Psychologie von Warren Buffett

Buffets Rückkehr zu seinen Wurzeln zieht sich wie ein roter Faden durch seine Karriere – von der Firmengründung in seiner Heimatstadt bis hin zu seinen Investments. Bei sechs der sieben Fallstudien in Teil 4 gibt es eine oft Jahrzehnte währende persönliche und geschäftliche Beziehung zu den Gesellschaften, an denen er Anteile erwarb. Er Ist konservativ orientiert und versteht es, daraus Vorteile zu ziehen. Er investiert nie aus sentimentalen Gründen, doch er nutzt Vertrautheit und Vorwissen aus der Vergangenheit, um Investment-Gelegenheiten zu ergreifen. Sein wichtigster Charakterzug als Investor ist ohne Zweifel seine Selbstdisziplin: Kennt er sich nicht aus – wie etwa bei Technologie-Aktien so steht er dazu. Um so gründlicher befasst er sich mit den Unternehmen, von denen er etwas versteht. Er investiert sein Geld erst, wenn er sicher sein kann, dass der Angebotspreis deutlich unter dem inneren Wert liegt. Die meisten Anleger versagen aus Gründen ihrer Persönlichkeitsstruktur in einem dieser drei Bereiche – etwa, weil sie auf einen Tipp hin investieren oder mit Panikverkäufen auf Kursverluste reagieren. Wer die Geldanlage als Beruf auf Lebenszeit betrachtet, wo jede Entscheidung auf Jahre hinaus Konsequenzen haben kann, sollte bei der Entscheidungsfindung bedächtiger und verantwortungsbewusster Vorgehen. Dies alles führt uns zu einer Grundsatzfrage.

Vom Sinn des Geldes
Obwohl Buffets einer der reichsten Männer der Welt ist, lebt er bescheiden. Er bewohnt noch dasselbe Haus, das er vor 40 Jahren gekauft hat, und Isst noch in denselben Restaurants. Da Berkshire seit 30 Jahren keine Dividenden ausbezahlt und Buffets keine Aktien veräußert hat (und dies auch in Zukunft nicht beabsichtigt), besteht sein Vermögen zu 99 Prozent aus Werten, die er nicht ausgeben kann. (Auf Mungers Drängen fließt ein kleiner Prozentsatz des Gewinns von Berkshire wohltätigen Zwecken zu.) Buffets lebt von einem bescheidenen Gehalt und privaten Ersparnissen. Für den Fall seines Todes hat er seine Familie mit einer kleinen Erbschaft bedacht, der Löwenanteil seines Vermögens geht an gemeinnützige Trusts. Damit will er in erster Linie den Fortbestand von Berkshire in gewohnter Form sichern.
Persönlich glaube ich, Buffets wurde von dem Ehrgeiz getrieben, es aus eigener Kraft zum reichsten Mann der Welt zu bringen. Dass dazu persönlicher Verzicht und die Besinnung auf Vertrautes erforderlich war, kam ihm durchaus entgegen.
Die meisten Menschen haben andere, weniger materialistische Träume. Ich wünsche Ihnen, dass Sie durch die Erträge Ihrer Investitionen Ihren Träumen ein wenig näher kommen, statt im Geld selbst Erfüllung zu finden.
Er investiert nie aus sentimentalen Gründen, doch er nutzt Vertrautheit und Vorwissen aus der Vergangenheit, um Investment-Gelegenheiten zu ergreifen. Sein wichtigster Charakterzug als Investor ist ohne Zweifel seine Selbstdisziplin:
Kennt er sich nicht aus – wie etwa bei Technologie-Aktien so steht er dazu. Um so gründlicher befasst er sich mit den Unternehmen, von denen er etwas versteht. Er investiert sein Geld erst, wenn er sicher sein kann, dass der Angebotspreis deutlich unter dem inneren Wert liegt.

Die persönliche Verbindung von Warren Buffett bei Amex

Eines der von Robinson aufgekauften Maklerhäusern war IDS, eines der ersten Unternehmen, in das Warren Buffett investiert hatte. Er hatte sich 1953 eingekauft, als das KGV bei 3 lag. Er hatte einen ausführlichen Bericht über das Unternehmen verfasst und Kopien davon für $1 über eine im Wall Street Journal geschaltete Anzeige vertrieben.

Mitte der 60er Jahre wurde Amex vom sogenannten „Salatölskandal“ getroffen. Das Unternehmen hatte Behälter mit Salatöl gelagert und Quittungen ausgestellt, die kraft seines Namens als Finanzierungsinstrumente gehandelt werden konnten. Leider enthielten manche der Behälter gar kein öl. Amex war Betrügern aufgesessen. Das Unternehmen sorgte unter erheblichen Kosten dafür, dass kein unbeteiligter Dritter Verluste erlitt. Die Amex-Aktie geriet an der Wall Street in arge Bedrängnis. Die Buffett Partners hip sprang ein und kaufte 5 Prozent der Aktien für $13 Millionen – 40 Prozent des gesamten Kapitals der Partners hip. Das war einer der ersten Versuche Buffetts, Immateriellen Vermögensgegenständen Wert beizumessen. Durch persönliche Recherchen an den Kassen örtlicher Restaurants und Banken stellte er fest, dass die Leute ihre American Express-Karten und -Schecks auch nach dem „Skandal“ weiter nutzten wie zuvor. Er setzte die von dem Vorfall verursachten Kosten mit einer Dividende gleich, die das Unternehmen ausbezahlt hatte, die jedoch den Aktionären nie gutgeschrieben wurde. Er behandelte sie sozusagen als einmalige Ausgabe, die den zu erwartenden Wert zukünftiger Erträge nicht beeinträchtigen würde. Seit dieser ersten Beteiligung an Amex ist der Einkauf in krisengeschüttelte Großunternehmen wie GEICO oder Wells Fargo ein wiederkehrendes Muster.

