Vielleicht haben Sie sich diese Frage auch schon gestellt: Was genau ist eigentlich Direktbanking? Wie unterscheidet es sich von Direktbrokerage und vor allem von Onlinebanking, das mittlerweile so gut wie jede Bank und Sparkasse in Deutschland anbietet? Sorgen wir an dieser Stelle für Klarheit und nehmen hierzu einige Begriffe unter die Lupe, die in diesem Zusammenhang immer wieder auftauchen, hinter denen aber zum Teil ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle stehen. Die noch immer vorherrschende Begriffsverwirrung führte in den vergangenen Jahren häufig zu einer gewissen Verunsicherung, da alle filiallosen Finanzdienstleister gleichsam „in einen Topf geworfen“ wurden.
Zunächst gilt es, zwischen den Produktpaletten der einzelnen Anbieter zu differenzieren. Direktbanken halten das gesamte Angebotsspektrum einer Hausbank bereit. Das reicht vom Gehalts- und Sparkonto über Konsumenten und Abrufkredite bis hin zum Wertpapiergeschäft und der Baufinanzierung. Direktbroker (mitunter auch als Onlinebroker oder Discountbroker bezeichnet) beschränken sich hingegen weitgehend auf das Wertpapiergeschäft, also auf den Kauf und Verkauf von Aktien, Anleihen, Optionsscheinen, Zertifikaten und Investmentfonds. In Deutschland kamen die ersten Direktbroker in den 1990er- Jahren an den Markt – und damit immerhin noch rechtzeitig, um vom großen Börsenboom am Ende der Dekade zu profitieren. In den USA freilich war diese Art des Börsenhandels keineswegs neu. Bereits in den 1970er-Jahren hatte Charles Schwab dort den Wertpapierhandel revolutioniert. War der Kauf und Verkauf von Aktien bis dahin mit hohen Nebenkosten verbunden, setzte der neue, unkonventionelle Finanzdienstleister – von der Branche anfangs als „Rebell“ beschimpft – auf direkte Wertpapierorders ohne Beratung. Der Kunde rief einfach an und gab seine Orders durch, die dann rasch und preisgünstig ausgeführt wurden. Dank dieses direkten Weges sparte der Kunde Transaktionskosten und erwirtschaftete somit potenziell eine höhere Rendite. In den folgenden Jahren baute die Charles Schwab Corporation die Palette ihrer Finanzdienstleistungen weiter gezielt aus. Auch knapp vier Jahrzehnte nach ihrer Gründung steht die Charles Schwab Corporation fast schon synonym für den direkten Weg an die Börse, selbst wenn dieser Finanzdienstleister in den vergangenen Jahren verstärkt auf Filialen setzte und sich damit von seiner ursprünglichen Geschäftsidee entfernte.
Die Idee, die hinter diesem Angebot steht, ist klar: Brokerage im Do-it-yourself-Verfahren; der Kunde entscheidet in eigener Verantwortung und ohne Beratungsleistung in Anspruch zu nehmen, welches Wertpapier er kaufen beziehungsweise verkaufen möchte. Was seinerzeit noch als revolutionär galt und bei den etablierten Brokern allenfalls ein Naserümpfen hervorrief, setzte sich spätestens in den 1990er-Jahren weltweit durch – nicht zuletzt in Deutschland, einem der stärksten Märkte für Direktbrokerage in Europa.
Das Internet bot den preiswerten Wertpapierhändlern neue, ungeahnte Chancen. Fortan konnten die Kunden noch bequemer und schneller Wertpapiere kaufen oder verkaufen. Darüber hinaus stellt das Internet eine Fülle von Möglichkeiten bereit, den Anleger mit umfassenden Informationen aus Quellen zu versorgen, die früher nur den professionellen Händlern zugänglich waren. Dass auch in Europa die Privatanleger mit kleinerem und mittlerem Vermögen die Aktie entdeckt haben, ist nicht zuletzt das Verdienst der Direktbroker. Sie machten mit geringen Transaktionskosten den Handel mit Wertpapieren nicht nur günstig, sondern nahmen den Anlegern zudem die „Schwellenangst“, die manche beschlich, die sich zum ersten Mal an die Börse wagten.
