam aber sicher den Vorsprung, den es jahrelang hatte.
Also, obwohl Spindler die Preise reduzierte, die Produktionskosten anpasste und 2.000 Mitarbeiter auf die Straße setzte (und damit 1994 erhebliche Umsatzsteigerungen erzielte) wehrte die Managementriege verschiedene Versuche, Apple an andere Großen der Branche zu verkaufen, erfolgreich ab. Unternehmen, die sich bis dahin gerne mit Apple Computern eingedeckt hatten, wurden zunehmend nervös über das Fortbestehen des Unternehmens und wechselten bei der nächsten Gelegenheit zu IBM-kompatiblen Systemen.
Nun war es allen Beteiligten klar: Es wurde Zeit für eine Veränderung. Auf einer eiligst zusammengerufenen Vorstandssitzung bekam Spindler am 31. Januar 1996 die Nachricht übermittelt, dass seine Dienste nicht länger benötigt würden. Zwei Tage später räumte Spindler seinen Schreibtisch und Gilbert Amelio bis dahin Geschäftsführer der National Semiconductor und Mitglied des Vorstandes von Apple – wurde der neue Chef des Hauses. Bereits kurz nach seiner Ernennung gab Amelio die Berufung eines neuen Verwaltungsvorstands und die eines neuen Finanzvorstands, besetzt mit externen Leuten, bekannt. Im März 1996 schuf Amelio dann eine völlig neue Position, die des Vice President of Internet Plattforms, mit dem Ziel, Apples Internet-Bemühungen zu koordinieren. Innerhalb weniger Tage krempelte die neue Geschäftsleitung das Unternehmen völlig um und schuf eine Situation, die zum Umlernen zwang, weil die alten Führungskräfte entfernt worden waren. Gleichzeitig lernte Apple neue, hoffentlich erfolgreichere Vorgehensweisen allein durch die Einstellung eines neuen Geschäftsführers.
Wäre es in Anbetracht aller Argumente nicht wesentlich vorteilhafter, wenn ein Unternehmen entdeckt, wie lernfähig es sein kann, als dass es alle paar Jahre umlernen muss (weil man die Spitze ausgetauscht hat)? Natürlich wäre das besser. Die Manager würden sich an ihrem Arbeitsplatz sicherer fühlen, die Mitarbeiter würden wesentlich weniger wegen der ständig im Hintergrund drohenden Massenentlassungen verunsichert und das Unternehmen würde weniger Zeit und Geld mit dem Austausch des Managements verschwenden. Glücklicherweise haben Sie die Chance, Ihr Unternehmen in ein lernfähiges Unternehmen umzuwandeln.