Ben Graham – 50 Cent für einen Dollar

Zwar war auch Buffetts Vater, der ihn sicher nahestand, im Aktiengeschäft, doch es war in erster Linie Ben Graham, der die intellektuelle Entwicklung des jungen Investment-Talents am stärksten geprägt hat. Graham, 1894 in London geboren, war in New York aufgewachsen. Wie Buffett zeigte auch Graham zeitig große Begabung, hatte einen angeborenen Sinn fürs Finanzielle und war ein guter Pädagoge. Graham ging Buffett in vielem voran. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg arbeitete er an der Wall Street. Damals steckte die Börse noch in ihren Kinderschuhen, und der Aktienmarkt bestand hauptsächlich aus den Emissionen von Eisenbahngesellschaften und anderen Versorgungsunternehmen. Anleihen beherrschten die Märkte, und Stammaktien galten als zu spekulativ, um sie ins Portefeuille aufzunehmen. Die an der Börse gehandelten Unternehmen veröffentlichten nur wenige Informationen, doch Graham hatte eine natürliche Begabung für die Beschaffung von Daten, insbesondere aus den wenig beachteten Papieren, die den Aufsichtsbehörden vorgelegt wurden. Er war einer der Pioniere der heutigen Wertpapieranalyse, wobei er sich hauptsächlich auf die Bilanzdaten stützte. Ein typisches Beispiel wäre ein Versorgungsunternehmen, das einen bescheidenen Gewinn abwirft und wenig oder keine Dividenden ausschüttet, dabei aber über umfangreiche Wertpapier- und Bargeldbestände verfügt. Durch die geringe Rendite und den Mangel an Informationen wurden die Aktien oft zu Kursen gehandelt, die weit unter dem Wert des Portfolios lagen. Graham fuhr zweigleisig. Zunächst machte er diese Unternehmen auf der Basis einer sorgfältigen Analyse ausfindig und bestimmte ihren inneren Wert. Aktien kaufte er nur zu einem Kurs, der unterhalb dieses Wertes lag, wobei er eine Sicherheitsmarge einhielt. Dann – als zweiten Schritt – wartete er, bis die Börse den inneren Wert erkannte, oder er drängte das Management zu
Maßnahmen zur Steigerung des Shareholder Value – etwa durch Verkauf des angesammelter Portfolios oder durch Anhebung der Dividende. Stieg der Kurs dann auf oder über den Inneren Wert der Aktie, stieß er sie ab. 1923 hatte Graham bereits einen so guten Ruf, dass Ihm Freunde, Bekannte und Verwandte Investitionskapital anvertrauten. Mit einem Partner gründete er die Graham-Newman Corporation. Diese Investment-Partnerschaft war in verschiedener Hinsicht sein Lebensinhalt, bis er sich 1956 aus dem Geschäftsleben zurückzog. Er hat den Crash von 1929 miterlebt und die Börse in jeder Stimmung gesehen. Graham-Newman investierte in nach den eben beschriebenen Kriterien eindeutig unterbewertete Papiere, aber auch in Arbitrage, Konkurs-Aktien (nach Chapter 8 des US-Konkurs- rechtes), Hedge-Geschäfte und andere außergewöhnliche Transaktionen. Grahams Spezialität war es, Unternehmen zu finden, die unter dem Wert ihres Netto-Umlaufvermögens gehandelt wurden – Umlaufvermögen (Barmittel und Wertpapiere plus Lagerbestände und Forderungen) abzüglich aller Verbindlichkeiten.

Besonders hervorgetan hat sich Graham allerdings als Lehrer. Der Pionier der Wertpapieranalyse hat sein Wissen stets bereitwillig weitergegeben. So lehrte er lange Jahre an der Columbia-Universität (Buffett hatte sich dort eingeschrieben, nur um Graham zu hören) und war Ko-Autor zweier Investment-Klassiker: Security Analysis und The Intelligent Investor [dt. Intelligent Investieren, Finanzbuch, 1998 – A.d.Ü.]. Buffett hielt sich anfangs – verständlicherweise, denn er arbeitete ja für Graham – akribisch an die mathematischen Vorgaben seines Mentors. Aktien bestanden entweder den Netto-Umlaufvermögens-Test und andere solche Tests, oder sie fielen durch, Als Buffett später seine eigenen Methoden entwickelte, ist er Grahams Prinzipien im Kern stets treu geblieben.

Die an der Börse gehandelten Unternehmen veröffentlichten nur wenige Informationen, doch Graham hatte eine natürliche Begabung für die Beschaffung von Daten, insbesondere aus den wenig beachteten Papieren, die den Aufsichtsbehörden vorgelegt wurden. Er war einer der Pioniere der heutigen Wertpapieranalyse, wobei er sich hauptsächlich auf die Bilanzdaten stützte.

Ben Grahams Leitsätze
Innerer Wert und Sicherheitsmarge
Es ist die Aufgabe eines Investors, den wahren, objektiven Wert eines Wertpapiers zu ermitteln und wesentlich weniger dafür zu bezahlen. Aus dieser einfachen Feststellung lassen sich mehrere Grundregeln ableiten:
•Investieren Sie nur, wenn ausreichend Informationen zu einer realistischen Beurteilung des inneren Wertes zur Verfügung stehen.
•Investieren Sie nur, wenn eine Sicherheitsmarge gegeben ist.
•Investieren Sie nur, wenn Sie so lange warten können, bis der Markt den inneren Wert anerkennt.

Erfolgreiche Geldanlage hat sehr viel zu tun mit klugem Urteilsvermögen, gepaart mit Geduld.