In den Zeiten des Börsenbooms kamen immer mehr Direktbroker an den Markt. Doch bald zeigte sich die Achillesferse dieses Geschäftsmodells: Der Erfolg steht und fällt mit der Stimmungslage an den Börsen. Der Crash nach der Jahrtausendwende setzte viele Direktbroker unter Druck. Erst als sich die Stimmung an den internationalen Finanzmärkten allmählich erholte, ging es mit den Brokern wieder aufwärts. Allerdings haben sich viele dieser Institute inzwischen in Richtung Direktbank mit breiterem Produktfolio entwickelt. Der Unterschied zwischen den Geschäftsmodellen „Direktbanking“ und „Direktbrokerage“ liegt auf der Hand. Direktbroker haben sich vorrangig auf eine Dienstleistung (Wertpapiergeschäfte) spezialisiert, die sie in der Regel deutlich preisgünstiger abwickeln als Filialbanken. Direktbanken aber bieten alle Produkte einer Hausbank. Eine zweite Bankverbindung – zum Beispiel für das Gehaltskonto – ist in diesem Fall nicht erforderlich.
Auch der Begriff Onlinebanking wird off synonym für Direktbanking verwendet. Tatsächlich jedoch gibt es einen beträchtlichen Unterschied: Onlinebanking ist lediglich ein Vertriebsweg, wie ihn mittlerweile fast alle Banken und Sparkassen anbieten. Das heißt, der Kunde kann seine Geldgeschäfte rund um die Uhr von zu Hause aus über seinen Computer abwickeln. Daneben unterhalten diese Banken und Sparkassen jedoch ein mehr oder weniger dichtes Filialnetz. Der Kunde hat also die Wahl, entweder seiner Filiale einen Besuch abzustatten und seine Wünsche vor Ort zu äußern oder den schnellen Weg über das Internet zu gehen. Der entscheidende Nachteil beim Onlinebanking: Der Kunde kommt nicht oder nur in geringem Umfang in den Genuss günstiger Konditionen. Denn da die betreffenden Banken und Sparkassen nach wie vor ein aufwendiges Filialsystem finanzieren müssen, bleibt angesichts ungünstiger Kostenstrukturen (Filialen sind teuer!) wenig Spielraum zur kundenfreundlichen Gestaltung der Konditionen. Allenfalls wird ein kleiner Nachlass auf die Kontoführungsgebühren eingeräumt.
Bleibt schließlich noch die Abgrenzung gegenüber reinen Internetbanken. In diesem Fall handelt es sich um „One-Channel-Institute“. Der Kunde kann also nur den Weg über das Internet gehen. Schriftliche Orders per Post oder per Anruf im Callcenter, wie sie bei einer Direktbank zum Tagesgeschäft gehören, sind bei reinen Internetbanken in der Regel nicht möglich. Wenn wir daher auf den folgenden Seiten das Geschäftsmodell „Direktbanking“ näher betrachten, so meinen wir Geldinstitute, die folgender Definition entsprechen. Direktbanken unterhalten in der Regel keine oder nur sehr wenige Filialen und geben die daraus resultierenden Kostenvorteile in Form von günstigeren Konditionen an die Kunden weiter, bieten die gesamte Produkt- und Dienstleistungspalette einer Hausbank, stellen ihren Kunden mehrere Kommunikationswege zur Auswahl: telefonischer Kontakt über die Callcenter, computergesteuertes Telebanking, Internet und die konventionelle Form per Brief.
Das dreibeinige deutsche Bankensystem
Das Bankensystem in Deutschland ruht traditionell auf drei Säulen. Innerhalb der einzelnen Gruppen gibt es allerdings unterschiedliche Formen und Größenordnungen. Das wichtigste Unterscheidungskriterium stellen die Eigentumsverhältnisse dar.
