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Wieso sich einer an der Börse immer irren soll

Was vielen Anlegern am meisten Spaß macht, ist das Kaufen und Verkaufen von Aktien. Hat man einen ordentlichen Gewinn erzielt, ist es gut für das Ego. Falls nicht, dann redet man nicht darüber. Aber das gehört auch dazu. Auch der beste Fondsmanager schafft es nicht, durchgängig Aktien mit Gewinn zu verkaufen. Manche nehmen viele kleine Verluste für einen großen Gewinn in Kauf. Erfolg und Misserfolg gehören also eng zusammen. Es wäre nur schön, wenn der Erfolg etwas größer als der Misserfolg wäre.

Für viele bleibt allerdings die Aktienkursbildung an Börsen eines der letzten Rätsel der Menschheit. Wenn man Börsianer fragt, wie die Kurse zustande kommen, dann gucken sie erst etwas irritiert und sagen dann, dass der Kurs auf der Höhe festgelegt wird, auf der der höchste Umsatz möglich ist. Die Preisvorstellungen von Käufer und Verkäufer müssen ja übereinstimmen. Schließlich werden Ihnen keine Aktien gedruckt, wenn Sie welche kaufen wollen. Die können Sie immer nur dann erwerben, wenn jemand bereit ist, Ihnen seine zu verkaufen.

Und da sind wir beim Problem: Wenn Sie glauben, dass es geschickt ist, in die Firma XY zu investieren, warum verkauft dann jemand seine Aktien? Ist er in Geldnot? Oder glaubt er, sie würden nicht mehr steigen?

In der Regel ist Letzteres der Fall. Der Verkäufer ist zufrieden, weil er schon einen ordentlichen Gewinn gemacht hat, oder er gibt auf und glaubt, die Aktien würden nie wieder steigen. Fühlen Sie sich wohl dabei, in einer solchen Situation eine Aktie zu kaufen?

Wahrscheinlich nicht. Aber genau das geschieht millionenfach jeden Tag. Ein Partner der Transaktion ist skeptisch, der andere optimistisch. Wenn alle skeptisch oder alle optimistisch wären, dann gäbe es keinen Handel, weil man keinen Partner fände. Alle wollten dann entweder kaufen oder verkaufen.

Egal wie sich der Kurs der Aktie entwickelt: Einer wird sich geirrt haben, der andere wird Recht haben mit der Transaktion. Insofern irren sich die Hälfte aller Börsenteilnehmer (mit Ausnahme derjenigen, die aus anderen, persönlichen Gründen Kasse machen wollen). Selbst wenn der Verkäufer die Aktie nur loswerden will, um eine andere zu kaufen, liegt bei einem ein Irrtum vor. Denn der Käufer könnte ja auch diese bessere Chance wahrnehmen wollen und dann ist der Kauf die schlechtere Wahl.

An der Börse gibt es also immer zwei gegensätzliche Einschätzungen zu einer Aktie. Wenn Sie sich zum Kauf entschließen, müssen Sie grundsätzlich in Betracht ziehen, dass der andere genau weiß, warum er verkauft, selbst wenn Sie ihn nie kennen werden. Sie müssen also darüber nachdenken, warum Sie eine bessere Einschätzung der Wertentwicklung haben sollten als der andere beziehungsweise warum der andere zu einer schlechten Entscheidung kommen sollte.

Wenn professionelle Anleger immer besser wären als private, dann könnte man sagen: Schauen Sie sich die Profis an und machen Sie es ihnen nach. Aber leider ist das auch nicht immer der Fall, vielleicht sogar eher selten. Es gibt aber ein paar gute Beispiele, die Sie sogar in gewissen Grenzen als Vorbild nehmen können: Das sind nämlich herausragende Fondsmanager und Vermögensverwalter, die ihre Entscheidungen teilweise publik machen (müssen), zum Beispiel im Rahmen der Informationen über das Fondsvermögen. Mit einer gewissen Zeitverzögerung könnte man es ihnen nachmachen, aber dann könnte man auch gleich ihre Produkte kaufen. Es lässt sich immerhin durch genaue Beobachtung etwas über die Vorgehensweise allgemein erfahren.