Marktfluktuationen
Graham unterscheidet zwischen Anlegern und Spekulanten. Spekulanten versuchen, kurzfristige Bewegungen vorherzusagen und dementsprechend zu kaufen bzw. zu verkaufen. Heute zählen in diese Kategorie die technischen Analysten (die ausschließlich auf Grundlage von Charts historischer Kursdaten agieren), gewinndynamikorientierte Marktteilnehmer (die nach dem Grundsatz kaufen, dass sich ein gegenwärtiger Anstieg fortsetzen wird) und Hedge Fund Manager (die versuchen, vorwegzunehmen, was der Markt vorhat). Anleger dagegen kaufen, weil sie vom Wert des zu Grunde liegenden Objektes überzeugt sind, und halten ihre Anteile, bis der Markt diesen Wert honoriert.
Graham war der Überzeugung, dass Anleger wie er den Spekulanten haushoch überlegen seien. In der berühmten „Parabel“ in The Intelligent Investor macht er uns mit Mr. Market bekannt. Mr. Market ist unser Geschäftspartner. Er sagt uns jeden Tag, welchen Preis er für unsere Unternehmensanteile zu zahlen bereit ist und welchen Preis er für seine Anteile
fordert. Leider ist Mr. Market jedoch manisch-depressiv veranlagt. An manchen Tagen ist er in Hochstimmung und bereit, unsere Anteile weit über ihrem tatsächlichen Wert zu kaufen. An anderen Tagen bildet er sich ein, unser Unternehmen stünde vor dem Ruin, und legt eine Notierung weit unter seinem wirklichen Wert fest. Haben diese Kursschwankungen nun irgendeinen Einfluss auf den inneren Wert des betreffenden Unternehmens? Nein. Genauso wenig geben uns die Fluktuationen bei den Aktienkursen Informationen über den Wert der Unternehmen, in die wir investieren. Zwar kommt es vor, dass andere Anleger über wichtige Informationen verfügen, die uns nicht zugänglich sind. Meistenteils spiegeln die Kursveränderungen aber nur die sprunghaften Gemütsbewegungen von Mr. Market wider. Graham sieht in Mr. Market einen Freund, denn durch diese irrationalen Kursschwankungen haben wir regelmäßig Gelegenheit, Anteile unter ihrem inneren Wert zu kaufen und darüber zu verkaufen. Und wenn wir dabei eine ausreichend große Sicherheitsmarge zwischen Kurs und Wert einhalten, können wir es uns leisten, darauf zu warten, bis die Börse (bzw. Mr. Market) den wirklichen Wert erkennt und uns einen entsprechenden Kurs bietet.

Mr. Market ist unser Geschäftspartner. Er sagt uns jeden Tag, welchen Preis er für unsere Unternehmensanteile zu zahlen bereit ist und welchen Preis er für seine Anteile fordert.

American Express 1991 und Warren Buffett

Die Ära Robinson ging zu Ende. Das Betriebsergebnis für 1990 war desolat. Die Kosten der Umstrukturierung und die Verluste im Investment Banking- und im Maklergeschäft – jetzt unter dem Namen Shearson Lehman Brothers – beliefen sich auf $996 Millionen. Das Unternehmen als Ganzes wies einen Gewinn von $181 Millionen aus – im Vergleich zu $1,2 Milliarden im Jahr 1989. $890 Millionen wurden durch die Emission von Stammaktien aufgebracht, $200 Millionen durch Ausgabe wandelbarer Vorzugsaktien. Diesen Versuchen zur Bilanzverbesserung zum Trotz wurde die Kreditwürdigkeit von Amex 1991 heruntergestuft – ein schwerer
Schlag für ein Unternehmen, dessen größte Stärke seine Finanzkraft gewesen war.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für seine Kunden?
Die Geschäftstätigkeit von Amex für das Jahr 1990 splittet sich folgendermaßen auf:

$ Millionen Reingewinn EKR (%)
Reisedienstleistungen 956 28,1
American Express Bank 111 19,2
IDS 207 14,5
ISC 103 21,8
Shearson Lehman (966)

IDS hatte sich mittlerweile auf Finanz- und Anlageberatung von Privatkunden spezialisiert. Der Gewinn war seit der Übernahme im Jahr 1984 im Schnitt um 22 Prozent im Jahr gestiegen. Die im Besitz oder in der Verwaltung des Unternehmens befindlichen Aktiva beliefen sich immerhin auf $51,4 Milliarden. ISC war erfolgreich im Bereich der Datenverarbeitung, insbesondere für Kreditkartengesellschaften. Die American Express Bank zeigte im Kreditgeschäft ein gemischtes Bild, konzentrierte sich jedoch nun auf finanzkräftige Privatkunden. Reisedienstleistungen, zu denen Kreditkarten, Schecks und Reisebüros zählten, waren nach wie vor das Herz des Unternehmens. Es waren inzwischen 36,5 Millionen Karten im Umlauf, mit denen 1990 für den Gegenwert von $111 Milliarden bezahlt wurde. Der Umsatz bei Reiseschecks betrug im selben Jahr $25 Milliarden, der der Reisebüros $5 Milliarden. Neben einer hervorragenden EKR von 28 Prozent (vor Gemeinkostenumlage, wohlgemerkt) konnte dieser Geschäftsbereich mit einer Verfünffachung seiner Gewinne innerhalb von 10 Jahren aufwarten – was durchschnittlich 18 Prozent im Jahr entspricht.
Die Konkurrenz präsentierte sich allerdings stark wie nie zuvor. Visa und MasterCard hatten sich über Jahre hinweg Marktanteile erobert. Im Kreditkarten-Segment war Amex spät dran gewesen und konnte sich daher nur einen kleinen Marktanteil sichern, in der Sparte Reiseschecks und Reisevermittlung war der Wettbewerb scharf. Von anderer Warte betrachtet war Amex aber immer noch marktführend. Für finanzkräftige Privat- und Firmenkunden war Amex immer noch erste und oft einzige Wahl im Kreditkartenbereich. Amex stand für Stärke, Service und weltweite Präsenz. Der im Verhältnis geringe Marktanteil wurde – korrekt – mit Selektivität erklärt, was gleichbedeutend war mit Prestige. Für die Stammkundschaft – Touristen, Geschäftsleute, Gastronomen – war die American Express-Karte Reklame. American Express hatte etwas erreicht, was nur wenigen Finanzdienstleistern gelungen war: Der Kunde Identifizierte sich mit dem Firmennamen.
Steigert das Management den Unternehmenswert?
James Robinson hatte viele Fürsprecher, zu denen auch Buffett gehört haben soll. Durch Reinvestition und Produktentwicklung hatte er das Kerngeschäft ausgeweitet, dabei jedoch das Unternehmen überschuldet.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für die Aktionäre?
Der Aktienkurs stagnierte über fünf Jahre. Nicht nur wurde der Gewinn aus den traditionellen Unternehmensbereichen in weniger rentable Neuinvestitionen gesteckt, es kam auch zu einer unverständlichen Verwässerung des Eigenkapitals. 1990 wurde neues Kapital in Flöhe von $1,1 Milliarden beschafft; und zusätzlich wurden für $74 Millionen Stammaktien zurückgekauft und $413 Millionen an Stammdividenden ausbezahlt (gegenüber $359 Millionen im Jahr 1989). Schlimm genug, dass der vorhandene Shareholder Value durch die nötige Emission neuer Aktien zu niedrigeren Kursen verwässert wurde, doch geradezu absurd war, dass an dieselben Aktionäre gleichzeitig mit vollen Händen Bardividenden ausgeschüttet wurden.