Zu den privaten Banken gehören zum einen die führenden deutschen Geldhäuser, wie etwa Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank und HypoVereinsbank, zum anderen die feinen Privatbankiers, wie zum Beispiel Metzler, Hauck & Aufhäuser oder die kleine, sehr spezialisierte Allgäuer Sa-liter Bank. Aber auch die Direktbanken zählen zu dieser Kategorie. Eigentümer dieser Banken sind entweder die Aktionäre, oder – wie im Fall der Privatbankiers – zum Teil Privatpersonen oder Familien. Die meisten dieser Institute sind Mitglieder im Bundesverband deutscher Banken.
Die Volks- und Raiffeisenbanken sind hingegen genossenschaftlich und dezentral organisiert. Das heißt, jede dieser Banken ist ein unabhängiges Unternehmen mit eigenem Vorstand. Die Kunden dieser Institute können Anteile an dieser Genossenschaft erwerben und werden damit Mitinhaber mit Anspruch auf eine jährliche Gewinnbeteiligung (Dividende), die oft recht attraktiv ausfällt und die Erträge aus einer sicheren Spareinlage in der Regel übertrifft. Als Achillesferse der Genossenschaftsbanken erwies sich in den vergangenen Jahren, dass viele von ihnen schlicht zu klein waren und sich selbst Konkurrenz machten. So gibt es bis heute noch Regionen, wo sowohl Volks- als auch Raiffeisenbanken vertreten sind. Um sich am Markt behaupten zu können, mussten viele dieser Banken in der Vergangenheit mehr oder minder freiwillig fusionieren. Die Volks- und Raiffeisenbanken sind Teil des genossenschaftlichen Finanzverbundes, zu dem unter anderem die R+V-Versicherung, die Fondsgesellschaft Union Investment und die Bausparkasse Schwäbisch Hall gehören. Zentralinstitute sind die DZ Bank sowie die WGZ-Bank. Daneben vertreten die Genossenschaftsverbände die Interessen dieser Banken und fungieren gleichzeitig als Buchprüfer. Gründen diese Kreditinstitute eigene Direktbanken, sind diese ebenfalls Teil des genossenschaftlichen Finanzverbunds.
Die Sparkassen und Landesbanken schließlich bilden die öffentlich- rechtliche Säule im deutschen Bankensystem. Es handelt sich also gleichsam um Staatsbanken. Die Sparkassen befinden sich in der Regel im Eigentum der Städte und Landkreise, in denen sie ihr Geschäftsgebiet unterhalten. Allerdings gibt es daneben in Deutschland einige freie Sparkassen, die nicht in der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts geführt werden. Ähnlich wie die Genossenschaftsbanken sind auch die Sparkassen regional verankert und unabhängig voneinander. Ihre Geschäftsgebiete sind jedoch meist penibel abgegrenzt, sodass es normalerweise zu keinen Überschneidungen kommt. Allerdings gibt es Ausnahmen. In Frankfurt beispielsweise konkurriert die Sparkasse der Main-Metropole mit den Geschäftsstellen der mit Hauptsitz in Wiesbaden ansässigen Nassauischen Sparkasse. Auch im Sparkassensektor kam es in den vergangenen Jahren zu einer Vielzahl von Fusionen.
Die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und ihre jeweiligen Träger (Städte, Landkreise) sind Mitglieder in einem der zwölf Sparkassen- und Giroverbände der Länder. Über diese Mitgliedschaft gehören sie darüber hinaus dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) in Berlin an, der als Dachverband fungiert. Die ausgeprägte Regionalität mit starken „Provinzfürsten“ vor Ort und der Einfluss der Politik erschweren nach Ansicht von Branchenexperten den unumgänglichen Reformprozess innerhalb des Sparkassenwesens. Zur Sparkassen-Finanzgruppe gehören neben den Sparkassen und den Landesbanken unter anderem die Landesbausparkassen (LBS), die Sparkassen-Versicherungen, die Deutsche Leasing sowie die Fondsgesellschaft Deka.