Geschichte von Amex – Warren Buffett

Amex hat sich in jeder Wirtschaftsära der Vereinigten Staaten quasi neu erfunden. Gegründet wurde das Unternehmen von mehreren alteingesessenen Konkurrenzfirmen im New Yorker Express-Paketmarkt im Jahr 1850. Die beiden führenden Manager waren Henry Wells und William Fargo, die 1852 in Kalifornien den Rivalen Wells, Fargo and Company gründen sollten. Bis 1880 verfügte Amex über 4000 Niederlassungen in 19 Staaten, die die Pioniere bei der Ausbeutung der immensen Ressourcen des Landes unterstützten. Wie Wells Fargo fand auch Amex einen Weg, die Post auszustechen, die in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts indossierbare Anweisungen eingeführt hatte. Das Amex-Produkt waren Reiseschecks, die 1891 auf den Markt kamen und bereits 1892 beinah eine halbe Million Dollar Umsatz brachten.
Zwar wurde das Unternehmen wie viele andere Express-Paketdienste im Ersten Weltkrieg verstaatlicht, doch kurz danach reformiert. Eine neue Abteilung entstand. Man beschränkte sich nicht mehr auf die Ausgabe von Schecks, sondern nutzte die Auslandsniederlassungen und den guten Ruf der Firma, um eine breite Palette von Dienstleistungen rund ums Reisen anzubieten, darunter Reisevermittlung und Geldwechsel. Bald überschwemmte eine wachsende Zahl reiselustiger amerikanischer Touristen die Auslandsniederlassungen weltweit – eine Folge der gesunkenen Reisepreise.
Die gewagteste Produktneuheit kam 1958 auf den Markt. Firmenkonten und Kreditkarten hatte es schon seit Jahrzehnten gegeben. Diners Card hatte bereits seit 1950 Verträge mit unabhängigen Restaurants geschlossen: Diese sahen eine Gebühr für die Karteninhaber und einen „Rabatt“ in Höhe von einem Prozent des Rechnungsbetrages für die Gastronomen vor. Amex zielte auf die wohlhabenderen Privat- und Firmenkunden dieses Marktsegments ab, beides Stützpfeiler des Reisegeschäfts. Der Einführung der Karte ging eine groß angelegte Werbekampagne voraus. Beim offiziellen Start hatten sich bereits 250 000 Kunden um die Mitgliedschaft beworben sowie 17 000 interessierte Geschäftsleute. Trotz der Konkurrenz durch die von einem Bankenkonsortium eingeführten Visa und MasterCard konnte Amex seine Führungsrolle beim finanzkräftigen Privat- und Firmenkundensegment verteidigen. Hinzu kam, dass die American Express Card gegenüber anderen Kreditkarten ihren von Haus aus weniger risiko- behafteten Kunden nur eine begrenzte Kreditlaufzeit einräumte. Die Aufwendungen für uneinbringliche Forderungen waren gering. 1970 wurde für den Gegenwert von $2,3 Milliarden Dollar mit American Express-Karten bezahlt. Wie bei den Schecks hatte Amex seinen guten Ruf eingesetzt, um die Amerikaner vom Bargeld wegzulocken.

Unter der Leitung von James Robinson expandierte das Kerngeschäft von 1977 bis 1993, doch der Cashflow wurde von der Diversifikation aufgefressen. Die damals populäre Idee eines „Finanzsupermarktes“, wo der Kunde alle seine Finanzgeschäfte abwickeln konnte, führte 1991 zum Kauf der Investmentbank Shearson Loeb Rhoades, gefolgt von einer ganzen Reihe von Maklerhäusern und anderen Unternehmen. Gewinn und Aktienkurs stagnierten.

Amex hat sich in jeder Wirtschaftsära der Vereinigten Staaten quasi neu erfunden. Gegründet wurde das Unternehmen von mehreren alteingesessenen Konkurrenzfirmen im New Yorker Express-Paketmarkt im Jahr 1850. Die beiden führenden Manager waren Henry Wells und William Fargo, die 1852 in Kalifornien den Rivalen Wells, Fargo and Company gründen sollten.

Zur Berechnung der Eigenkapitalrentabilität – Warren Buffett

Die EKR besteht aus zwei Komponenten: Gewinn und Eigenkapital. Vom Gewinn müssen unbedingt alle Anteile abgezogen werden, die anderen Parteien zufließen: Dazu gehören natürlich die Steuern, doch auch Vorzugsdividenden, die aktuellen, durch Gewinnbeteiligungen von aufgekauften Unternehmen verursachten Aufwendungen, der Aufwand für Aktienoptionsprogramme fürs Management. Außerordentliche Aufwendungen und Erträge dürfen mit wenigen Ausnahmen vernachlässigt werden. Denken Sie aber daran, dass Unternehmen, die „außerordentliche“ Rückstellungen für Kostensenkungsprogramme machen, vermutlich besser geführte Konkurrenten haben, die ihre Kosten laufend kontrollieren. Hinzu kommt die Abschreibung auf den derivativen Firmenwert, die an sich nicht zu den Betriebskosten zählt, sondern eine willkürliche Berichtigung in der Buchführung darstellt. Ansonsten machen sich Abschreibungen auch nicht in klingender Münze bemerkbar, sind aber dennoch reale, „harte“ Kosten. Sie sind stets anzusetzen, wenn sie bei den Investitionsausgaben nicht entsprechend berücksichtigt wurden.
Buffett hat eigene Termini geprägt wie „owner earnings“ (Gewinne der Anteilseigner) und „gläserne“ Erträge. Neben dem Reingewinn werden hier zwei weitere Faktoren berücksichtigt. Besitzt ein Unternehmen Anteile an
einem anderen, kann es die Dividenden nur pro forma in seine Bücher aufnehmen. Die zu Grunde liegenden Gewinne aus dieser Minderheitsbeteiligung könnten höher ausfallen. Berkshires 10,5 Prozent an American Express (Amex)-Stammaktien verschafften dem Unternehmen für 1996 das Anrecht auf 10,5 Prozent des Nettogewinns von $190 Millionen. $44 Millionen davon wurden in Form von Dividenden ausgeschüttet, der Rest reinvestiert. In Berkshires Büchern tauchte nur die ausbezahlte Dividende auf. Zu den „gläsernen“ Erträgen gehört etwa der zu Grunde liegende Gesamtbetrag.

Der Begriff „owner earnings“ bezieht sich auf alle konventionellen Unternehmen. Er stellt den Versuch dar, den Reingewinn um andere übliche Cashflow-Effekte zu bereinigen. Wie wir festgestellt haben, müssen die meisten Unternehmen, um wenigstens die Inflationsrate auszugleichen – also ohne effektives Wachstum – Gewinne in Umlauf- und Anlagevermögen reinvestieren. Indem man Abschreibungen wieder dem Reingewinn zurechnet und Investitionsausgaben abzieht, die zum Erhalt des Status quo erforderlich waren, ermittelt man die „owner earniings“, die in etwa wiedergeben, wie viel Geld die Geschäftstätigkeit tatsächlich unterm Strich eingebracht hat. In der Praxis ist es gar nicht einfach, die erforderlichen Investitionen von den Wachstumsinvestitionen abzugrenzen. Wir haben aber gesehen, dass Unternehmen mit einer hohen EKR, die nicht auf Verschuldung beruht, Wachstum durch Reinvestition in hochproduktives neues Kapital erreichen. Ein Unternehmen mit niedriger EKR wie Heavy steckt seinen gesamten Gewinn in neues, doch trotzdem unproduktives Kapital. Die „owner earnings“ sind hier gering oder sogar negativ.
Für unsere Zwecke und angesichts der Tatsache, dass auch Unternehmen mit hoher EKR einen Teil Ihres Gewinns reinvestieren müssen, werden wir in unseren Berechnungen den Nettogewinn ansetzen, und nicht die „owner earnings“.
Die Eigenkapitalseite der Gleichung ist nicht so eindeutig. Hier stellt sich die eine oder andere Definitionsfrage, etwa, ob Vorzugsaktien, Minderheitsbeteiligungen und Aktienpakete/Bestand an festverzinslichen Wertpapieren abgezogen werden. Falls es nicht im Betrachtungsjahr eine deutliche Kapitalerhöhung gegeben hat, ist das durchschnittliche gesamte Eigenkapital heranzuziehen. Zu den großen Posten gehören hier immaterielle Anlagewerte wie derivativer Firmenwert, Patente und Medienrechte. Der derivative Firmenwert ist ein besonders heikler Punkt, dem kein Ansatz so richtig gerecht wird. Rechnet man ihn ein, könnte das zu einer
Überbewertung des laufenden Kapitalbedarfs zur Aufrechterhaltung des Umlaufvermögens führen und Infolgedessen zu einer Unterbewertung der tatsächlichen Rendite. Bleibt er dagegen unberücksichtigt, wird unter Umständen die Möglichkeit ignoriert, dass hier eine Menge Geld geflossen ist, um eine magere Rendite zu erwirtschaften. Die EKR wird dann unverhältnismäßig hoch ausfallen. Wells Fargo ist ein gutes Beispiel dafür. In der Vergangenheit konnte das Unternehmen eine EKR in der Größenordnung von 30 Prozent verbuchen. 1996 hat Wells Fargo für $11,3 Milliarden eine andere große Bankengruppe aufgekauft, wobei $9,4 Milliarden des Kaufpreises für Firmenwert und andere immaterielle Vermögenswerte angesetzt worden waren. Die EKR für 1996 fiel prompt auf 9 Prozent. Rechnet man die Abschreibung auf den Firmenwert dem Reingewinn zu, belässt jedoch den Buchwert des Eigenkapitals, so steigt die EKR auf 13 Prozent. Werden die immateriellen Vermögenswerte bei der Eigenkapitalbasis ausgeklammert, schnellt die EKR empor bis auf 38 Prozent, doch das ist sicher nicht im Sinne des Erfinders. Plätte Wells noch eine Milliarde Dollar mehr bezahlt, so wäre die Eigenkapitalbasis ohne Berücksichtigung der immateriellen Werte noch niedriger anzusetzen und die EKR sogar noch höher – ohne dass sich bei den zu Grunde liegenden Unternehmen irgendetwas geändert hätte.

Es gibt eine Lösung für dieses Dilemma: Man betrachtet ausschließlich die durch Neuinvestition generierten Ertragszuwächse. Damit wollen wir uns in dieser Geldanlage-Webseite befassen.

Ausschüttung und Einbehaltung von Dividenden – Berkshire Hathaway

Fast alle expandierenden Unternehmen müssen Gewinne einbehalten. (Das galt im Vorkapitel für Heavy genauso wie für Light.) Unternehmen mit einer hohen EKR sollten aber in der Lage sein, Mittel zu generieren. Ein selbstgefälliges oder inkompetentes Management wird die aus ertragreicher Geschäftstätigkeit stammenden Mittel für kostspielige Übernahmen verwenden oder Bargeld auf der Bank horten. Alternativ zur Verschwendung ist das immer noch die bessere Lösung, doch aktionärsfreundlicher wäre die Auszahlung. Die schlimmste Folge gut gefüllter Konten ist die Selbstgefälligkeit. Sie führt zu unnötiger Kostensteigerung und lockt Mitbewerber mit konkurrenzfähigen Preisen auf den Plan.
Ein Unternehmen sollte stets genug in der Kasse haben, um über einen Konjunkturzyklus hinweg gegen Druck von Gläubigerseite gewappnet zu
sein. Auch Beteiligungen sind durchaus akzeptabel, solange der erworbene innere Wert die damit verbundenen Kosten übersteigt. Meistenteils profitieren die Aktionäre von der Rückzahlung des investierten Geldes in Form von Dividenden, die anderweitig angelegt werden können.

Ein Unternehmen sollte stets genug in der Kasse haben, um über einen Konjunkturzyklus hinweg gegen Druck von Gläubigerseite gewappnet zu sein. Auch Beteiligungen sind durchaus akzeptabel, solange der erworbene innere Wert die damit verbundenen Kosten übersteigt.

Der Rückkauf von Aktien, der sich zunehmender Beliebtheit erfreut, ist eine Abart der Dividendenzahlung. Ein. Unternehmen verwendet sein Geld dafür, eigene Aktien von den Investoren zurückzukaufen. Auch hier gilt wieder das Wert-Kriterium: Ein Unternehmen sollte für eine Aktie weniger bezahlen als den eigenen inneren Wert je Aktie. Hier ist Buffett in seinem Element. Da er nur selten Aktien verkauft, hält er einen größeren Anteil der in Umlauf befindlichen Aktien eines Unternehmens, dessen Management sich als aktionärsorientiert erwiesen hat. Das Paradebeispiel dafür ist GEICO. Ende der 70er Jahre hat Berkshire für $45,7 Millionen GEICO-An- teile in Höhe von 33,3 Prozent erworben. GEICO konnte seinen Ertrag deutlich steigern und generierte dabei auch noch auf wundersame Welse Mittel. Überschüssige Liquidität wurde zum Rückkauf eigener Aktien verwendet, so dass Berkshires Anteil 1995 50 Prozent betrug, ohne dass Berkshire selbst auch nur eine einzige Aktie gekauft hätte. Daraufhin übernahm Berkshire für $2,3 Milliarden auch noch die anderen 50 Prozent.

Der Rückkauf von Aktien, der sich zunehmender Beliebtheit erfreut, ist eine Abart der Dividendenzahlung. Ein Unternehmen verwendet sein Geld dafür, eigene Aktien von den Investoren zurückzukaufen. Auch hier gilt wieder das Wert- Kriterium: Ein Unternehmen sollte für eine Aktie weniger bezahlen als den eigenen inneren Wert je Aktie.

Im Namen des „Shareholder Value“ ist es in letzter Zeit vermehrt zu Aktienrückkäufen gekommen. Ein Unternehmen mit einem hohen Kurs- Gewinn-Verhältnis vernichtet im Normalfall vermutlich Wert: So ratsam es ist, 50 Cents für den Dollar zu bezahlen, so unsinnig ist es, zwei Dollar für einen hinzublättern. Ich habe den Verdacht, dass Rückkäufe oft von der
Unternehmensleitung initiiert werden, um so den Gewinn je Aktie zu steigern, währenddessen Dividenden einen gegenteiligen Effekt haben. Für diese Firmen sind Rückkäufe eigener Aktien eine teure Variante der Verschuldung, was uns nahtlos zur nächsten Überlegung führt.

Über das Zuwachsprinzip hinaus – Warren Buffett

Das IP eignet sich zur ungefähren Ermittlung der laufenden EKR, wenn sie aus der Bilanz nicht klar hervorgeht. Damit das funktioniert, muss jedoch sowohl der Gewinn als auch das Eigenkapital Im fraglichen Jahr steigen. Stagniert der Gewinn oder ist er rückläufig, muss unbedingt festgestellt werden, ob diese Entwicklung von Dauer ist. Eventuell kann man auch hier einen zu Grunde liegenden Zuwachs ermitteln, doch wenn der Gewinn weiter zurückgeht, ist die Lage ganz offensichtlich prekär. Gründe für einen Rückgang beim Eigenkapital sind meist ausschließlich Wertberichtigungen auf Vermögenswerte, Verluste oder Rückkäufe eigener Aktien. Auch hier ist Vorsicht geboten: Ist die Wertberichtigung unabhängig von der Geschäftstätigkeit, könnte man den entsprechenden Betrag für die Ermittlung des IP wieder zuschlagen, doch oft dienen derartige Wertberichtigungen der Verschleierung wirtschaftlicher Probleme.
Hier ergibt sich eine interessante Anschlussfrage: Was ist, wenn ein expandierendes Unternehmen kein Kapital mehr einbehalten muss? Das kommt nur selten vor, etwa bei Unternehmen wie American Express oder GEICO, die Zahlungen oder Prämien von Kunden kassieren, bevor sie Gewinne ausweisen müssen. Hier kann man das IP nicht einsetzen. Das Eigenkapital geht in diesem Fall zurück, und man müsste sich ausschließlich auf die EKR stützen.

Das IP eignet sich zur ungefähren Ermittlung der kontinuierlichen EKR, wenn sie aus der Bilanz nicht klar hervorgeht.
Damit die Sache läuft, muss jedoch sowohl der Gewinn als auch das Eigenkapital im fraglichen Jahr steigen.

An dieser Stelle sollten wir zusammenfassen, was wir bisher erarbeitet
haben.

•Man sollte nur Anteile von Unternehmen erwerben, bei denen man versteht, was sie produzieren, und warum Ihre Produkte auch in Zukunft gefragt sein werden. Das Management muss ehrlich und fähig sein. Das Unternehmen sollte über dauerhafte Wettbewerbsvorteile verfügen. Neue Konkurrenten sollten wirksam abgeschreckt, vorhandene überrundet werden, und das Unternehmen sollte die Preisgestaltung für Kunden und Lieferanten maßgeblich mitbestimmen können. Das ideale Investitionsobjekt wäre demnach ein Unternehmen mit uneingeschränkter Monopolstellung. Ersatzweise bietet sich ein Unternehmen mit sicherer Marktposition oder beständigen Kostenvorteilen an.
•Ein durchschnittliches Unternehmen erzielt langfristig eine Eigenkapitalrendite von 10 bis 12 Prozent im Jahr. Die Anleihenrendite liegt im Moment darunter, doch auflebende Inflation wird deren Rentabilität unter Umständen steigern, streckenweise sogar über das Niveau bei Aktien. Daher kann eine Aktie zwar über einen inneren Wert verfügen, der über dem Buchwert liegt, den sogenannten Firmenwert eben, doch dieser Aufschlag ist möglicherweise nicht von Dauer.
•Unternehmen mit einer kontinuierlich hohen EKR besitzen einen dauerhaften originären Firmenwert. Verfügt ein solches Unternehmen bei gleichbleibend hoher Rentabilität über viel einbehaltenes Kapital, vervielfacht sich dieser Firmenwert.

Philip Fisher – der unternehmerische Ansatz

Graham löste ein Grundproblem der Geldanlage – nämlich die Frage, wie man klug investiert indem er eine ebenso schwierige Frage stellte: Wie ermittelt man den inneren Wert? Ohne seine Leistung schmälern zu wollen, war diese Aufgabe zu Grahams Zeiten einfacher. Da in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts die Nachfrage nach Aktien gering war, wurden Unternehmensanteile nicht selten unter dem Wert ihres Nettoumlaufvermögens gehandelt. Buffett bezeichnete solche Unternehmen als „Zigarrenstummel“ – einst hoch geschätzte Firmen, die in einer Krise steckten und vermutlich rote Zahlen schrieben. Auch Berkshire Hathaway hat dazu gehört. Nicht
zuletzt dem Vorbild und den Lehren Grahams und seiner Anhänger ist es zu verdanken, dass solche Gelegenheiten immer seltener werden.
Philip Fisher verfolgte einen vollkommen anderen Wertansatz. Zunächst 1928 als Wertpapieranalyst einer Bank in San Francisco und von 1931 an als Leiter seiner eigenen Investment-Firma in Kalifornien, hat er sich darauf verlegt, Aktien von Unternehmen zu kaufen und zu halten, die langfristig Wachstum versprachen: Der Löwenanteil seines eigenen Kapitals steckte zum Beispiel über 20 Jahre lang in Motorola-Aktien. Er wendete auf die Börse die gleichen Grundsätze an, die man beim privaten Kauf eines Unternehmens beachten würde. Viele der von ihm praktizierten Prinzipien deckten sich mit denen Buffetts. In dieser Geldanlage-Webseite werden wir genauer untersuchen, wie man Insider-Informationen nutzt. Hier noch ein paar Leitsätze der Philosophie Fishers

Da in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts die Nachfrage nach Aktien gering war, wurden Unternehmensanteile nicht selten unter dem Wert ihres Nettoumlaufvermögens gehandelt. Buffett bezeichnete solche Unternehmen als „Zigarrenstummel“ – einst hoch geschätzte Firmen, die in einer Krise steckten und vermutlich rote Zahlen schrieben.

Philip Fishers Leitsätze
Es ist die Aufgabe eines Investors, das langfristige Wachstumspotenzial von Branchen und Unternehmen zu prognostizieren und entsprechend zu investieren. Daraus lassen sich die folgenden Regeln ableiten:
•Investieren Sie nur in Branchen, von denen Sie etwas verstehen.
•Recherchieren Sie sorgfältig über das fragliche Unternehmen, seine Konkurrenten, Lieferanten und Kunden – bevorzugt durch persönliche Kontaktaufnahme.
•Achten Sie auf kompetentes Management

Diese Prinzipien hat Fisher in mehreren Büchern anschaulich dargestellt, darunter insbesondere in Common Stocks and Umkommen Profits und Developing an Investment Philosophy (beide auf Deutsch im TM Börsenverlag unter dem Titel „Ihr Geld richtig anlegen“). Sein größter Beitrag besteht darin, dass er Investoren auf die Bedeutung der Fundamentals hingewiesen hat. Daneben hat er sich gegen zu große Diversifikation und die „efficient market theory“ ausgesprochen, Themen, die an anderer Stelle noch näher beleuchtet werden.

In zwei Punkten sind Fisher und Buffett allerdings unterschiedlicher Ansicht. Fisher war fasziniert von innovativen High-Tech-Unternehmen. Er sah (zu Recht) immenses Investitionspotenzial in Branchen, die durch aggressive Forschung und Entwicklung im ständigen Wandel begriffen waren, wie z.B. Elektronik, chemische Industrie und Maschinenbau. Buffett dagegen hat solche Unternehmen gemieden – nicht nur, weil er davon zu wenig verstand, sondern weil der Ertrag aus dem investierten Kapital eher gering war. Der mehr fundamental orientierte Fisher hat zum Thema Kurs wenig zu sagen. Er will zwar nicht gern zuviel bezahlen, glaubt jedoch offensichtlich, dass echte Wachstumsunternehmen einen Aufschlag wert sind. Damit hat er sich vom klassischen Graham weit entfernt.

Finanzanalyse für AMEX von Warren Buffett

Amex war ein Hybrid-Unternehmen mit auf den ersten Blick verwirrenden Bilanzen. Um festzustellen, wie es sich mit dem Gewinn verhält, müssen wir uns zunächst die Bilanz ansehen.

Konsolidierte Bilanz 1993

$ Millionen per 31. Dezember 1993
Barmittel und Beteiligungen 42620
Forderungen 16142
Forderungen aus Krediten • 14796
Immobilien 1976
Forderungen gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 8992
Sonstige 9606
Aktiva 94132
Einlagen von Kunden 11131
Reiseschecks 4800
Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen 26158
Verbindlichkeiten 21050
Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 8992
Sonstige 13267
Eigenkapital 8734

Primär ist hier festzustellen, dass es sich um eine große Bilanz handelt, d.h., dem Eigenkapital stehen eine ganze Reihe von Aktiva gegenüber. Lehman war noch nicht ausgegliedert, doch das kann der Grund nicht sein, da es bereits als aufgegebenes Unternehmen aus dem konsolidierten Abschluss herausgenommen worden war. Die American Express Bank war eher klein, zeichnet jedoch für das Gros der Forderungen aus Krediten und der Kundeneinlagen verantwortlich. Viele der anderen Aktiv- und Passivposten entsprachen einander: Die Verbindlichkeiten aus dem Versicherungsgeschäft, den Wertpapieren des Anlagevermögens und – wie die Bezeichnungen vermuten lassen – auch die Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, hoben einander auf. Zu rein analytischen Zwecken könnte man die Bilanz etwas straffen, indem man die Posten wegkürzt, die sich offensichtlich ausgleichen.

$ Millionen per 31. Dezember 1993
Forderungen 16142
Forderungen aus Krediten, abzüglich Einlagen 3665
Immobilien 1976
Sonstige 9606
Aktiva 31389
Reiseschecks 4800
Verbindlichkeiten (Barmittel, Beteiligungen und Rückstellungen berücksichtigt) 4588
Sonstige 13267
Eigenkapital 8734

Diese Darstellung zeichnet schon ein realistischeres Bild des Leverage Effekts auf die Ertragskraft des Unternehmens.
Die Abwicklung von Lehman war im Mai 1994 abgeschlossen. Da sie in der Bilanz von 1993 bereits nicht mehr berücksichtigt war, waren die Auswirkungen auf Passiva und Aktiva minimal. Allerdings ging Amex ein Teil der einbehaltenen Gewinne verloren, wodurch sich das Eigenkapital um $2,4 Milliarden auf $6,3 Milliarden reduzierte.

Konsolidierte Gewinn- und Verlustrechnung 1993

Auch die Gewinn- und Verlustrechnung war entsprechend komplex:

$ Millionen Jahresabschluss per 31. Dezember 1993
Provisionen und Gebühren 7818
Zinsen und Dividenden 4914
Prämien 702
Sonstige 739
Erträge insgesamt 14173
Gemeinkosten (6957)
Rückstellungen (3107)
Zinsen (1783)
Lehman v (127)
Ergebnis vor Steuern 2199
Jahresüberschuss 1478
Gewinn je Aktie ($, fortlaufend) 3,17

Abgesehen vom Lehman-Effekt, der weitgehend unberücksichtigt blieb, konnte das Unternehmen für seine FDC-Aktien $433 Millionen Gewinn nach Steuern verbuchen. Das im Hinblick auf FDC und Lehman berichtigte Ergebnis weist einen Jahresüberschuss von $1,2 Milliarden und einen Gewinn je Aktie von $2,51 aus.
Wenn der Leverage-Effekt in der Konzernbilanz so groß war wie im Bankgeschäft, so ist der Gewinn aus Netto-Zinserträgen auffallend gering. (Im Bankgeschäft kommt hier der Löwenanteil des Gewinns her). Ebenfalls bemerkenswert ist, dass die Zinserträge von Amex größtenteils aus einem diversifizierten, erstklassigen Anleihe-Portefeuille stammen (wie bei einer Versicherung) und weniger aus riskanten Krediten (wie bei einer Bank). Erst auf den zweiten Blick fällt auf, wie gering die Kosten für die Amex- Verbindlichkeiten sind. In Ergänzung zum Eigenkapital wurden Verbindlichkeiten in Höhe von $85,4 Milliarden ausgewiesen, die $4,9 Milliarden an Zinsen und Rückstellungen erforderten – 5,7 Prozent also. Wie wir schon aus der Erfolgsgeschichte von Berkshire Hathaway gelernt haben, können kostengünstige Verbindlichkeiten ebenso wichtig sein wie die Erträge aus den Aktiva.

Kapitalquellen
Amex war in der Lage, in den meisten seiner Unternehmensbereiche Mittel zu generieren. Die großen Bilanzposten, die sich aus dem Versicherungs-/Geldanlage-Sektor ergaben, konnten Einnahmen verbuchen, lange bevor Leistungen fällig wurden (siehe auch den Fall GEICO). Im Bankgeschäft gab es mehr Einlagen als Kredite. Nichtsdestotrotz waren da Forderungen aus dem Zahlkartengeschäft in Höhe von $16 Milliarden und Sachanlagen im Wert von $2 Milliarden, die unterhalten und ausgebaut werden wollten. Viele Analysten stellten fest, dass die ausgestellten, doch nicht eingelösten Reiseschecks in Wirklichkeit einen Float-Profit generierten. Hier konnten satte Erträge erzielt werden. $4,8 Milliarden standen kostenfrei zur Verfügung, und das Beste war: Manche der Schecks würden nie eingelöst werden. Allerdings wuchs dieser Geschäftsbereich nur noch langsam und konnte die ermittelte Lücke bei den Aktivposten nicht zureichend schließen. Zwar konnte das Bankgeschäft freie Einlagen ein- bringen, doch In erster Linie würde das Problem durch Verschuldung und einbehaltene Gewinne gelöst werden müssen.
Im immateriellen Bereich verfügte Amex mit seinem Image über eine kräftige Kapitalquelle – einem Image, das die Unternehmenswerte repräsentierte und den Markennamen verkörperte. Golub hatte die Probleme gelöst, die die Finanzkraft des Unternehmens beeinträchtigten und Bereiche abgestoßen, die diesen Werten abträglich waren. Abgesehen vom Bankgeschäft, das den lohnenden Versuch darstellte, wohlhabenden Privatkunden mehr Service zu bieten, sich jedoch nie besonders viel versprechend entwickelt hatte, war die Rentabilität von Kapital und Eigenkapital im Kerngeschäft gut. Amex konnte sich im wettbewerbsintensiven und unberechenbaren Finanzdienstleistungsmarkt behaupten, weil seine Kunden bereit waren, für diese Geschäftsverbindung einen Aufpreis zu bezahlen. Und hier lag der Schlüssel zum Kapital.

Im immateriellen Bereich verfügte Amex mit seinem Image über eine kräftige Kapitalquelle – einem Image, das die Unternehmenswerte repräsentierte und den Markennamen verkörperte.

Eigenkapitalrentabilität
Nach der Abwicklung von Lehman war die Eigenkapitalbasis von Amex auf $6,3 Milliarden geschrumpft. Klammert man die außerordentlichen Erträge aus dem Verkauf von FDC-Aktien aus, betrug der Reingewinn $1,2 Milliarden. Die EKR lag daher etwa bei 19 Prozent. Intuitiv klingt das gut in Anbetracht der statistischen Werte zur EKR für Einzelunternehmen, die wir kennengelernt haben (allerdings vor Gemeinkostenumlage). Diese EKR ist durchaus vergleichbar mit den Erträgen, die vor der leidigen Geschichte mit Shearson erwirtschaftet wurden. Eine nachträgliche Berechnung des IP ist nicht sinnvoll, da sich durch die verschiedenen Maßnahmen zur Beschaffung von Kapital und die diversen Veräußerungen hier Verzerrungen ergeben würden. Das laufende IP läge aufgrund der im vorigen Abschnitt beschriebenen Ursachen vermutlich auf oder bei 19 Prozent – die übrig gebliebenen Geschäftsbereiche hatten generell einen eher geringen Kapitalbedarf bzw. erforderten nicht mehr als zur Verfügung stand.

Was war American Express wert?
Was den inneren Wert anbelangte, so war in dieser Situation Skepsis angebracht. So solide das Kerngeschäft auch sein mochte, die Kompetenz des Managements ließ sich noch nicht in Zahlen ausdrücken. Statistisch betrachtet lag die Eigenkapitalrendite im Bank- und Versicherungsgeschäft zyklusbezogen kaum je über 10 Prozent. Damit war Amex dem Branchendurchschnitt überlegen. Bei Bereitschaft zu einem Vertrauensvorschuss für das Management und in Anbetracht der nach wie vor starken Marktpositionen von Amex wäre es durchaus zu rechtfertigen, das kontinuierliche IP sowie die EKR bei 19 Prozent anzusetzen. Auf Grundlage des aufrechterhaltenen Jahresüberschusses von 1993, der im ersten Halbjahr 1994 sogar noch gesteigert wurde, könnte man den IV folgendermaßen berechnen:

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American Express-Kunden waren bereit, für diese Geschäftsverbindung einen Aufpreis zu bezahlen.